Autokonzerne steigen in den nächsten Jahren aus der Entwicklung von Verbrennungsmotoren aus und investieren Milliarden in die Elektromobilität

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#21
E-MOBILITÄT
E-Autos laut Studie erst ab 65.000 Kilometer klimaschonender
Eine neue Erhebung zeigt den Vergleich mit herkömmlichen Antrieben. Ohne Ökostrom würde die Schwelle sogar auf 90.000 Kilometer steigen

Welche Mengen an Ressourcen aktuell noch für den Bau eines E-Autos benötigt werden, steht immer wieder zur Diskussion.
REUTERS/MIKE BLAKE

Die Nutzung eines Elektroautos ist laut einer Studie für Deutschland erst dann klimaschonender als die eines Verbrenners, wenn es 65.000 Kilometer hinter sich hat. Dazu kommt noch, dass das E-Auto mit Ökostrom geladen werden muss. Wird es hingegen mit dem deutschlandüblichen Energiemix geladen, also auch mit Kohlestrom, so steigt diese Schwelle den Angaben zufolge sogar auf mindestens 90.000 Kilometer, so eine Untersuchung der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik.

Treibhausgase
Ein Grund hierfür ist, dass beim Abbau von Rohstoffen, bei der Produktion der Batterien sowie der Lieferung aus Asien Treibhausgase anfallen. "E-Autos und Hybridfahrzeuge starten durch die ressourcenintensive Herstellung der Antriebstechnologie bei ihrer Ökobilanz mit einem ökologischen Rucksack, da die Batterieproduktion heutzutage fast ausschließlich noch in Asien stattfindet", sagte der Vorsitzende der VDI-Gesellschaft, Joachim Damasky. "In der Langzeitbetrachtung setzen sich bei der Ökobilanz dann E-Autos und hybridbetriebene Fahrzeuge dauerhaft durch."

VDI steht für Verein Deutscher Ingenieure. Die Studie wurde am Montag in Düsseldorf publiziert.

Damasky betonte, dass in der Elektromobilität das Recycling der Rohstoffe Lithium, Nickel und Kobalt besser werden müsse: "Hier muss noch einiges passieren in Deutschland." Um bei einer klimafreundlicheren Mobilität voranzukommen, müsse man beim Ausbau der Ökoenergien und beim Aufbau einer weniger klimaschädlichen Batterieproduktion vorankommen. Erst die grüne Produktion der Batterie und ihrer Vormaterialien reduziere den ökologischen Fußabdruck "und macht die E-Mobilität wirklich klimafreundlich".

Laut dem Batteriediagnostik-Experten Nikolaus Mayerhofer hält ein E-Auto-Akku im Schnitt über 300.000 Kilometer, ehe er defekt wird oder 70 Prozent Kapazität unterschreitet. Allerdings, so erläutert er gegenüber Watson, gibt es teilweise starke Ausreißer in beide Richtungen und hängt auch stark von Nutzung und Ladegewohnheiten ab.
(APA, red, 11.12.2023)
E-Autos laut Studie erst ab 65.000 Kilometer klimaschonender
 

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#22
E-MOBILITÄT
Bosch-Chef über E-Autos: "Müssen weiter Verbrenner-Technologie anbieten"
Man könne den Wechsel auf E-Mobilität nicht erzwingen, sagt Stefan Hartung. Es werde 30 bis 35 Jahre dauern, um weltweit alle Fahrzeuge zu elekrifizieren


In der EU dürfen ab 2035 nur noch Fahrzeuge auf den Markt gebracht werden, die kein CO2 mehr ausstoßen.
IMAGO/Joaquim Ferreira

Der Zulieferer Bosch sieht Unternehmen trotz der Elektroauto-Offensive in der Pflicht, Verbrenner-Motoren anzubieten. "Wir müssen weiterhin Verbrenner-Technologie in Deutschland bereitstellen, sonst wird die Welt damit nicht zurechtkommen", sagte Bosch-Chef Stefan Hartung dem Portal "The Pioneer" laut Vorab-Meldung vom Sonntag. Man könne Kunden außerhalb Europas nicht zwingen, Verbrenner nicht einzusetzen, auch weil es zum Teil keine alternativen Lösungen gebe, erklärte er mit Blick auf ein mögliches Aus dieser Technologie in der Europäischen Union.

