Anstieg des Meeresspiegels könnte die Hochwassergefahr in den Küstenregionen drastisch steigern

josef

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#1
Hochwassergefahr an Nordeuropas Küsten könnte drastisch steigen
Starkniederschläge und Sturmfluten dürften im Norden künftig häufiger gemeinsam auftreten, berichten Klimaforscher
Graz – Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Küstennähe. Extreme Ereignisse wie Sturmfluten oder Starkniederschläge verursachen in den besiedelten Gebieten heute schon immer wieder beträchtliche Schäden. Forscher rechnen damit, dass solche Extremereignisse in Nordeuropa künftig öfter gemeinsam auftreten werden und damit die Hochwassergefahr steigen könnte.


Extremwetterereignisse nehmen durch den Klimawandel zu. In Nordeuropa dürften Küstengebiete davon künftig verstärkt betroffen sein.
Foto: APA/AFP/GLYN KIRK

Bisherige Abschätzungen für die Hochwassergefahr an Europas Küsten betrachten Sturmfluten und Starkniederschläge unabhängig voneinander, sagte Douglas Maraun vom Wegener Center der Universität Graz. Oft werden diese Extremereignisse jedoch durch die gleiche Wetterlage ausgelöst und treten daher immer wieder auch gleichzeitig auf. Das verschärft die Problematik: Sturmfluten treiben große Wassermengen auf die Küstenregion zu. Dadurch wird vor allem in Flussmündungen das abfließende Wasser des Starkregens aufgestaut und der Wasserspiegel steigt noch mehr.
Modellierte Meeresoberfläche
Maraun war Teil einer internationalen Forschergruppe, die für den europäischen Küstenbereich untersucht hat, wie sich das Hochwasserrisiko, das gemeinsam von Starkregen und Sturmfluten verursacht wird, durch den künftigen Klimawandel verändern könnte. Die Ergebnisse der Zukunftsprognose wurden im Fachblatt "Science Advances" publiziert.

Für ihre Studie nutzten die Forscher ein mathematisches Modell der Meeresoberfläche, das die Entwicklung künftiger Sturmfluten im Rahmen der bisherigen Klimaerwärmung modellierte. Diese Ergebnisse hat die Grazer Forschergruppe mit Niederschlagssimulationen zusammengeführt und in einem komplexen statistischen Modell analysiert. Verglichen wurden Daten aus der Zeitspanne von 1970 bis 2004 mit dem Zeitraum von 2070 bis 2099.


Treten Sturmfluten und Starkniederschläge gleichzeitig auf, staut sich das abfließende Regenwasser an der Küste.Grafik:
Maraun/Uni Graz

"Es zeigt sich, dass in Nordeuropa die Niederschläge intensiver werden, so dass die Gefahr von gleichzeitig auftretenden Starkniederschlägen und Sturmfluten tendenziell steigen könnte", fasste Maraun zusammen. In Küstengebieten könnte es dann im Bereich von Flussmündungen verstärkt zu Hochwasserereignissen kommen.

Rückgang in Südosteuropa
Für die Westküsten Großbritanniens, Nordfrankreichs, der Ost-und Südküste der Nordsee sowie der östlichen Hälfte des Schwarzen Meeres sei unter der Annahme einer weiteren Klimaerwärmung von einer starken Zunahme eines Überschwemmungsrisikos auszugehen. Der Bristol-Kanal und die britische Küste von Devon und Cornwall sowie die niederländische Nordseeküste dürften den Modellierungen zufolge Brennpunkte werden, an denen die "Compound Events" mehr als einmal innerhalb von sechs Jahren auftreten.

In Noorderzijlvest in den Niederlanden dürfte sich das Überschwemmungsrisiko durch das Zusammenwirken der Ereignisse demnach verdreifachen, nahe Bergen an der norwegischen Küste könnte es sich möglicherweise gar verfünffachen. Für Südosteuropa ändert sich das Bild auch – zum Besseren: "Hier dürfte die Zahl der Sturmfluten abnehmen, wodurch die Gefahr gleichzeitiger Extremniederschläge insgesamt eher sinken sollte", so der Klimaforscher.
(red, APA, 22.9.2019)

Abstract
Science Advances: "Higher probability of compound flooding from precipitation and storm surge in Europe under anthropogenic climate change"
Hochwassergefahr an Nordeuropas Küsten könnte drastisch steigen - derStandard.at
 

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#2
Forscher warnen vor drastischem Anstieg der Weltmeere
Selbst bei Einhaltung der Pariser Klimaziele zwischen 2016 und 2030 würde der Meeresspiegel bis ins Jahr 2300 um einen Meter ansteigen

Eisberg in Grönland: ein Symbol des Klimawandels
Foto: imago

Potsdam – Die gegenwärtigen Klimaschutzverpflichtungen weltweit reichen Wissenschaftern zufolge nicht aus, um den Anstieg des Meeresspiegels aufzuhalten. Selbst wenn sich die Länder im Zeitraum von 2016 bis 2030 an die Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen, aus dem die USA am Montag offiziell austraten, hielten, würde dies den Meeresspiegel bis zu diesem Zeitpunkt um 20 Zentimeter ansteigen lassen. Bis zum Jahr 2300 wäre mit einem Anstieg um einen Meter zu rechnen, heißt es in einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)" veröffentlicht wurde.

Die Autoren bestätigen damit mehrfach publizierte Studienergebnisse, wonach die globale Erwärmung aufgrund der Eisschmelze zu einem Anstieg des Meeresspiegels führt und in zwei- bis dreihundert Jahren bedrohliche Ausmaße für Küstenregionen haben könnte. Auch der jüngste Bericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) vom vergangenen September warnte vor einem dramatischen Anstieg des Meeresspiegels.

Die fünf großen Verursacher von Emissionen
Die vorliegende Studie zeigt, dass mehr als die Hälfte des erwarteten Meeresspiegelanstiegs auf die fünf größten Verursacher von Treibhausgasemissionen zurückzuführen wäre: China, USA, EU, Indien und Russland. Auf das Konto dieser Länder würden zwölf der 20 Zentimeter des erwarteten Anstiegs gehen – und dies für den Fall, dass sie die Klimaziele aus dem Pariser Abkommen bis 2030 einhalten. Werden diese verfehlt, könnte das in einem noch höheren Anstieg der Meere resultieren.

Erstellt wurde die Studie von Forschern der Climate Analytics in Berlin und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Sie zeigt den Autoren zufolge erstmals die konkreten Auswirkungen der bisher vereinbarten Vorhaben der einzelnen Länder zur Emissionsreduktion im Rahmen des Pariser Klimaabkommens mit Blick auf den längerfristigen Meeresspiegelanstieg. "Was wir heute tun, wird einen großen Einfluss bis zum Jahr 2300 haben", erklärt Alexander Nauels von Climate Analytics, Hauptautor der Studie. Und warnt eindringlich: "20 Zentimeter sind keine kleine Zahl, das entspricht grob dem bisher im gesamten 20. Jahrhundert beobachteten Meeresspiegelanstieg."

