Österreichische Flüchtlings- und Internierungslager im 1. Weltkrieg

#1
Internierungslager Graz-Thalerhof


Graz: Uraufführung "Thalerhof"
Es ist ein in Vergessenheit geratenes Kapitel Grazer Stadtgeschichte: jenes vom Internierungslager Thalerhof. Auf dem Areal des heutigen Flughafens Graz-Thalerhof wurden im Ersten Weltkrieg tausende der "Russophilie" verdächtige Ruthenen interniert. Ihre Geschichte hat nun der polnische Autor Andrzej Stasiuk zu einem Theaterstück verdichtet - dieses wurde gestern im Schauspielhaus uraufgeführt.


Viele kamen im Lager ums Leben, während ihre Söhne und Brüder für den österreichischen Kaiser kämpften. Ihre Geschichte hat nun der polnische Autor Andrzej Stasiuk zu einem Theaterstück verdichtet - Schauspielhaus-Intendantin Anna Badora hat mit der Uraufführung die neue Spielzeit eröffnet.

Die gefallenen Soldaten des 1. Weltkrieges bekommen in "Thalerhof" eine Stimme. Autor Andrzej Stasiuk hat das tot-geschwiegene Kapitel des Internierungs-Lagers bei Graz ans Tageslicht geholt. Wo heute Flugzeuge in Richtung Urlaub abheben, kamen vor 100 Jahren tausende Ruthenen ums Leben: sie wurden der "Russophilie" bezichtigt.

Erst im Vorjahr wurde am Friedhof Feldkirchen bei Graz eine Tafel angebracht - im Gedenken an die knapp 1.800 im Lager Thalerhof gestorbenen Ruthenen. Bei uns totgeschwiegen, ist diese Tatsache in Stasiuks Heimat bis heute präsent, betont die Regie führende Intendantin des Grazer Schauspielhauses Anna Badora.

Badora lässt die gefallenen Soldaten aus ihren Gräbern steigen. Schützen-Gräben durchziehen die düstere - teilweise nur von Kerzen ausgeleuchtete - Bühne. Mit "Thalerhof" will sie - im wahrsten Sinn - Licht in das dunkle Kapitel bringen.

Verschiedene Zeit-Ebenen verwebt Autor Stasiuk: So treffen die heutigen Flug-Gäste auf die toten Soldaten, die sich im Rollfeld verstecken - ein Spiel mit zeitlosen Vorurteilen. Dokumentarische Erzähl-Fragmente und fiktive Elemente fließen im Stück ineinander - dabei spielt auch die Groteske eine zentrale Rolle. Und so spielt der Kaiser - in langen Unterhosen im Rollstuhl sitzend - die tragischen Ereignisse zum Schluss mit einer lapidaren Geste herunter.

Quelle: http://oe1.orf.at


http://www.schauspielhaus-graz.at/

Kleine Zeitung www.kleinezeitung.at/
Der Standard derstandard.at
Die Presse diepresse.com/
 
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#2
Internierungslager Thalerhof Sept.1914 - Mai 1917

Denunziert, verschleppt, interniert.
Das Lager Thalerhof wurde im Ersten Weltkrieg vor allem für eine eigene Volksgruppe gebaut – die Ruthenen.


Parallel zur Ostfront des Ersten Weltkriegs gegen die Russen führte die k. u. k. Armee an der Heimatfront auch einen Krieg nach innen – gegen die eigene Zivilbevölkerung.

Denn die Spionagehysterie gegen die Ruthenen in Galizien (heute Ukraine) war enorm, schreibt Nicole-Melanie Goll im Historischen Jahrbuch der Stadt Graz, Band 40 (2010). „Misshandlungen, Massenverhaftungen, die Liquidierung vermeintlicher ,Spione‘ und Verräter ohne Verfahren und Urteil standen an der Tagesordnung.“ Die Folge war die Deportation zumeist unschuldiger Menschen ins Zivilinternierungslager Thalerhof.

Der Thalerhof südlich von Graz hatte dem Militär schon früh als Exerzierplatz gedient. Ab 1913 fand hier auch die Fliegerausbildung statt und die Infrastruktur für eine Fliegerkaserne wurde geschaffen. Aber aufgrund der Entfernung zur Front war diese Gegend auch für andere Verwendungszwecke interessant. So trafen am 4. September 1914 im nahen Bahnhof Abtissendorf bereits die ersten „Russophilen“- Transporte aus Ostgalizien ein: Männer, Frauen und Kinder waren unter menschenunwürdigen Bedingungen in Viehwaggons zusammengepfercht quer durch die Monarchie deportiert worden – und wussten in vielen Fällen gar nicht, warum.

Sie mussten unter Bewachung zum Flugfeld marschieren, wo ein heilloses Durcheinander herrschte, denn nichts war für die Menschenmassen vorbereitet worden. Also mussten sie unter freiem Himmel auf einer eingezäunten Fläche übernachten, von Hygiene keine Spur. Dafür regnete es in Strömen. Erst am 9. September wurde ein Zeltlager errichtet, das für 2100 Personen Platz bot. Doch mussten zusätzlich noch 2000 polnische Kriegsflüchtlinge untergebracht werden. Aus Angst vor dem Ausbruch von Seuchen und weil der Flugbetrieb empfindlich gestört wurde, verlegte man das Lager an die östliche Seite des Exerzierplatzes, etwa auf Höhe des heutigen Zivilflughafens Graz-Thalerhof. Das alte Zeltlager wurde zur Isolier- und Krankenstation umfunktioniert.

Am 11. November waren schließlich 30 Holzbaracken für die Internierten vorhanden, die sie aber selbst hatten bauen müssen. Darin gab es weder Betten noch Decken, die Räume waren nur mit Stroh ausgelegt. Jetzt befanden sich bereits 6680 Menschen unter katastrophalen Verhältnissen im Lager. Doch die Leitung beschloss, die Zahl der Insassen zu verdoppeln. Noch im November brachen Bauch- und Flecktyphus aus – weit über 1000 Todesopfer waren die Folge. Bis Anfang 1915 wurde nun ein Aufnahmestopp verhängt. Bade-, Wasch- und Desinfektionsanlagen wurden errichtet, die hohe Sterblichkeit nahm wieder ab.

Ab 1916/17 ließ die Thalerhofer Untersuchungskommission viele Lagerinsassen frei, ein Großteil der Männer wurde aber zum Kriegsdienst eingezogen. Dann wurden die Lebensmittel knapp.

