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Die Zeitung "Neues Deutschland" (e-mail: nd_redaktion@compuserve.de)
veröffentlichte am 16. November 1999 eine Liste von 2500 Firmen, die
an der Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen beteiligt waren.
Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges legte der International Tracing
Service (ITS) - ein auf Initiative der alliierten Behörden
eingerichteter Suchdienst mit Sitz in Arolsen bei Kassel - ein
Verzeichnis nationalsozialistischer Lager und Haftstätten in
Deutschland und deutsch-besetzten Gebieten vor. Die dreibändige,
insgesamt Über 700 Seiten starke Dokumentation, wurde in den Jahren
1949 bis 1951 erarbeitet. Sie stellt bis heute das umfassendste
Lagerverzeichnis des Nazi-Regimes dar.
Nachfolgeverzeichnisse mit neu gewonnenen Erkenntnissen wurden zwar
1964 und 1969 erstellt, sie erfaßten aber nicht mehr sämtliche
"Lagertypen", die die Nazi-Herrschaft hervorgebracht hat. Insbesondere
fehlen in ihnen Kriegsgefangenenlager und Lager für sogenannte
"Zivilarbeiter", die eigens zur Zwangsarbeit deportiert wurden. Der
Grund ist leicht erklärbar: Diese Nachfolgeverzeichnisse wurden vom
Bundesfinanzministerium veranlasst und sollten den Rahmen für die
"Entschädigungsgesetzgebung" abstecken. Mit den Überarbeiteten -
genauer: eingeschränkten - Listen blieben in den folgenden Debatten
nicht nur eine Vielzahl von Orten des Nazi-Terrors unbeachtet, sondern
auch zahlreiche Einträge, die zu diesen Orten notiert waren: vor allem
die Namen der Firmen, die sich aus den betreffenden Lagern und
Haftanstalten mit Arbeitskräften bedient hatten.
Dass das ursprüngliche Verzeichnis allerdings nicht völlig in
Vergessenheit geriet, ist einer Arbeitsgruppe um den Publizisten
Martin Weinmann aus Wiesbaden, der Historikerin Ursula Krause-Schmitt
vom Studienkreis Deutscher Widerstand und der Diplom-Psychologin Anne
Kaiser zu verdanken, die das Dokument 1990 im englischen Original in
dem Buch "Das nationalsozialistische Lagersystem" nachdruckten
(erschienen im Verlag Zweitausendeins) und mit Erläuterungen und
eigenen Recherchebeiträgen ergänzten. Aus dieser Publikation haben wir
die Namen der Firmen herausgefiltert, die nach den mittlerweile fast
50 Jahre alten ITS-Erkenntnissen Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter ausgebeutet haben - es ist eine Liste von 2.498 Firmen
geworden.
Dabei ist diese Liste alles andere als vollständig: Erstens hat ITS
sich seinerzeit zu einem großen Teil auf Befragungen gestützt, die
regional mit sehr unterschiedlicher Intensität geführt wurden.
Zweitens gibt es zu vielen Firmen, die nicht im ITS-Dokument enthalten
sind, inzwischen neuere, aber nicht lexikalisch erfaßte, jedenfalls
nicht veröffentlichte Erkenntnisse, die sie ebenfalls als
Sklavenhalter im NS-Staat ausweisen. Drittens lagern sehr wesentliche
Dokumente noch in firmeneigenen Panzerschränken. Und viertens haben
wir in unserer Zusammenstellung bei größeren und häufig
verschachtelten Firmen teilweise nur einen Namenseintrag aufgenommen,
wo IST auf mehrere "Filialen" verweist.
ITS hat bei der Vorlage seines Verzeichnisses einen generellen
Irrtumsvorbehalt gemacht. Die Schreibweisen von Firmennamen und
Ortsnamen (teilweise Orte von Lagern, teilweise von Betriebsstätten)
wurden zudem vielfach aus mündlichen Berichten Übernommen. Wo uns ein
Irrtum eindeutig schien, haben wir diesen bei der Abschrift
korrigiert. Abweichend gegenüber dem ITS-Dokument und dem
Weinmann-Buch haben wir für unsere Liste einige Firmen- und
Ortseinträge verkürzt. Eine Zuarbeit erhielten wir von der
"Coordination gegen BAYER-Gefahren".
Mit der Veröffentlichung dieser extrahierten Liste wollen deutlich
ausdrücken: Es ist ein unbeschreiblicher, aber offenbar nicht
unbeabsichtigter Skandal, dass es fünf Jahrzehnte dauerte, bis die
Frage der "Entschädigung" (welch glimpflicher Ausdruck!) an die
Überlebenden der NS-Zwangsarbeit Überhaupt in eine breitere
öffentliche Debatte kam - und ein weiterer, dass bislang lediglich 17
Firmen bereit sind, sich an einem entsprechenden Fonds zu beteiligen.
Zur Dimension dieses Skandals sei auf die Zahlen verwiesen, die die
Arbeitsgruppe von Martin Weinmann in dem erwähnten Buch nennt: Es gab
mehr als 20.000 "Zivilarbeiter-Lager" im Nazi-Staat und etwa zehn bis
zwölf Millionen Menschen, die aus ihrer von SS und Wehrmacht besetzten
Heimat in diese Lager verschleppt wurden. Mit der von uns nachfolgend
- unseres Wissens zum ersten Mal in dieser Form - abgedruckten Liste
zeigen sich zugleich konkrete Konturen, in denen deutsche Firmen am
NS-Lagersystem aktiv Beteiligte waren. Um die ganze Dimension sichtbar
zu machen, kann eine solche Liste aber nur Ausgangspunkt für weitere
Recherchen sein.