Durch das langsame Tempo, mit dem der Ozean, die Eisschilde und Gletscher auf die globale Erwärmung reagieren, "entfalten sich die wahren Folgen unserer Emissionen für den Meeresspiegelanstieg erst über Jahrhunderte", sagt er. "Je mehr Kohlendioxidemissionen jetzt freigesetzt werden, desto stärker bestimmen wir auch bereits den Meeresspiegelanstieg der Zukunft." (red, APA, 5.11.2019)

Studie:
PNAS
Weiterlesen
:
Weltklimarat warnt vor Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Zentimeter jährlich
Der Planet im Teufelskreis

Forscher warnen vor drastischem Anstieg der Weltmeere - derStandard.at
 
#6
Solange Helgoland nicht überflutet wird ist es doch egal.:eek::cool:
Scheint wohl nicht zu befürchten zu sein. ;)
Forscher warnen vor drastischem Anstieg der Weltmeere
Selbst bei Einhaltung der Pariser Klimaziele zwischen 2016 und 2030 würde der Meeresspiegel bis ins Jahr 2300 um einen Meter ansteigen

Entwarnung für Austria: Die Friesen werden doch nicht kommen... :cool:
 

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#7
ZEITALTER IM VERGLEICH
Antarktis-Schmelze ließ den Meeresspiegel schon einmal stark steigen
In der letzten Warmzeit vor der heutigen stieg der Pegel um sechs bis neun Meter an – trotz einer Meereserwärmung von weniger als zwei Grad

Das Camp der Wissenschafter in der "Patriot Hills Blue Ice Area".
Foto: AntarcticScience.com

Um zu prognostizieren, wie sich ein Abschmelzen mächtiger Eisschilde wie denen von Grönland oder der Antarktis auf den Meeresspiegel auswirken wird, kann man auch einen Blick in die Vergangenheit werfen. Ein internationales Forscherteam hat dies getan und die letzte Warmzeit vor der aktuellen näher untersucht, wie die Universität Bonn berichtet. In dieser über 100.000 Jahre zurückliegenden Ära stieg der Meeresspiegel beträchtlich.

Vor etwa 2,7 Millionen Jahren begann das Eiszeitalter, in dem wir immer noch leben. Trotz seines Namens ist es von extrem wechselhaften Bedingungen geprägt: In einer steten Pendelbewegung haben seit seinem Beginn Warmzeiten, auch Interglaziale genannt, mit etwa zehnmal so langen Kaltzeiten gewechselt, in denen es zu massiven Vergletscherungen kam. Die gesamte menschliche Zivilisation seit der Jungsteinzeit, in der Ackerbau und Viehzucht aufkamen, fällt in ein solches Interglazial.

Die Eem-Warmzeit
Das letzte Interglazial davor war die sogenannte Eem-Warmzeit, die vor etwa 129.000 bis 116.000 Jahren für lauschige Bedingungen sorgte. Europa war damals von Neandertalern besiedelt, die Jagd auf Waldelefanten machten. Steigende Meerestemperaturen trieben indes das Abschmelzen der antarktischen Eisschilde an und verursachten einen Anstieg des Meeresspiegels um sechs bis neun Meter. Und es brauchte weniger als zwei Grad Celsius bei der Erwärmung der Ozeane, um zu diesem extremen Anstieg zu führen.

"Damals war der Verlust am westantarktischen Eisschild nicht nur sehr groß, sondern dies geschah auch sehr früh während des letzten Interglazials", sagt Chris Turney von der University of New South Wales, der Hauptautor der Studie. Die Westantarktis gilt auch heute als brisante Region, denn die dortigen Eismassen sind vergleichsweise anfällig.

Problemregion Westantarktis
Der Grund: Im Gegensatz zum höher gelegenen ostantarktischen Eisschild ruht der westantarktische Schild auf dem Meeresboden. Er ist von großen Flächen von schwimmendem Eis, dem so genannten Schelfeis, gesäumt, das den zentralen Teil des Schildes schützt. Wenn das wärmere Meerwasser in die Hohlräume unter dem Schelfeis eindringt, schmilzt das Eis von unten. Dadurch wird das Schelfeis dünner und die zentrale Eisdecke sehr anfällig für die Erwärmung der Meerestemperaturen.

Um zu seinen Daten zu kommen, entnahm das Team einen horizontalen Eiskern in der "Patriot Hills Blue Ice Area" am Rande des westantarktischen Eisschildes. Anstatt kilometerweit ins Eis hineinzubohren, entnahmen sie ihre Proben von einer blauen Fläche, in der jahrtausendealtes Eis an die Oberfläche fließt.

Wiederholt sich die Geschichte?
Die Forscher hoffen, ihre Studie künftig noch ausweiten zu können, um ein noch umfassenderes Bild davon zu erhalten, wie lange das Abschmelzen in der Eem-Warmzeit dauerte und welche Gebiete in der Antarktis am stärksten betroffen waren. Der Blick zurück bleibt aber untrennbar von dem nach vorne: Das damalige Szenario ist auch heute in seinen Grundzügen beobachtbar, sagt Michael Weber vom Institut für Geowissenschaften der Uni Bonn. Es lassen sich daraus also Schlüsse ziehen, wie die zukünftige globale Erwärmung die Eisdynamik und den Meeresspiegel beeinflussen könnte.
(red, 15. 2. 2020)

Abstract
PNAS: "Early Last Interglacial ocean warming drove substantial ice mass loss from Antarctica"
Mehr zum Thema
Wie stark wird die Schmelze in der Antarktis den Meeresspiegel steigen lassen?

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#8
Ungewöhnliche Hitzewelle in der Antarktis besorgt Forscher
In der Casey-Forschungsstation wurden Ende Jänner Hitzewellen mit Rekordwerten aufgezeichnet

Die australische Casey-Station im östlichen Teil der Antarktis lieferte im Jänner besorgniserregende Daten.
Foto: Reuters/AUSTRALIAN ANTARCTIC DIVISION

Außergewöhnliche Wärme in der Antarktis bereitet Wissenschaftern sorgen. Angesichts einer im Jänner erstmals an der Casey-Forschungsstation in der Ostantarktis gemessen Hitzewelle, warnten die Experten vor drastischen Folgen für regionale und globale Ökosysteme. Vergleichbare Hitzewellen seien bisher selten in der Antarktis gemessen worden.

Als Hitzewellen bezeichnen Forscher gewöhnlich eine Aneinanderreihung von mindestens drei Tagen mit extrem hohen Temperaturen. Auch auf der Antarktischen Halbinsel seien Rekordtemperaturen festgestellt worden, hieß es in einem am Montag im Fachmagazin "Global Change Biology" veröffentlichten Bericht. Die Autoren sind Forscher mehrer australischer Universitäten sowie der Australian Antarctic Division der Regierung.

Weitreichende Folgen
An der Casey-Station wurden Ende Jänner – im antarktischen Sommer – an drei Tagen Extreme bei den Höchst- und Tiefstwerten aufgezeichnet. Während die Temperaturen im Minimum jeweils über Null Grad blieben, wurde es am 24. Jänner in der Spitze bis zu 9,2 Grad Celsius warm. Dieses Temperaturmaximum sei fast sieben Grad wärmer als der durchschnittliche Höchstwert an der Station in den vergangenen 31 Jahren.

