Ybbsitz im niederösterreichischen Teil der "Eisenwurzen" - Besuch der "Schmiedemeile"

josef

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#1
Bei unserer gestrigen „Mostvierteltour“ streiften wir auch den Bereich der niederösterreichischen „Eisenwurzen“ im Erlauf- und Ybbstal. Nach einer kurzen Kaffeepause in Ybbsitz absolvierten wir auch einen kurzen Rundgang durch den Ort mit den historischen Hammerschmieden. Zwecks intensiverer Besichtigung der alten Schmieden, des Museums „FeRRUM“ und einer Wanderung entlang der „Schmiedemeile“ muss für die nächste Zeit ein eigener Tag eingeplant werden…

Nachfolgend einige Impressionen aus Ybbsitz mit historischen Hammerwerken und Herrenhäusern –

Achtung:
Etwas längere Ladezeiten der Bilder!

Teil 1:
 

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Bunker Ratte

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#3
Königssteinkeller entlang der Schmiedemeile:
Es handelt sich dabei um einen Stollen unter dem Königsstein, der in früheren Zeiten als Bierkeller und im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzbunker benutzt wurde. Dieser Keller, der bisher nur wenigen Ybbsitzern bekannt war, wurde vor etwa 30 Jahren zugemauert und wurde nun revitalisiert.
Weiters wurden Zeitzeugen interviewt, die den Keller einerseits noch als Bierkeller und andererseits als Zufluchtsmöglichkeit bei Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg kannten.
Auszug aus Eisenstrasse NÖ(Königssteinkeller)

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josef

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#4
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 1:


Wie schon oben im Beitrag #1 aus 2015 angekündigt, kam ich vor einigen Tagen endlich zur geplanten Wanderung auf der "Ybbsitzer Schmiedemeile".
Durch den nachbarschaftlich gelegene Erzberg in der Steiermark mit seinen Eisenhütten, dem Waldreichtum zur Holzkohlegewinnung und die reichlich vorhandene Wasserkraft zum Antrieb der Gewerke, entwickelte sich die Region zum frühen Zentrum der Eisenverarbeitung.

Übersichtskarte:
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(Quelle: Infotafel Schmiedemeile )

Meine Wanderung in die handwerkliche und industriehistorische Vergangenheit der Eisenverarbeitung begann ich mit einem Abstecher zum ehemaligen Endbahnhof Ybbsitz der von Gstadt kommenden Stichstrecke der eingestellten Ybbstalbahn.

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Das einstige Bahnhofsgebäude mit einer Reminiszenz an die Schmiedekunst in Form einer geschmiedeten Rosenskulptur am Vorplatz.


Nach Überquerung der "Kleinen Ybbs" gelangte ich vorbei an schön renovierten Gebäuden entlang des Prollingbaches ins Ortszentrum:
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Brücke über die "Kleine Ybbs" und weiter ins Zentrum...

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...nun den "Prollingbach" aufwärts...

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...zum Rathaus...

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...mit der davor befindlichen Sanduhr.

Und weiter geht es...
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...vorbei am wuchtigen Pfarrhof...

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...zum Hauptplatz.
 
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#5
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 2:


Einige weitere Impressionen rund um das Ybbsitzer Ortszentrum:
(Aufnahmen vom 12.07.2021)
 

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#6
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 3:


Die eigentliche Wanderung entlang der Schmiedemeile beginnt am Hauptplatz beim Museum FeRRUM und führt nun immer entlang des Prollingbaches aufwärts in ein Hochtal. Am Bach, dessen Kraft ursprünglich die Wasserräder der Schmieden antrieb wird mehrmals das Ufer gewechselt, um an Schauplätze zu gelangen.

Zuerst geht es über die Brücke bei der barocken "Florianikapelle" mit der Statue des hl. Florian aus dem Jahre 1700 zum Platz mit dem Marktbrunnen und dem Gebäude des "Schaumarktes" (Hammerherrenhaus aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, (im Kern spätmittelalterlich):

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Brücke über den Prollingbach mit Florianikapelle zum Platz mit dem Marktbrunnen, links ehemaliges Hammerwerk, heute "Sonnek Werk 1".