„Unser Schwein hat Besseres zum Essen bekommen als wir“, schrieb eine Insassin an ihre Mutter in Galizien. Erst 1917 kam es zu einem Umdenken. Kaiser Karl I. ordnete eine Überprüfung der vielen Fälle an, in denen Menschen ohne Gerichtsverfahren am Thalerhof interniert waren. Am 3. Mai 1917 wurde das Lager geschlossen. Nur das Spital blieb in Betrieb, ab Oktober 1917 wurden hier russische und italienische Kriegsgefangene behandelt.

Zwischen 4. September 1914 und 1. September 1917 waren hier 1767 internierte Ruthenen gestorben. Die meisten wurden Opfer von Ruhr, Typhus und Cholera. In einem auf dem Friedhof Feldkirchen errichteten Karner liegen ihre sterblichen Überreste. Das sei nur „die Spitze eines Eisberges“, fürchtet Oberst a. D. Manfred Oswald, der sich seit Jahren mit dem Lager Thalerhof beschäftigt, das bei uns lange vergessen war – in der Ukraine ist es aber als KZ und Todeslager noch immer in schlechter Erinnerung.
Quelle: http://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Damals_in_der_Steiermark/Lager_Thalerhof

Und noch ein "Wiki-Beitrag" zum Thema: http://de.wikipedia.org/wiki/Interniertenlager_Thalerhof
 
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josef

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#3
Internierungslager im 1. Weltkrieg

Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren die kriegsbeteiligten Staaten im Europa des Jahres 1914 mit einem inneren Sicherheitsproblem konfrontiert: Hunderttausende Zivilpersonen, die auf Reisen waren oder fern der Heimat lebten, befanden sich schlagartig auf feindlichem Territorium und stellten eine potenzielle Bedrohung dar. Insbesondere wehrfähige Männer wurden davon abgehalten, für ihr eigenes Land in den Krieg zu ziehen. Sie alle wurden in Internierungslager gebracht.




Unfreiwillige Multinationalität
Zehntausende Zivilisten sind während des Ersten Weltkriegs in Internierungslagern festgehalten worden. In Österreich etwa wurden Briten, Russen, Italiener und Franzosen, aber auch Polen, Serben und Montenegriner zum Teil viele Jahre lang festgehalten. Strategisch gut gelegen, bot sich besonders das Waldviertel für die Errichtung von Lagern an. Große Not der Internierten ist ebenso dokumentiert wie ein vitales Lagerleben.
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Staatsangehörige kriegsbeteiligter Nationen wurden mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs als „feindliche Ausländer“ betrachtet, die in erster Linie ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Lösung des Problems bestand in der umgehenden Internierung dieser Personen. Insbesondere Wehrfähige, aber auch generell gefährlich oder in den Augen der Obrigkeit politisch suspekt Wirkende wurden daran gehindert, das Staatsgebiet zu verlassen, um für das eigene Land aktiv zu werden.


Reinhard Mundschütz
Internierte im Lager in Großau beim Fußballturnier (1914 - 1918)

Das Festhalten der Personen erfolgte in Internierungslagern bzw. Internierungsstationen - eine Praxis, die alle kriegsbeteiligten Staaten pflegten. Österreichern, die sich etwa in Frankreich oder Großbritannien aufhielten, erging es nicht anders.

Zivil verwaltet, militärisch bewacht
Prinzipiell unbescholtene ausländische Bürger hatten mit ihrer Festnahme den Status von „Zivilinternierten“. Die Lager für Internierte standen im Gegensatz zu den Kriegsgefangenenlagern und Flüchtlingslagern nicht unter militärischer Verwaltung, sondern unter ziviler Aufsicht österreichischer Behörden. Jedoch war das Militär für die Bewachung verantwortlich. Mitunter herrschten sogar sehr gute Bedingungen: etwa für jene aus dem Ausland stammenden Personen, die vermögend waren und für ihren unfreiwillig verlängerten Aufenthalt im Ausland aus eigener Tasche aufkommen konnten.

Sie wurden als Konfinierte bezeichnet und lebten meist in Privathäusern oder in Pensionen - in „Konfinierungsstationen“, die wesentlich komfortabler als die Lager waren. „Unter den Festgehaltenen herrschte eine deutliche Zweiklassengesellschaft“, beschreibt der an der Universität Wien beschäftigte Historiker Reinhard Mundschütz im Gespräch mit ORF.at das Hauptmerkmal der strengen Trennung nach monetären Gesichtspunkten. Mundschütz hat die Internierungslager in seiner Dissertation erforscht.

Vielzahl an Standorten
Das größte Internierungslager auf dem Boden der Monarchie entstand in Katzenau bei Linz mit einer Spitzenbelegung von rund 4.500, „aber auch auf der Festung Kufstein wurde zu Beginn des Krieges interniert“, verdeutlicht Mundschütz den immensen Bedarf aufgrund der großflächigen Festnahmen. Und vor allem im Waldviertel ist eine bemerkenswert hohe Zahl an Internierungslagern entstanden, die im Laufe des Krieges immer wichtiger wurden.


Reinhard Mundschütz
Internierte Montenegriner (1916 - 1918); sie kämpften an der Seite der Serben gegen die Monarchie

Unter der Aufsicht der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya wurden Lager in Dobersberg, Großau, Groß-Siegharts, Illmau, Karlstein an der Thaya, Kautzen, Markl, Meires, Oberndorf, Weikertschlag, Raabs an der Thaya, Sittmannshof und Waidhofen an der Thaya errichtet - aber auch in Drosendorf, Kirchberg an der Wild, Waldreichs und Heidenreichstein. Mundschutz: „Dafür wurden vor allem nicht genutzte große Gebäude wie Schlösser, Gutshöfe oder Schüttkästen angemietet.“ Im Lauf des Ersten Weltkriegs waren es weit über 10.000, die im Waldviertel interniert oder konfiniert waren.

Lage fern der Fronten
Dass ausgerechnet das nördlichste Niederösterreich zum Brennpunkt der Internierungen wurde, war keineswegs ein Zufall: „Die Lage weit im Inneren der Monarchie, fern der Frontlinien und abseits der Hauptstrecken der Eisenbahn, aber auch weitab von großen Städten und Industriegebieten spielte eine große Rolle - genauso war es den Verantwortlichen wichtig, eine Region mit einer relativ loyalen Bevölkerung zu wählen“, erklärt Mundschütz die Gründe, die damals für das Waldviertel sprachen.