Verbrenner würden zudem noch über viele Jahrzehnte auf den Straßen unterwegs sein, sagte der Chef des Auto-Zulieferers. Man werde mindestens 30 bis 35 Jahre benötigen, um weltweit alle Fahrzeuge zu elektrifizieren. Rund um den Globus gebe es geschätzte 1,4 Milliarden Autos. Wenn man die jährliche Fertigungskapazität der weltweiten Autoindustrie von rund 90 Millionen Fahrzeugen zugrunde lege und ab sofort nur noch E-Autos bauen würde, würde es mindestens 16 Jahre dauern, um die gesamte Fahrzeugflotte auszutauschen. In der Realität würden aber auch weiter Verbrenner-Fahrzeuge produziert, die im Laufe der Zeit wieder ersetzt werden müssten. Daher sei es plausibel, von mindestens der doppelten Anzahl an Jahren auszugehen.

In der EU dürfen ab 2035 nur noch Fahrzeuge auf den Markt gebracht werden, die kein CO2 mehr ausstoßen. Die Vorgabe soll 2026 überprüft werden. Zuletzt war der Elektroauto-Absatz in Deutschland und anderen Ländern ins Stocken geraten.
(Reuters, 3.3.2024)

Bosch-Chef über E-Autos: "Müssen weiter Verbrenner-Technologie anbieten"
 

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#23
Internationales E-Auto-Prüfzentrum in Wien
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Wien spielt in Sachen E-Mobilität eine bedeutende Rolle. Der TÜV betreibt in Liesing Europas umfangreichstes Prüfzentrum für E-Autos.
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Im Testzentrum in Liesing werden Elektroautos oft monatelang auf Herz und Nieren getestet. Vom Fahrwerk und Display bis hin zu den Reifen. Es sind nicht irgendwelche Teile, sondern Teile, die erst in ein bis zwei Jahren auf den Markt kommen, erzählt der Leiter des Testzentrums Jochen Bognar. „Die Möglichkeiten der Prüfungen reichen von mechanischen Prüfungen – da geht es um Materialcharakterisierungen –, über Prüfungen unter Umweltbedingungen, bis hin zu Prüfungen im Bereich der elektromagnetischen Sicherheit.“

Geheimhaltung bei Tests
Seit der Gründung vor 150 Jahren prüft der TÜV Austria alle möglichen Gegenstände darauf, ob sie den Vorschriften entsprechen. Die Elektrofahrzeuge sind eine Nische, die immer mehr wächst. E-Autohersteller aus ganz Europa, aber auch Asien und Amerika machen mittlerweile in Liesing Zwischenstopp. Die Untersuchungen sind streng geheim, erklärte Bognar. „Die Bereiche werden abgesperrt. Es dürfen nur Mitarbeiter die Bereiche betreten, die auch hier die Prüfungen durchführen.“

ORF
Im TÜV-Prüfzentrum werden Teile getestet, die erst in Jahren auf den Markt kommen

Rund zwei Jahre dauert es, bis ein E-Auto zugelassen ist. Die Techniker hier sind oft von der ersten Skizze an eingebunden. Unter anderem wird auch geprüft, ob das Auto den Strahlen von Mobilfunkmasten standhält, sagt TÜV-Experte Wilhelm Seier. „Einflüsse von außen können die Steuersignale beeinträchtigen. Es könnte zu Fehlfunktionen im Fahrzeug kommen, etwa, dass eine entsprechende Warnleuchte anzeigt, obwohl es den Fehler dazu gar nicht gibt.“

