Flugmelde- und Radarbetriebsdienstausbildung vor 49 Jahren beim ÖBH

josef

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#1
Die Zurverfügungstellung von diversen Artikeln über die Luftnachrichtentruppen im Donau- und Alpenraum mit Schwerpunkt Österreich während des 2. WK durch Renato Schirer fürs Forum weckte Erinnerungen an meine ÖBH-Zeit bei der Flum-Truppe!

2010 fand ich in meinem „Archiv-Regal“ im Keller eine ramponierte Flügelmappe mit Notizblättern aus der nach der Grundausbildung in Salzburg-Siezenheim anschließenden Ausbildungszeit bei der ehemaligen 2. Radarkompanie (mot) in St.Pölten (1969-70).

Zur Erinnerung scannte ich damals die noch einigermaßen lesbaren Blätter. Es waren dies Notizen zum Radar-Betriebsdienst (Rundsichtgerät AN/TPS-1), Flugzeugerkennungsdienst sowie Flugmeldedienst zur „Auge- Ohr-Beobachtung“ bei Flugwachen. Leider waren die Aufzeichnungen nicht mehr vollständig, einige Blätter teilweise zerrissen und vergilbt usw.. Von den Skizzen über die Hauptmerkmale der damaligen Luftfahrzeugtypen (Eigene, NATO und WAP) fand ich überhaupt nichts mehr…

Erhalten waren hauptsächlich Skizzen zu den speziellen „Ausformungen“ (Rumpf, Flügel, Triebwerke, Leitwerk usw.) von Flugzeugen zur „Ansprache“ für die fernmündliche Weiterleitung bzw, Meldebuchentragung von unbekannten Typen.


Nachfolgend einige der 2010 eingescannten, vor nun 49 Jahren angefertigten, Skizzen und Notizen:

  1. – 8. Flugmeldedienst bei Flugwachen – verschiedene speziell erkennbare Merkmale von unbekannten Flugzeugtypen.
 

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josef

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#2
Erinnerung an eine eher theoretische Flugmeldedienst-Übung im Kasernengebäude Jänner 1970:
In verschiedenen Räumen wurden Flugwachen mit fiktiven Standorten rund um St.Pölten eingerichtet und der Tel-Trupp verlegte von den "Flugwachen" Leitungen zu einer im Radar-Lehrsaal eingerichteten Flugmeldezentrale ...

Die Betriebsbereitschaft musste innerhalb einer festgelegten Zeit hergestellt sein. Meine Aufgabe war die rasche Erstellung einer "Beobachtungsskizze" nach ÖMK von der fiktiven "Flugwache 3" am Güpl Völtendorf. Auch diese "Karte" überlebte mit "Kommentaren" (GRINS) des Kp.-Kommandanten-Stellvertreters (damals Leutnant W.):

upload_2018-2-6_19-50-48.png

Und auch ein Formularblatt des "Flugmeldebetriebsbuches" fand sich noch in der alten Mappe:
Darauf wurden die per Telefon einlangenden Meldungen der einzelnen Flugwachen in der "Zentrale" eingetragen (dokumentiert). Parallel dazu wurden die gemeldeten (erkannten) Flugbewegungen auf einer Wandkarte eingezeichnet:

upload_2018-2-6_20-0-30.png

Jedenfalls war auch schon zum damaligen Zeitpunkt 1969/70 eine Erstellung eines übersichtlichen "Luftlagebildes" mittels "Auge-Ohr-Beobachtung" durch Flugwachen mit Meldung an Flugmeldezentralen ein Relikt der "militärischen Steinzeit"!
Sollte anscheinend noch als Ergänzung zur elektronischen Erfassung mittels Radargeräten eingesetzt werden...
 

josef

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#4
1970? Oh jeh!
Zu diesem Zeitpunkt hat die Schweizer Armee schon mit dem Florida Luftraumüberwachungssytem operiert. Das digital, und rund um die Uhr...
Du kannst die damalige österreichische Luftraumüberwachung nicht mit der Schweiz vergleichen...wie schon geschrieben, waren wir 1969/70 noch in der "Steinzeit" !(GRINS)

Da wurden die Flugbewegungen zur Lagerdarstellung auch in der verbunkerten Überwachungszentrale am Kolomannsberg noch auf die Rückseite einer riesigen Glasfläche seitenverkehrt gezeichnet, um so auf der Vorderseite ein annähernd aktuelles Lagebild zu erhalten:

upload_2018-2-6_23-40-31.png
Tribüne der "Luftlagezeichner" hinter der Glaswand (-> Hinterglasmaler...) im Auswertesaal des ehemaligen Bunkers am Kolomannsberg (Quelle Beitrag #14 Thread "Bunker am Kolmannsberg)