Wobei die Quellen ein deutliches Bild zeichnen, was die anfängliche Perspektive anbelangt: „Als die Lager errichtet wurden, sind alle davon ausgegangen, dass der Krieg nach wenigen Monaten ein Ende haben wird.“ Dass der Krieg einen vollkommen anderen Verlauf nimmt, war auch im Waldviertel bald spürbar.

Kriegseintritt Italiens
Durch den Kriegseintritt Italiens im Jahr 1915 erhöhte sich die Anzahl der Gefangenen schlagartig. Die Stationen Drosendorf, Großau und Markl wurden infolgedessen zu größeren Barackenlagern ausgebaut. Allein in Drosendorf waren im Jahr 1916 weit über 1.000 Menschen interniert, was entsprechende Infrastruktur erforderte. Es wurde etwa ein eigenes Lagerspital in Form eines Neubaus errichtet.


Reinhard Mundschütz
Wohnbaracke im Internierungslager Drosendorf (1914 - 1918)

In den Lagern trafen diverse Berufs- und Gesellschaftsschichten aus unzähligen Nationen aufeinander: Bauern, Arbeiter und Handwerker, aber auch Geschäftsleute, Künstler, Maler, Artisten, Beamte, Lehrer und Journalisten sind dokumentiert. Es waren Albaner, Engländer, Franzosen, Italiener, Montenegriner, Polen, Rumänen, Russen und Serben. Auch politisch abtrünnige Österreicher waren interniert. Die Lagerinsassen wurden für Arbeiten insbesondere in der Landwirtschaft eingesetzt und dafür entlohnt.

Matrosen und Weltliteratur
Britische Matrosen, die sich zum falschen Zeitpunkt im Hafen von Triest befunden hatten, saßen genauso ein wie etwa der Bruder des irischen Jahrhundertschriftstellers James Joyce, Stanislaus, ein Ire mit britischem Pass, der in Kirchberg an der Wild interniert war und dort im Jahr 1915 von seinem Bruder über die voranschreitende Entwicklung eines Romans namens „Ulysses“ per Feldpostkarten am Laufenden gehalten wurde. Stanislaus Joyce, der damals wie sein Bruder in Triest lebte, hatte etwas gar laut geäußert, dass er mit der Politik der k. u. k. Monarchie wenig einverstanden war. James Joyce flüchtete in die Schweiz.

Auch der später in Großbritannien als erster Aborigene-Aktivist berühmt gewordene Anthony Martin Fernando war im Waldviertel interniert. Ab dem Jahr 1916 bis zum Ende des Krieges saßen in Karlstein montenegrinische Minister und der gesamte Generalstab des Landes ein. Montenegro hatte an der Seite von Serbien gegen Österreich gekämpft und war besiegt worden. Tausende Montenegriner wurden damals nach Österreich verschleppt.


Reinhard Mundschütz
Der Drosendorfer Schüttkasten als Internierungslager (1914)

Hunger und Fleckfieber
Doch je länger der Krieg tobte, umso schlechter wurde auch im Waldviertel die Versorgungslage, sowohl Lebensmittel als auch Brennmaterial betreffend. Bereits im Jahr 1915 war es zu einer ersten Versorgungsnot gekommen, aber auch zu einer Fleckfieberepidemie. Insbesondere der Frühsommer 1917 markierte einen Höhepunkt der mitunter miserablen Zustände in den Internierungslagern. Sowohl im Lager Drosendorf als auch in Markl kam es zu Unruhen.

Ein aus dem Lager geschmuggelter Brief an den sozialistischen Journalisten und Aufdecker Max Winter, der als Pionier der Sozialreportage im deutschsprachigen Raum gilt, wurde in der „Arbeiter-Zeitung“ zum Thema. Darin wurden die Missstände in den Lagern beklagt. Die Lage verbesserte sich zwar etwas, blieb aber bis zum Kriegsende durchaus angespannt. Etwa im Lager Markl, wo Menschen jüdischen Glaubens interniert wurden und wo deshalb entsprechend gekocht wurde, bestand der Speiseplan im Juni 1917 vorwiegend aus Brot, Heringen und Erdäpfeln – in den anderen Lagern war es im Sommer vor 100 Jahren nicht besser.

Weithin bekannter Mikrokosmos
Mundschütz schreibt: „Die Waldviertler Lager haben dennoch als Vorzeigelager gegolten. Sie wurden auch von Rot-Kreuz-Delegationen und Delegationen von Botschaften regelmäßig inspiziert.“ Das jüdisch geprägte Lager in Markl hat Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde erhalten. Mundschütz: „Über den jüdischen Mikrokosmos im Lager Markl berichtete sogar die Prager Zeitung.“

Weil es sich bei vielen der Waldviertler Lager um Vorzeigelager handelte, wurden sie entsprechend fotografisch dokumentiert. Mundschütz: „Viele dieser Aufnahmen sind mit Vorsicht zu genießen. Hier wurde viel inszeniert und beschönigt.“

Selbst organisiertes Lagerleben
Dennoch herrschte mitunter ein vitales Lagerleben. Die Konfinierten genossen ohnehin viel Freiheit. Theateraufführungen gab es ebenso wie Lagerbibliotheken und Fußballturniere unter den verschiedenen Nationen. „Zudem wurde versucht, die Professionen der Internierten zu nutzen - das Lagerleben wurde von den Internierten, soweit das möglich war, selbst organisiert“, erklärt Mundschütz und verweist auf die Geschichte des aus Russland stammenden Architekten Anatol Tscherkassky, der in Drosendorf interniert war und dort für das notwendig gewordene neue Badehaus des Lagers verantwortlich zeichnete. „Im Gegenzug erhielt Tscherkassky den Status eines Konfinierten und konnte sich weitaus freier bewegen.“


Reinhard Mundschütz
Montenegriner machten einen großen Teil der Internierten aus

Nicht zum Nachteil der Region
Die Lager bedeuteten für viele Orte des Waldviertels durchaus einen wirtschaftlichen Vorteil. Auch wenn Nahrungsmittel pro Kopf gerechnet knapp bemessen waren, herrschten entsprechende Umsätze. In großen Lagern wurde täglich bis zu eine Tonne Erdäpfel benötigt. In den Gemeinden wurde mitunter viel Geld in die Erneuerung von Infrastruktur investiert, wie etwa ein großes Wasserleitungsprojekt mit Pumpstation für Drosendorf.

