Abschiebung farbiger Besatzungskinder in die USA

josef

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#1
Ein Artikel in "ZEIT-ONLINE" widmet sich der Abschiebung farbiger Besatzungskinder aus Österreich in die USA:
Ein verdrängtes Kapitel der Nachkriegsgeschichte: Wie farbige Besatzungskinder in die USA abgeschoben wurden.
Noch lebhaft in Erinnerung hat Trudy Jeremias die großen Augen der kleinen Knirpse. Nach mehr als 20 Stunden Flug kletterten sie in den frühen Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts am New Yorker Flughafen Idlewild (heute JFK Airport) aus den viermotorigen DC-6-Maschinen der Sabena und blickten staunend und verstört in eine ungewisse Zukunft. Die belgische Luftfahrtgesellschaft war damals die einzige Fluglinie, die unbegleitete Kinder über den Atlantik beförderte. Trudy Jeremias arbeitete beim Bodenpersonal. Sie selbst war 1938 im Alter von 13 Jahren vor den Nazis aus Wien geflohen und sprach daher Deutsch. Zu ihrem Job gehörte es nun, die entwurzelten Kinder aus Europa, manche waren erst vier, andere bereits sieben Jahre alt, in den USA in Empfang zu nehmen und durch die Grenzkontrollen zu ihren neuen Adoptiveltern zu begleiten. Es waren meist die Sprößlinge, die amerikanische Besatzungssoldaten dort zurückgelassen hatten, wo sie stationiert gewesen waren.

»Jeden Tag sind österreichische Kinder angekommen, manchmal eines, manchmal drei«, erinnert sich Trudy Jeremias. Wenn sie ein paar Worte hervorbrachten, dann in der Regel im alpenländischen Dialekt. Einer von ihnen war Peter. »Er kam in einem Tirolergewand an, und er hat auch so gesprochen. Peter war ein schwarzes Kind.«
Offensichtlich hatte man den Kindern vor der Abreise erzählt, sie würden zu ihren Müttern gebracht. »Viele sagten, ihre Mutti würde sie abholen«, erzählt die ehemalige Sabena-Hostess. »Als sie ihren Irrtum bemerkten, waren sie oft verzweifelt. Manchmal musste ich schreiende Kinder übergeben.« Etwa jenes österreichische Mädchen, das von einer afroamerikanischen Professorin aus dem tiefen Süden der USA erwartet wurde. »Die war sehr schwarz, und das Kind hat bei der Übergabe laut geschrien: ›Eine Negerin, eine Negerin!‹ Das Mädchen hatte keine Ahnung, dass es selber schwarz war. Sie hat sich so vor der Frau gefürchtet.«

Bis heute liegt dieses Kapitel der Nachkriegsgeschichte beinahe vollkommen im Dunkeln. Niemand weiß, wie viele Kinder, die gemischtfarbigen Beziehungen in Österreich entstammten, eine neue Heimat im Land ihrer Väter fanden. In einem Land, in dem in jenen Jahren in vielen Bundesstaaten noch ein rigides System der Rassentrennung praktiziert wurde, das Schwarzen massive Einschränkungen auferlegte: getrennte Schulen, nach Hautfarbe separierte Bereiche im öffentlichen Verkehr, in Bars, Restaurants und Kinos oder das Verbot gemischter Ehen.

Trudy Jeremias, heute eine 85-jährige Dame, ist eine der wenigen, die aus eigener Anschauung von dem vergessenen Schicksal dieser kleinen Österreicher berichten kann. Wer das System der Adoptionen organisierte, die Reisekosten finanzierte und wohin der weitere Lebensweg die Neuankömmlinge führte, darüber weiß sie allerdings nicht Bescheid. Die Biografien dieser kleinen Emigranten verlieren sich im großen Schmelztiegel USA. In ihrem Geburtsland wird ihre Lebensgeschichte ignoriert.