Autos werden größer
Auch wenn vieles hier geheim bleiben muss, was man über die Autos der Zukunft schon verraten darf: „Die Zukunft bringt größere Fahrzeuge, größere Innenräume, große Reichweite und ein Trend, den wir ganz stark sehen, ist das Thema der Interaktion zwischen Fahrer und Maschine. Das heißt, im Entertainmentbereich in den Displays zieht Künstliche Intelligenz ein, das Fahrzeug tritt immer mehr in Dialog mit dem Fahrer“, sagte TÜV-Geschäftsleiter Christian Kubik. Zu den bestehenden Prüfanlagen kommt heuer noch eine weitere hinzu. Rund zwei Millionen Euro investiert das Unternehmen, um künftig E-Autos unter Hitze- und Kältebedingungen zu testen.
14.03.2024, red, wien.ORF.at

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#24
E-MOBILITÄT
E-Autos im Praxistest: Bis zu 30 Prozent weniger Reichweite im Winter
In einem ausführlichen Test wurden 23 E-Autos im norwegischen Winter getestet. Keines von ihnen konnte die Angaben der Hersteller erfüllen
Zweimal pro Jahr führt der norwegische Automobilclub NAF ("Norges Automobil Forbund") einen ausgiebigen Reichweiten- und Ladetest für E-Autos durch. Diesmal wurden 23 Elektroautos, die in Österreich teilweise noch nicht erhältlich sind, in der Praxis erprobt – und zwar bei Temperaturen zwischen minus fünf und minus zehn Grad. Bedingungen also, wie sie auch hierzulande im Winter vorkommen können.

"Wir haben uns angesehen, ob und in welchem Umfang die tatsächliche Reichweite von den Herstellerangaben abweicht. Gefahren wurde, bis der Akku komplett leer war", sagt Florian Merker, der für den heimischen Automobilclub ÖAMTC beim aktuellen Wintertest vor Ort war. Dabei wurden vor allem Erkenntnisse zu den Einbußen der Reichweite im Winter gemacht.

Starke Abweichungen
Konkret wurden die eigenen Messergebnisse in Relation zum WLTP gesetzt. WLTP steht für "Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure". Die im Rahmen dieses Verfahrens auf dem Rollenprüfstand ermittelten Verbrauchs- und Emissionswerte werden häufig in Verkaufsunterlagen der Hersteller kommuniziert.

Während die Abweichungen der NAF-Messergebnisse zu jenen des WLTP bei gemäßigten Sommertemperaturen vernachlässigbar sind und die Reichweiten teils sogar über den Herstellerangaben liegen, muss man im Winter im Extremfall mit 30 Prozent weniger Reichweite rechnen, heißt es seitens des ÖAMTC.

Dabei kann das Verhalten einzelner Fahrzeuge höchst unterschiedlich sein. Merker nennt zwei Beispiele: Der XPeng G9 hat laut WLTP eine Reichweite von 520 Kilometern. Im sommerlichen Praxistest schaffte er fast 590 Kilometer, im Winter nur 452 Kilometer – was bedeutet, dass der WLTP in diesem Fall den Mittelwert sehr gut trifft, wiewohl der Reichweitenverlust im Winter im Vergleich zum Sommer mit rund 140 Kilometern anfällt. Anders beim Toyota bz4X AWD: "Dessen Reichweite lag im Sommer um drei Prozent, im Winter um knapp 32 Prozent unter dem WLTP-Wert von 460 Kilometern", wie der Experte ausführt.


Die Ergebnisse im Detail.
ÖAMTC

Bei den meisten Testkandidaten weicht die winterliche Reichweite zwischen zwölf und 30 Prozent vom WLTP ab. "Auch wenn allgemein bekannt ist, dass Extremtemperaturen großen Einfluss auf den Stromverbrauch haben, sollten sowohl Hersteller als auch der Handel unmissverständlich auf diesen Umstand hinweisen", befindet Merker.