Die Verpachtung von Grundstücken und großen Gebäuden brachte zusätzliches Geld. Und die Region, die in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg touristisch erblüht war, konnte insbesondere mit den Konfinierten kriegsbedingt ausbleibende Urlauber kompensieren. „Statt Sommerfrischlern belegten Konfinierte die Pensionszimmer. Die Vermieter waren froh“, erzählt Mundschütz.

Wenig Erinnerung an die Lager
Das Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918 brachte auch das Ende der nun überflüssig gewordenen Internierungslager. Internierte und Konfinierte konnten in ihre Heimatländer zurückkehren. Die Lager wurden aufgelöst, die Baracken und viele der neu errichteten Nebengebäude wurden im Lauf der Jahre 1919/1920 großteils abgetragen. Die damals angemieteten Gebäude, wie der barocke Schüttkasten in Drosendorf, sind heute zwar noch existent, doch bis auf eine Tafel auf dem Drosendorfer Friedhof, die der im Lager Verstorbenen gedenkt, erinnert an diesen Nebenaspekt des Ersten Weltkriegs im Waldviertel nichts.

Bela Kun und die gescheiterte Revolution
Ein einziges Mal noch haben die ehemaligen Internierungslager Aufmerksamkeit erlangt. Nach der missglückten kommunistischen Arbeiterrevolution im Ungarn des Jahres 1919 flüchteten die Revolutionäre rund um Bela Kun und Eugen Landler nach Österreich und erhielten Asyl. Um sie vor Attentaten zu schützen, wurden sie nach Drosendorf gebracht. Doch es hagelte Proteste vonseiten der Bevölkerung, die endlich ihre Ruhe haben wollte. Die Kommunisten wurden in die Haidlmühle in der Nähe von Kollmitzgraben und dann nach Schloss Karlstein verlegt, von wo sich Kun später in Richtung Russland absetzte. Immerhin in der Haidlmühle ist die Erinnerung intakt. Mundschütz: „Dort wird ein Raum heute noch Bela-Kun-Zimmer genannt.“

Link:
Johannes Luxner, für ORF.at
http://orf.at/stories/2404256/2404257/
 
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josef

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#4


Zweiklassengesellschaft im Waldviertel
Bilddokumente aus den Internierungslagern geben ein eindrückliches Zeugnis von der Zweiklassengesellschaft, die die festgehaltenen „feindlichen Ausländer“ im Waldviertel während des Ersten Weltkriegs bildeten. Für die Internierten in den Lagern herrschte mitunter große Not - die besser gestellten Konfinierten organisierten sich sogar in Fecht- und Tennisclubs. Ein Blick ins Waldviertel der Jahre 1914 bis 1918.
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Reinhard Mundschütz
Eingang zum Internierungslager Markl (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Internierungslager Markl (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Internierte vor Schloss Illmau (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Lager Drosendorf mit Internierten (1915)


Reinhard Mundschütz
Lager Drosendorf: Badehaus und Marodenhaus (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Lagerspital Drosendorf: Aufbahrung eines Konfonierten (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Drosendorf: Begräbnis eines Internierten (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Konfinierte Schotten in Drosendorf im Garten der Familie Schrimpf (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Konzertprogramme im Lager Drosendorf (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Internierungsstation in Großau, (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Boxkampf im Lager Großau (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Konfinierte im Fechtclub Drosendorf (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Konfinierte im Tennisclub Raabs (1914 - 1918)


Reinhard Mundschütz
Konfinierte im International Sport-Club Drosendorf (1917)


Reinhard Mundschütz
Modellschiff des Matrosen Chris Welch, Großau (1916)

Johannes Luxner, für ORF.at
Publiziert am 25.11.2017 http://orf.at/stories/2404256/2404261/
 

Bunker Ratte

Well-Known Member
#5
Internierungslager Steinklamm bei Rabenstein a.d.Pielach
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges bringt eine Beschlagnahmung und Zwangsverwaltung der gesamten
Liegenschaft durch den Staat mit sich.

1914 Auf dieser nunmehr staatlichen Besitzung wird ein Lager eingerichtet - vorläufig beschränkt für politische Gefangene (Reichsitaliener und politisch verdächtige italienischsprachige Österreicher) sowie Flüchtlinge wie beispielsweise aus Görz (Friaul-Julisch Venetien) und Gradisca (Friaul - Isonzo-Front), in weiterer Folge auch aus Südtirol und dem Gebiet rund die istrische Stadt Pula in der sich Österreichs bedeutendster Kriegshafen befand.

Während des 1. Weltkrieges werden Kriegsgefangene interniert. Bis 8000 Gefangene sollen hier Platz gefunden haben.
(Hier ein kurzer Chronik-Ausschnitt vom Lager Steinklamm)

Am 1. Oktober 1914 erhält Rabenstein eine Gendarmerie-Expositur, diese wird in Steinklamm eingerichtet.
Ein eigenständiger Gendarmerieposten wird mit 31. Jänner 1919 in Rabenstein an der Pielach errichtet.
1919 wird im Mai das ehemalige Lager Steinklamm von der Stadtgemeinde Wien erworben.

1920 Die Stadt Wien unterhält eine Lungenheilanstalt. 211 Kranke werden von 129 Angestellten betreut.
Die von Dr. Julius Tandler geplante Vergrößerung der Heilstätte scheiterte am Veto der damaligen Gemeindeführung, welche die Verbreitung von Krankheiten befürchtete.
Den Ausbauplänen lag übrigens ein Zertifikat zugrunde, welcher dem "Reitberg"-Hang eine mit dem Schweizer Kurort Arosa vergleichbare Lüftgüte bescheinigte.

Nachdem aus dem "Projekt Steinklamm" nichts wurde, gründete der mit der Oberaufsicht betraute Pathologe und damalige Unterstaatssekretär für Volksgesundheit eine Lungenheilstätte auf der Baumgartner Höhe in Wien.
Der in der Lungenheilstätte praktizierende Arzt Dr. Kronberger führte nach der Schließung seiner Wirkstätte in Steinklamm eine Praxis im sogenannten "Rader"-Haus in Rabenstein an der Pielach.

1921 wird das Lungenheilanstalt-Gelände durch eine Hochwasserkatastrophe schwer beschädigt. Ursache dafür war eine Unmenge an Holztreibgut und der Umstand dass aufgrund des überraschend schnellen Wasseranstieges die Schleusen der Wehranlage nicht mehr rechtzeitig geöffnet werden konnten.