Heim ins Land der Väter
Die österreichische Geschichte ist weiß. Die Lebensläufe schwarzer Österreicher aus der Nachkriegszeit, in der Regel Besatzungskinder, kommen nur ausnahmsweise vor, wie etwa die Karriere des oberösterreichischen Fußballers und Torschützenkönigs Helmut Köglberger, geboren 1946 in Sierning bei Steyr, den die Sportberichterstatter gerne »Negerl« oder »Murli II« (zur Unterscheidung von dem brasilianischen Legionär Chico) nannten. Wie sehr Sozial- und Jugendämter die Mütter dazu drängten, ihren farbigen Nachwuchs zur Adoption freizugeben, ist völlig unerforscht.

Eine Seltenheit waren diese Kinder allerdings nicht, allein in Salzburg entstammten, einem Bericht aus dem Jahr 1955 zufolge, 1899 uneheliche Kinder einer Liaison von Österreicherinnen mit GIs der U.S. Army, in der rund fünf Prozent afroamerikanische Soldaten bei den Besatzungstruppen dienten. »Was wir damals an Negerkindern gehabt haben – schrecklich«, erzählte einmal eine pensionierte Kinderkrankenschwester der Salzburger

Historikerin Ingrid Bauer, die über Geschlechtergeschichte in der Nachkriegszeit forscht. Drastisch schilderte die Zeitzeugin solch eine Geburt: »Ja, der Vater war ein Schwarzer. Und was für einer! Pahhh! Wie ein Orang-Utan hat er ausgeschaut. Ich habe mir vorstellen können, dass der jetzt von einem Baum herunterhüpft, ganz ein Wilder. Na, schrecklich! Er hat eine ganz platte Nase gehabt.«

Nach einem anfänglichen Fraternisierungsverbot war es den amerikanischen Soldaten gestattet, private Kontakte zur österreichischen Bevölkerung aufzunehmen. Aus Zeitzeugen-Interviews ist bekannt, dass sich gerade schwarze Soldaten großer Beliebtheit erfreuten, sie galten als gemütlicher als ihre weißen Kameraden. »Mit den Negern sind wir am besten ausgekommen«, erzählten die Zeitzeuginnen Ingrid Bauer immer wieder, als sie diese über ihre Beziehungen zu den Besatzungssoldaten befragte.

Dieses besondere Verhältnis zu Afroamerikanern in Uniform erklärt sich auch aus deren Stellung in der Armeehierarchie und in der amerikanischen Gesellschaft: Die Österreicher, die sich durch die Niederlage des Nationalsozialismus und die alliierte Besatzung gedemütigt fühlten, identifizierten sich leichter mit jenen Truppenteilen, die selbst das niedrigste Sozialprestige aufwiesen.

Diese positive Grundhaltung änderte sich jedoch schnell, sobald es um die Beziehung einer österreichischen Frau mit einem schwarzen Soldaten ging. Besonders hart bekamen das jene Frauen zu spüren, die mit den Besatzungssoldaten ein Verhältnis eingingen. Sie wurden in der Bevölkerung »Amischickse« oder »Dollarflitscherl« tituliert und im Fall eines dunkelhäutigen Galans abfällig »Schokoladenmädchen« genannt.

Schlimm wurde es, wenn die Geliebte eines US-Soldaten schwanger wurde. Ledige Mutterschaft wurde oft als Folge von Prostitution denunziert. Diese Frauen wurden rasch als charakterschwach oder, noch nationalsozialistisch geprägt, als asozial eingeschätzt. Die meisten Mütter fanden sich als Alleinerziehende wieder, da die Beziehungen mit den Soldaten, die meist bald wieder versetzt wurden, oft nur von kurzer Dauer waren. Müttern, die nach dem Verbleib der Väter ihrer Kinder suchten, verweigerte die US-Armee generell jede Informationen.

Die Armeezeitung Stars and Stripes warnte im April 1946 die »pregnant Fräuleins«, sie dürften sich keine Unterstützung von den Militärbehörden erwarten: »Ein ›Kraft-durch Freude‹-Mädchen, das von der verbotenen Frucht gekostet hat, muss die Konsequenzen selbst auf sich nehmen.« Diese Politik verfolgen die USA übrigens bis in die Gegenwart.