Jürgen Reents, ND vom 16.11.1999
Weiter
Quelle:
http://www.ta7.de/txt/listen/list0024.htm
veröffentlichte am 16. November 1999 eine Liste von 2500 Firmen, die
an der Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen beteiligt waren.
Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges legte der International Tracing
Service (ITS) - ein auf Initiative der alliierten Behörden
eingerichteter Suchdienst mit Sitz in Arolsen bei Kassel - ein
Verzeichnis nationalsozialistischer Lager und Haftstätten in
Deutschland und deutsch-besetzten Gebieten vor. Die dreibändige,
insgesamt Über 700 Seiten starke Dokumentation, wurde in den Jahren
1949 bis 1951 erarbeitet. Sie stellt bis heute das umfassendste
Lagerverzeichnis des Nazi-Regimes dar.
Nachfolgeverzeichnisse mit neu gewonnenen Erkenntnissen wurden zwar
1964 und 1969 erstellt, sie erfaßten aber nicht mehr sämtliche
"Lagertypen", die die Nazi-Herrschaft hervorgebracht hat. Insbesondere
fehlen in ihnen Kriegsgefangenenlager und Lager für sogenannte
"Zivilarbeiter", die eigens zur Zwangsarbeit deportiert wurden. Der
Grund ist leicht erklärbar: Diese Nachfolgeverzeichnisse wurden vom
Bundesfinanzministerium veranlasst und sollten den Rahmen für die
"Entschädigungsgesetzgebung" abstecken. Mit den Überarbeiteten -
genauer: eingeschränkten - Listen blieben in den folgenden Debatten
nicht nur eine Vielzahl von Orten des Nazi-Terrors unbeachtet, sondern
auch zahlreiche Einträge, die zu diesen Orten notiert waren: vor allem
die Namen der Firmen, die sich aus den betreffenden Lagern und
Haftanstalten mit Arbeitskräften bedient hatten.
Dass das ursprüngliche Verzeichnis allerdings nicht völlig in
Vergessenheit geriet, ist einer Arbeitsgruppe um den Publizisten
Martin Weinmann aus Wiesbaden, der Historikerin Ursula Krause-Schmitt
vom Studienkreis Deutscher Widerstand und der Diplom-Psychologin Anne
Kaiser zu verdanken, die das Dokument 1990 im englischen Original in
dem Buch "Das nationalsozialistische Lagersystem" nachdruckten
(erschienen im Verlag Zweitausendeins) und mit Erläuterungen und
eigenen Recherchebeiträgen ergänzten. Aus dieser Publikation haben wir
die Namen der Firmen herausgefiltert, die nach den mittlerweile fast
50 Jahre alten ITS-Erkenntnissen Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter ausgebeutet haben - es ist eine Liste von 2.498 Firmen
geworden.
Dabei ist diese Liste alles andere als vollständig: Erstens hat ITS
sich seinerzeit zu einem großen Teil auf Befragungen gestützt, die
regional mit sehr unterschiedlicher Intensität geführt wurden.
Zweitens gibt es zu vielen Firmen, die nicht im ITS-Dokument enthalten
sind, inzwischen neuere, aber nicht lexikalisch erfaßte, jedenfalls
nicht veröffentlichte Erkenntnisse, die sie ebenfalls als
Sklavenhalter im NS-Staat ausweisen. Drittens lagern sehr wesentliche
Dokumente noch in firmeneigenen Panzerschränken. Und viertens haben
wir in unserer Zusammenstellung bei größeren und häufig
verschachtelten Firmen teilweise nur einen Namenseintrag aufgenommen,
wo IST auf mehrere "Filialen" verweist.
ITS hat bei der Vorlage seines Verzeichnisses einen generellen
Irrtumsvorbehalt gemacht. Die Schreibweisen von Firmennamen und
Ortsnamen (teilweise Orte von Lagern, teilweise von Betriebsstätten)
wurden zudem vielfach aus mündlichen Berichten Übernommen. Wo uns ein
Irrtum eindeutig schien, haben wir diesen bei der Abschrift
korrigiert. Abweichend gegenüber dem ITS-Dokument und dem
Weinmann-Buch haben wir für unsere Liste einige Firmen- und
Ortseinträge verkürzt. Eine Zuarbeit erhielten wir von der
"Coordination gegen BAYER-Gefahren".
Mit der Veröffentlichung dieser extrahierten Liste wollen deutlich
ausdrücken: Es ist ein unbeschreiblicher, aber offenbar nicht
unbeabsichtigter Skandal, dass es fünf Jahrzehnte dauerte, bis die
Frage der "Entschädigung" (welch glimpflicher Ausdruck!) an die
Überlebenden der NS-Zwangsarbeit Überhaupt in eine breitere
öffentliche Debatte kam - und ein weiterer, dass bislang lediglich 17
Firmen bereit sind, sich an einem entsprechenden Fonds zu beteiligen.
Zur Dimension dieses Skandals sei auf die Zahlen verwiesen, die die
Arbeitsgruppe von Martin Weinmann in dem erwähnten Buch nennt: Es gab
mehr als 20.000 "Zivilarbeiter-Lager" im Nazi-Staat und etwa zehn bis
zwölf Millionen Menschen, die aus ihrer von SS und Wehrmacht besetzten
Heimat in diese Lager verschleppt wurden. Mit der von uns nachfolgend
- unseres Wissens zum ersten Mal in dieser Form - abgedruckten Liste
zeigen sich zugleich konkrete Konturen, in denen deutsche Firmen am
NS-Lagersystem aktiv Beteiligte waren. Um die ganze Dimension sichtbar
zu machen, kann eine solche Liste aber nur Ausgangspunkt für weitere
Recherchen sein.
Jürgen Reents, ND vom 16.11.1999
Weiter
Quelle:
http://www.ta7.de/txt/listen/list0024.htm