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Leopoldsberg-Drahtseilbahn (Standseilbahn) [Wien] unterirdische Reste der Bergstation
Heute mal etwas Unterirdisches, das nichts mit dem 2. WK zu tun hat, nichtsdestotrotz spannend.
Wie zumindest Kennern der Verkehrsgeschichte bekannt sein wird, wurde aus Anlass der Weltausstellung 1873 eine Drahtseilbahn (zweigleisige Pendel-Standseilbahn) vom Donauufer beim Kuchelauer Hafen zur Elisabethwiese (Sattel zwischen Kahlenberg und Leopoldsberg) gebaut.
Bild1.jpg zeigt eine Gesamtansicht der Trasse von der Talstation mit einem Seilbahn"zug" (doppelstöckiger Personenwagen plus talseitig angekuppelter Tender für Wasser- und Kohletransport).
Der Betrieb - Eigentümerin war eine eher windige AG, die "Österreichische Bergbahn-Gesellschaft" (ÖBG) - existierte nur von 1873 bis 1876 und brachte es nur auf 493 Betriebstage. Ein viel bekannteres Konkurrenzunternehmen, die Zahnradbahn von Nussdorf auf den Kahlenberg, hatte den finanziell längeren Atem. Als im Frühjahr 1876 ein Erdrutsch die Drahtseilbahn beschädigte, musste die Österreichische Bergbahn-Gesellschaft, die de facto bankrott war und die Reparaturen nicht bezahlen konnte, ihre Betriebe an die Kahlenberg-Eisenbahn-Gesellschaft verkaufen. Diese ließ die Drahtseilbahn in den folgenden Jahren demontieren und alle verwertbaren Teile verkaufen.
Der Standort der Bergstation befindet sich im Wald zirka 150 Meter in Richtung ONO vom Straßendreieck Wiener/Klosterneuburger Höhenstraße entfernt. Er ist über einen gut sichtbaren und begehbaren Pfad leicht erreichbar.
Bild2.jpg zeigt einen Längs- und Grundriss der Bergstation. Bild3.jpg zeigt das Plateau der ehemaligen Kassen und Maschinenhalle, Blickrichtung ONO, also talwärts. Die Geländekante im Hintergrund markiert das ehemaligen Gleisende (Punkt D im Längsschnitt)
Während oberirdisch außer einigen spärlichen, kaum wahrnehmbaren Resten von Mauerwerk nur die Geländeformung auf die frühere Bergbahnstation hindeutet, soll es unterirdisch noch einiges zu sehen geben. Dazu muss man etwas weiter ausholen:
Auf den Plateaus des Kahlenbergs und des Leopoldsbergs gibt es keine ergiebigen Quellen. Die Betriebe der ÖBG - neben der Drahtseilbahn gehörte der Gesellschaft auch das Kahlenberg-Hotel - benötigten jedoch große Mengen an Wasser. Das Speisewasser für die Kessel der 250 PS starken Dampfmaschine, die als Seilbahnantrieb diente, konnte zwar durch Kondensation großteils rezykliert werden, das Trinkwasser für das Hotel jedoch nicht. Der Wassermangel dürfte auch der Grund gewesen sein, warum man auf den teuren Maschinen- statt des bei frühen Standseilbahnen häufig anzutreffenden Wasserballast-Antriebs zurückgreifen musste. Dem Lastentransport dienten die im Bild1.jpg sichtbaren Tender, die je 5,6 Kubikmeter Wasser und insgesamt 6,7 Tonnen Nutzlast (Wasser + Kohle) fassten.
Bild4.jpg zeigt die Maschinenhalle der Drahtseilbahn mit der liegenden Zweizylindermaschine, dem Kuppelgetriebe und den gewaltigen Wickeltrommeln (Durchmesser rund 7 Meter) der beiden Zugseile. Blickrichtung WSW, also Richtung Elisabethwiese/Kahlenberg.
Ziemlich genau an der schon erwähnten Geländekante befinden sich zwei mit modernen Metalldeckeln verschlossene Schächte. Der linke ist mit einen soliden Schloss versehen, der rechte offen.
Bild5.jpg zeigt einen Blick in diesen rechten Schacht. Der Schacht selber scheint jüngeren Datums zu sein (Beton), darunter ist ein mit Schutt verfülltes Kellergewölbe zu erahnen.