Im Unterschied zu Deutschland, wo nach Ende des Ersten Weltkrieges die Franzosen das Rheinland durch farbige Kolonialregimenter besetzt hielten und die Bevölkerung schon zu diesem Zeitpunkt mit dem in Berührung gekommen war, was die »schwarze Schmach« der Besatzungskinder genannt wurde, war dunkelhäutiger Nachwuchs für Österreich ein vollkommen neues Phänomen.
Den Kindern aus Beziehungen mit afroamerikanischen Soldaten wurde die Integrationsfähigkeit in eine weiße österreichische Gesellschaft abgesprochen. Während vor allem Kleinkinder mit schwarzer Hautfarbe oft noch im positiven Sinne als exotisch empfunden wurden, war die Bezeichnung »Mischling« eindeutig negativ geprägt. Stigmatisierende und rassistische Untertöne waren auch Sozial- und Jugendämtern in diesem Zusammenhang nicht fremd. Generell wurde die Hautfarbe als Problem erachtet und soziale Defizite gerne als logische Folgen der Andersartigkeit dargestellt.

Auch die Besatzungsmacht selbst trug nicht zur Verbesserung der Situation dieser Kinder bei. Die USA, die sich als moralisch verlässliche Supermacht positionieren wollte, finanzierte mit Marshallplangeldern ein Filmprogramm, das der deutsche Kulturwissenschaftler Frank Mehring treffend als »Propaganda für Demokratie« bezeichnete. Ziel war die kulturelle und ideologische Aufrüstung des ehemaligen Kriegsgegners durch Dokumentar- und Spielfilme. Finanziert vom United States Information Service drehte der österreichische Schauspieler und Regisseur Georg Tressler 1954 im Rahmen dieses Programms das Doku-Drama Wie die Jungen Sungen. Darin porträtierte er den Alltagsbetrieb an der internationalen Schule in Wien und zeigte die Gemeinsamkeit von Kindern in multinationaler und multiethnischer Vielfalt, die friedlich und amikal ihre Schul- und Freizeit miteinander verbrachten. Dadurch sollte ein Beitrag zum Aufbau einer neuen, postrassistischen europäischen Identität geleistet werden.
Bei den Auftraggebern stieß das Ergebnis jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung. Tresslers Film verletzte die damalige political correctness der US-Politik. Mit Rücksicht auf die vor allem in den Südstaaten geltende Rassentrennung erschien der Film den amerikanischen Geldgebern als viel zu kühnes Statement. Die Darstellungen von Kindern unterschiedlicher Hautfarbe war allzu harmonisch ausgefallen. In den Kinos konnte schließlich nur eine zensurierte Version gezeigt werden, die um die freundschaftlichen Szenen zwischen einem schwarzen Buben und einem weißen Mädchen bereinigt worden war.

Der Autor arbeitet gemeinsam mit anderen Historikern daran, ein Projekt zu etablieren, durch das die seinerzeit in den USA adoptierten Besatzungskinder ausgeforscht und ihre Biografien dokumentiert werden sollen.
Quelle: http://www.zeit.de/2010/52/A-Mischlingskinder
 
H

helmi

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#2
schlimme geschichte also ich hoffe das das noch weiter ausgeforscht wird und alle ihre wurzeln finden

aber ich denke des wird eher nur ein "wunsch"bleiben
 
M

Mausbär

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#3
Was ist mit den österreichern passiert, sudetendeutsche, kärntner, osttiroler?
Hat da jemand eine Antwort.
Gruss Hans.
 

josef

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#5
Wie Österreich mit seinen ersten schwarzen Kindern nach 1945 umging
Rund 400 Kinder hatten in der Nachkriegszeit einen schwarzen US-Soldaten zum Vater. Für den jungen Staat waren sie unerwünscht

"Ich fühle mich nicht als Schwarze, aber bei manchen Sachen dann schon." Doris – hier als Baby – mit ihrer Mutter, 1955.
Foto: Ausstellungskatalog "SchwarzÖsterreich"

"Mit den Haaren habe ich einen Tick", sagt Doris. "Früher habe ich nicht gewusst, dass man mit den Haaren auch etwas tun kann." Sie ist 1955 geboren und in Niederösterreich aufgewachsen. Heute wisse sie, wie man damit umgeht, sagt sie. Ihre Haare sind für Doris ein großes Thema – denn sie ist eines von rund 400 österreichischen Kindern, deren Väter schwarze US-amerikanische Besatzungssoldaten waren. Wie man mit dem dicken, lockigen Haar umgeht, konnte ihr niemand beibringen. Als schwarzes Kind war man damit in den 1950ern in Österreich ziemlich alleine.

