Arbeitserziehungslager Frauenberg bei Admont

josef

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#1
Bericht im ORF-Steiermark:
ADMONT 30.06.2011
Arbeitslager Frauenberg war als KZ angedacht
Eines der vielen vergessenen Lager aus der Zeit der NS-Herrschaft befindet sich in Aigen bei Admont (Bezirk Liezen). Das Arbeitserziehungslager Frauenberg wurde 1940 sogar auf seine Tauglichkeit als größtes KZ der Nazis überprüft.

Nach Wallfahrtskirche benannt
Es war eines der ersten Arbeitserziehungslager im sogenannten Dritten Reich, das AEL Frauenberg. Angesiedelt in Aigen bei Admont wurde es nach der benachbarten Wallfahrtskirche benannt.

Insassen waren "Asoziale"
In den Holzbarracken war Platz für bis zu 300 inhaftierte Männer. Sie wurden unter SA-Bewachung gezwungen, am Ausbau der Verbindungsstraße von Admont nach Selzthal zu arbeiten. Im Jargon der NS-Zeit waren die Insassen des Lagers "Asoziale". In einem Gendarmerieprotokoll aus dem Jahr 1939 steht, dass in das Lager Trinker, Arbeitsscheue und solche Männer eingewiesen werden, die sich ihrer Unterhaltspflicht entziehen. Doch die heute 78 Jahre alte Josefa Prentner, die als Kind neben dem Lager wohnte, erinnert sich anders: "Es waren Hitler-Gegner, die gegen Hitler rebelliert haben."

Himmler ließ Frauenberg überprüfen
1940 geriet das Arbeitserziehungslager Frauenberg ins Visier der allerschlimmsten Nazi-Größen. SS-Führer Heinrich Himmler ordnete bei der Standortsuche für ein großes KZ die Überprüfung von einigen wenigen Lagern im gesamten deutschen Reich an, darunter auch Frauenberg bei Admont. Ausgewählt wurde letztlich Auschwitz.

AEL bestand bis 1943
Warum das Lager Frauenberg als KZ-Standort erst angedacht und dann von der SS wieder ausgeschlossen wurde, ist historisch ungeklärt. Das AEL Frauenberg bestand bis 1943. Anrainer Ernst Leimer erinnert sich: "Die sind zusammengezogen worden und mussten hier arbeiten. Mitte des Krieges hat sich das aufgelöst."

Bürgermeister will Hintergrund dokumentieren
Heute weist so gut wie nichts mehr auf das Lager hin, auf dem Gelände stehen Einfamilienhäuser. Der Bürgermeister Günther Posch zeigt Bereitschaft, sich der Vergangenheit zu stellen: "Ich würde es korrekt finden, ohne das zu bewerten, dass man es für die Geschichte eines Ortes aufarbeitet und in irgendeiner Form dokumentiert."
Quelle: http://steiermark.orf.at/stories/524037/

...und noch mehr im ORF-Panorama:
Journal-Panorama
Donnerstag
30. Juni 2011, 18:25

Versteckt, verdrängt, vergessen: Im obersteirischen Ennstal nahe Admont existierte eines der ersten NS-Arbeitserziehungslager für sogenannte Asoziale und Zwangsarbeiter. Heute erinnert fast nichts mehr an das Lager Frauenberg.

1939 wurde in Aigen bei Admont in der Obersteiermark das NS-Arbeitserziehungslager Frauenberg, benannt nach einer nahen Wallfahrtskirche, eingerichtet. In Holzbaracken fanden bis zu 300 inhaftierte Männer Platz. Sie wurden unter SA-Bewachung gezwungen, am Ausbau der Verbindungsstraße von Admont nach Selzthal zu arbeiten. Im Jargon der NS-Zeit waren die Insassen dieses Lagers "Asoziale".

In der Chronik des Gendarmeriepostens Admont ist unter dem Datum 14. August 1939 folgender Eintrag nachzulesen:

Zitat: Vom Reichsgau Stmk. wurde in der Haltestelle Frauenberg ein Arbeitserziehungslager für asoziale Elemente errichtet. Eingewiesen werden Trinker, Arbeitsscheue und solche Männer, die sich ihrer Unterhaltspflicht entziehen. Sie werden beim Strassenbau zur Verlängerung der Gesäusestrasse Admont-Selzthal beschäftigt. Je nach Arbeitsleistung werden sie entlohnt, bekommen pro Woche aber nur 3 RM Taschengeld, der Rest kommt der Familie zu.

Hat er keine Versorgungspflicht, so wird das Geld vom zuständigen Bezirksfürsorgeverband in einer Sparkasse auf den Namen des Eigentümers eingelegt.