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass abnorm warme Sommer eine Vielzahl von biologischen Auswirkungen haben werden, die noch gar nicht alle abgeschätzt werden können. Der Klimawandel beeinflusse selbst die entlegensten Gebiete des Planeten. Was in der Antarktis passiere, habe Auswirkungen etwa auf Ozeanströmungen und damit auf das Klima in vielen Erdregionen, schreiben die Autoren.
(red, APA, 31.1.2020)

Studie
Global Change Biology: "The 2019/2020 summer of Antarctic heatwaves"

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#9
WARNUNG
Meeresspiegel könnte bis zum Jahrhundertende um einen Meter steigen
Experte: "Was wir heute innerhalb weniger Jahrzehnte tun, bestimmt den Meeresspiegelanstieg für viele Jahrhunderte"
Feuchter Kirchgang im Norden Portugals.
Foto: REUTERS/Jose Manuel Ribeiro

Potsdam – Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) präsentierte diese Woche die Ergebnisse einer Umfrage unter gut hundert Experten für die Entwicklung des Meeresspiegels, wie sie die Zukunft einschätzen. Deren Prognose ist erwartungsgemäß wenig erfreulich: Sollten weiterhin so viele Treibhausgas ausgestoßen werden wie bisher, werde der globale mittlere Anstieg des Meeresspiegels bis zum Jahr 2100 etwa einen Meter betragen – mit entsprechenden Folgen für heutige Küstengebiete, die teilweise dicht besiedelt sind.

Die neuen Risikoabschätzungen liegen im Schnitt höher als die bisher vom Weltklimarat (IPCC) veröffentlichten, die Schwankungsbreite reicht von 0,6 bis 1,3 Meter. Die Wissenschafter zeigen die verbleibenden Unsicherheiten auf, halten aber zugleich frühere Schätzungen des Meeresspiegelanstiegs für zu niedrig. Ihre Prognose basiere auf zunehmendem Wissen über Ozeane, Eismassen und Wasserkreisläufe.

Für das Jahr 2300 – eine Zeit, an die freilich noch die wenigsten denken dürften – prognostizieren sie im schlimmsten Fall sogar einen mehr als fünf Meter höheren Meeresspiegel, wenn sich nichts ändert. Doch auch für diese ferne Zukunft würden die Weichen bereits heute gestellt. "Was wir heute innerhalb weniger Jahrzehnte tun, bestimmt den Meeresspiegelanstieg für viele Jahrhunderte, das zeigt die neue Analyse deutlicher als je zuvor", erklärte Stefan Rahmstorf vom PIK.

Das sei aber auch eine gute Nachricht, so Rahmstorf. "Wir haben es beim Ausstoß von Treibhausgasen selbst in der Hand, wie stark wir die Risiken für Millionen von Menschen an den Küsten der Welt ansteigen lassen."
(red, APA, 9. 5. 2020)
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#10
ISLES OF SCILLY
Rekonstruierter Untergang einer Insel zeigt komplexe Folgen des Meeresanstiegs
Vor über 4.000 Jahren verschwanden weite Teile einer großen Insel vor der Küste Englands unter dem Meeresspiegel

Was heute als Isles of Scilly aus dem Atlantik vor der Südwestspitze Großbritanniens ragt, war vor Jahrtausenden, als der Meeresspiegel deutlich tiefer lag, eine einzelne große Insel.
Foto: Historic England Archive

Der stete Anstieg des Meeresspiegels gilt als eine der dramatischsten Folgen der globalen Klimaerwärmung. Wie stark dieser in den kommenden Jahrzehnten ausfallen wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, der Erfolg der Menschheit bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen zählt hier zweifellos zu den bedeutendsten. Nach den vom Weltklimarat (IPCC) veröffentlichten Zahlen liegt die Schwankungsbreite zwischen 0,6 und 1,3 Metern bis zum Ende des Jahrhunderts. Eine Abschätzung durch rund hundert Experten geht auf Grundlage aktueller Daten davon aus, dass der globale mittlere Anstieg des Meeresspiegels bis zum Jahr 2100 etwa einen Meter betragen wird, sofern es uns nicht gelingt, dem Ausstoß der Treibhausgase Einhalt zu gebieten.

Bedenkliche Entwicklungen
Noch klarer wird das Bild, wenn man sich die aktuelle und jüngere Entwicklung genauer ansieht: Laut dem IPCC-Report von 2014 stieg der Meeresspiegel zwischen 1901 und 2010 um durchschnittlich 1,7 Millimeter pro Jahr. Für den Zeitraum 1993 bis 2010 waren es dagegen im Schnitt 3,2 Millimeter pro Jahr. Für 2018 kamen die Experten bereits auf 3,6 Millimeter pro Jahr. Berücksichtigt man diese Beschleunigung und neuere Erkenntnisse, dann dürften die IPCC-Prognosen im 5. Sachstandsbericht deutlich zu konservativ kalkuliert sein. So warnten 2015 etwa Klimatologen um den US-Amerikaner James E. Hansen vor zunehmend exponentiell verlaufenden Dynamiken, die schon für das Jahr 2050 einen Meeresspiegelanstieg um mehr als einen Meter erwarten lassen.

Prognose des IPCC über den Meeresspiegelanstieg und die tatsächlich beobachtete Entwicklung.
Grafik: CCRC

Schmilzt die Antarktis, kommen 60 Meter dazu
Geht das große Tauen ungebremst weiter, werden wir es in fernerer Zukunft noch mit ganz anderen Zahlen zu tun bekommen: Ein vollständiges Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes würde rein rechnerisch den Meeresspiegel um etwa 7,3 Meter anheben. Werden auch noch die gut 25 Millionen Kubikkilometer Eis der gesamten Antarktis zu Wasser, würde es sogar zu einer Erhöhung von 60 Metern kommen – mit einem solchen Schreckensszenario ist freilich erst in Jahrtausenden zu rechnen.

Es dürfte jedoch schon ein um einen Meter höherer Meeresspiegel ausreichen, um die teils dichtbesiedelten Küstenregionen der Erde nachhaltig zu verändern. Wie der IPCC-Sonderbericht über den Zustand der Meere und Eisvorkommen im vergangenen September vorrechnete, würden bei einer Erderwärmung um zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter Gebiete überflutet, in denen heute noch 280 Millionen Menschen leben.

Rekonstruierter Anstieg
Die konkreten Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Küstenzonen und ihre Bewohner lassen sich im Detail allerdings kaum vorhersagen, wie eine aktuelle Studie nun darlegt: Ein Team um Robert Barnett von der University of Exeter hat dafür untersucht, was mit einer inselreichen Region im Atlantik geschah, als am Ende der letzten Kaltzeit der Meeresspiegel zu steigen begann. Für ihre Rekonstruktion nahmen die Wissenschafter das derzeitige Aussehen der Isles of Scilly vor der Südwestspitze Großbritanniens als Ausgangspunkt und zeichneten in der Zeit rückwärts die Veränderungen der Küstenlinien in Tausend-Jahre-Schritten nach. Dabei stellten sie unter anderem fest, dass die Isles of Scilly, die heute mehr als 140 Inseln umfassen, ursprünglich aus einer einzigen großen Insel hervorgegangen sind.


