Zwischenstand
Hallo an alle,
übermittle nachstehend meinen Zwischenstand, ersuche um Kommentare oder Richtigstellungen, falls schwerwiegende historische Fehler sein sollten. Wir haben den Org. Werkplan neu gezeichnet und über das Luftbild gelegt. Dieser Plan wird in hoher Auflösung in der Größe A0 an der Panzersperre beim Radrastplatz Berg montiert werden (sobald alle Recherchen abgeschlossen sind) Darstellungen in Rot waren im Probebetrieb, Gelb war nur in Planung und wurde nicht umgesetzt. Über die Baracken haben wir Detailpläne, jedoch fehlt uns die Bezeichnung der einzelnen Hallen im Werkplan (und leider auch schon die verstorbenen Zeitzeugen). Wäre dankbar für Hinweise.
Mit einer eigenen Tafel wird das Werk wie folgt beschrieben:
Anfang 1942 begann die Firma Bernhard Berghaus aus Rackwitz bei Leipzig mit dem Bau eines Leichtmetallwerkes auf heutigem Berger Gemeindegebiet. (Ab 1942 bis zum Kriegsende gehörte Berg zur Stadtgemeinde Engerau)
Der Standort Berg bzw. Engerau wurde nicht zufällig gewählt. Einerseits verband Berghaus mit dem eingesetzten Engerauer Bürgermeister Arnold Wiesinger eine enge Freundschaft und andererseits war die regionale und strategische Lage neben der Großstadt Preßburg hervorragend, da die Donau in unmittelbarer Nähe und der Standort auch über Schiene gut erreichbar war.
Östlicherseits hätte ein Donauhafen errichtet werden sollen, um das Grundmaterial für die Aluminiumerzeugung, das Bauxit, aus Rumänien am schnellsten Wege ins Werk zu bringen.
Bereits im Vorfeld verloren viele Berger Landwirte entlang der Preßburger Straße ihre Grundstücke, da sich der Großteil des Werks auf Berger Gemeindegebiet befand. Im Gegenzug erhielten die Landwirte als Ersatz Ackerland und Wiesen vom Besitz der Herrschaft Walterskirchen (auf heutigem Wolfsthaler Gemeindegebiet im Überschwemmungsgebiet). Gutsherr Anton Walterskirchen wurde von den Nationalsozialisten gezwungen, seine Gründe zu verkaufen, die Berghaus schließlich für Tauschgeschäfte mit der Gemeinde Berg und den Berger Landwirten herangezogen hatte.
In den riesigen Werkshallen (bebaute Betriebsfläche – 7,74 ha) des Aluminiumwalz- und Presswerkes sollten Bauteile für die Flugzeugindustrie aber auch Patronenhülsen und Bauteile für die Raketen-Produktion erzeugt werden. Anfang 1944 arbeiteten in dem auch sogenannten „Hermann Göring-Werk“, das bereits im Probe-, aber nie in Vollproduktion lief, ca.1.600 bis 2.000 Arbeiter. Vorrangig wurden Zwangsarbeiter verschiedenster Herkunft zur Errichtung und Arbeit im Werk herangezogen. Auch viele Bewohner der Umgebung fanden hier eine Arbeitsstätte. Da das Werk nicht in Vollproduktion lief, erfolgten auch keine Luftangriffe direkt auf das Werksgelände. Bei voller Inbetriebnahme hätten 6.000 Personen eine Beschäftigung gefunden
Die Arbeiten wurden bis in die letzten Märztage des Jahre 1945 fortgesetzt, die Ausmaße der fertig gestellte Hallen war beachtlich. (300 m Länge, 80 m Breite und teilweise bis zu 20 m Höhe). Das Schottermaterial wurde von der angrenzenden Schottergrube in Naßbaggerungen gewonnen (heutiger Badesee des Freizeitzentrums)
In den sogenannten „Baracken“ waren damals die Büros und Unterkünfte untergebracht. Die gesamte beanspruchte Grundfläche des Werkes betrug über 250 ha auf Berger und Wolfsthaler Gemeindegebiet.