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Der 1834 errichtete Marktbrunnen.

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Am Platz hinter dem Brunnen das ehemalige Hammerherrenhaus "Schaumarkt".

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Fassadendetail mit Bild...

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Ehemalige Reifmesserschmiede Schnabl, nun "Fa. Sonneck Werk I".

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Infotafel zur Fa. Sonneck.

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Anschließend folgt das ehemalige Schmiedegebäude mit Natursteinmauerwerk, heute Betriebsgebäude "Sonneck Werk II".

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Die nördliche Stirnfront des Schmiedegebäudes ziert eine Statue des hl. Florian. Solche Statuen sind an mehreren alten Schmiedeobjekten zu finden.

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Eines der vielen Wehranlagen am Prollingbach staute auch das Wasser für den Fluder des einstigen Wasserrades beim "Sonneck-Objekt II".
 
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#7
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 4:


Am Weg weiter aufwärts erinnert eine Hinweistafel am Bachufer an den "Weißenhofer Hammer", der 1930 abgetragen wurde. Die aus dem Rheinland zugezogene Familie Weißenhofer stellte im Hammerwerk bis zur Einstellung Reifmesser, Hacken und Zeugschmiedeprodukte her.

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Schautafel mit Bild des 1930 abgerissenen "Weißenhofer-Hammers".

Nun kommt man an einer neueren Werkshalle (ohne Bild) vorbei, in der die Firma Seisenbacher mit modernen CNC-Bearbeitungsmaschinen Stahl- und Maschinenbauteile herstellt. Lt. Hinweistafel kaufte ein Hans Seisenbacher als "Gründervater" der heutigen Firma 1933 vom "Kuratorium der Kaiser-Franz-Josefs-Stiftung zur Förderung der Kleineisenindustrie" eine "Schleife" und erzeugte Mauerhaken...

An beiden Seiten des Baches folgen nun prachtvolle alte Häuser, die den Reichtum der damaligen Eisenhändler dokumentieren!
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Info Eisenhändler...

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Altes Eisenhändlerhaus...

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...und ehemaliges "Marktrichter Haus" - ursprünglich auch ein Eisenhandlungshaus, das urkundlich 1553 erwähnt wurde, später von 1730 bis 1800 auch Gasthaus und langjähriger Sitz des Marktrichters.


Nach einem Wechsel an das gegenüberliegende Bachufer...
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...kommt man an einer Wand mit einer Sammlung von Kuntstschmiedeartikeln vorbei...

...und erreicht dann den Dr. Meyer-Park, wo weitere Info-Tafeln auf das oft turbulente Freizeitleben der Schmiedegesellen hinweisen:
 

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#8
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 5:


Das Prollingbachtal wird nun enger und die Steigung nimmt zu. Es ist dies die geologische Übergangszone von der hügeligen Sandsteinzone des Voralpenlandes zum gebirgigen Bergland der „Niederösterreichisch-steirische Kalkalpen“.

Der nun beginnende Ybbsitzer Ortsteil trägt den Namen "In der Noth":
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Ein Charakteristikum "der Noth" waren die zwischen Bach und Bergflanken gelegenen, im 18. und 19. Jahrhundert teilweise direkt an die Felswände angebauten, kleinen Wohnhäuser der Löffelschmiede, Tischler, Korbflechter, Schneider usw. ...

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Eine aktuelle Ansicht der "Noth" mit Blickrichtung Ybbsitz-Zentrum (talauswärts).


Neben den kleinen Handwerkern, die zur Vervollständigung mancher Schmiedeprodukte notwendig waren (-> Holzstiele, Griffe, Tragriemen usw. ...) waren auch weitere größere wasserbetriebene Hammerschmieden in der "Noth" ansässig:
Erwähnenswert ist z .B. die ehemalige "Krautmesserschmiede der Familie Damisch", die als Besonderheit auch "Hostieneisen" für den Kirchenbedarf herstellte. Dies waren geschmiedete zangenartige Backformen mit religiösen Motiven an der Innenseite für die Herstellung von Hostien...