1925 werden die letzten Baracken des Lagers abgerissen und verkauft. Es blieben nur die gemauerten Gebäude und die Ökonomie bestehen.
Eine dieser "Baracken" war bis zu deren Abriss im Herbst 2010 in der Ramsteinstraße als "stummer" Zeitzeuge zu sehen und beherbergte ursprünglich Arbeiter für die in der Nähe befindlichen Fabrik von Paul Vorsteher (heute 3K-Galerie). In weiterer Folge diente es mehrere Jahrzehnte als Wohngebäude.

Bestandteil des riesigen Lagerareals, welches sich seinerzeit von der sogenannten "Kalten Kuchl"-Abzweigung bis zur jetzigen "Allee" (Radwegführung am südlichen Rand der Steinklamm-Siedlung) erstreckte, war auch ein großes Kirchengebäude, gänzlich aus Holz errichtet.
Gläubige verschiedener Konfessionen fanden sich hier ein um in Gebeten und Fürbitten ihre Religion auszuüben.

Im Jahr 1926 wurden der Altar, die Kanzel, 22 Bänke, der Taufstein, 2 Altarsockel und ein Chorgeländer zu einem Preis von 500 Schilling an die Evangelische Kirche für die damals in Planung befindliche "Predigtstation" in Annaberg-Reith verkauft.

Bis heute ist die Einrichtung aus dem ehemaligen k.&k. Lager in Steinklamm in der im Jahre 1930 eingeweihten Kirche in Reith im Einsatz.

1926 Michael Derfler erwirbt den Besitz - Anstelle einer "Wertzuwachsabgabe" erhält die Gemeinde das ehemalige Küchengebäude (Steinklamm 25).
1927 ist das Gut Molkereigebäude und Gründungsstätte der "Molkereigenossenschaft Steinklamm-Warth".
1928 Theodora Kahil kauft den Steinklammhof.

Unter der neuen Besitzerin bzw. fachkundiger Anleitung von DI Carl Scheiber wird der Molkereibetrieb ausgebaut.
1938 Aufgrund politischer Veränderungen musste die Molkerei in den Rabensteiner Ortsteil Warth übersiedeln - in unmittelbare Nähe des dortigen Bahnhofs Steinschal-Tradigist und direkt an der Bundesstraße gelegen.

Bis in die 30er-Jahre ist ein Erholungsheim für Kinder aus Wiener Privatschulen untergebracht in einem der zum "Steinklammhof" gehörigen Gebäude.

1938 Mit der A. Kuhn & Co. OHG mietet eine Textilfirma die Fabriksgebäude.
Die Wiener Kunstanstalt Max Jaffé hat wegen des Bombardements im 2. Weltkrieg wertvolles Material in Steinklamm zwischengelagert.

Bis 1946 wird Verbandsstoffmaterial, beispielsweise auch für die Firma Rauscher erzeugt, danach wird technisches Gewebe, Reifen- und Riemengewebe erzeugt, so auch für die Reifenprodukte der Firma Semperit.

1960 Eigentumwechsel des Steinklamm-Besitzes an Hayat Kioumgi und Dipl.-Ing. Carl Scheiber.

1993 erwirbt Josef Zwetzbacher den gesamten Besitz und übergibt diesen im Jahre 2001 an seinen Sohn Josef.
Die spärlich verbliebenen Gebäudeteile der einst riesigen Anlage beherbergen heute nur mehr wenige Wohnungen.
Das sogenannte "Ärztehaus" und ein Großteil der ehemaligen Fabriksanlage werden 1995 abgerissen.

Bis heute (2017) stehen geblieben sind das "Einfahrtstor" und das Gebäude der "Barackenverwaltung" als letzte Relikte des einstigen k. & k. Internierungslagers und stumme Mahnmale einer bewegten Geschichte.
Allerdings nagt der Zahn der Zeit sehr heftig an diesem historischen Gebäude sodass ein Verschwinden von diesem Holzbau absehbar ist.

Quellenverweis:
Aufzeichnungen von Gottfried Auer entsprechend einem Interview mit Frau Herma Scheiber
Quelle: Rabenstein Geschichte

Endlich... nach langer Zeit habe ich es geschafft, die überreste des ehemaligen Internierungslagers zu besichtigen. Als ich dann vor dem Tor stand, stimmte mich die Sache etwas traurig, wenn man an die damaligen schweren Zeiten denkt.

Dürfte das ehemalige Verwaltungsgebäude des Internierungslagers gewesen sein.
26..jpg

Lg
Michi
 

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Bunker Ratte

Well-Known Member
#7
Internierungslager Steinklamm bei Rabenstein a.d.Pielach Teil3:
Not- und Lagergeld
Durch das Einschmelzen der Geldmünzen im I. Weltkrieg gab es Probleme mit dem Wechselgeld, durch die Herausgabe von Notgeld sollte dies behoben werden, das Lagergeld in den Internierungslager hatte andere Hintergründe.
Während am Anfang der Zweck im Vordergrund stand, wurden danach zunehmend auch Geldscheine für Sammler oder zur Spekulation gedruckt.

Das Lagergeld der k. & k. Internierungsstation Steinklamm

Warum gab es Lagergeld?

* Unterbindung von Fluchtversuchen.
Da das Lagergeld nur im Lager gilt, hat der Internierte kein Geld, um sich Zivilkleider oder Nahrungsmittel zu kaufen
* Eingrenzung des Geldumlaufs im Lager.
Es kann von Außen kein zusätzliches Geld ins Lager gebracht werden (von Aufsehern, Gewerbetreibenden, etc.)
Geplant war ein einheitliches Lagergeld für alle Lager. Bei manchen Ausgaben meint man aber, es wäre aus spekulativen Gründen herausgegeben worden, von vornherein bestimmt, von Sammlern gehortet zu werden. Gerade das Notgeld von Steinklamm gehört offensichtlich zu dieser Kategorie.



Es gibt in der "k.k. Internierungsstation Steinklamm" Lagergeld (alle Scheine tragen kein Herausgabejahr und keine Unterschrift) im Werte von:
2 Heller rot
10 Heller grün
1 Krone gelb
5 Kronen blau
Das Lagergeld von Gmünd (Barackenverwaltung), Mistelbach (Flüchtlingsstation) und Oberhollabrunn (Flüchtlingsstation) ist jenem von Steinklamm sehr ähnlich.