In Planung war außerdem der Bau von Luxus-Häusern für die Werkführung, die oberhalb des Leichtmetallwerks in den Berg (Nordhang der Königswarte) gebaut hätten werden sollen. Weiters war auch ein großes Spital am Berghang geplant. Dazu kam es aber nicht mehr.
Am 3. April 1945 wurde Berg von den sowjetischen Truppen der 2. Ukrainischen Front, vornehmlich der 99. Gardedivision und der X. Gardeschützendivision, unter Generalleutnant Rubanjuk, besetzt. Das Werksgelände der Firma Bernhard Berghaus wurde von der sowjetischen Besatzungsmacht zum Deutschen Eigentum erklärt und unter USIA Verwaltung gestellt. Lt. Friedensvertrag erhielt Jugoslawien die Maschinen und Ausrüstung des Werkes als Wiedergutmachung für ihre Kriegsschäden. Das gesamte errichtete Werk samt Maschinen wurde mittels Schneidbrennern abgetragen und mit der Eisenbahn direkt vom Werksgelände nach Jugoslawien verbracht. Diese Arbeiten, die hauptsächlich wieder von Ortsbevölkerung und Firmen getätigt wurde, gingen bis weit in die 1950er Jahre hinein. Natürlich war auch aus der einheimischen Bevölkerung der Bedarf an Baumaterial groß, um die beschädigten Gebäude zu sanieren oder neue Gebäude für den neuen Aufschwung der Nachkriegszeit zu bauen. Immer wieder kam es zu Vorfällen und Diebstählen aller Art. Schlussendlich wurden die verbleibenden Gebäude gesprengt, um sie für eine nachfolgende Nutzung unbrauchbar zu machen.
Die unzerstörbaren Fundamente des Werkes beim heutigen Rübenplatz zeugen noch von dieser Zeit. Die Flächen, die heute hauptsächlich bewaldet sind, da sie durch die großen Fundamentierungen nicht landwirtschaftlich genutzt werden können, sind heute ein Eldorado für die Flora- und Faunawelt.
Zur Person Bernhard Berghaus.
Bernhard Berghaus wurde 1896 als Sohn eines vermögenden deutschen Textilunternehmers in Amsterdam geboren. Im Deutschland der frühen dreißiger Jahre gründete Berghaus zahlreiche Unternehmen im Bereich der Leichtmetallindustrie. Insgesamt beschäftigte Berghaus, der als viertgrößter Industrieller des Deutsch Reiches galt, 11.000 Personen in seinen Fabrikationsstätten. Berghaus Experten entwickelten in Zusammenarbeit mit dem Oberkommando des Heeres zahlreiche Verfahren der Mittel- und Hochfrequenz sowie der Atomphysik. Berghaus produzierte 1100 Patente, wovon 800 für die Produktion im Bereich Rüstungsindustrie genutzt werden konnten. Der Industrielle Berghaus leistete so einen wesentlichen Beitrag zur deutschen Wiederaufrüstung und Kriegswirtschaft. Abgesehen davon galt Berghaus als Wegbereiter der Kunststoff-Entwicklung. Die Verlegung der Kunststoff-Produktion in das Werk Engerau-Berg war bereits in Planung.
Berghaus, der geschäftlich und privat immer wieder in die Schweiz reiste, setzte sich wenige Tage vor Kriegsende in die Schweiz ab. Nicht ohne Grund: Britische und französische Militärbehörden in Deutschland verlangten seine Auslieferung, da ihm diverse Straftaten zur Last gelegt wurden. Vorgeworfen wurde Berghaus: die Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie die Misshandlung dieser (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) aber auch dass Berghaus als Finanzagent namhafter NS-Größen tätig war und in der Schweiz große Geldsummen getarnt angelegt hatte. Verurteilt wurde Berghaus jedoch nie, dafür waren Berghaus‘ Patente und technischen Fachkenntnisse für die west-Alliierten Besatzungsbehörden in Deutschland zu wertvoll. Im Oktober 1948 stellte ihm das Entnazifizierungsgericht Lübeck ein Entlastungszeugnis aus. Berghaus konnte so unbehelligt wieder nach Deutschland einreisen, wo er vorrübergehend auch wieder in München lebte. Ende 1966 starb Berghaus in der Schweiz.