Ein weiterer verschwundener Hammer war das "Werk Sonneck III", welches 1998 der Straßenverbreitung zum Opfer fiel:
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Schautafel zur Erinnerung an das ehemalige "Sonneck Werk III".


An die nicht mehr existierenden Hämmer in der "Noth" erinnern noch einige funktionslose Wehranlagen:
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Der von diesem Wehr aus gespeiste Fluder zum Wasserrad eines Hammers ist längst verschwunden...


Ein "Nachfahre" der einstigen vielfältigen Handwerkerzunft der "Noth" betätigt sich noch hobbymäßig mit der Herstellung von "Allerlei" aus Holz:
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Es gibt anscheinend auch einige "Ladenhüter" im Sortiment... ;)
 
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#9
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 6:


In Fortsetzung der "Schmiedemeile" kommt man zum Ensemble der "Sonneck-Werke IV und V":
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...mit dem ehemaligen Herrenhaus...

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...und davor das Objekt des "Werkes IV"...

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...mit dem dazwischen liegenden renovierten Nebengebäude (ehem. Kohlenbarren oder Stall ?).

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Infotafel zum "Werk IV"...

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...und Schaukasten mit den hier erzeugten Schmiedeprodukten.

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Blick über den Prollingbach zum "Werk IV" und rechts dahinter die neuere Halle des "Werkes V".

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Durchblick zwischen den frühindustriellen Bauwerken des Schmiedebetriebes.

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Alte Exzenterpresse im Freigelände...

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...sowie das obligatorische Stauwehr oberhalb der Werksanlagen. Rechts vom Bach bzw. gegenüber dem Herrenhaus ein altes Arbeiterwohnhaus.
Möchte noch anmerken, dass die Hammerwerke in den letzten Betriebsjahren nicht mehr mittels Wasserrädern angetrieben wurden, sondern, wie später noch berichtet wird, sehr frühzeitig durch die Errichtung eines Wasserkraftwerkes die elektrische Energie zum Einsatz kam!
 
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#10
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 7:


Talaufwärts tritt nun der "Fahrngruber Hammer" ins Blickfeld der Wanderung:
Die historische Hackenschmiede besteht seit 1531 und hat zwei Essen sowie einer kleinen Schleiferei, einer 1940 errichteten Turbinenanlage sowie einem Zubau für die Lackierung und die Verpackung der Hacken. Das ebenerdige Herrenhaus wurde 1948 aufgestockt. Auf dem Grundstück befindet sich außerdem ein original erhaltener Kohlenstadl aus dem 19. Jahrhundert. Der Fahrngruber Hammer zählt somit zu den ältesten Hackenschmieden in Ybbsitz und über die gesamte Zeit erzeugte man Hacken aller Art, Äxte und Beile für das Baugewerbe und die Holzgewinnung.
Zuletzt führten die Brüder Edmund und Rudolf Fahrngruber den Betrieb zwischen 1958 und 1984 als Zeugschmiede.

Heute dient das vorbildlich restaurierte Hammerwerk für Schauschmiedevorführungen und Schmiedekurse.
Öffnungszeiten:
Der Fahrngruber Hammer hat gegen Voranmeldung geöffnet, Auskünfte über Hobbyschmiedekurse usw. gibt es beim Gemeindeamt bzw. beim Tourismusbüro Ybbsitz - Tel. 07443/85300 oder www.schmieden-ybbsitz.at

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Die Statue des hl. Florian an der Firstmauer des Schmiedegebäudes darf nicht fehlen...

Ich hatte das Glück, dass wegen eines Schmiedekurses die Innenräume des Hammers zugänglich waren und durfte in der Schmiedehalle (ohne Personen...) fotografieren.

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Durch die Umstellung auf Elektroantrieb der maschinellen Einrichtung (-> Turbine mit Generator zur Stromerzeugung seit 1940) ist der alte "Schwanzhammer" nur mehr als Modell zu sehen.

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Zentrum der Schmieden waren die Schmiedefeuer (oder Essen) um die zu bearbeitenden Rohlinge für die Grundausformung bzw. deren finalen Fertigstellung erforderlichen "Rotglut" zu bringen.