Meiner Einschätzung nach müsste es sich um jene unterirdischen Bereiche handeln, in denen die vertikalen Umlenkrollen (Bild2.jpg, Punkt C) aller Seile des Antriebsmechnismus sowie die horizontale Umlenkrolle des Fangseils (dahinter, Bild2.jpg, Punkt B, leider bei dieser Auflösung nicht gut sichtbar) lagen. Die Drahtseilbahn hatte zwei Zugseile (mit separaten Wickeltrommeln, also nicht, wie heute üblich, ein beide Wagen verbindendes, umlaufendes Zugseil) und ein (umlaufendes) Fangseil, alle gleich dimensioniert und in der Lage, jeweils einen Wagen (bzw. "Zug") zu halten bzw. zu bewegen.
Zur Speicherung des Wassers gab es bei der Bergstation eine große Zisterne, in die die von den Tendern heraufgebrachten Vorräte entleert wurden. Leider ist mir nicht bekannt, wo genau. Vor Jahren habe ich jedoch in einem Buch (Bildband, Titel leider vergessen, könnte "Unterirdischer" oder "Geheimnisvoller Wienerwald" gelautet haben) ein beeindruckenes Foto gesehen, das ein immer noch teilweise mit (Regen-)Wasser gefülltes Gewölbe zeigt. Möglicherweise handelt es sich um das auf dem Längsschnitt der Bergstation (zwischen Kassen- und Maschinenhalle) sichtbare Kellergewölbe, in das man über den linken (gesicherten) Einstiegsschacht gelangen kann. Vielleicht gibt es aber auch noch andere Schächte, die mir bei der jüngsten Begehung nicht aufgefallen sind. Neben der Bergstation der Drahtseilbahn gab es nördlich noch ein zweites Bauwerk, das Kesselhaus, von dem es ebenfalls noch unterirdische Reste geben könnte.
Von 1876 bis 1921/1922 versorgte die Kahlenberg-Zahnradbahn das Kahlenbergplateau mit Trinkwasser. Der damals erfolgte Anschluss der Ortschaft Josefsdorf und des Kahlenberg-Hotels an das städtische Leitungsnetz wird in der Literatur auch als ein Grund für die endgültige Betriebseinstellung der Zahnradbahn angegeben (das genau Stilllegungsdatum ist bis heute umstritten).
Quelle für Fotos und Plan (außer Bild3.jpg und Bild5.jpg): Pawlik/Raab, Kahlenbergbahn, Verlag Slezak, Wien 1972
Heute mal etwas Unterirdisches, das nichts mit dem 2. WK zu tun hat, nichtsdestotrotz spannend.
Wie zumindest Kennern der Verkehrsgeschichte bekannt sein wird, wurde aus Anlass der Weltausstellung 1873 eine Drahtseilbahn (zweigleisige Pendel-Standseilbahn) vom Donauufer beim Kuchelauer Hafen zur Elisabethwiese (Sattel zwischen Kahlenberg und Leopoldsberg) gebaut.
Bild1.jpg zeigt eine Gesamtansicht der Trasse von der Talstation mit einem Seilbahn"zug" (doppelstöckiger Personenwagen plus talseitig angekuppelter Tender für Wasser- und Kohletransport).
Der Betrieb - Eigentümerin war eine eher windige AG, die "Österreichische Bergbahn-Gesellschaft" (ÖBG) - existierte nur von 1873 bis 1876 und brachte es nur auf 493 Betriebstage. Ein viel bekannteres Konkurrenzunternehmen, die Zahnradbahn von Nussdorf auf den Kahlenberg, hatte den finanziell längeren Atem. Als im Frühjahr 1876 ein Erdrutsch die Drahtseilbahn beschädigte, musste die Österreichische Bergbahn-Gesellschaft, die de facto bankrott war und die Reparaturen nicht bezahlen konnte, ihre Betriebe an die Kahlenberg-Eisenbahn-Gesellschaft verkaufen. Diese ließ die Drahtseilbahn in den folgenden Jahren demontieren und alle verwertbaren Teile verkaufen.
Der Standort der Bergstation befindet sich im Wald zirka 150 Meter in Richtung ONO vom Straßendreieck Wiener/Klosterneuburger Höhenstraße entfernt. Er ist über einen gut sichtbaren und begehbaren Pfad leicht erreichbar.
