josef

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#23
Nachfolgend eine Kurzzusammenfassung zum "FHQ - Frühlingssturm" aus eisenbahnhistorischer Sichtweise (in 2 Teilen):
Textauszug aus
Slezak; Kanal – Nostalgie – Aspangbahn, S. 74 – 76


Teil 1: Eisenbahnrelevantes zum "FHQ - Frühlingssturm" v. 25. März bis 27. April 1941

Vor dem Überfall auf Jugoslawien im Frühjahr 1941 war die Strecke zwischen Aspang und Friedberg einen Monat lang gesperrt, denn dort befand sich das Führerhauptquartier:

Hitlers Zug (Deckname „Amerika“) stand im Bahnhof Mönichkirchen (nahe Nordportal „Großer Hartbergtunnel“), Keitels Zug „Atlas“ beim Südportal des „Großen Hartbergtunnels“ und Görings Zug „Asien“ beim Westportal des Wiesenhöftunnels.

Am 26. März trat die Streckensperre in Kraft und die Bauarbeiten begannen unter argem Zeitdruck.

Die Züge von Göring und Keitel trafen am 11. April ein. Hitler kam mit seinem Zug einen Tag später um 6 Uhr früh. Alle 3 Züge fuhren am 27. April ab und die Streckensperre wurde aufgehoben. In den folgenden Tagen verkehrten aber nur 2 Personenzüge, um die Aufräumungsarbeiten zügig bewerkstelligen zu können.

Von diesem Ereignis konnte Dipl. Ing. August Hofbauer trotz strenger Geheimhaltung zahlreiche Fotografien anfertigen. Als Vorstand des Reichsbahn-Betriebsamtes Hartberg (Steiermark), zu dessen Bereich auch die Strecke Wiener Neustadt – Friedberg – Hartberg gehörte, war er sowohl für den Baudienst als auch für den Betriebsdienst verantwortlich und direkt mit den technischen Vorarbeiten, die einen einwandfreien Dienstbetrieb in diesen 3 Zügen (mit je 14 Vierachsern) ermöglichen sollten, beauftragt.

Am 25. März 1941 erschienen bei ihm vier hohe Offiziere der Wehrmacht und erklärten ihm nach Besichtigung der Strecke, vor allem der Tunnelausgänge samt Umgebung, den Zweck ihres Besuches. Nach der Verpflichtung zu strikter Geheimhaltung erhielt er den Auftrag zur Herstellung der notwendigen Anlagen, wie der Plattformen aus Brettern zwecks leichteren Aus- und Einsteigens und der Abflüsse für die Aborte in den Waggons.

Am 26. März musste das Hotel Mönichkirchnerhof geräumt werden. Als Begründung dafür und für die Streckensperre hieß es, der „Große Hartbergtunnel“ werde zweigleisig ausgebaut.

Bereits am 30. März befleißigten sich 540 Mann der umfangreichen Bauarbeiten; neben allen verfügbaren Bahnpersonals des Betriebsamtes Hartberg arbeiteten auch Männer der Organisation Todt.

Besondere Schwierigkeiten bereitete es, als 2 Tage vor der Ankunft der Züge die kontrollierenden Offiziere verlangten, dass beim Austauschen der beiden stets betriebsbereiten Dampflokomotiven zum Wasser- und Kohlenfassen Hitlers Zug höchstens drei Minuten ohne Lokomotive stehen dürfe. Da das Ausrüsten der Lokomotiven erst im Bahnhof Aspang möglich und damit eine Fahrzeit von etwa 15 Minuten verbunden war, musste zum Bereitstellen der ablösenden Lokomotiven knapp vor dem Bahnhof Mönichkirchen auf freier Strecke eine Weiche und ein Gleisstutzen für 2 Lokomotiven eingebaut werden, eine unter äußerstem Zeitdruck ungemein schwierige Arbeit. Aber nur so war die Zeitspanne von bloß 3 Minuten für den Austausch der Lokomotiven einzuhalten.

Zwischen den beiden Zügen des Führerhauptquartiers, dem „Führerzug Amerika“ und dem Zug „Atlas“ der Operationsabteilung (mit Keitel), sorgte eine Draisine auf kürzestem Weg für direkte Verbindung durch den Tunnel.
 

josef

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#24
Textauszug aus
Slezak; Kanal – Nostalgie – Aspangbahn, S. 74 – 76

Teil 2: Feier zu Hitlers 52. Geburtstag am 20. April 1941 im Bereich des Bahnhofs Mönichkirchen

In Mönichkirchen feierte am 20. April 1941 Hitler seinen 52. Geburtstag. Von dieser Feier ‚fern der Heimat‘ (Stuttgarter Illustrierte Zeitung vom 30. April 1941) gibt es zeitgenössische Pressefotos.

In Wien berichtete die Tageszeitung „Das kleine Blatt“ vom 20. April 1941 zufällig auch etwas über Mönichkirchen, das aber mit den Sonderzügen in dessen Bahnhof nichts zu tun hatte, sondern nur mit Franz Gschießl, einem dort seit 70 Jahren tätigen Schuhmacher. Erst am 21. April erschien gleich auf Seite 1 eine Meldung über die ‚soldatische Geburtstagsfeier im Führerhauptquartier‘, ohne aber dessen Standort Mönichkirchen zu erwähnen.