Das Notgeld der Heilstätte Steinklamm

"Lungenheilstätte Steinklamm der Gemeinde Wien"
Die Scheine sind grünlich und wir unterscheiden
- 10 Heller, 20 Heller, 50 Heller ohne Stempel
- 10 Heller, 20 Heller, 50 Heller mit einem Stempel

"Volkslungenheilstätte Steinklamm der Gemeinde Wien"
- 10 Heller, 20 Heller, 50 Heller mit einem Stempel

Die Geldscheine werden als "Geldnotschein" bezeichnet, die Bilder sind immer gleich und zeigen Tuberkel - Bazillen, auf den Scheinen steht kein Ausgabedatum und keine Unterschrift und die Rückseite ist leer. Gedruckt wurden die Scheine von Radinger in Mariazell. Die Scheine der Heilstätte Steinklamm (besonders die mit den Stempelaufdrucken) sind selten und haben einen Sammlerwert.

Notgeld-Quellenverweis:
Aufzeichnungen von Gerhard Hager (Heimatforschung Hofstetten-Grünau)
Quelle: Rabenstein Geschichte
 

HF130C

Well-Known Member
#8
Danke für den ausführlichen Bildbericht. Ist das Gelände ohne Weiteres zugänglich? Konntest du noch die Schrift über dem Einfahrtstor entziffern?
Könnte das auch Internierungslager ... geheissen haben?
Vielen Dank!
 

Bunker Ratte

Well-Known Member
#9
Danke für den ausführlichen Bildbericht. Ist das Gelände ohne Weiteres zugänglich? Konntest du noch die Schrift über dem Einfahrtstor entziffern?
Könnte das auch Internierungslager ... geheissen haben?
Vielen Dank!
Guten Morgen HF130C,
dankeschön:D. Also das Verwaltungsgebäude ist frei zugängig. Das Tor ist zwar offen , ist aber Privatgrund. Das grosse Gebäude war angeblich eine Kinder-Heilstädte. Den Schrieftzug am Tor konnte ich nur das zweite Wort entziffern das heisst Steinklamm.
Lg
Michi
 

HF130C

Well-Known Member
#10
Danke für die Hinweise. Anhand der SAT-Schüssel könnte man meinen, dass hier noch wer wohnt. Obwohl: Es gibt auch schon SAT-Schüssel-Leichen ...
Zur Schriftentzifferung: Eventuell war das die Beschriftung des Kinderheims? Und die alte Beschriftung wurde damit übermalt? Es bleibt spannend!
 

Bunker Ratte

Well-Known Member
#11
Danke für die Hinweise. Anhand der SAT-Schüssel könnte man meinen, dass hier noch wer wohnt. Obwohl: Es gibt auch schon SAT-Schüssel-Leichen ...
Zur Schriftentzifferung: Eventuell war das die Beschriftung des Kinderheims? Und die alte Beschriftung wurde damit übermalt? Es bleibt spannend!
Hallo,
ja es wohnen Asylanten darin. Ich denke auch das die Beschrieftung übermalt wurde. Ich hab es letzte mal ein Bild gefunden wo noch der Schrieftzug leserlich war , aber ich find die Seite im Moment nicht.
Bin auf der Suche nach den Bild . Ich lass es dich dann natürlich wissen :) was oben stand.
Lg
Michi
 
#13
Als Neuer hier in der Gruppe darf ich anmerken, dass der (fast) letzte Stumme Zeuge einer bewegten Zeit mehrer Aufschriften vorzuweisen hatte - eine der letzten war "Ökonomie Steinklamm" und auch in der Zeit von 1914 bis 1918 wurde immer wieder der Schriftzug auf den aktuelle Verwendungszweck des Areals abgestimmt - zuletzt (bis zum Ende des 2.WK) stand zu lesen: "Barackenlager Steinklamm".
... und ... es befand sich keine "Kinder"- sondern einen Lungenheilstätte auf dem Gelände - siehe mehr darüber unter "www.rabenstein.gv.at" in der Rubrik Geschichte, da habe ich darüber geschrieben.
Mehr Fotos über das Lager und die nachfolgende Heilstätte der Stadtgemeinde Wien gibt es in der www.rabenstein.topothek.at zu sehen.
... und ja, die Gebäudeanlage - allerdings nur mehr das sogenannte "Herrenhaus" - ist bewohnt - Flüchtlinge bzw. Heimatsuchende der Neuzeit waren jedoch nicht untergebracht, vielmehr freiwillige Zugezogene mit Migrationshintergrund ...
Wer an weiteren Informationen interessiert ist: g.auer@rabenstein.gv.at
Ich selbst wäre an tiefergehenden Informationen zu dem "Internierungs- und späteren Barackenlager Steinklamm" interessiert - vor allem an wo und bei wem ich "Zeitzeugen"-Schilderungen erlangen kann.
DANKE im voraus ...
mit Grüssen aus der Geburtsgemeinde von www.kardinal-könig.at
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josef

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#14
Ein herzliches Willkommen im Forum!

Ein Link zu einem Foto in der Topothek - Zustand lt. Begleittext 1950:
Topothek Rabenstein: Unsere Geschichte, unser Online-Archiv
(Vorschaubild zum Vergrößern anklicken)

Hätte noch eine Frage zu Rabenstein:
Lt. Verlagerungsliste der "Wienerneustädter Flugzeugfabrik" (WNF) wird Rabenstein für 1944/45 auch als Standort einer Betriebsverlagerung der Werksgruppe VI - Obergrafendorf genannt. Ist dazu der Betrieb für die Verlagerung bekannt bzw. existieren davon heute noch Gebäudereste usw. ?

Auszug der WNF-Verlagerungsliste zum 5.12.44:

1552739946973.png
Auszug aus Faksimile "Geheime Verlagerungsliste zum 5.12.44" bei Haberfellner/Schroeder; Wiener Neustädter Flugzeugwerke 1994, S. 219.
 
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#15
Ein herzliches Willkommen im Forum!

Ein Link zu einem Foto in der Topothek - Zustand lt. Begleittext 1950:
Topothek Rabenstein: Unsere Geschichte, unser Online-Archiv



Hätte noch eine Frage zu Rabenstein:
Lt. Verlagerungsliste der "Wienerneustädter Flugzeugfabrik" (WNF) wird Rabenstein für 1944/45 auch als Standort einer Betriebsverlagerung der Werksgruppe VI - Obergrafendorf genannt. Ist dazu der Betrieb für die Verlagerung bekannt bzw. existieren davon heute noch Gebäudereste usw. ?