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Äußerliches Zeichen der Schmieden sind die Schornsteine der Essen - im Fall des "Fahrngruber-Hammers" sind das 2 Stück.

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Für die unterschiedlichen Arbeitsvorgänge und Anforderungen stehen verschiedene Hämmer zur Verfügung...

Fortsetzung zum "Fahrngruber Hammer" siehe Teil 8:
 
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#11
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 8:


Fortsetzung "Fahrngruber Hammer"

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Ein Blick nach oben in den offenen Dachraum zeigt das Gewirr der über Transmissionsscheiben mit verschiedenen Durchmessern laufenden Antriebsriemen zu den einzelnen Maschinen...

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Ein ordentliches "Federpaket" bringt die nötige Kraft...

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Ohne maschinelle Hilfe fordert der zur Grundausstattung jeder Schmiede gehörende "Amboss" die "Muskelpakete" des Schmieds... :)

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3 Fotos mit den klassischen Erzeugnissen der Ybbsitzer Schmiede, besonders auch des ehemaligen "Fahrngruber Hammers"...

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Die nötige "Schärfe" erhielten die Produkte in der "Schleife"! Die ursprünglich auch mit Wasserkraft angetriebenen Schleifmaschinen des "Fahrngruber Hammers" liefen ab 1940 mit Elektromotoren.

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Nochmals ein Blick von der Straßenbrücke über den Prollingbach auf den "Fahrngruber Hammer". Links der "Kohlenbarren" mit der Ausstellung zur Köhlerei, über die im Folgebeitrag berichtet wird...
 
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#12
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 9:


Köhlereimuseum im Kohlenbarren:
Das Köhlereimuseum dokumentiert die Entwicklung der Energieversorgung im Kleineisengewerbe.
(Täglich frei zugänglich von 7.00 – 18.00 Uhr!)

Südlich an den "Fahrngruber Hammer" (bergwärts) schließt ein "Kohlenbarren" zur Lagerung der für die Schmiedefeuer benötigten großen Mengen an Holzkohle an:
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Das aus Holz gebaute Lagergebäude ist mit einem "Holzschindeldach" gedeckt.

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Infotafel über "Kohlbarren" mit Foto aus 1991 des "Fahrngruber-Barren" vor dessen Renovierung.


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Ein "Rundmeiler" im Außenbereich...

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...und Innenansicht des kleinen Ausstellungsraumes:

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Bildtafel zum Aufbau eines traditionellen Rundmeilers.

Interessant ist ein ausgestellter "Blechofen" zur Holzverkohlung, der bis in die 1970iger Jahre bei einem Holzhändler in Randegg in Betrieb stand:
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Der in dieser Form mir bisher nicht bekannte "Blechofen" zur Herstellung von Holzkohle.

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Alte Fotos vom Betrieb des "Blechofens".
 
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#13
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 10:


Eine Biegung weiter ins Tal hinein ragt neben der Straße der "Königssteinfelsen" hoch. Vor vielen Jahren wurde von der Straße aus ein kleiner Stollen in den Fels getrieben, der als Eislagerkeller diente. Die im Winter eingelagerte Eisblöcke hielten durch die niedrige Temperatur im "Eiskeller" mehrere Monate und wurden zur Bierkühlung in den Gaststätten verwendet.

@Bunker Ratte Michi hat 2019 dazu schon den Beitrag
"Königssteinkeller" (Beitrag #3) eingestellt...

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Der mit einer von katalanischen Schmieden im Rahmen des Ferraculumfestes 2008 geschaffenen romanischen Gittertür verschlossene Eingang des "Königssteinkellers" von der Prollingbach-Straße aus gesehen.