Den Hinweis, dass Heß den „Dank der Heimat“ durch den Rundfunk übermittelte, sollte wohl einen Standort weit weg der Heimat andeuten. Auf Seite 2 folgte eine detailreiche Darstellung, nach der Generalfeldmarschall Keitel bereits um Mitternacht Hitler die Geburtstagswünsche des Hauptquartiers überbracht hatte. Dort heißt es, dass Hitler – selbst an seinem Geburtstag – bis 11 Uhr militärische Besprechungen abwickelte; währenddessen gruppierten sich vor dem „Führerwagen“ (gegenüber der Standarte des Führers mit Doppelposten) Hitlers Begleitbataillon der Wehrmacht und der Spielmannszug. Um 11.15 Uhr hörte Hitler in seinem Befehlswagen die Radiowünsche von seinem Stellvertreter Rudolf Heß und die Repräsentanten des Hauptquartiers versammelten sich auf dem ‚mit schlichten Frühlingsblumen geschmückten Vorplatz‘. Um 11.25 Uhr verließ Hitler den Befehlswagen und nahm die Gratulationen von Generalfeldmarschall Walter von Brauchitsch (Heer), Großadmiral Erich Raeder (Marine) und Reichsmarschall Hermann Göring (Luftwaffe) sowie des Chefs des Oberkommandos der Wehrmacht, Wilhelm Keitel, entgegen. Anschließend hielt Göring eine Rede und die Kapelle spielte den ‚Badenweilermarsch‘, dessen Abspielen hochoffiziellen Anlässen im Beisein Hitlers vorbehalten war. Nachher begaben sich die prominenten Gratulanten in den Salonwagen Hitlers und davor spielte das Musikkorps unter anderem auch, wie das Kleine Blatt ausdrücklich hervorhebt, den Radetzkymarsch. In dem ganzen langen Bericht fehlt aber der Hinweis, dass sich das ganze nur 80 Kilometer südlich von Wien, in Mönichkirchen, abgespielt hat.

Am Vortag seines Geburtstags, am 19. April, hatte Hitler in seinem Zug bereits den bulgarischen Zar Boris III. (30.1.1894-28.8.1943, seit 3.10.1918 Zar) empfangen und am 20. April auch Graf Galeazzo Ciano (1903-1944, von 1936 bis 1943 Außenminister unter Mussolini), der allerdings nach Differenzen mit Mussolini 1944 hingerichtet worden ist.


Soweit der Textauszug aus dem Kapitel "FHQ-Frühlingssturm" aus dem vorhin zitierten Buch über die Aspangbahn bzw. Wechselstrecke.
 
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josef

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#26
Da wegen der rechtlichen Vorgaben (Urheberrechte...) keine der in der Literatur vorhandenen Fotos gezeigt werden dürfen, zumindest das Cover-Bild von
ARGE-Zeitsprünge;
"Frühlingssturm" - Ein Führer-Hauptquartier in Niederösterreich, Mönichkirchen, 12. bis 25. April 1941
Kral Verlag, Berndorf 2013

1557994381024.png
Texterklärung zum Umschlagbild:
Großes Bild:

Der Sonderzug "Amerika" am Bahnhof Mönichkirchen, Blickrichtung Nordosten, April 1941.
Dazu Anmerkung: Das Portal des "Großen Hartbergtunnels" befindet sich in der Verlängerung des Gleises im Vordergrund. Bei Fliegeralarm sollten die beiden durch die Kurve vom Wald verdeckten Lokomotiven die Garnitur in den Tunnel schieben...
Links entlang der Wagengruppe bzw. des Hanges erkennt man die Holzrampe zur besseren Erreichbarkeit der Wagoneingänge.
Kleine Bilder:
Oben Links: Göring bei der Geburtstagsrede für Hitler vor der Zugsgarnitur am 20. April 1941.
Darunter: Vor dem Sonderzug - ebenfalls bei der Feier.
Rechts daneben: Besprechung am Kartentisch im Hotel "Mönichkirchnerhof" neben dem Bahnhof.
 
#27
Wie dem Buch von Ex-Direktor Eduard Aberham über das Grandhotel "Panhans" zu entnehmen ist, residierte Hermann Göring nicht wie Hitler im Sonderzug, sondern etwas großzügiger am Semmering. Er soll viel spazieren gegangen und geschwommen sein und fuhr jeden zweiten oder dritten Tag im Auto nach Mönichkirchen...
 

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#28
ASPANGBERG-ST. PETER
Grandhotel: Ort mit viel Geschichte
Baujuwel stand in den letzten Jahren leer, nun wird für das Gebäude ein Käufer gesucht. Die NÖN auf Spurensuche.
NÖN-Neunkirchen, von Philipp Grabner. Erstellt am 09. Mai 2021


So wie der „Mönichkirchner Hof“, befindet sich auch der Bahnhof Mönichkirchen paradoxerweise im Gemeindegebiet von Aspangberg-St. Peter. Züge halten hier aber schon viele Jahre nicht mehr.


