1935 – Dollfuß und die Kirche

Geist

Worte im Dunkel
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#1
Das heutige Bild zeigt ein Motiv aus der kurzen Phase des austrofaschistischen Ständestaats, dessen Grundstein durch Engelbert Dollfuß im März 1933 gesetzt wurde. Möglicherweise war seine Intention, auf diese Weise dem Nationalsozialismus in Österreich das Wasser abzugraben, berechtigt. De facto war jedoch der Volkswille ausgeschaltet – eine Diktatur kam einer Diktatur zuvor. Dollfuß regierte nach dem Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz von 1917 ohne Parlament. Sein Ständestaat stellte wie das NS-Regime ein faschistisches System dar, wenngleich es bezüglich der Schwere der Verbrechen, die in seinem Namen begangen wurden, mit dem mörderischen Nationalsozialismus nicht zu vergleichen war.

Nachdem Dollfuß im Zuge eines nationalsozialistischen Putschversuchs am 25. Juli 1934 angeschossen wurde, woraufhin er verblutete, war die Trauer groß – vor allem in katholischen Bevölkerungsschichten und natürlich der Kirche selbst. Schließlich war sie dank der Maiverfassung, die am 1. Mai 1934 unter Dollfuß in Kraft getreten war, zu einer wichtigen Säule des geplanten Ständestaats geworden. Schon in der Präambel dieser Verfassung wurde im Namen keines Geringeren als Gott, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgehe, festgehalten, Österreich sei ein christlicher, deutscher Bundesstaat.

Kuppelfresko von 1935 – Herrscher und Völker der ganzen Welt huldigen dem gekreuzigten Jesus Christus, der eine goldene Krone trägt.

So verwundert es nicht, dass hauptsächlich in kirchlich und bäuerlich dominierten Umgebungen in den Folgejahren zahlreiche Erinnerungstafeln angebracht wurden, Skulpturen, Denkmäler und Malereien entstanden. In der Pfarrkirche von St. Jakob in Defereggen fertigte Johann Baptist Oberkofler 1935 das hier gezeigte Fresko. Alle Herrscher und Völker der Welt preisen Jesus Christus, darunter auch der letzte Kaiser Österreichs, Karl I., auf einem weißen Pferd sitzend. Durch zwei Soldaten von ihm getrennt steht Engelbert Dollfuß. Neben und vor ihm ordnete Oberkofler angeblich zwei seiner langjährigen Mitstreiter an: Stehend Emil Fey und kniend Ernst Rüdiger von Starhemberg, beide Politiker und Führer der Heimwehr.

Der Ausschnitt aus dem Fresko zeigt den gekreuzigten Jesus Christus mit einer goldenen Krone. Neben ihm stehen Kaiser Karl I. zu Pferde, Soldaten, Dollfuß und (wahrscheinlich) Fey und Starhemberg.


Der Detailausschnitt zeigt Dollfuß mit zwei weiteren Personen. Neben ihm steht angeblich Emil Fey, der auf ihn herabblickt und der vor ihm Kniende soll Ernst Rüdiger von Starhemberg sein.

Aus welchem Grund genau das Fresko im Nationalsozialismus nicht entfernt wurde, lässt sich vermutlich nicht mehr feststellen. Nach dem „Anschluss“ wurden ansonsten kaum Mühen gescheut, die Zeichen des Ständestaats zu tilgen. Dieses Fresko jedoch wurde zwischen 1938 und 1945 als Denkmal des politischen Katholizismus bewahrt.

Originalbeitrag: 1935 – Dollfuß und die Kirche – Worte im Dunkel
 

josef

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#3
"Dollfuß-Bild" im Altarraum der Prandtauer-Kirche in St. Pölten sorgte vor einigen Jahren für Diskussionsstoff:

Dazu ein ORF-NÖ. Beitrag vom 25.01.2007:

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Bildvergrößerung aus Beitrag ORF NÖ.
Das in Anlehnung an den barocken Stil gemalte Wandbild wurde von den deutschen Künstlern Manfred Stader und Edgar Müller gefertigt. Es zeigt in einem Teil Engelbert Dollfuß, Julius Raab und den damaligen Bischof Michael Memelauer.
UMSTRITTEN
Dollfuß-Bild wird verhängt
Das umstrittene Wandbild im Altarraum der Prandtauerkirche in St. Pölten, das unter anderem Engelbert Dollfuß zeigt, wird verhängt. Dies werde in "nächster Zeit" erfolgen, hieß es am Donnerstag von Bischof Klaus Küng.

Solange, bis Klarheit herrscht
Schon in den nächsten Tagen solle das Bild verhängt werden. Solange, bis geklärt ist, ob die umstrittene Fläche übermalt werden soll oder das ganze Bild hinter dem Hochaltar ersetzt werden muss.

Das steht nach einem Gespräch des Bischofs mit dem Kirchenrektor Knittel und dem Denkmalamt der Diözese fest.

Küng betonte aber, dass das Bild "in einem geschichtlichen Kontext als Ausdruck der Dankbarkeit" für die Rückgabe dieser Kirche an die Diözese konzipiert gewesen sei. Es sei "keinerlei politische Botschaft beabsichtigt, auch nicht eine Beurteilung der Vorgangsweise im Ständestaat."Kirche in Zeit von Dollfuß zurückgegeben.

Die Prandtauerkirche wurde 1708 bis 1712 errichtet und später von Kaiser Josef II. säkularisiert. Die gesamte Inneneinrichtung wurde an andere Kirchen verteilt und der Kirchenraum selbst als Lager für andere Zwecke verwendet. Auf die Bitte von Bischof Memelauer wurde die Kirche in der Regierungszeit von Dollfuß wieder zurückgegeben.
Dollfuß-Bild wird verhängt - oesterreich.ORF.at
 
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