Im Schatten der Bäume und Sträucher entlang des Baches führt der Weg weiter aufwärts ins Tal hinein...
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...zum "Eybl-Hammer":
Das restaurierte Hammerwerk wird als Atelier sowie für Schmiedevorführungen und Kurse genützt. Besonders sehenswert sind die beiden intakten Schwanzhämmer.
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Von der Ruine zum Vorzeigeobjekt
Im Ortsteil „In der Noth“, wo der Prollingbachgraben recht eng zusammenläuft, steht eine im Spätmittelalter errichtete Schmiede. Einst Strunz Hammer genannt, konnte sie sich all die Jahrhunderte erfolgreich gegen den Hang auf der einen Seite und den knapp daran vorbei rauschenden Bach auf der anderen behaupten. Als sie der Schmiedekünstler Josef Eybl 1990 erwarb, war sie aber schon mehr eine Ruine als ein Schmuckstück. Der Sepp, wie er von allen genannt wird, erkannte dennoch das Potential der denkmalgeschützten Schaufelschmiede.

War schon der Kauf des Gebäudes eine abenteuerliche Angelegenheit, so erst recht die Renovierung. In mehrjähriger mühevoller Handarbeit machte der gelernte Schlosser, Maschinenbauer und Kunststofftechniker daraus das Hammerwerk Eybl. So mussten etwa morsche Balken des Dachstuhls ausgetauscht und die Eindeckung großflächig repariert werden. Für fehlende Türen und Fenster galt es, passenden Ersatz zu beschaffen und beschädigte Teile wieder instand zu setzen. Auch Wasser- und Stromleitungen sowie eine funktionelle Heizung mussten erst eingebaut werden. „Allein die Beseitigung des über viele Jahre angesammelten Gerümpels war eine Mordsaufgabe“ erzählt Sepp schmunzelnd und weist auf die zeitweilige Verwendung des Hauses als Zwischenlager für Kleidung und Hausrat einer Hilfsorganisation hin.

In der inspirierenden Umgebung dient es dem Metallkünstler heute als offenes Atelier für die handwerkliche Auseinandersetzung sowohl mit alten schmiedeeisernen Techniken als auch mit modernem Design. Regelmäßig veranstaltet Sepp Schmiedevorführungen, bei seinen Spezialkursen treffen sich Metallgestalter und interessierte Hobbyschmiede aus ganz Europa und auch für kulturelle Veranstaltungen wird die Schmiede gerne genutzt.

Hephaistos Reich
Wie es so dasteht mit seinem hellen Verputz und den roten Fenstern sieht man dem Hammerwerk von außen sein wahres Alter nicht an. Wäre da nicht die Nische über der Türe mit der Figur des Heiligen Florian und einige andere Details, die dem unbedarften Betrachter nicht gleich auffallen, so könnte man es glatt für ein frühes Fabriksgebäude halten. Durch die seitliche Türe betreten wir zunächst einen Vorraum mit einer gemütlichen Stube und gelangen dann in eine zweigeschoßige Halle, die eigentliche Schmiede. Hier wird der Eindruck von den großen Essen mit ihren dunklen Feuerstellen – davon gibt es sechs Stück –, den massiven Ambossen und Spindelpressen sowie den beiden mannshohen Schwanzhämmern, auf die der Sepp besonders stolz ist, beherrscht. Wie die anderen Ybbsitzer Schmieden versorgte früher auch hier das aufgestaute Wasser des Prollingbaches die Hämmer und Blasbälge mit Energie, heute tun das schwere Elektromotoren.

Bei längerem Hinsehen entdeckt man auch neuere Maschinen, wie die beiden Ajax-Federhämmer und wo man den Blick hinwendet, liegen, stehen und hängen Eisen- und Stahlobjekte, außerdem Materialien und Handwerkszeuge sonder Zahl. Die große Menge verschiedener Zangen – laut Sepp an die 400, jede eigens für einen speziellen Zweck handgeschmiedet – fällt dabei besonders auf.

All dies und das schwache Tageslicht, das durch die kleinen Fenster hereinfällt, erzeugen zunächst eine etwas düstere Atmosphäre, die aber bald dem Gefühl von Kraft und Energie, welche vom Ort auf den Besucher abfärben, weicht. Hier ist der Hausherr ganz in seinem Element. Rußgeschwärzt und muskelbepackt, wie eine Figur aus Grimms Märchen, tritt er uns aus dem Halbdunkel entgegen. Hinter der „sagenhaften“ Erscheinung steckt ein freundlicher humorvoller Gastgeber...
(Textauszug aus FEUER & FLAMME - Hammerwerk Eybl in Ybbsitz - Niederösterreich GESTALTE(N) )

Die Tür zur Schmiede stand offen und ich warf einen Blick in die düstere Halle. Der Schmiedemeister und Metallkünstler Sepp Eybl werkte an einem Auftragsstück, als er mich sah lud er mich sofort zu einer Besichtigung ein!