Bild2.jpg zeigt einen Längs- und Grundriss der Bergstation. Bild3.jpg zeigt das Plateau der ehemaligen Kassen und Maschinenhalle, Blickrichtung ONO, also talwärts. Die Geländekante im Hintergrund markiert das ehemaligen Gleisende (Punkt D im Längsschnitt)
Während oberirdisch außer einigen spärlichen, kaum wahrnehmbaren Resten von Mauerwerk nur die Geländeformung auf die frühere Bergbahnstation hindeutet, soll es unterirdisch noch einiges zu sehen geben. Dazu muss man etwas weiter ausholen:
Auf den Plateaus des Kahlenbergs und des Leopoldsbergs gibt es keine ergiebigen Quellen. Die Betriebe der ÖBG - neben der Drahtseilbahn gehörte der Gesellschaft auch das Kahlenberg-Hotel - benötigten jedoch große Mengen an Wasser. Das Speisewasser für die Kessel der 250 PS starken Dampfmaschine, die als Seilbahnantrieb diente, konnte zwar durch Kondensation großteils rezykliert werden, das Trinkwasser für das Hotel jedoch nicht. Der Wassermangel dürfte auch der Grund gewesen sein, warum man auf den teuren Maschinen- statt des bei frühen Standseilbahnen häufig anzutreffenden Wasserballast-Antriebs zurückgreifen musste. Dem Lastentransport dienten die im Bild1.jpg sichtbaren Tender, die je 5,6 Kubikmeter Wasser und insgesamt 6,7 Tonnen Nutzlast (Wasser + Kohle) fassten.
Bild4.jpg zeigt die Maschinenhalle der Drahtseilbahn mit der liegenden Zweizylindermaschine, dem Kuppelgetriebe und den gewaltigen Wickeltrommeln (Durchmesser rund 7 Meter) der beiden Zugseile. Blickrichtung WSW, also Richtung Elisabethwiese/Kahlenberg.
Ziemlich genau an der schon erwähnten Geländekante befinden sich zwei mit modernen Metalldeckeln verschlossene Schächte. Der linke ist mit einen soliden Schloss versehen, der rechte offen.
Bild5.jpg zeigt einen Blick in diesen rechten Schacht. Der Schacht selber scheint jüngeren Datums zu sein (Beton), darunter ist ein mit Schutt verfülltes Kellergewölbe zu erahnen.
Meiner Einschätzung nach müsste es sich um jene unterirdischen Bereiche handeln, in denen die vertikalen Umlenkrollen (Bild2.jpg, Punkt C) aller Seile des Antriebsmechnismus sowie die horizontale Umlenkrolle des Fangseils (dahinter, Bild2.jpg, Punkt B, leider bei dieser Auflösung nicht gut sichtbar) lagen. Die Drahtseilbahn hatte zwei Zugseile (mit separaten Wickeltrommeln, also nicht, wie heute üblich, ein beide Wagen verbindendes, umlaufendes Zugseil) und ein (umlaufendes) Fangseil, alle gleich dimensioniert und in der Lage, jeweils einen Wagen (bzw. "Zug") zu halten bzw. zu bewegen.
Zur Speicherung des Wassers gab es bei der Bergstation eine große Zisterne, in die die von den Tendern heraufgebrachten Vorräte entleert wurden. Leider ist mir nicht bekannt, wo genau. Vor Jahren habe ich jedoch in einem Buch (Bildband, Titel leider vergessen, könnte "Unterirdischer" oder "Geheimnisvoller Wienerwald" gelautet haben) ein beeindruckenes Foto gesehen, das ein immer noch teilweise mit (Regen-)Wasser gefülltes Gewölbe zeigt. Möglicherweise handelt es sich um das auf dem Längsschnitt der Bergstation (zwischen Kassen- und Maschinenhalle) sichtbare Kellergewölbe, in das man über den linken (gesicherten) Einstiegsschacht gelangen kann. Vielleicht gibt es aber auch noch andere Schächte, die mir bei der jüngsten Begehung nicht aufgefallen sind. Neben der Bergstation der Drahtseilbahn gab es nördlich noch ein zweites Bauwerk, das Kesselhaus, von dem es ebenfalls noch unterirdische Reste geben könnte.
Von 1876 bis 1921/1922 versorgte die Kahlenberg-Zahnradbahn das Kahlenbergplateau mit Trinkwasser. Der damals erfolgte Anschluss der Ortschaft Josefsdorf und des Kahlenberg-Hotels an das städtische Leitungsnetz wird in der Literatur auch als ein Grund für die endgültige Betriebseinstellung der Zahnradbahn angegeben (das genau Stilllegungsdatum ist bis heute umstritten).
Quelle für Fotos und Plan (außer Bild3.jpg und Bild5.jpg): Pawlik/Raab, Kahlenbergbahn, Verlag Slezak, Wien 1972
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