Chinesischer Reichweitensieger
Einen Lichtblick im Reichweitentest stellt hingegen ein chinesisches Luxusmodell dar: Der hierzulande weitgehend unbekannte HiPhi Z kam im norwegischen Winter auf 522 Kilometer Reichweite. "Damit lag er nur knapp sechs Prozent unter der WLTP-Reichweite von 555 Kilometern und ist eindeutiger Testsieger – sowohl absolut als auch hinsichtlich der Abweichung zum WLTP konnte ihm kein anderer Kandidat das Wasser reichen", sagt Merker.


Der HiPhi Z beeindruckt im Test, ist in der Anschaffung aber alles andere als günstig.
via REUTERS

Mit einem Kaufpreis von rund 100.000 Euro dürfte der HiPhi Z das Budget der meisten Menschen überschreiten. Trotzdem zeigt der Test, was technisch möglich ist. Und nährt die Hoffnung, dass andere Hersteller hier nachziehen.

Kurze Ladedauer
Eine positive Nachricht gibt es in puncto Ladedauer. "Die Hälfte der Testkandidaten brauchte weniger als 30 Minuten für eine Ladung von zehn auf 80 Prozent", sagt Merker: "Dabei zeigte sich auch, dass größere Batterien nicht nur für die maximal mögliche Reichweite relevant sind, sondern auch schneller geladen werden."

Dementsprechend dürfte dieser Faktor bei einer Kaufentscheidung künftig mehr in den Hintergrund treten, während die Verfügbarkeit von Ladestationen und die Effizienz der Akkus immer wichtiger werden.
(red, 14.3.2024)
E-Autos im Praxistest: Bis zu 30 Prozent weniger Reichweite im Winter
 

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#25
Immer weniger Nachfrage nach E-Autos
Die Zahl der neu zugelassenen E-Autos geht weiter zurück. Verbrenner und Hybrid-Autos werden verstärkt nachgefragt. Steirische Autohändler machen unklare Signale der Politik verantwortlich.
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Dass die Zahl der gekauften Elektroautos auch im April zurückgeht, verwundere ihn nicht, so Klaus Edelsbrunner, Sprecher des österreichischen Autohandels – denn vor allem Firmen würden weniger E-Autos kaufen: „80 Prozent aller Elektroautos, die wir bisher geliefert haben, waren Firmenautos, weil es dafür bisher Förderungen gab.“ Dass die nun wegfallen sehe man an den Zahlen. Und auch die Fahrerinnen und Fahrer selbst seien abends lieber früher zuhause, statt irgendwo das Auto aufzuladen, so Edelsbrunner.

Aber auch die privaten E-Auto Käufer seien zurückhaltender: „Der Kunde ist momentan ein bisschen verunsichert, weil er nicht weiß, wie es jetzt mit der Elektromobilität weitergeht“, so der Sprecher des Autohandels. Die anstehenden Wahlen würden zusätzlich zu der Verunsicherung beitragen. Die Folge: Käuferinnen und Käufer setzen zunehmend auf das Bekannte statt auf das Neue. Die Zahl der neu zugelassenen Verbrenner ist um rund ein Viertel gestiegen.

Mehr Hybrid-Autos verkauft
Auch bei den Hybriden verzeichnet der steirische Handel ein Plus: „Kunden haben den Vorteil, dass sie etwas für die Umwelt tun können, indem sie heute im städtischen Bereich elektrisch fahren. Und trotzdem haben sie die Sicherheit des Verbrenners und können bei längeren Strecken jederzeit nachtanken“, sagt Edelsbrunner.