Die Geburten dieser Kinder waren so etwas für die Nagelprobe für die junge, noch ungeformte österreichische Nation. Plötzlich kamen in diesem Land schwarze Kinder auf die Welt, nur wenige Monate nach dem Ende einer Diktatur, deren rassistischer Wahn von der angeblichen genetischen "Reinheit" einen millionenfachen Mord zur Folge hatte – und Jahrzehnte bevor Österreich seine wahre Rolle im Nationalsozialismus aufzuarbeiten begann.

Die Historikerin Ingrid Bauer von der Uni Salzburg und der Historiker Philipp Rohrbach vom Wiener Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien (VWI) forschen seit Jahren zu den Schicksalen der österreichischen Kinder schwarzer US-amerikanischer Besatzungssoldaten. Sie haben die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Zeitgeschichte (1/2021) zu dem Thema herausgegeben. Für ihre Arbeiten haben sie auch Doris interviewt, aus dem Transkript wird hier zitiert.

Der Reiz der schwarzen Soldaten
"Man muss bedenken, dass die meisten Menschen in Österreich zu dieser Zeit noch nie einen Menschen mit nichtweißer Hautfarbe gesehen haben", sagt Bauer zum STANDARD. Jene jungen schwarzen Männer, die in den amerikanischen Besatzungszonen in Wien, Salzburg und Oberösterreich auftauchten, haben also die entsprechende Aufmerksamkeit erhalten.

Und manche Frauen hätten sich zu dem für sie "exotischen" Äußeren der Männer eben auch hingezogen gefühlt. "Die afroamerikanischen Soldaten sind als sehr liebenswert, fürsorglich und kinderlieb im Vergleich zu den weißen amerikanischen Soldaten wahrgenommen worden", erklärt die Geschichtswissenschafterin.

Umgekehrt war der Einsatz in Europa für viele schwarze Soldaten von weniger Unterdrückung geprägt als der Alltag in den damals noch segregierten USA. Es entstanden also etliche Beziehungen und aus ihnen auch mehrere Hundert Kinder mit einer weißen Mutter und einem schwarzen Vater.

Verhinderte Beziehungen
"Mindestens die Hälfte der Beziehungen war – von den Hoffnungen her – längerfristig angelegt", sagt Bauer, "es waren keineswegs nur flüchtige Beziehungen oder Flirts, es gab die ganze Bandbreite." Doch es kam dann sehr oft etwas dazwischen. Hat die US-Armee Wind von den Liebschaften bekommen, seien Soldaten manchmal sehr unvermittelt versetzt worden. Einige Soldaten suchten um die Genehmigung einer Heirat an, die bei schwarzen Männern und weißen Frauen aber "fast immer abgelehnt wurde", sagt Bauer.

Auf absehbare Zeit waren also die allermeisten Väter schnell wieder von der Bildfläche verschwunden – spätestens mit dem Ende der Besatzung 1955. Auch Doris’ Vater war bald wieder zurück in den USA. "Alle paar Jahre hab’ ich eine Geburtstagskarte gekriegt, vielleicht waren auch einmal ein paar Dollar drinnen. Als Kinder, da haben wir immer gesagt: ,Wann kommt uns der besuchen?‘", erzählt sie.
Die Mütter waren Repressalien und Diskriminierung ausgesetzt: "Sie waren ständig im Abwehrkampf, wenn sie mit den Kindern in den 50er- und 60er-Jahren in der Stadt spazieren waren", sagt Bauer.

Viele Frauen wurden von ihren Familien verstoßen. Die unehelichen Kinder waren damals eine große Schande, umso mehr, wenn sie von den Besatzern stammten – und noch viel mehr, wenn sie schwarz waren. "Als sie die Kinder hatte, haben sie manche Männer als Schlampe beschimpft, hat sie gesagt", erzählt Doris.