Die Bewachung wird von einer ca. 15 Mann starken SA-Wache besorgt. Das Lager ist schön und praktisch ausgebaut. Der Betrieb in demselben geht auf militärische Art vor sich.


Arbeitserziehungslager waren ein Teil des NS-Gewaltregimes.
"Neben der Schutzhaft und der Vorbeugehaft kann die Arbeitserziehungshaft als ein drittes Element der nationalsozialistischen Repressionspolitik betrachtet werden", heisst es auf einer Informationsseite des Deutschen Bundesarchivs. "Als rein polizeiliche Maßnahme bedurfte die Inhaftierung im AEL keiner gerichtlichen Verurteilung - welche Personen aus welchen Gründen verhaftet und bestraft wurden, war der Willkür der zuständigen Dienststellen überlassen".

Wie die konkreten Lebensbedingungen für die Inhaftierten im Lager Frauenberg waren, lässt sich heute kaum mehr feststellen. Es gibt keine historisch-wissenschaftliche Aufarbeitung oder Dokumentation; nur ungeordnet finden sich in manchen Archiven Hinweise, etwa Meldeauskünfte des damaligen Gemeindeamtes Aigen:

Zitat: In Beantwortung beigeschlossener Zuschrift kann ich nur berichten, dass Ochsenhofer Engelbert am 30.4. 42 in das hiesige Arbeitslager für Asoziale eingewiesen wurde und am 20.7. 1942 sich nach Kindberg abmeldete. Ochsenhofer hatte hier nicht seinen ständigen Aufenthalt, sondern musste denselben unfreiwillig nehmen.
Der Bürgermeister


Daneben kann man noch einige wenige lebende Zeitzeugen befragen, die sich erinnern, wie die Inhaftierten im Strassenbau eingesetzt waren.

Anfang 1940 geriet das Arbeitserziehungslager Frauenberg ins Visier der allerschlimmsten Nazi-Größen. SS-Führer Heinrich Himmler ordnete bei der Standortsuche für ein großes KZ die Überprüfung von einigen wenigen Lagern im gesamten Deutschen Reich an.

In Danuta Czechs Werk "Auschwitz-faschistisches Vernichtungslage" wird die Entstehungsgeschichte dokumentiert:

Zitat: Um zu einem endgültigen Entschluss zu kommen, an welchem Ort das geplante Lager errichtet werden sollte, hat der Reichsführer SS Himmler am 1. Februar 1940 eine Inspektion der folgenden Objekte angeordnet: des Polizeigefängnisses in Welzheim, des Durchgangslagers Kislau (beide im Bereich des Höheren SS-und Polizeiführers Südwest); des Lagers in Frauenberg bei Admont (im Bereich des Höheren SS-und Polizeiführers Alpenland), des Lagers in Sosnowitz Ost, Oberschlesien und des Lagers in Auschwitz, Oberschlesien.
Ausgewählt wurde letztlich Auschwitz.


Warum das Lager Frauenberg als KZ-Standort erst angedacht und dann von der SS wieder ausgeschlossen wurde, ist historisch ungeklärt. Wahrscheinlich erschien es aus topographischen Gründen ungeeignet; außerdem weisen Historiker darauf hin, dass die großen Vernichtungslager nicht innerhalb des sogenannten Altreichs errichtet wurden – man wollte die einheimische Bevölkerung "schonen". Faktum ist, dass das zitierte Auswahlverfahren auch im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess bei der Befragung eines Angeklagten erwähnt wurde.

Heute erinnert so gut wie nichts mehr an das AEL Frauenberg, das ab 1943 eine neue Funktion erhielt: es diente dann der sogenannten Wehrertüchtigung junger Männer. Nach dem Krieg waren noch kurze Zeit Flüchtlinge dort untergebracht, bald aber wurden die Baracken abgerissen. Heute stehen auf dem ehemaligen Lagergelände Einfamilienhäuser.

Dass kaum etwas über dieses obersteirische Lager bekannt ist, ist laut Historikern kein Einzelphänomen. In ganz Österreich habe es viele KZ-Außenlager und Zwangsarbeiterlager gegeben, deren Existenz nach dem Krieg rasch verschwiegen und verdrängt wurde. Allerdings habe sich das gerade in den vergangenen paar Jahren langsam geändert: bei vielen der kleineren Lager seien - spät aber doch - Gedenktafeln oder Mahnmale angebracht. Die Enkel- und Urenkelgeneration, Einheimische aus den kleinen Dörfern und Landgemeinden, hätten nun angefangen, nachzufragen und nachzuforschen.
Quelle: http://oe1.orf.at/programm/278060
 
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