Auszug der WNF-Verlagerungsliste zum 5.12.44:

Anhang anzeigen 72576
Auszug aus Faksimile "Geheime Verlagerungsliste zum 5.12.44" bei Haberfellner/Schroeder; Wiener Neustädter Flugzeugwerke 1994, S. 219.
 

josef

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#16
Lager Wolfsberg-Kärnten: Flucht aus der Ukraine vor 100 Jahren
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Angesichts der kriegsvertriebenen Ukrainer wiederholt sich die Geschichte: Im Ersten Weltkrieg gab es mit den Ruthenen Flüchtlinge aus dem Gebiet der heutigen Ukraine, die unter anderem in einem riesigen Lager in Wolfsberg untergebracht waren. Auch damals hieß der Feind Russland.
Online seit heute, 6.24 Uhr
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Auf dem Friedhof St. Johann in Wolfsberg sind nicht nur russische Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg begraben, sondern auch fast tausend Ruthenen-Flüchtlinge aus dem ersten Weltkrieg, die im Barackenlager untergebracht waren.

ORF
Ruthenen-Denkmal am Friedhof St. Johann in Wolfsberg

Erst 2019 wurden sechs Stelen aufgestellt, die an ihr Schicksal erinnern sollen. Mehr als die Hälfte der Toten waren Kinder unter fünf Jahren, sagte die Kuratorin im Museum Lavanthaus, Christine Ragger: „Vor allem Typhus und Cholera waren ein großes Problem. 1914 im Spätherbst, relativ bald nach der Ankunft der Menschen im Lager, brach dort eine Epidemie aus. Man umzäunte und bewachte dann das Lager und schaute, dass es niemand ohne Erlaubnis betritt oder verlässt.“

ORF
Historische Aufnahme des Ruthenen-Lagers

536 Kinder begraben
Auch Hirnhautentzündungen und andere Krankheiten, gegen die es heute Hilfe geben würde, traten häufig auf. „Damals sind aber sehr viele Menschen daran gestorben. Dank der Forschungen des Historikers Christian Klösch wissen wir, dass 536 Kinder unter fünf Jahren im Lager gestorben sind. Sie sind auf diesem Friedhofsgelände begraben.“

ORFChristine Ragger

Damals gehörte der Westen der heutigen Ukraine zur österreichisch-ungarischen Monarchie. Es waren somit Landsleute, die auf der Flucht vor den Russen, die ihre Ländereien im Osten überrannt hatten, nach Wolfsberg kamen.
ORF

Gleich viele Flüchtlinge wie Einwohner
Das Lager war eine Stadt in der Stadt. Wolfsberg hatte damals 8.000 Einwohner, im Lager waren bis zu 7.500 Ruthenen untergebracht, erzählt Christine Ragger: „Es gab ungefähr 62 Baracken, eine eigene Kirche. Die ganze Organisation war wie eine Stadt für sich. In kürzester Zeit mussten diese Menschen mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden. Mit Zunahme des Krieges von Jahr zu Jahr wurde das zu einem immer größeren Problem.“

ORF

Vor allem Familien waren untergebracht
Es waren in erster Linie Familien, Frauen und Kinder, die in Wolfsberg untergebracht waren. „Es kamen auch an die 300 Kinder hier auf die Welt. Diese Menschen mussten alle versorgt werden. Es gab rund tausend Portionen Brot pro Tag und 250 Milchkühe, die man nach Wolfsberg brachte. Davon waren alleine 50 in den Stallungen des Flüchtlingslagers untergebracht.“

Mit Zunahme der Kriegssituation wurde die Versorgungslage immer schwieriger. Mit der Zeit standen im Lager nur noch 1.100 Kilokalorien an Lebensmittel zur Verfügung.

ORF
Historische Lebensmittel-Bezugskarten

In den Sommermonaten leerte sich das Lager regelmäßig, die Insassen wurden zu Ernteeinsätzen oder Waldarbeiten in die Kronländer der Monarchie geschickt. 1917 kehrten die Überlebenden wieder zurück in ihre zerstörte Heimat.

ORF

Ruthenenweg erinnert an die schwere Zeit
Die mehr als 70 Baracken wurden noch vor Ende des Krieges abgebaut und dienten im Kanaltal des heutigen Italiens als Ersatz für durch im Krieg zerstörte Häuser.

ORF
Ruthenenweg in Reding

In Wolfsberg erinnert auch der Ruthenenweg an die Flüchtlinge aus dem Westen der heutigen Ukraine. Die Straße ist in einem modernen Siedlungsgebiet zu finden und erinnert daran, dass vor mehr als hundert Jahren an dieser Stelle das Ruthenenlager stand.
Im Jahr 2013 erinnerte Wolfsberg mit einer großen Ausstellung an die verschiedenen Lager – mehr dazu in Lagerstadt Wolfsberg (kaernten.ORF.at 23.7.2013).
16.03.2022, red, kaernten.ORF.at
Flucht aus der Ukraine vor 100 Jahren
 

josef

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#17
Als Ergänzung zum Internierungslager Steinklamm bei Rabenstein a.d.Pielach
Beiträge #5 - 15:


Rabensteiner "Zeitzeuge" wird immer morscher
NÖN-Pielachtal, 26. OKTOBER 2022
Maria Prchal


„K.K. Barackenlager Steinklamm“ stand 1916 auf dem relativ neuen Tor.
FOTO: Topothek Rabenstein/zVg Gottfried Auer

In Steinklamm steht noch das gleiche Holztor, das 1914 von Insassen des Internierungslagers erbaut wurde.
Das Holztor bei Steinklamm schaut ganz anders aus, als andere Gebäude im Pielachtal. Das liegt nicht daran, dass es schon so alt ist. Denn auch bei seiner Errichtung 1914 haben die Pielachtaler nicht so gebaut. Nein, dieses Tor ist eine Erinnerung an die bewegte Geschichte des Areals und die Vergangenheit der Monarchie Österreichs als Vielvölkerstaat. Erbaut wurde es nämlich von den Szeklern, einer Gruppe aus Siebenbürgen. „Damit ist es zeittypisch, aber nicht typisch für die Region“, sagt Hobby-Historiker Gottfried Auer. Allerdings machten die Szekler das nicht freiwillig, sie waren Gefangene im k. u. k.-Internierungslager, das sich in Steinklamm befand. So spannend ist die Geschichte dieses Ortsteils, sogar der ORF hat darüber schon eine Doku gedreht.