Rassistische Adoptionsprogramme
Dazu kam das Gefühl, allein auf der Welt zu sein: Denn Österreichs schwarze Kinder waren über die amerikanischen Besatzungszonen verteilt – und jedes von ihnen habe geglaubt, das einzige Kind mit dunkler Haut zu sein, erzählt Rohrbach. Erst durch eine von Rohrbach und anderen organisierte Ausstellung zum Thema im Jahr 2016 haben einige von ihnen einander kennengelernt.

Das Ausmaß der rassistischen Diskriminierung, der diese Kinder ausgesetzt waren, wird auch durch die Adoptionsprogramme nach 1945 deutlich. Jugendämter waren nach dem Krieg sehr engagiert dabei, Kinder zu Familien im Ausland zu bringen – das hatte zunächst einmal gar nichts mit deren Hautfarbe zu tun: Durch die Folgen des Krieges waren viele Kindern elternlos, der Staat hatte die Obhut über sie.
Und auch über die allermeisten Kinder von Soldaten der Siegermächte: Denn sie kamen fast immer unehelich zur Welt, die Mütter waren Alleinerzieherinnen. Nach damaliger Rechtslage übernahm in diesem Fall das Jugendamt die Vormundschaft, weil kein Mann als "Familienoberhaupt" zur Verfügung stand.

"Es hat eine Reihe von Adoptionsprogrammen mit den USA gegeben", sagt Rohrbach, der sich intensiv mit diesem Teil der Geschichte auseinandergesetzt hat. Die Jugendämter waren vom Ansinnen getrieben, das Staatsbudget durch solche Auslandsadoptionen zu entlasten. Denn von den Vätern der Kinder waren keine Alimente einzutreiben. Versuche, dafür auf diplomatischem Weg an Geld aus den Vereinigten Staaten zu kommen, waren gescheitert.

Wirtschaftlicher Aufschwung
Um die budgetschonenden Adoptionen voranzutreiben, wurden auch die Mütter teils massiv unter Druck gesetzt, der Kindesabnahme zuzustimmen. Die Ämter drängten, dass es doch besser für das Kind sei, bei einer schwarzen Familie aufzuwachsen, dass die Idee, es hier aufzuziehen, "verrückt" sei.

Als aber in den 50er-Jahren langsam der wirtschaftliche Aufschwung einsetzte, wandelte sich die Einstellung der Jugendämter: Plötzlich bemühten sie sich, Kinder in Österreich zu behalten, um zum Bevölkerungswachstum beizutragen. Intern wurden Auslandsadoptionen untersagt.
Mit einer Ausnahme: Salzburg versuchte weiterhin, Kinder ins Ausland zu schicken. Im Jahr 1961 berichtete das dortige Jugendamt, dass für ein Kind endlich eine Familie in den USA gefunden werden konnte. Es hätte ja "keine Hoffnung auf eine Zukunft in Österreich" – und der Staat sei durch die Adoption von einer großen Last befreit worden.

Rohrbach sagt, man sei sehr bemüht gewesen, "sichtbare Überbleibsel der Besatzungszeit loszuwerden. Da sieht man explizit, dass das ein rassistisches Framing gehabt hat." Nur Wien wehrte sich gegen die Diskriminierung der schwarzen Kinder und lehnte ihre Kategorisierung ab: Mündel seien Mündel, erklärte die Stadt, die Hautfarbe spiele keine Rolle.

"Eine, die ein bisschen anders ist"
Was hat sich für Schwarze in Österreich seitdem geändert? Betroffene Kinder werden nicht mehr systematisch außer Landes gebracht. Es gibt schwarze Vorbilder: Politikerinnen, Sportlerinnen, Künstler. Aber auch sie sind Rassismus ausgesetzt.

Doris sagt heute: "Ich fühle mich nicht als Schwarze, aber bei manchen Sachen dann schon. Für meine Freundinnen bin ich schon immer die Exotische. Eine, die immer ein bisschen anders ist."
(Sebastian Fellner, 28.5.2021)
Wie Österreich mit seinen ersten schwarzen Kindern nach 1945 umging
 
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