Bant's Carn, ein sogenanntes Entrance Grave aus der Bronzezeit auf St. Mary's, der Hauptinsel der Scilly-Inseln.
Foto: Cornwall Archaeological Unit, Cornwall Council

Die Veränderungen – sowohl was die Landfläche betrifft, aber auch die kulturellen Umbrüche der damaligen Bewohner – vollzogen sich damals mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und sehr häufig nicht im Einklang mit den ansteigenden Meerespegelständen. Die Wissenschafter sehen darin die Grundlagen, auf denen die zukünftigen Meeresspiegelveränderungen beurteilt werden müssen: "Wenn wir über den Anstieg der Meere nachdenken, müssen wir die Komplexität der beteiligten Systeme sowohl hinsichtlich der Geografie als auch der menschlichen Reaktionen berücksichtigen", sagt Barnett. "Die Geschwindigkeit, mit der Land verschwindet, hängt nicht allein vom Meeresanstieg ab. Sie spiegelt auch die spezifische lokale Geografie, Landschaftsformen und Geologie wider." Die Reaktionen der Menschen seien dabei wahrscheinlich gleichermaßen lokal unterschiedlich. Beispielsweise können Gemeinschaften gewichtige Gründe dafür haben, sich zu weigern, einen bedrohten Ort zu verlassen.

Schneller Untergang einer großen Insel
Insgesamt rund 12.000 Jahre blickten die Forscher für ihre im Fachjournal "Science Advances" veröffentlichte Studie in die Vergangenheit der Scilly-Inseln zurück. Um sich ein realistisches Bild von den Verhältnissen während der unterschiedlichen Zeitabschnitte zu machen, zogen sie Daten des Lyonesse-Projekts (2009 bis 2013) heran, einer Untersuchung der historischen Küsten- und Meeresumwelt der Scilly-Inseln, und ergänzten sie durch aktuelle Landschafts-, Vegetations- und Bevölkerungsrekonstruktionen, die aus Pollen- und Holzkohlendaten und archäologischen Artefakten erstellt wurden.


Luftaufnahme von überfluteten Steinmauern vor einer der Scilly-Inseln.
Foto: Historic England Archive

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass große Bereiche trockenen Landes zwischen 5.000 und 4.000 Jahren vor heute verhältnismäßig schnell unter dem Meeresspiegel verschwanden. Die damaligen Bewohner reagierten allerdings unerwartet: Anstatt ihre Heimat zu verlassen, schienen sie sich rasch an die neuen Gegebenheiten anzupassen. So deuten archäologische Funde etwa an, dass ab der Bronzezeit (ab 4.400 Jahren vor heute) auf dem Gebiet eine ständige, sogar wachsende Bevölkerung zu Hause war. Die Gründe dafür sind unklar. Eine Erklärung sehen die Forscher in dem Umstand, dass durch den Meeresanstieg neue flache Gezeitenzonen entstanden, die die Möglichkeiten zum Angeln, Sammeln von Schalentieren und Jagen von Wildgeflügel boten.

Ein Fußballfeld pro Jahr
Bezeichnend ist auch die Tatsache, dass sich der schnelle Landverlust während einer Phase vollzog, als der Meeresspiegel eigentlich verhältnismäßig langsam anstieg. Offensichtlich dürften weite Teile der Ursprungsinsel zu diesem Zeitpunkt relativ flach gewesen sein. Das führte dazu, dass im Verlauf des dritten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung das Land mit einer Rate von 10.000 Quadratmetern pro Jahr verlorenging – dies entspricht den Dimensionen eines großen Fußballfeldes. Etwa die Hälfte dieser Fläche verwandelte sich jedoch in Gezeitenlebensräume, von denen die Küstengemeinden vermutlich profitiert haben.


Viele pazifische Inselstaaten haben bereits seit Jahren mit den Folgen des Meeresspiegelanstiegs zu kämpfen.
Foto: APA/AFP/GIFF JOHNSON

Rasanter Wandel
"Unsere Studie zeigt, dass ein rasanter Wandel von Küstenabschnitten auch bei einem geringen und langsamen Anstieg des Meeresspiegels von ein bis zwei Millimetern pro Jahr auftreten kann", sagt Barnett. "Die derzeitige durchschnittliche Geschwindigkeit von jährlich 3,6 Millimetern ist bereits weitaus höher, als es vor 5.000 bis 4.000 Jahren auf den Scilly-Inseln der Fall war – und doch war es damals zu schnellen und teilweise dramatischen Veränderungen der Küsten gekommen, aber auch zu einer unerwarteten Reaktion darauf vonseiten der Inselbevölkerung."

Die Wissenschafter schließen daraus, dass gesellschaftliche und kulturelle Perspektiven der Küstenbevölkerung entscheidend sein werden für eine erfolgreiche Reaktion auf die künftigen Auswirkungen des Klimawandels. Ähnliches lässt sich bereits in einigen vom Meeresspiegelanstieg betroffenen Inselstaaten beobachten, wo kulturelle Eigenheiten die Reaktion der Küstengemeinden beeinflussen: Während sich der pazifische Inselstaat Kiribati auf eine Umsiedlung nach Fidschi vorbereitet, formiert sich in dem nur 26 Quadratkilometer großen Südseestaat Tuvalu heftiger Widerstand gegen ein ähnliches Rettungsprogramm.
(tberg, 17.11.2020)

Abstract
Nachlese
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#11
NEU ENTDECKTER EINFLUSS
Schmilzt das Eis am Nordpol, schrumpfen auch die antarktischen Gletscher
Über den steigenden und fallenden Meeresspiegel stehen die Eismassen von Nord- und Südpol miteinander in Verbindung

Eisschilde, die Tausende Kilometer voneinander entfernt sind, haben sich in der Vergangenheit durch Veränderungen des Meeresspiegels gegenseitig beeinflusst.
Foto: AFP/JOHANNES EISELE

Obwohl Tausende Kilometer zwischen den Polen liegen, üben die beiden einander gegenüberliegenden Eiskappen unseres Planeten einen unmittelbaren Einfluss aufeinander aus: Schmilzt die eine, wird auch die andere instabil. Das entscheidende Bindeglied ist dabei die Veränderung des Meeresspiegels, wie ein internationales Wissenschafterteam nun herausgefunden hat. Die Forscher verglichen Modellierungen von Eisschildveränderungen während des jüngsten Eiszeitzyklus mit neu verfügbaren geologischen Aufzeichnungen. Die Studie in "Nature" unter der Leitung von Natalya Gomez von der McGill-Universität in Montreal (Kanada) zeigt erstmals, dass in diesem Zeitraum Veränderungen des antarktischen Eisschildes im Süden durch schmelzenden Eisschilde in der nördlichen Hemisphäre beeinflusst wurden.

Steigender Meeresspiegel zwingt das Eis zum Rückzug
Als sich das Klima während der letzten Eiszeit abkühlte, wurde Wasser im Landeis der nördlichen Hemisphäre gebunden, was auch zu einer Ausdehnung des Eisschildes in der Antarktis führte. Denn wenn der Meeresspiegel im Süden fällt, ist mehr Landfläche vorhanden, die Unterseite des Eises liegt stabil auf und kann sich ausdehnen. Als sich das Klima vor 19.000 bis 9.000 Jahren erwärmte, führte der Rückgang des Eises in der nördlichen Hemisphäre dagegen zu einem Rückzug des Eisschildes in der Antarktis. Durch den steigenden Meeresspiegel wird die Unterlage destabilisiert, das Eis droht aufzuschwimmen und abzubrechen. Dadurch zieht es sich insgesamt zurück.

