100 Jahre alter Sorten-Schatz in der "Tiroler Genbank"

josef

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Tirol hütet 100 Jahre alten Gen-Schatz
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Die Tiroler Genbank ist 100 Jahre alt. Gemeinsam mit der Genbank von St. Petersburg ist sie die weltweit älteste der mittlerweile 1.400 Genbanken. Sie bietet die Möglichkeit, aus alten Sorten neue Spezialitäten zu züchten oder Grundlage für moderne und resistente Züchtungen zu sein.
Online seit heute, 15.34 Uhr
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Heute liegen mehr als 1.000 Saatgutproben und Pflanzgut von 35 verschiedenen Pflanzenarten getrocknet bei minus 16 Grad im Kühllager der Tiroler Genbank. 70 Kartoffel-Landsorten werden bei leichten Plusgraden dunkel gelagert und durch jährlichen Anbau für künftige Generationen erhalten. Sie ist die einzige Genbank mit einer derartigen Vielfalt alter Landsorten aus dem alpinen Raum.

Alte Sorten wieder im Kommen
Tirols alte Landsorten sind nicht besonders ertragreich und auch deshalb in den letzten Jahrzehnten von den Äckern weitgehend verschwunden, aber die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die alte Landsorten anbauen, steigt wieder. Aus der Fisser Imperialgerste wird Bier gebraut und Whisky gebrannt, „Bio vom Berg“ greift in seinem Produktsortiment auf alte Landsorten zurück und da und dort gibt es in der regionalen Küche wieder Kemater Weißmais, Rotholzer Trockenbohnen, Wildschönauer Krautrüben oder Brot aus Steiners Rotem Tiroler Dinkel oder Chrystanth-Hanser-Roggen.

Saatgut muss immer wieder erneuert werden
Seit 2004 leitet Christian Partl die Tiroler Genbank und betreut mit seinem Team die umfangreiche Sammlung alter landwirtschaftlicher Nutzpflanzen. „Unsere Kernaufgabe ist die Sicherung der genetischen Vielfalt alpiner Landsorten. Dazu betreiben wir seitens des Landes Erhaltungszüchtung und haben von allen 1.068 Sorten gutes, kontrolliertes Vorstufenmaterial“, so Partl.

Land Tirol/Entstrasser-Müller
Um die Keimfähigkeit des Saatguts zu erhalten, muss es regelmäßig angebaut werden, wie hier der Tiroler Sommerroggen

Weil die Keimfähigkeit begrenzt ist, muss das Saatgut immer wieder erneuert werden. Das passiert auf etwa vier Hektar Landesfläche vorwiegend im Tiroler Oberland. Eine so genannte „in-situ-Erhaltung“ wird bei den 400 Apfelsorten praktiziert. 1.155 Apfelbäume in Streuobstwiesen sind in der Genbank erfasst. 68 seltene Apfelsorten wurden veredelt und sind in den Sortengärten an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Imst und in Rotholz enthalten.

Land Tirol/Berger
Agrarlandesrat Josef Geisler und Genbank-Leiter Christian Partl

Auch in der Forschung tätig
Die Tiroler Genbank betreibt seit vielen Jahren auch Forschung. Seit 2016 arbeiten das Land Tirol und die Universität Innsbruck in Imst auf einem Forschungsbauernhof zusammen. „Im kommende Jahr wollen wir das Projekt CerealClimate, in dem wir alte Getreidesorten und moderne Sorten etwa auf Trockenheitsresistenzen hin untersuchen, starten“, gibt Partl Einblick in die Arbeit der Genbank.

Denn alte Landsorten können für den modernen Pflanzenbau durchaus interessant sein, weil sie teils gut mit Trockenheit umgehen können, gegen moderne Pflanzenkrankheiten resistent sind und eine höhere Toleranz gegenüber Schädlingen haben. Eine besondere Aufgabe sieht Partl darin, das Material und das Wissen der Genbank für die Praxis verfügbar zu machen und einen Beitrag zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen zu leisten.

Geisler: Grundlage der Ernährungssouveränität
LHStv Josef Geisler sagt, mit der Genbank des Landes Tirols sichere man die ungeheure genetische Vielfalt der heimischen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und bewahre kulturelles Erbe. "Mit unserem eigenen keimfähigen Saatgut erhalten wir aber auch die Grundlage unserer Ernährungssouveränität. Außerdem ist die Genbank eine Schatztruhe und Zukunftsaktie für die heimische Landwirtschaft, die regionale Wirtschaft, die moderne Pflanzenzüchtung und auch die Gastronomie“, so Geisler.

Ausstellung im Volkskunstmuseum
Zum 100. Geburtstag der Tiroler Genbank würdigt das Volkskunstmuseum deren Arbeit und feiert die genetische Vielfalt heimischer Nutzpflanzen. „Mit der Intervention „Land – Sorten – Vielfalt“ rückt das Tiroler Volkskunstmuseum das hundertjährige Engagement der Tiroler Genbank ins Licht der Öffentlichkeit. "Wir gratulieren der Tiroler Genbank zum 100-jährigen Jubiläum und freuen uns über die gelungene Zusammenarbeit im Rahmen der neuen Ausstellung“, so Peter Assmann, Direktor der Tiroler Landesmuseen.

Land Tirol/Berger
Ausstellung im Volkskunstmuseum anlässlich des 100. Geburtstags

Historischer Abriss
  • 1922: Start der Sammlung und Dokumentation historischer, regionaler landwirtschaftlicher Nutzpflanzen durch Prof. Erwin Mayr
  • 1939: Versuchsfeld in Sistrans
  • 1941: Gründung der Landesanstalt für Pflanzenzucht
  • 1950: Umbenennung in Landesanstalt für Pflanzenzucht und Samenprüfung
  • 1999: Überführung der Tiroler Genbank in die Abt. Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht und Schließung des Standorts in Rinn
Das liegt in der Genbank
  • 1.068 Saatgutproben verschiedener Landsorten aus dem alpinen Raum
  • davon 700 Getreidesorten, 70 Kartoffel-, 84 Bohnen-, 56 Mohn und 19 Erbsensorten sowie 63 Krautrüben…
  • 35 verschieden Arten (Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Emmer, Einkorn, Dinkel, Triticale, Mais, Hirse, Kartoffel, Busch-, Stangen-, Feuer- und Ackerbohnen, Erbsen, Mohn, Lein, Buchweizen, Rüben, Kraut, Kohl, Brotklee, Tomaten, Schnittlauch, Zwiebel, Kresse, Wicke, Kürbis, Lupine…)
  • 400 verschiedene Tiroler Apfelsorten (in-situ-Erhaltung)
  • davon 68 seltene
28.04.2022, red, tirol.ORF.at
Tirol hütet 100 Jahre alten Gen-Schatz
 
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