Der Hybrid sei auch für die Hersteller interessant, um die CO2-Grenze für ihre Produkte einhalten zu können. Sollten die Elektrofahrzeuge wegbrechen, bleiben die Hybridfahrzeuge, die einen geringeren CO2-Ausstoß haben. Abseits vom Antrieb waren im April VW, Skoda, BMW, Seat und Audi die gefragtesten Automarken.
14.05.2024, red, steiermark.ORF.at
Immer weniger Nachfrage nach E-Autos
 

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#26
Schwächeanfall
Werden E-Autos jetzt zu Ladenhütern?
Die Liebe zu den Stromern ist deutlich abgekühlt, in Deutschland sind E-Autos Ladenhüter. Es fehlt vor allem an günstigen Einstiegsmodellen
Der E-Auto-Markt schwächelt – vor allem in Deutschland. Ende vergangenen Jahres wurden die staatlichen Ankaufsförderungen gekappt. Dazu kam Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyens Kniefall vor der deutschen Autoindustrie im Herbst. Man wolle das für 2035 in der EU geplante Verbrennerverbot überprüfen. Ab da ging es deutlich bergab. Trotz besserer Infrastruktur, trotz neuer Modelle. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden im Elektrobereich 184.125 neue Fahrzeuge zugelassen, im Vorjahr fanden sich noch 220.244 Interessierte. Heuer im Juli sackten die Neuzulassungen um 37 Prozent ab. In Österreich ist der Absturz nicht ganz so dramatisch. Aber während im ersten Halbjahr insgesamt mehr Pkws neu auf die Straßen kamen, gab es bei E-Autos ein Minus von gut fünf Prozent. "Derzeit sind Elektroautos Ladenhüter", sagte Autoexperte Constantin Gall von der Unternehmensberatung EY zu Reuters.


In der EU ist die Zahl rein elektrisch betriebener Autos zumindest im Vorjahr deutlich gestiegen – auf 4,5 Millionen. Reine E-Autos (ohne Hybrid) machten damit aber insgesamt nur 1,7 Prozent aller Pkws auf den Straßen der EU aus.
IMAGO/Uwe Meinhold

Der Schwächeanfall trifft die Autoindustrie hart. Das 2022 eröffnete Tesla-Werk in Grünheide ist nur gut zur Hälfte ausgelastet, Audi erwägt einen Stopp der E-Auto-Produktion in Brüssel, VW kämpft in Zwickau mit der Flaute. In China, dem größten Automarkt der Welt, ist die Kauflust ebenfalls gedämpft. Das ist bei den Verbrennern zu spüren. Stromer gehen dort immer noch gut. Mit 23,4 Millionen (inklusive Hybridmodellen) ist mehr als die Hälfte des weltweiten Bestands in China unterwegs. Die USA sind mit 4,8 Millionen abgeschlagen auf Platz zwei. Das beflügelt die hochsubventionierte Branche – und verleiht ihr auch im Ausland Flügel. BYD, Saic und Co setzen mit niedrigen Produktionskosten der Konkurrenz kräftig zu. Auch wenn sie auf den Straßen noch vergleichsweise rar sind, in der Fachwelt und in der Politik schürt das die Sorge, dass Europas Autoindustrie in der Transformation abgehängt wird. Die EU versucht, mit Strafzöllen gegenzusteuern.


Pkw-Neuzulassungen in der EU

Riskante Zeiten für die Branche. Das US-Unternehmen Fisker, dessen Elektro-SUV Fisker Ocean in Graz vom Band gelaufen ist, sah sich als Tesla-Herausforderer. Doch zu finanziellen Problemen kam die schleppende Nachfrage. Die Produktion in Graz ist mittlerweile eingestellt. Das britische Start-up Ineos Automotive zog in Graz für den E-Geländewagen Fusilier ebenfalls den Stecker. Nicht nur in Graz hofft man nun, mit chinesischen Autobauern ins Geschäft zu kommen. Viele namhafte Zulieferer von Voestalpine über AVL List bis zu Miba oder Polytec rechnen sich auch Chancen bei BYD aus. Der chinesische E-Auto-Primus will in Ungarn Autos bauen. Schlecht stünden die Chancen für die österreichischen Zulieferer nicht, meint der deutsche Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer. Stahl, Sitze, Interiors und Fahrwerke werde BYD von Zuliefern in Europa beziehen.