"Wir haben jetzt ein sehr variables Signal des Eismassenverlusts in den letzten 20.000 Jahren gefunden, das von Eisbergen hinterlassen wurde, die aus der Antarktis abbrechen und in den umliegenden Ozeanen Gerölle beim Abschmelzen zurücklassen", sagt Michael Weber, Koautor der Studie vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn. Diese Belege konnten kaum mit bestehenden Modellen in Einklang gebracht werden, solange die Forscher nicht berücksichtigt haben, wie die Eisschichten beider Hemisphären auf der ganzen Welt miteinander über längere Zeiträume interagieren.

Neue Modelle
"Aus einer früheren Studie wussten wir lediglich, dass die Eisschilde an beiden Polen am Ende der letzten Eiszeit verbunden waren", meint Weber. Jedoch nur mit Hilfe neuer Modelle, die Ozean, Eisschild und vertikale Krustenbewegungen koppeln, konnten die Forscher nun längere Zeiträume betrachten und mit neuesten geologischen Befunden vergleichen.

Zum ersten Mal konnten Forscher Änderungen des Meeresspiegels und der Eisdynamik in beiden Hemisphären während der letzten 40.000 Jahre simulieren.
Grafik: McGill University

"Eisschilde können sich aufgrund des Wassers, das zwischen ihnen fließt, über große Entfernungen hinweg gegenseitig beeinflussen", sagt Natalya Gomez. "Es ist, als ob sie durch Veränderungen des Meeresspiegels miteinander kommunizieren würden." Das Ergebnis der Modellrechnungen stimmt mit den Aufzeichnungen in Ozeansedimenten und von vergangenen Küstenlinien überein. Polare Eisschilde seien nicht nur große, statische Eisberge. Sie entwickelten sich auf verschiedenen Zeitskalen und seien in ständigem Fluss.

"Wobei das Eis – je nach Klima und den umgebenden Wasserständen – wächst und sich wieder zurückzieht", so die Wissenschafterin weiter. Das Eisschild wächst, wenn sich Schnee darauf auftürmt, und die entstehende Eismasse sich unter ihrem eigenen Gewicht wie ein Wackelpudding nach außen ausbreitet. Dort strömt die Masse in den umgebenden Ozean, von den Rändern brechen Eisberge ab.

Eisentwicklung der letzten 40.000 Jahre
Um die Mechanismen zu untersuchen, die die Veränderungen des antarktischen Eisschildes über geologische Zeitskalen vorantreiben, stützt sich die Studie auf numerische Modelle und eine breite Palette geologischer Aufzeichnungen, von Sedimentkernen des Meeresbodens in der Nähe der Antarktis bis hin zu Aufzeichnungen über Landflächen und vergangene Küstenlinien. Mit diesen Informationen waren die Forscher erstmals in der Lage, gleichzeitig Veränderungen sowohl des Meeresspiegels als auch der Eisdynamik in beiden Hemisphären über die letzten 40.000 Jahre zu simulieren. Dieser Zeitrahmen bildet die Grundlage für ein tieferes Verständnis, wie Klimafaktoren die Eisschilde beeinflussen. Denn der Zeitraum umfasst den Höhepunkt der letzten Eiszeit zwischen 26.000 und 20.000 Jahren bis zur Gegenwart.


Um die Mechanismen zu untersuchen, die Veränderungen in der Eisdecke der Antarktis bewirken, untersuchten die Forscher unter anderem Sedimentkerne vom Meeresboden in der Nähe der Antarktis.
Foto: Michael Weber

Die Aufzeichnungen aus Bohrkernen und die Rekonstruktion der Küstenlinien deuten darauf hin, dass der Eisverlust des antarktischen Eisschildes in diesem Zeitraum erheblich war, mit zeitweiligen Perioden beschleunigten Rückzugs. Die Forscher fanden heraus, dass der einzige Mechanismus, der dieses Phänomen erklären könnte, die Änderungen des Meeresspiegels in der Antarktis sind. Sie wurden wiederum durch Veränderungen der Eisschilde in der nördlichen Hemisphäre verursacht.

Komplex vernetztes Erdsystem
"Das Ausmaß und die Komplexität der Eisschilde und der Ozeane sowie die Geheimnisse des vergangenen Klimas der Erde sind faszinierend und inspirierend", sagt Gomez. Die Ergebnisse zeigten, wie vernetzt das Erdsystem ist: Veränderungen in einem Teil des Planeten bewirken Veränderungen in einem anderen Teil. Der Rückzug der großen Eisschilde im sich künftig weiter erwärmenden Klima sei beispiellos. Der Blick auf Aufzeichnungen und Modelle von Veränderungen in der Erdgeschichte könne darüber informieren.
(red, 28.11.2020)
Abstract
Nachlese
Schmilzt das Eis am Nordpol, schrumpfen auch die antarktischen Gletscher - derStandard.at
 

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#12
ZEHN KUBIKKILOMETER PRO JAHR
Erde verliert ihr Eis mit Rekordgeschwindigkeit
Zwischen 1994 und 2017 schmolzen 28 Billionen Tonnen Eis, der Meeresspiegel stieg dabei um durchschnittlich 3,46 Zentimeter

Ein Eiswürfel mit zehn Kilometern Kantenlänge neben Manhattan. 28 dieser Klötze haben sich zwischen 1994 und 2017 in Wasser verwandelt.
Illustr.: Esa/Planetary Visions

Paris – Der Verlust an Eis hat sich deutlich beschleunigt. Was bereits zahlreiche Studien in der Vergangenheit nahelegten, konnte nun von einem Team unter der Leitung der Universität Leeds erneut mit Daten untermauert werden: Die Erde habe zwischen 1994 und 2017 "erschütternde" 28 Billionen Tonnen Eis verloren, schrieben die Forscher in der Fachzeitschrift "The Cryosphere".

Zehn Kubikkilometer Eis
"Die Geschwindigkeit des Eisverlustes ist seit den 1990er-Jahren um 65 Prozent gestiegen: von 0,8 auf 1,2 Billionen Tonnen pro Jahr. Betroffen waren Gebirgsgletscher, antarktische und grönländische Eisschilder und das süd- und nordpolare Schelfeis", erklären die Experten mit Verweis auf mathematische Modelle und Beobachtungen mit ERS-, Envisat- und CryoSat-Satelliten der Esa sowie Daten aus den Missionen Copernicus Sentinel-1 und Sentinel-2.

Nachdem man sich unter diesen enormen Mengen kaum etwas vorstellen kann, haben die Wissenschafter die Zahlen in eine recht anschauliche Form gegossen: Ein Eiswürfel mit einer Masse von einer Billion Tonnen hätte eine Kantenlänge von zehn Kilometern – er wäre damit höher als der Mount Everest. Fast dreißig dieser riesigen Eiswürfel haben sich in den vergangenen 27 Jahren verflüssigt. Zum Vergleich: Das antarktische Eisschild besteht aus rund 30 Millionen Kubikkilometer Eis, das wären dann drei Millionen solcher Eiswürfel.

Eines der schlimmsten Szenarien
"Obwohl alle untersuchten Regionen Eis verloren, hat sich der Schwund in der Antarktis und in Grönlands am stärksten beschleunigt", sagt Thomas Slater, Hauptautor der Studie vom Leeds Center for Polar Observation and Modeling. "Die Entwicklung der polaren Gletscher folgen damit mittlerweile den schlimmsten Szenarien der Klimaerwärmung, die vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) festgelegt wurden." Der Anstieg des Meeresspiegels als Folge der fortdauernden Eisschmelze in dieser Größenordnung würde in diesem Jahrhundert noch zu sehr schwerwiegende Auswirkungen für Küstenbewohner führen, prophezeien die Wissenschafter.