Digitale Lagebilder gibt es erst seit Einführung des Systems "Goldhaube" in der Bunkeranlage St.Johann im Pongau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Goldhaube_(Luftraumüberwachung)
 

josef

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#5
So, habe nun einige weitere Seiten aus dem eingescannten Konvolut zusammengestellt:

1. Deckblatt mit allgemeiner Erklärung zur Einschulung für "Radarbetriebsdienst". Die Detailblätter über Geräteaufbau, Bedienung sowie Aufbau einer Außen-Stellung (mot-Verwendung) usw. des Rundsicht-Radargerätes AN/TPS-1 fehlen...

2. - 3. Hinweise zur Tätigkeit des "Radarbeobachters".

4. Tätigkeit des "Umsetzers" > Umwandlung der vom Beobachter gelieferten Daten (Grade und Entfernung) der am Radarschirm angezeigten Flugobjekte (-> Blips...) upload_2018-2-7_10-56-50.png
in Koordinaten des "Flugmeldegitters".

5. "Radarspinne" -> maßstäblich auf Karte mit "Flugmeldegitternetz" aufgelegte Darstellung mit Grad- und Entfernungsringen vom Mittelpunkt der Radarstellung (-> Abbild des Radarschirmes eines Rundsuchgerätes): Der Umsetzer hört die vom Beobachter gemeldeten Grad- und Entfernungswerte, markiert diese auf der "Spinne", liest die dazugehörigen Koordinaten ab und meldet diese Daten weiter an den "Auswerter" zum Einzeichnen auf der "Lagekarte" und dem "Betriebsbuchführer", der die Meldungen auf Formblättern einträgt...

6. Unterweisung und Vorlage für den "Betriebsbuchführer".

Eine "Radargruppe" bestand damals aus
- Gruppen-Kommandanten bzw. dessen Stellvertreter, die auch "Schichtführer" waren,
- Radarbeobachter (-> am Schirm)
- Umsetzer
- Betriebsbuchführer und
- Auswerter, der die Flugbewegungen auf der Lagekarte einzeichnete.
Die letztgenannten 4 Mann kommunizierten mittels Mikrofon/Kopfhörerset, der "Umsetzer" war bei der Stellung "Stiftskaserne" oder bei größeren Einsatzübungen per Festnetz-Leitung mit der damaligen Flugmeldezentrale am Kolomannsberg verbunden, wo die Daten der "Außenstellen" in das Gesamtlagebild einflossen. Bei Schichtbetrieb wurden die 4 Funktionen stündlich gewechselt.

(Alle Notizen/Skizzen stammen aus 1969/70)
 

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josef

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#6
Als 4. Mann im Radarbetriebsdienst war der "Auswerter oder Fluglagezeichner" in ortsfesten Stellungen wie in der Stiftskaserne in Wien, tätig. Bei Außenstellungen (-> mot. Einsatz) entfiel diese Funktion, da die Daten ebenfalls in die Zentrale am Kolomannsberg weitergeleitet wurden. Außerdem wäre im engen Radarbus (Fabr. Saurer) bzw. später im auf LKW verlasteten Betriebscontainer, kein Platz gewesen. Aber auch in der damaligen Station in der Stiftskaserne (Gerät + Antenne am Flakturm, Beobachtung, Umsetzung, Betriebsbuch und Auswertung in einem Raum in der Kaserne) wurde die Lagekarte 1969/70 nur mehr zu Übungszwecken geführt. Die tatsächliche Auswertung fand (siehe Vorbericht) am Kolomannsberg in Salzburg statt.

Die Glaswand für die Darstellung der Luftlage und der Raum wurde schon Anfang der 1960iger Jahre von der Flieger-Tel Truppe als provisorische Flugmeldezentrale eingerichtet und war 1968 während der CSSR-Krise (Einmarsch der WAP-Truppen) letztmalig in Vollbetrieb.

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Für Übungszwecke angefertigte Luftlagekarte des NÖ. NO - und SO Raumes mit realen, aus Betriebsbuchaufzeichnungen übernommenen, Flugbewegungen. So sah die Lagekarte (Glaswand) bei der Betrachtung von vorne (aus dem Raum...) aus.
- Luftmeldegitter,
- Staatsgrenze,
- Flüsse,
- größere Städte,
- Flugplätze mit Beschränkungszonen,
- zivile Luftstraßen usw.
waren auf der Glaswand fix aufgebracht. Nur die
- Flugbewegungen,
- Kurs-Nummern,
- Zeitangaben (normal alle 2 Minuten, ausländische Luftfahrzeuge in direkter Grenznähe in Minutenabständen)
- und von der Zentrale Kolomannsberg zu bestimmten Kursen bekanntgegebene Daten,
wurden mit Spezialstiften seitenverkehrt auf der Rückseite eingezeichnet (-> Hinterglasmaler...).