Denkfehler
Wer zu den Gewinnern der Mobilitätswende zählen wird, ist noch offen. Geht es nach Michael Brandtner, stehen die Chancen besonders für BYD gut. Brandtner betrachtet die Sache durch die Brille des Markenstrategen. Die Europäer würden an dem gut funktionierenden Geschäftsmodell, das auf der Verbrennerwelt beruhe, festhalten. Und sie würden einem Denkfehler aufsitzen: Ein Auto wird zum E-Auto, wenn ich einen E-Motor einbaue bzw. wenn ich neu über Software denke. Die Konkurrenz aus China denke sehr viel stärker in E-Auto-Geschäftsmodellen. Noch gravierender aus Brandtners Sicht: Die Autobauer denken in Modellen und nicht in Marken. Tatsächlich steht kaum eine Marke – wohl auch dank ihres schrillen Chefs Elon Musk – so sehr für E-Autos wie Tesla. Dass Nissan mit seinem Leaf ebenfalls zu den E-Auto-Pionieren zählt, ist heute vergessen. Wer verbindet mit der britischen Traditionsmarke MG, die von der chinesischen Saic-Gruppe übernommen worden ist, heute in erster Linie E-Autos? Bei den Modellen verschiedener Anbieter herrsche ein Kommen und Gehen, ist der Fachmann überzeugt, eine Marke bleibe. Nicht einmal VW oder Stellantis, die die perfekte Struktur für ein Mehr-Marken-System hätten, "haben anscheinend das geringste Interesse, Elektroautomarken zu bauen". Den Einwand, Markenaufbau sei teuer, lässt Brandtner nicht gelten. "Viel teurer ist es, wenn ich einmal mit lauter alten Marken dastehe. Dann geht es unter Umständen an die Existenz."


Ein Auto ist für Konsumenten und Konsumentinnen eine große Anschaffung. Die falsche Entscheidung möchte da wohl niemand treffen
IMAGO/Rolf Poss

Die nächste E-Auto-Marke kommt aus seiner Sicht aus China – mit BYD. BYD positioniert sich geschickt als Tesla-Herausforderer. Entweder oder – Menschen hätten so etwas gern, sagt Brandtner. "Duelle machen Marken groß, davon profitieren beide", davon ist der Fachmann überzeugt. Dieses Spiel den Amerikanern und den Chinesen zu überlassen sei gefährlich.

Einstiegsmodelle gefragt
Interessant findet Brandner, dass noch kein chinesischer Anbieter am unteren Ende des Markts aufgetaucht sei. So wie einst die Japaner und Koreaner, die mit Preisbrechern nach Europa angerollt seien – jeweils mit Vollausstattung und Siebenjahresgarantie und anderem mehr. Das günstigste BYD-Einstiegsmodell Dolphin um knapp 26.000 Euro kommt erst. Viel lieber bewirbt BYD seine teureren Modelle. "Da stehen sich die Chinesen selbst im Weg", findet Brandtner. Dabei würden jetzt alle auf günstige Einstiegsmodelle warten. Das sieht auch Andreas Püttner vom deutschen Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) so. Es brauche "dringend ein attraktives Angebot in den unteren und mittleren Fahrzeugsegmenten, sodass eine größere Käuferschicht erreicht werden kann", sagt er der Deutschen Presse-Agentur.