Die Grafik zeigt die durchschnittliche Änderungsrate der Eisdicke in der südlichen (links) und nördlichen (rechts) Hemisphäre zwischen 1992-2017.
Grafik: The Cryosphere/Thomas Slater et al.

Hauptursache für die beschleunigte Eisschmelze sei die Erwärmung der Atmosphäre und der Ozeane, deren Temperaturen seit 1980 um 0,26 Grad Celsius bzw. 0,12 Grad Celsius pro Jahrzehnt angestiegen sind. Im Untersuchungszeitraum zwischen 1994 und 2017 stellten die Wissenschafter einen Verlust von 7,6 Billionen Tonnen von arktischem und 6,5 Billionen Tonnen antarktischem Meereis.

35 Millimeter Meeresspiegelzuwachs
"Dieses Schmelzwasser trägt nicht unmittelbar zum Anstieg des Meeresspiegels bei, hat jedoch einen indirekten Einfluss", erklärt Isobel Lawrence, Mitautorin der Studie. "Eine der Schlüsselrollen des arktischen Meereises besteht darin, die Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum zu reflektieren, um die Arktis kühl zu halten." Im selben Maße wie das Meereis schrumpft, wird mehr Sonnenenergie von den Ozeanen und der Atmosphäre absorbiert, wodurch sich die Arktis schneller erwärmt als irgend eine andere Region der Erde.

Video: Der globale Eisverlust zwischen 1994 und 2017.SciTech Daily

Die Hälfte aller Verluste entfiel auf Eis an Land – darunter 6,1 Billionen Tonnen von Gebirgsgletschern, 3,8 Billionen Tonnen von der grönländischen Eisdecke und 2,5 Billionen Tonnen von der antarktischen Eisdecke. Diese Verluste haben den globalen Meeresspiegel um 35 Millimeter erhöht. Wissenschafter schätzen, dass für jeden Zentimeter rund eine Million Menschen in Küstenregionen in Gefahr sind, vom Meeresanstieg vertrieben zu werden.
(tberg, 3.2.2021)

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Erde verliert ihr Eis mit Rekordgeschwindigkeit - derStandard.at
 

josef

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#13
Jod lässt Polareis schneller schmelzen
Ein internationales Forscherteam unter Tiroler Beteiligung hat einen weiteren Faktor für die Klimaerwärmung ausmachen können. Die Forscher haben herausgefunden, dass aus dem Meerwasser aufsteigendes Jod die Bildung von Wolken und damit auch die Eisschmelze in Polargebieten ankurbelt.
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Es ist wohl ein weiterer Teufelskreis, oder wissenschaftlicher gesprochen Rückkoppelungseffekt, der die Erderwärmung anheizt: Die Polarmeere werden immer wärmer, es bilden sich mehr Algen, die dem Meerwasser Jod entziehen und in die Atmosphäre freisetzen. Die Jod-Emissionen in der nördlichen Hemisphäre zeigen seit 1950 einen steilen Anstieg.

APA (AFP/Sabourin)
Jod aus dem Meerwasser begünstigt die Wolkenbildung und damit die Erwärmung

Polareis dünnt immer mehr aus
Das liege vermutlich daran, dass unter insgesamt wärmeren Bedingungen das Eis in der Arktis immer dünner wird und die Meeresalgen mehr Jodverbindungen bereitstellen, sagt der Physiker Armin Hansel von der Universität Innsbruck. In der Luft reagieren die Jodverbindungen mit dem Sauerstoff und werden zu Jodsäure. So entstehen kleinste Partikel.

Partikel bilden Keime für Wolkenbildung
In der sonst sehr reinen Polarluft bilden diese Partikel die Keime, an denen Wasser kondensieren kann und sich Wolken bilden. Weil diese niedrigen Wolken die Abstrahlung von Wärme in den Weltraum blockieren, begünstigen sie die Erwärmung in den Polargebieten und damit die Abschmelzung des Eises. Maßgeblich beteiligt an der Erkenntnis ist der Physiker Armin Hansel von der Universität Innsbruck, der zusammen mit dem Uni-Ableger Ionicon Analytik spezielle Messverfahren für die Forschungsarbeit entwickelt hat.

Im Rahmen des wissenschaftlichen Großprojekts CLOUD am Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN in Genf (Schweiz) kann in einem 26 Kubikmeter großen Edelstahltank die Bildung von Aerosolpartikel und Wolken unter extrem präzisen kontrollierbaren Bedingungen untersucht werden. Teil des internationalen Teams sind Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck und Paul Winkler von der Universität Wien.
05.02.2021, red, tirol.ORF.at/Agenturen

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#14
Europa muss mit Meeresanstieg von einem Meter rechnen
Durch das Schmelzen der antarktischen Eismassen verschieben sich Wassermassen in Richtung nördliche Hemisphäre

Als "besorgniserregend" werten Wissenschafter die Zukunft der am Atlantik liegenden europäischen Länder.
Foto: imago images/Cavan Images

Wissenschafter prophezeien den am Atlantik liegenden europäischen Länder eine "besorgniserregende "Zukunft: Bis zum Ende des Jahrhunderts wird der Meeresspiegel an diesen Küsten um mindestens einen Meter höher liegen als heute, warnt eine am Dienstag veröffentlichte Untersuchung. Bei der von der Dachorganisation der europäischen Wissenschafts-Akademien EASAC herausgegebenen Studie haben Forscher zwei Jahre lang den Zustand des Nordatlantiks und die Folgen der dort festgestellten Veränderungen bewertet.

Beschleunigter Anstieg
Die direkten Auswirkungen des globalen Klimawandels zeigen sich der Studie zufolge im Anstieg der Oberflächentemperatur des Atlantiks seit den 1890er-Jahren um fast ein Grad Celsius, im Anstieg des Meeresspiegels im 20. Jahrhundert um elf bis 16 Zentimeter und im Sinken des pH-Werts des Meerwassers seit Beginn der industriellen Revolution um etwa 0,1 pH-Einheiten. Die neuesten Erkenntnisse über die abschmelzenden Gletscher und Eisschilde in Grönland und der Antarktis würden zeigen, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt.

"Die europäischen Länder wären gut beraten, sich auf einen Anstieg von einem Meter oder mehr bis 2100 einzustellen", erklärte Michael Norton, Umweltdirektor der EASAC, der auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angehört. Dieses Plus ist nicht nur auf eine Kombination aus thermischer Ausdehnung der Ozeane und dem zusätzlichen Wasser aus dem Abschmelzen der Eismassen zurückzuführen.

Wasserverschiebung in den Norden
Großen Einfluss werde speziell der Verlust der antarktischen Eismasse haben, deren Anziehungskraft auf die Ozeane sich dadurch verändert. "Wenn die Antarktis schmilzt, verschieben sich Wassermassen in Richtung nördliche Hemisphäre und der Meeresspiegel steigt um Europa herum noch schneller", so Norton.

Ein entscheidender Faktor für das Klima Europas ist die atlantische Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC), ein Teil der globalen Meereszirkulationsströme, die durch Unterschiede in Temperatur und Salzkonzentration verursacht werden. Die AMOC transportiert große Wärmemengen aus den Subtropen in die Arktis und als sie vor 12.000 Jahren zusammenbrach, führte das zu einer massiven Abkühlung in Europa.