Bahnhof Mönichkirchen






Der „Mönichkirchner Hof“


Ein Blick ins Innere des einstigen Hotels – hier befand sich die Möglichkeit, bei Speis und Trank zu verweilen. Bis heute stehen hier Sitzmöglichkeiten, aber auch Utensilien wie eine Kreidetafel.








Alle Fotos NÖN - Tanja Barta

Die Türe knarrt ein wenig, kalte Luft schlägt einem entgegen. „Wir betreten das Haus über einen Seiteneingang, der über die Küche ins Innere führt“, sagt Johannes Hechtl und gewährt uns Zutritt zu dem altehrwürdigen Gemäuer. Dass der Zahn der Zeit daran genagt hat, macht schon alleine der Schriftzug über dem Eingangsportal deutlich: Der Name „Mönichkirchner Hof“ ist darüber zwar noch deutlich zu erkennen – das M, das H, das E und ein Stricherl zum Ö fehlen aber schon.

Um 1920 dürfte er errichtet worden sein, der „Mönichkirchner Hof“ – erreichbar ist er problemlos: Der Hof liegt unterhalb der bekannten B 54 an einer kaum befahrenen Waldstraße – vis-à-vis liegt der frühere Bahnhof Mönichkirchen: Täglich verkehrt hier die Wechselbahn, doch gehalten wird hier schon seit Jahren nicht mehr.

Für den altehrwürdigen „Mönichkirchner Hof“ wird seit wenigen Wochen jedenfalls ein neuer Käufer gesucht. Bis dato in Besitz der Sozialeinrichtung „Grüner Kreis“, kann er über das Immobilienbüro „Gebrüder Riha“ erworben werden. Kostenpunkt für das „ehemalige Hotel für vielseitige Verwendung“, wie es das Immobilienbüro auf der Website beschreibt: 320.000 Euro. „Und einige Interessenten waren schon da“, weiß Johannes Hechtl, der seit 2014 den „Sonnenhof“ im Mönichkirchner Ortszentrum führt und dieser Tage mit Interessierten durch die Räumlichkeiten schlendert – schließlich fungiert seine Cousine als zuständige Maklerin. Und noch ein weiteres Interesse ließ Hechtl so umtriebig werden: „Ich würde mich als Touristiker sehr darüber freuen, wenn sich ein passender Käufer mit einer guten Idee für das Juwel findet.“ Verfiele es, wäre es ewig schade, meint er.
Erbaut dürfte das Gebäude in den 1920er-Jahren worden sein – es diente nicht nur verschiedenen Zwecken, sondern verzeichnete auch etliche Besitzer. „Diese haben sehr oft gewechselt“, weiß Hechtl. Rund 15 Jahre steht das Gebäude nun bereits leer, zuletzt waren hier Asylwerber untergebracht. Während das Haus zwar über intakte Fenster verfügt und stets gegen Feuchtigkeit geschützt wurde, besteht in anderen Bereichen viel Handlungsbedarf: „Etwa bei der Heizanlage“, meint Hechtl.

Bekanntheit durch Führerhauptquartier
Erleichternd kommt aber hinzu, dass das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht – ganz im Gegensatz zum vis-à-vis gelegenen Bahnhof Mönichkirchen. Im Falle eines touristischen Projektes kann sich Hechtl vorstellen, dass auch dieser wieder reaktiviert wird. „Etwa als Bedarfshaltestelle. Eignen würde er sich aber auch als Heimat- oder Dorfmuseum – das gibt es in der Region ohnehin nicht“, überlegt Johannes Hechtl laut.

Bekanntheit erlangte der „Mönichkirchner Hof“ einst allerdings auch durch ein besonders dunkles Kapitel der österreichischen Geschichte: Die NS-Zeit im Zweiten Weltkrieg. Unweit von Hotel und Haltestelle, im Großen Hartbergtunnel, befand sich zwischen 12. und 25. April 1941 ein mobiles Führerhauptquartier. Adolf Hitlers Garnitur soll dabei nördlich stationiert gewesen sein – von hier aus wollte er das Kriegsgeschehen besser beobachten, heißt es. „Bis heute verbinden das Hotel viele mit Hitler, wobei er sich nur wenige Tage hier aufhielt“, weiß Johannes Hechtl. Der „Mönichkirchner Hof“ dürfte in diesen Tagen vor allem als Vorführort der „Deutschen Wochenschau“ gedient haben.

Für den Touristiker steht jedenfalls fest: Der „Mönichkirchner Hof“ ist mit viel mehr zu verbinden als mit der NS-Zeit. „Er hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die vielen gar nicht bekannt ist.“ Er würde es begrüßen, würde nicht nur der „Mönichkirchner Hof“ revitalisiert werden, sondern auch der hier gelegene Bahnhof. „Was es braucht, ist ein wirklich gutes Konzept“, ist Hechtl überzeugt. Und hofft nun darauf, dass das Hotel aus seinem Dornröschenschlaf geholt wird. Bis es so weit ist, schließt er die Türe hinter sich wieder ab...
Grandhotel: Ort mit viel Geschichte
 
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