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Hab mich ein wenig gespielt und aus der im Lehrsaal angefertigten Karte die NO - "Grenz- Ecke" (Raum Thayamündung in die March) vergrößert. Die auf der Glaswand fix eingezeichneten Daten pausten wir, soweit ich mich erinnern kann, von vorhandenen Ausbildungsunterlagen durch. Danach zeichneten wir die Flugkurse inkl. Zeitangaben auf Basis von Betriebsbuchdaten ein. Durch Verbindung der in Abständen von 2 Minuten eingezeichneten Meldepunkte konnte der jeweilige Kurs des Luftfahrzeuges erkennbar festgehalten werden.

Deutlich sieht man auch den Übergang von 2 auf 1 Minuten-Meldungen eines sich von der rechten oberen Ecke in Richtung österr. Grenze zubewegenden Luftfahrzeuges (Ersterfassung Minute 16) , welches nach einem Stück Parallelflug zur Grenze wieder ins Landesinnere der CSSR abdrehte und in Minute 35 aus dem Beobachtungsbereich verschwand. Dieser Kurs wurde unter der Kursnummer (-> die jeden Tag von 1 fortlaufend vom Betriebsbuchführer vergeben wurden) P 6 UNB geführt (P aula für St. Pölten, UNB für unbekannt.

Der GRÜN eingezeichnete Kurs von der linken oberen Ecke quer leicht schräg zum rechten Rand wurde von der Zentrale am Kolomannsberg zur weiteren Verfolgung durch die Stellung P übernommen: Erkenntlich aus Kurs-Nr. S iegfried 123 P (-> für die Übernahme und als solcher weitergeführt) ZIV -> zivil, (ZIÜ) .> Hinweis auf "Zielübernahme". Da für den Kurs die Flugdaten in der Zentrale bekannt waren, genügten 2 Minuten-Meldungen...

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Lagekarte Stiftskas. mit "Hinterglasmaler"

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...und noch ein Foto v. Dezember 1969 vom Stiftsbunker. Die Antenne des AN/PPS-1E - Radargerätes war in einer der 4 Geschützluken des Flakturmes installiert. Hinten im Dunst das Rathaus und die Votivkirche. Von damals stammt auch mein "Avatar-Bild", welches Richtung Stephansdom aufgenommen wurde. Ist auch hier zu sehen...
 

josef

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#7
Wieder einige Fotos aus vergangenen Zeiten:

1. Hauptmodule des "Mittelbereichs-Radargerätes AN/TPS-1E wie es 1969 im obersten Stockwerk des Flakturmes in der Stiftskaserne in einem ehemaligen Aufenthaltsraum für die Geschützbedienung zwischen den 4 Geschützständen installiert war.
2. Detail des "Sichtschirm-Moduls". Die Daten des Gerätes wurden über eine vom Turm über den Kasernenhof zum im Mitteltrakt der Kaserne gespanntes Freileitungskabel zum dortigen Auswerteraum geleitet. Der Sichtschirm dort war um einiges größer und bedienerfreundlicher als die direkt im Geräte-Modul integrierte kleine Anzeige.
3. Auf einer Bildtafel im "Hangar 8" des Flugzeugmuseums am Flh. Zeltweg fand ich diese Bildtafel mit der auf einem LKW "Steyr 586" montierten Antenne des AN/TPS-1E für den nicht ortsfesten "mot.-Einsatz" der damaligen 1. Rad.Kp.(mot) Salzburg-Siezenheim und der 2. Rad.Kp.(mot) in St.Pölten. Dahinter steht der weiter oben schon erwähnte "Saurer-Bus" mit der primären Geräteausstattung (gleich Bild 1. aus dem Stiftsbunker) und den weiteren Arbeitsplätzen für den ebenfalls schon beschriebenen Arbeitsplätzen des "Betriebsdienstes". Die "Antennenträger-LKW's" für den "mot.-Einsatz" wurden während meiner Präsenzdienstzeit (wie es damals hieß) auf die neu eingeführten "Steyr 680M" LKW's umgerüstet.
4. Eine ebenfalls in Zeltweg ausgestellte noch erhaltene Antenne des AN/TPS-1E.
(Aufnahmen 1.u.2. Dez.1969. 3.u.4. v. 10.06.2011)
 

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