Modelle würden darauf hindeuten, dass sich die AMOC mit der Klimaerwärmung abschwächt. Doch laut EASAC-Studie zeigen neueste Messungen, dass die periodischen Schwankungen noch keine eindeutigen Trends erkennen lassen. Weil diese Zirkulation aber so wichtig ist und Änderungen nicht nur für Europa, sondern auch für das Klima Tausende von Kilometern weiter entfernt dramatische Folgen haben und Hunderte Millionen Menschen betreffen könnten, fordern die Wissenschafter ein Frühwarnsystem.

Versauerte Meere
Der steigende Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre führt auch dazu, dass die Ozeane weltweit versauern – ein Trend, der sich durch Veränderungen in der Wasserzirkulation noch verschärfen könnte. Für die Bewertung der mit der Versauerung verbundenen Risiken für marine Ökosysteme und die kommerzielle Fischerei fehlen Informationen, heißt es in der Studie, die auch darauf hinweist, dass die Erwärmung der Meere bereits die Erträge der Fischerei vermindert. Um zu einer nachhaltigen Fischerei zu kommen, müsse viel besser verstanden werden, wie marine Ökosysteme auf den Klimawandel reagieren.

Die Änderungen der Meeresströmungen und des damit verbundenen Wetters könnten auch die Versorgung mit erneuerbarer Energie beeinflussen. So verweist die Studie auf Untersuchungen in der Nordsee, wonach Veränderungen in den künftigen Windmustern zu einem Rückgang der in Offshore-Windparks erzeugten Energie um drei Prozent führen könnte.

Nur eine wirksame Abhilfe
"Wir haben den Planeten bereits so erwärmt, dass das Eis schmilzt – aber wie schnell das passiert, ist entscheidend für unsere Zukunft", erklärte der Vorsitzende der EASAC-Expertengruppe, Tor Eldevik, von der Universität Bergen (Norwegen). "Zukünftige Veränderungen der Ozeane hängen von Erfolg oder Misserfolg beim Stopp der Erderwärmung ab." Nach Ansicht der Wissenschafter gibt es nur eine mögliche Abhilfe: Die Emissionen müssten gesenkt und die Kohlenstoffaufnahme durch Wälder und andere Kohlenstoffsenken erhöht werden.
(red, APA, 9.6.2021)

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#15
DRAMATISCHE RISSE
Gletscher in der Antarktis könnte in kommenden Jahren abbrechen
Die Erderwärmung sorgt dafür, dass der riesige Thwaites-Gletscher voraussichtlich stärker als bisher zum weltweiten Anstieg des Meeresspiegels beiträgt

Wenn der Thwaites-Gletscher in der Antarktis abschmilzt, hat das fatale Folgen – er steht daher unter wissenschaftlicher Beobachtung.
Foto: Nasa/Reuters

Seine Fläche ist mehr als doppelt so groß wie die Österreichs: Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis hat nicht nur enorme Ausmaße, sondern auch drastische Auswirkungen für den gesamten Planeten. Das verdeutlicht schon der Spitzname "Doomsday Glacier", also quasi "der Gletscher des Jüngsten Gerichts": Wenn das gesamte Eis in seinem Einzugsgebiet schmilzt, würde das den Meeresspiegel um 65 Zentimeter erhöhen.

Mit diesem Weltuntergangsszenario rechnen Fachleute in den kommenden Jahrhunderten, es betrifft im besten Fall also erst künftige Menschen-Generationen. Nun sorgten Risse bei einem Teil des Gletschers dennoch für Aufruhr bei der Glaziologin Erin Pettit von der Oregon State University und ihrem britisch-amerikanischen Forschungsteam. Dieser Teil schwimmt bereits auf dem Meer, ist allerdings noch mit dem Gletscher verbunden – es handelt sich also um sogenanntes Schelfeis. Schon in etwa fünf Jahren könnte diese Platte allerdings absplittern und stärker als erwartet zum steigenden Meeresspiegel beitragen.

Risse wie bei Windschutzscheibe
Bei einer Tagung der American Geophysical Union berichtete das Team von den jüngsten Analysen des Gletschers, der aufgrund seiner massiven möglichen Auswirkungen permanent beobachtet wird. Das vom Gletscher abgeschmolzene Wasser ist bereits für vier Prozent des globalen Meeresspiegelanstiegs verantwortlich. Doch wenn jenes Schelfeis, das aktuell Risse bekommt, wegbricht, hat das weitreichende Folgen.

Forscherin Pettit vergleicht die Lage mit einer Windschutzscheibe am Auto, die von Steinschlag betroffen ist und deren kleine Risse sich langsam immer weiter mehren: "Man denkt sich: Ich sollte eine neue Windschutzscheibe kaufen. Und eines Tages entstehen mit einem lauten Krachen plötzlich eine Million neue Risse." Veröffentlichte und noch unveröffentlichte Studien weisen darauf hin, dass sich die Menge geschmolzenen Eises, das vom Thwaites-Gletscher stammt, in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt hat.

Schnellere Schmelze
Grund für die Risse und für die dramatischen Entwicklungen ist vor allem warmes Ozeanwasser, das den Gletscher von unten aufschmilzt und einen beschleunigenden Effekt hat. Große Teile des Gletschers, die jetzt noch verhältnismäßig geschützt sind, würden wesentlich schneller schmelzen – ihre Schmelzgeschwindigkeit könnte sich im schlimmsten Fall verdreifachen. Dadurch würde der Gletscher in naher Zukunft nicht mehr für vier, sondern fünf Prozent des Meeresanstiegs sorgen. Was nach wenig klingt, dürfte vor allem die Lage auf Inseln und in Gegenden verschärfen, die jetzt schon mit dem steten Rückgang des Landes zu kämpfen haben.

Erst kürzlich berichtete eine weitere Studie im Fachmagazin "Nature", wie der westantarktische Eisschild vor fünf bis 23 Millionen Jahren auf Klimaerwärmungen reagierte. Er war in den kälteren Perioden offenbar größer als bisher angenommen, dehnte sich also stark aus und zog sich in wärmeren Phasen stark zurück. Auch heute gilt er als sehr anfällig für Erwärmungen der Luft und des Wassers.

Die Analyse hilft Fachleuten, auch die künftigen Veränderungen besser vorauszusagen. "Die gute Nachricht ist, dass die großen Eisschilde relativ träge auf Umweltveränderungen reagieren, sodass wir in vielen Gebieten immer noch in der Lage sein könnten, größere Eisverluste zu vermeiden", sagt die Studienautorin Tina van de Flierdt vom Imperial College London.

