Im Jänner 1954 ereignete sich in Vorarlberg eine verheerende Lawinenkatastrophe im Großen Walsertal

josef

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Als der Schnee Blons unter sich begrub
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Im Jänner 2024 jährt sich die Lawinenkatastrophe in Blons im Großen Walsertal zum 70. Mal. Zwei Lawinen zerstörten ein Drittel der Häuser. 57 Menschen aus der Gemeinde Blons kamen ums Leben. Es handelte sich dabei um eine der größten Naturkatastrophen, die Vorarlberg je heimgesucht haben.
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Zwischen dem 10. und 12. Jänner 1954 ereigneten sich in Vorarlberg verheerende Lawinenabgänge nach extremen Schneefällen. Rund 280 Personen wurden verschüttet, 125 davon verloren ihr Leben. Besonders betroffen war die Gemeinde Blons im Großen Walsertal, wo zwei Lawinen ein Drittel der Häuser zerstörten und 57 Menschen starben. In den Nachbargemeinden wurden weitere 13 Personen getötet. Auch die Gemeinde Bartholomäberg im Montafon war stark betroffen, dort kamen 18 Menschen ums Leben.

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Vorarlberger Landesbibliothek, Walter Gnaiger

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Bezirkshauptmann Längle forderte von der amerikanischen Besatzungsmacht in Salzburg Hubschrauber an, da das Tal auf dem Landweg in den ersten Tagen nach der Katastrophe nicht passierbar war. Insgesamt waren dann ein Schweizer und fünf amerikanische Hubschrauber im Einsatz. Einer hatte eine, wie es in Berichten heißt „leichte Bruchlandung“. Sie flogen 60 Einsätze im Großen Walsertal, transportierten 25 Verletze ab, und brachten Lebensmittel, Medikamente, Bekleidung, Petrolium, Kerzen, Lampen und Fackeln ins Tal. Für die amerikanischen Piloten, die mehrheitlich aus Texas stammten, war es eine große Herausforderung sich im gebirgigen Gelände zurechtzufinden. Quelle: Dobler, Eugen: Leusorg im Großen Walsertal, Blons 1982, S. 153Vorarlberger LandesbibliothekVorarlberger Landesbibliothek, Walter GnaigerVorarlberger Landesbibliothek, Walter GnaigerVorarlberger Landesbibliothek, Walter Gnaiger

Ungewöhnliche klimatische Bedingungen
Die Katastrophe war das Ergebnis ungewöhnlicher klimatischer Bedingungen und menschlichen Versagens, heißt es in der Chronik-Zeitung „Walserheimat“. Ein wochenlanges Hochdruckgebiet im Herbst 1953 führte zu einer überdurchschnittlich milden Schönwetterperiode. Der erste Schnee fiel in Form von federleichtem Pulverschnee und führte zu Schneehöhen von über zwei Metern.

Der Zustand des Bannwaldes und die Lawinenverbauungen entsprachen nicht den erforderlichen Kriterien, wodurch kein ausreichender Schutz gegen die Extrembedingungen geboten war. Die ersten Lawinentoten wurden bereits am 10. Jänner gemeldet. Am folgenden Tag forderten weitere Lawinen zahlreiche Todesopfer, insbesondere in Blons.

Die Überlebenden mussten zwei Tage ausharren
In der Nacht vom Sonntag auf den Montag fiel im gesamten Gebiet der Strom aus. Am 11. Januar 1954 löste sich um 10.00 Uhr unterhalb des Falvkopfes die erste große Lawine und verschüttete 82 Bewohner in 14 Höfen. Am Abend desselben Tages löste sich am Mont Calv eine weitere Lawine und begrub 43 Menschen, darunter auch viele, die der ersten Lawine entkommen waren. Die Überlebenden in der Gemeinde Blons waren einen ganzen Tag lang mit den Folgen der Tragödie allein, da die Telefonleitungen nicht mehr funktionierten und die Straßen unpassierbar waren.

Hilfsbereitschaft war riesengroß
Die ersten Helfer kamen am 12. Januar aus dem zunächst alarmierten Nachbarort St. Gerold. Als die Behörden am Nachmittag dieses Tages von der Katastrophe erfuhren, setzte sofort ein Großeinsatz ein: Bereitschafts-Gendarmerie, Hilfsorganisationen, Feuerwehren und Hunderte im Radio aufgebotene Freiwillige aus dem In- und Ausland fuhren in das tief verschneite Walsertal. Darunter waren auch Angehörige der französischen und amerikanischen Besatzungsmacht. Es wurden erstmals in Europa Hubschrauber zur Bergung eingesetzt. Trotz der enormen Anstrengungen konnten viele der Verschütteten nur noch tot geborgen werden.

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Einer der Rettungshelikopter hatte eine, wie es in Berichten heißt „leichte Bruchlandung“

Erstmals Hubschrauber zur Bergung
Bezirkshauptmann Längle forderte von der amerikanischen Besatzungsmacht in Salzburg Hubschrauber an, da das Tal auf dem Landweg in den ersten Tagen nach der Katastrophe nicht passierbar war. Insgesamt waren dann ein Schweizer und fünf amerikanische Hubschrauber im Einsatz. Einer hatte eine, wie es in Berichten heißt „leichte Bruchlandung“.

Die Helikopter flogen 60 Einsätze im Großen Walsertal, transportierten 25 Verletze ab, und brachten Lebensmittel, Medikamente, Bekleidung, Petroleum, Kerzen, Lampen und Fackeln ins Tal. Für die amerikanischen Piloten, die mehrheitlich aus Texas stammten, war es eine große Herausforderung, sich im gebirgigen Gelände zurechtzufinden.

Die Katastrophe führte zu einem Bevölkerungsverlust von 28 Prozent in Blons. Trotz der materiellen Verluste und der psychologischen Belastung gelang es der Bevölkerung, mit Unterstützung von rund 1.500 Ersthelfern, den Wiederaufbau in Angriff zu nehmen. Die verbesserte Massivbauweise der Eigenheime brachte eine neue Architektur in das Dorf. Allerdings bewogen die Ereignisse auch viele Menschen zur Abwanderung.

Erinnerung und Bewältigung
Die Lawinenkatastrophe von 1954 ist bis heute präsent in der Bevölkerung des Großen Walsertals. Verschiedene Publikationen, ein Lawinendokumentationszentrum und ein Lawinenlehrpfad tragen dazu bei, dieses Ereignis in Erinnerung zu behalten. Das 2004 eröffnete Gemeindezentrum von Blons, das größtenteils aus Holz aus dem eigenen Schutzwald besteht, ist ein starkes Zeichen für die Bewältigung der Katastrophe und den Wiederaufbau.

„Der Atem des Himmels“
Auch in Literatur und Film wurde das Ereignis thematisiert, u.a. auch in „Der Atem des Himmels“ (2010) von Reinhold Bilgeri. Der Film basiert auf dem gleichnamigen, im Piper Verlag München erschienenen Roman von Reinhold Bilgeri aus dem Jahr 2005, der auch als Hörbuch erschienen ist.Darin verbindet der Autor die Lebensgeschichte seiner Mutter Ilse Bilgeri, der Urenkelin des österreichischen Politikers Friedrich Graf von Gaderthurn (1835–1921), mit der historischen Lawinentragödie von Blons 1954. Dabei wurde höchster Wert auf die detailgetreue Darstellung des Lawinenereignisses gelegt.
05.01.2024, red, vorarlberg.ORF.at

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