Als stiller Zeitzeuge steht das Tor noch da...unverändert seit 1915.
FOTO: Gottfried Auer

Allerdings war das Tor auch schon einmal in einem besseren Zustand, weswegen sich Gottfried Auer wünscht, dass es für die Nachwelt erhalten bleibt. „Das Spannende an dem Tor ist: Dort mussten alle durch.“ Mit allen meint er die Gefangenen, später die Menschen im Barackenlager, wie es nach dem Ersten Weltkrieg genannt wurde. Dann kam eine Molkerei, eine Lungenheilstätte, eine Weberei. „Auf alten Fotos sieht man auch die unterschiedlichen Aufschriften, die angebracht waren.“ Das Tor ist also einerseits ein Zeichen des Wandels, andererseits ist es wie ein Fels in der Brandung immer stehen geblieben.

Deswegen möchte Auer und einige Motivierte den hölzernen Zeitzeugen auch erhalten. Dafür könnte sich Auer beispielsweise ein Landjugend-Projekt vorstellen – unter fachlicher Aufsicht versteht sich. „Bei uns in Rabenstein hat Herkunft schließlich Zukunft“, meint der Topothekar und ehemaliger Amtsleiter.

Abgeneigt ist der Obmann der Dorferneuerung Bürgermeister Kurt Wittmann nicht. Allerdings würden gerade viele Projekte laufen, die erst einmal abgeschlossen werden müssen.
Rabensteiner "Zeitzeuge" wird immer morscher
 

josef

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#18
NÖN-Artikel zum Interniertenlager Drosendorf:

Als in Drosendorf ein Revolutionär wohnte
NÖN-Horn, 20. MAI 2023
Paul Horntrich

Dieses Bild stammt aus dem Jahr 1914. Einst waren in Drosendorf tausende Internierte untergebracht.
FOTO: Foto: Reinhard Mundschütz

Der Schüttkasten am Rande Drosendorfs ist ein Gebäude mit viel Geschichte: Im Ersten Weltkrieg waren hier hunderte Personen interniert, unter anderem der ungarische Revolutionär Béla Kun. Die NÖN hat sich mit dem Historiker Reinhard Mundschütz über die Geschichte des einstigen Internierungslagers unterhalten.


Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, befanden sich in Österreich-Ungarn zahllose Angehörige von Staaten, mit denen die Donaumonarchie plötzlich Krieg führte. Als Kriegsgefangene konnte man sie nicht einsperren, als Staatsbürger nun verfeindeter Staaten durften sie sich aber auch nicht mehr frei bewegen. Daher entstand die Idee, diese Menschen in Internierungslagern unterzubringen. Einige dieser Lager entstanden im Waldviertel, so unter anderem rund um den Drosendorfer Schüttkasten.


In solchen Holzbaracken waren die Internierten untergebracht.


Rund um den Schüttkasten wurden Holzbaracken für das Internierungslager angelegt.
FOTO: Reinhard Mundschütz


Heute erinnert nichts mehr daran, dass im Ersten Weltkrieg rund um den Schüttkasten ein Internierungslager für Italiener war.
FOTO: Foto: Paul Horntrich

Der Historiker Reinhard Mundschütz - seine Familie stammt aus der Region - hat die Geschichte des Drosendorfer Internierungslagers aufgearbeitet. Schon als Kind hätte ihm sein Großvater erzählt, dass es hier einmal ein Lager gegeben habe, schildert Mundschütz der NÖN, wie er auf das Thema aufmerksam wurde. Er begann zu recherchieren, fand im Stadtarchiv Drosendorf alte Dokumente und forschte dann im Niederösterreichischen Landesarchiv in St. Pölten weiter.

Weil Drosendorf damals an die Lokalbahn angeschlossen war, war es zum Bau eines Lagers geeignet. Schon 1914 begann man, den Schüttkasten wohntauglich zu machen. Südlich des Schüttkastens - dort, wo jetzt die Freiwillige Feuerwehr untergebracht ist - baute man dann Baracken, Waschanlagen, ein Lagerspital und einen eigenen Brunnen. Bald wurden die ersten Angehörigen von nunmehr verfeindeten Staaten hierher gebracht. Zunächst war das Lager vor allem mit Briten, Franzosen, Russen und Serben belegt.

Vor allem Italiener im Lager untergebracht
Durch den Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Alliierten bestand dann ab 1915 ein großer Bedarf, italienische Staatsbürger zu internieren. Das Lager in Drosendorf sollte eines der größten „Italiener-Lager“ der Donaumonarchie werden. Insgesamt waren hier ungefähr 1.000 Personen untergebracht.
Während ihrer Zeit in Drosendorf mussten die Internierten als Hilfsarbeiter bei Bauern und Handwerkern in Drosendorf und der näheren Umgebung mithelfen, weiß der Historiker Mundschütz. Beispielsweise wurde die Pfarrkirche in Drosendorf 1917 von internierten Italienern renoviert. Viele seien aber auch an anderen Orten in Wien und Niederösterreich zum Arbeitsdienst eingesetzt worden, erzählt der Historiker.

Aber auch in der Drosendorfer Altstadt waren Leute untergebracht. Ungefähr 100 Personen, bei denen nur ein geringes Fluchtrisiko bestand, durften in Privatquartieren wohnen. Allerdings mussten sie für alle Kosten selbst aufkommen, durften sich nur zu bestimmten Zeiten frei bewegen und mussten sich regelmäßig bei Aufsichtspersonen melden. Diese Art der Unterbringung nannte man Konfinierung, erklärt Mundschütz.

Béla Kun: Ein Revolutionär in Drosendorf
Schließlich gab es in Drosendorf auch einen prominenten Internierten: Den ungarischen Revolutionär Béla Kun. Gemeinsam mit Helfern versuchte er 1919, nach dem Ende des Krieges, in Ungarn eine sozialistische Räterepublik einzuführen. Das Experiment scheiterte, Kun und seine Männer flüchteten nach Österreich und wurden zwischenzeitlich in Drosendorf untergebracht. Bei der Bevölkerung löste dies aber Kritik aus. Als der Krieg endlich vorbei war, wollten die Drosendorfer ihre Ruhe haben. Ein ungarischer Kommunist passte da nicht ins Konzept. Béla Kun und seine Mitstreiter wurden dann in die Haidlmühle bei Kollmitzgraben, später nach Karlstein gebracht. In der Haidlmühle erinnert bis heute das „Béla-Kun-Zimmer“ an die historische Episode, berichtet Mundschütz.

Heute erinnert kaum mehr etwas an das Internierungslager Drosendorf. 1920 wurde es endgültig geschlossen. Den Schüttkasten gibt es bis heute. Wenn seine Mauern sprechen könnten, hätten sie bestimmt viel zu erzählen.
Als in Drosendorf ein Revolutionär wohnte
 
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