"Die schlechte Nachricht ist, dass es in den niedrig gelegenen Gebieten der Eisschilde einen Kipppunkt gibt, und wir wissen noch nicht genau, wo dieser Punkt liegt, an dem es kein Zurück mehr gibt." Dann ließe sich eine radikale Entwicklung nicht mehr stoppen, und der Meeresspiegel würde sich stark erhöhen. (red, 17.12.2021)

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#16
LAND UNTER
Steigender Meeresspiegel setzt Küsten zu
Eine neue Studie zeigt, in welchem Ausmaß küstennahe Ökosysteme belastet werden. Das Risiko für Schäden durch Naturkatastrophen steigt, die Fischerei wird belastet – und freilich die Biodiversität

Der Inselstaat der Salomonen ist stark vom steigenden Pegel betroffen.
Simon Albert

Fast überall auf der Erde steigt der Meeresspiegel. Wenn die CO2-Emissionen weiterhin hoch bleiben und sich der Globus um durchschnittlich drei bis vier Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erhitzt, dürfte der Pegel bis zum Jahr 2100 um etwa 70 Zentimeter höher liegen. Das prognostiziert der Weltklimarat (IPCC) in seinem aktuellen Bericht. Die US-Weltraumagentur Nasa zeigt basierend auf diesen Daten in ihrem Sea Level Projection Tool auf einer Weltkarte, welche regionalen Unterschiede sich ergeben, wie DER STANDARD hier an einigen Beispielen zeigte: Während der Grundpegel in Venedig demnach um 68 Zentimeter höher liegen würde, würde er in der US-amerikanischen Stadt New Orleans teils sogar um etwa 1,40 Meter steigen.


Die Grafik, der die Visualisierung von Climate Central zugrunde liegt, zeigt die Region um New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana. Die rot markierten Bereiche lägen beim im Text beschriebenen Szenario für 2100 unter Wasser. Schutzeinrichtungen wie Deiche und Mauern wurden miteinberechnet.
Fatih Aydogdu, NASA IPCC AR6 Sea Level Projection Tool, MapTiler, OpenStreetMap contributors, Climate Central, Google Earth / Landsat / Copernicus Data SIO / NOAA / U.S. Navy / NGA / GEBCO

Nicht an jedem betroffenen Ort kann man Schutzwälle bauen oder Küstenschutzsysteme wie das venezianische Mose einrichten, das aufgrund schwerer Unwetter auch aktuell eingesetzt wird. Außerdem wirken sich solche Maßnahmen oft negativ auf die Ökosysteme aus und können sogar für mehr Probleme bei Naturkatastrophen sorgen, als sie eigentlich abhalten sollten – etwa wenn Mangrovenbäume zugunsten von Mauern gefällt werden.

Wie viele Gebiete anfällig sind, ist nicht so leicht zu sagen. Neue Daten liefert eine umfassende Analyse eines Forschungsteams um Umweltwissenschafter Neil Saintilan, der an der Macquarie University im australischen Sydney und an der Universität Hamburg forscht. Darin wurde untersucht, wie stark rund 900 Korallenriffinseln, 500 Gezeitensümpfe und 200 Mangroven-Ökosysteme auf der ganzen Welt gefährdet sind. Wie die Arbeit im Fachjournal "Nature" deutlich macht, könnten Küstenökosysteme bereits bei einer globalen Erhitzung um 1,5 Grad untergehen.


Schon in den kommenden Jahren könnte die 1,5-Grad-Schwelle in einzelnen heißen Jahren im Jahresdurchschnitt übertroffen werden.
Simon Albert

Wenn Strand verschwindet
Das kann auch Millionen Menschen zum Verhängnis werden, die auf die Intaktheit dieser Gebiete angewiesen sind. Von Mangrovenwäldern über Korallenriffe bis hin zu Seegraswiesen gibt es unterschiedliche Ökosysteme, die etwa dazu beitragen, das Land bei Hochwasser zu schützen und Kohlenstoff zu binden. Dass der Pegel an natürlichen Riffen und Küsten in hohem Tempo steigt, führt zu größeren Problemen, als vielen Menschen bewusst ist. Darunter kann beispielsweise die Stabilität leiden: "Mangroven und Gezeitensümpfe fungieren als Puffer zwischen dem Meer und dem Land", sagt Saintilan, "sie absorbieren die Auswirkungen des Wellenschlags, verhindern Erosion und sind für die Artenvielfalt der Fischerei und der Küstenpflanzen von entscheidender Bedeutung."


Von vielen Inseln wird in Zukunft kaum mehr etwas übrig sein.
Simon Albert

Die Zahlen, die die Studie liefert, sind beachtlich. Das zeigt sich etwa bei den Prognosen für kartierte Gezeitensümpfe. Bei diesem Schwemmland, das auch als Marsch bezeichnet wird, handelt es sich um bestimmte Gebiete an Küsten und Flüssen, die bei den Schwankungen zwischen Ebbe und Flut zeitweise überschwemmt werden. In der Studie zeigte sich: Bei einer Erwärmung um zwei Grad würde sich die Fläche an Gezeitensümpfen, bei denen der Meeresspiegel pro Jahr um vier Millimeter steigt, bis zum Zeitraum 2080–2100 verdoppeln.


Auch an der US-amerikanischen Atlantikküste wird Marschland in größerem Ausmaß überschwemmt.
Tor Tornqvist

Bei einer globalen Erwärmung von mehr als 1,5 bis 2 Grad Celsius würden Korallenriffinseln "verschwinden, wenn die Wellen die sie schützenden Korallenriffe überspülen", sagte Studienautor Simon Albert von der University of Queensland. Noch drastischer wäre die Entwicklung bei drei Grad mehr als im vorindustriellen Zeitalter. Dann wären dem Modell zufolge nahezu alle Mangrovenwälder und Korallenriffinseln einem jährlichen Pegelanstieg um mehr als sieben Millimeter ausgesetzt. Auch auf 40 Prozent der kartierten Gezeitensümpfe würde das zutreffen. Bei einem so schnellen Anstieg "wird es wahrscheinlich, dass Riffinseln durch verstärkte Küstenerosion und Wellenüberlauf destabilisiert werden", heißt es in der Studie. Außerdem werden Mangroven und Marschland dann mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft überflutet.

Warum der Meeresspiegel steigt
Unterschiedliche Faktoren tragen dazu bei, dass der Wasserpegel mit fortschreitender globaler Erhitzung steigt. Dazu gehört die Tatsache, dass sich das Wasser der Ozeane mit steigenden Temperaturen ausdehnt. Die Meere haben mehr als 90 Prozent der Wärmeenergie aufgenommen, die durch die Klimaerwärmung freigeworden ist. Zudem schmelzen Gletscher ab, beispielsweise in Grönland, und bringen mehr Flüssigkeit in das Wassersystem.


Die Erosion von Stränden und Feuchtgebieten schreitet voran.
Neil Saintilan

Auch historische Eisverluste spielten in der Studie eine Rolle: Sie beschreibt auch, wie sich die Küstenlebensräume nach dem Ende der letzten Kaltzeit zurückgezogen und angepasst haben. Vor etwa 17.000 Jahren lag der Meeresspiegel um 120 Meter niedriger als heute. Durch das Abschmelzen immenser Eismassen stieg der Pegel im Durchschnitt um einen Meter pro Jahrhundert, was für die Ökosysteme an den Küsten verheerende Folgen hatte. Sie brauchten Tausende von Jahren, um sich zu erholen.

Während in anderen Aspekten, die der Klimawandel verändert, in einem gewissen Rahmen Anpassungen möglich und wichtig sind, ist dies hier schwieriger. Das Studienteam betont: Das wirksamste Mittel, um die Störung dieser wichtigen Ökosysteme zu minimieren, ist das Einhalten des Pariser Klimaabkommens. Bis zur Mitte des Jahrhunderts müssten die Emissionen auf null gesenkt werden.
(sic, 31.8.2023)

Studie
Nature:
"Widespread retreat of coastal habitat is likely at warming levels above 1.5 °C"

Steigender Meeresspiegel setzt Küsten zu
 
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