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Blick in die hallenförmige Schmiedewerkstätte mit all ihren Maschinen, Werkzeugen und sonstigen Hilfsmittel...

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Die 2 betriebsfähigen "Schwanzhämmer" sind versetzt gegenüber angeordnet. Die Treibriemen der Transmissionsanlage werden durch E-Motore angetrieben.


Tiefblick von der Galerie auf den Schmiedeflur:
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In Bildmitte oben ist der ebenfalls über Transmission angetriebene Blasbalg zu erkennen, dessen "Winddüse" wirkt in die am rechten Rand erkennbare Esse. Links unten ein Schwanzhammer, vom 2. Hammer ist rechts hinter der Esse nur ein Schwungrad zu erkennen.


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Draufsicht auf einen Schwanzhammer von der Galerie. Links der Treibriemen zu den an der Decke montierten Transmissionsrädern...


Fortsetzung zum "Eybl-Hammer" im Folgebeitrag Teil 11:
 
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#14
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 11:


Fortsetzung "Eybl Hammer"


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Noch eine kleine Auswahl der maschinellen Einrichtung der Schmiede: Links ein Hydraulikhammer und rechts ein "Ajax"-Federhammer

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Ein weiterer "Tiefblick" mit den beiden Essen an den Seitenrändern. Rechts neben der Esse eine "Spindelpresse" und links ein weiterer "Ajax-Federhammer".

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Ein wenig "Transmissionswirrwarr"...

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...und wieder von der Galerie auf den Flur zurückgekehrt: Eine Schmiede ist keine Uhrmacherwerkstätte :)...aber der Meister findet jedes Teil mit einem Griff!

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Und noch ein Blick zum Dachgebälk mit einem Blasbalg.

Im Anbau gibt es ein uriges "Schmiedestübchen":
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Mit der wohligen Wärme des alten Kachelofens im Rücken kann ich mir da schon so manche gesellige Runde mit einer Portion "Schmiedelatein" vorstellen :D

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Links: Zum Abschied posierte Meister Sepp Eybl vor dem "Nagelbaum". Jeder "Gastschmied" fertigt ein kleines Unikat an, welches dann am "Nagelbaum" zur Erinnerung eingeschlagen wird...

Rechts: Hinter dem Schmiedegebäude erkennt man die Giebelfront des Elektrizitätswerkes, welches die nächste Station der Schmiedemeile wird...
 
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josef

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#15
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 12:



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An der Rückseite des "Eybl Hammers" vorbei führt der Weg zum bereits 1914 errichteten Wasserkraftwerk:

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Das nun der EVN gehörende KW kann nicht besichtigt werden, eine Bildtafel zeigt aber eine Innenaufnahme mit der historischen Maschinenausstattung:
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Infotafel Kraftwerk...

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Das Wasser zum Antrieb der Turbine wird mit einer alten Druckrohrleitung von einem höher gelegen kleinen Stau des Prollingbaches zum Kraftwerk geleitet.

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Die genietete Ausführung des Druckrohres zeigt vom Alter der Anlage!


Gleich neben dem Kraftwerk befindet sich die "Schnitzwerkstatt Fahrenberger":
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Um das hölzerne Werkstätten- und Ateliergebäude sind einige Skulpturen zu sehen:

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#16
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 13:


Das Prollingbachtal verengt sich nun weiter zu einer Schlucht und der Weg wird steiler...

In der Schlucht der Noth standen einst dreizehn Schleiferwerkstätten, in denen das Werkzeug für den Verkauf exakt geschliffen wurde. An der Stelle, wo im Jahr 2000 ein Schleifengebäude rekonstruiert wurde, hatte man noch im Jahr 1893 eine Musterschleife errichtet, die als Rettungsanker für die niedergehende Kleineisenindustrie gesehen wurde. Vergebens, 1916 wurde sie stillgelegt.

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Infotafeln über die ehemaligen "Schleifen" in der "Noth"...

Anlässlich des "Ferraculum 2000" wurde von Schülern der HTL Waidhofen a.d. Ybbs und der HTL Krems gegenüber des Themenweges bzw. des Rastplatze "in der Noth" eine "Schleife" nachgebaut:
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Das Wasser wird über eine aufwendige Holzkonstruktion, die den "Fluder" trägt, zum Wasserrad geleitet...
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Die Holzkonstruktionen haben in den 21 Jahren ihres Bestandes schon eine "naturnahe Patina" angesetzt...

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In einer Vitrine am Rastplatz ist auch ein neuzeitliches Schleifgerät mit E-Antrieb ausgestellt.

Nun geht es steil aufwärts zur "Ybbsitzer Erlebnisbrücke", die einen kleinen Wasserfall in der Prollingbach-Schlucht überspannt:
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Als „Inszenierung der Landschaft“ qualifizierte die Architekturkritik diese zur Talrichtung schräg verlaufende Brücke. Franz Wahler und Josef Eybl schufen sie und noch 1996 wurde die Erlebnisbrücke mit dem niederösterreichischen Gewerbe und Handwerkspreis sowie 1997 mit dem Sonderpreis der Ortsbildaktion „Goldene Kelle“ ausgezeichnet.

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Die elegante Stahlbogenbrücke überspannt die Schlucht mit dem kleinen Wasserfall. Zwischen 1900 und 1914 befand sich hier das "Alte Wasserkraftwerk", welches durch den Neubau weiter unten (Fotos oben...) ersetzt wurde.

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Info zum "Alten Wasserkraftwerk".
 
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#17
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 14:


...und noch ein paar Fotos von der "Erlebnisbrücke":
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Der kühne Brückenbogen über die Schlucht...

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Zum Schluss noch ein Rück- bzw. Tiefblick - unterhalb des Brückenbogens erkennt man die Fluder-Konstruktion der nachgebauten Schleife...

Nach der Bewältigung von weiteren Höhenmetern erreicht man das sich allmählich in der Talsohle verflachende "Prolling-Hochtal" mit der in den Jahren 2007-2008 neuerrichteten "Tannhäuser Schmiede":
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Die Objekte (Wohnhaus, Werkstätte...) der aktiven Tannhäuser-Kunstschmiede

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Im Außenbereich aufgestellte "Deko-Elemente"...

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Rechts am Hang führt der Weg zur "Prolling- und der Tannhäuserhöhle" hoch...
@Bunker Ratte ersparte mir einen schweißtreibenden Aufstieg durch ihren Besuch der Höhlen 2019 und den daraus entstandenen tollen Bericht:
"Tannhäuserhöhle & Prollinghöhle" am westlichen Abhang des Prochenberges
 
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josef

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#18
Schmiedemeile Ybbsitz
Teil 15 - Schluss:


Am höchsten Punkt am Ende der Schmiedemeile erreicht man den "Einöd Hammer":
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Der Hammer wurde 1969 stillgelegt und ein neuer Besitzer revitalisierte ab 1993 das Objekt und nahm wieder einen Schmiedebetrieb auf.

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Historisches Bild von einer Infotafel und aktuelle Aufnahme...

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Die Schmiede...


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...und davor links der ehemalige Kohlenbarren und rechts das renovierte Wohnhaus.

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Heben wir die Teile auf, vielleicht kann man sie noch einmal gebrauchen - zum Schrotthändler kann man es ja noch immer bringen ;)

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Die Wehranlage am Prollingbach...


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...und das Schmiedegebäude vom gegenüberliegenden Bachufer.

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Mit einem Stillleben vom Einöd-Hammer schließe ich den 15 teiligen Themenblock zur Schmiedemeile Ybbsitz...
 
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josef

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#19
Als "Draufgabe" noch 20 Fotos rund um die Schmiedemeile:
Teil 1:
 

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josef

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#20
Fortsetzung und Schluss der Bilderpotpourri aus Ybbsitz
Teil 2:
 

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