Was die aktuelle Preispolitik betrifft, so bewegen sich viele Modelle zwischen 40.000 und 70.000 Euro. "Die Leute warten aber auf Modelle unter 30.000 Euro", ist Strategieberater Brandtner überzeugt. Dort gebe es jede Menge Platz – auch für Chinas Anbieter. Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer hat einen Einwand: BYD hat hochwertige Technik und sollte daher nicht mit Dacia oder Ähnlichem im Wettbewerb laufen. Bei den Billigautos sehe man, dass diese in Deutschland etwa im E-Auto-Segment kaum angenommen würden. "Beispiel Dacia Spring ... Die Verkäufe können Sie vergessen, obwohl das Auto bei 16.900 Euro startet." Hierzulande gibt es den kleinen Stromer sogar noch günstiger – ab 13.590 Euro. Gut möglich, dass hier die Psychologie ins Spiel kommt. Einem einzigen Anbieter ausgeliefert zu sein, das würden Konsumenten genauso wenig schätzen wie zu viel Auswahl, sagt Markenstratege Brandtner. "Das gilt erst recht in Zeiten, in denen Konsumenten extrem verunsichert sind und weder die Autokonzerne noch die Politik für Klarheit und Ordnung sorgen."
(Regina Bruckner, 12.8.2024)
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#27
Elektroautos
"Stimmung im Sturzflug":
Autokonzerne schieben Verbrenner-Aus auf die lange Bank

Der Absatz von Elektroautos stottert, der Mobilitätswende fehlt es an Schwung. Traditionelle Autoerzeuger bleiben daher länger als geplant dem Verbrenner treu
6. September 2024, 08:40
Der Weg zum Verbrenner-Aus in der EU im Jahr 2035 erweist sich als weit und steinig. Wohl haben sich viele Autoerzeuger selbst zunächst noch ehrgeizigere Ziele gesteckt und wollten ihre Produktpalette früher auf Elektromobilität umrüsten, doch die Verkehrswende ist ins Stocken geraten. Nur schwer finden derzeit das Angebot, also die verfügbaren Modelle, und die Nachfrage zusammen. Die Folge: Immer mehr Autohersteller wie zuletzt der schwedische Volvo-Konzern rudern zurück und setzen länger als geplant auf Modelle mit Verbrennermotoren.


Ohne Verbrenner geht es doch noch nicht: Der schwedische Volvo-Konzern wird nun doch erst später als 2030 zum reinen Anbieter von Elektrofahrzeugen.
REUTERS/Cole Burston

Ursprünglich wollte das mehrheitlich zur chinesischen Geely Holding gehörende Unternehmen schon bis 2030 zum reinen Elektroautobauer werden. Daraus wird nichts, wie Volvo in dieser Woche bekanntgab, vielmehr werden auch darüber hinaus Hybridmodelle im Angebot bleiben. "Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Zukunft elektrisch ist", erklärte Volvo-Chef Jim Rowan diesen Schritt. "Es ist jedoch klar, dass der Übergang zur Elektrifizierung nicht linear verlaufen wird." Das soll heißen: Um auch künftig einen Durchhänger beim Absatz von E-Autos wie derzeit verkraften zu können, werden zumindest Hybride länger erzeugt.

Mangel an Aufträgen
"Die Stimmung in der Autoindustrie ist im Sturzflug", verlautbart das Münchener Ifo-Institut. Deutsche Erzeuger leiden unter einem Mangel an neuen Aufträgen – auch aus dem Ausland. Zu Wochenbeginn sorgte der verschärfte Sparkurs bei Volkswagen für Schlagzeilen, Werksschließungen in Deutschland gelten als nicht mehr ausgeschlossen. "Auf dem Weg zur Elektromobilität werden weniger Werke benötigt, weil die Autos weniger komplex sind", erklärt der Ifo-Experte für Industrieökonomik und neue Technologien, Oliver Falck.

"Bisher wurden Doppelstrukturen gefahren nach dem Motto: Wir melken den Verbrenner noch, aber bauen gleichzeitig mehr E-Autos", ergänzt er. Jetzt steige angesichts der schwachen Binnen- und Exportnachfrage nach E-Autos der Druck. Der Strukturwandel müsse dennoch zugelassen werden.

Übergangssituation
Dieser stellt die Branche in Europa vor gewaltige Herausforderungen. Wie schnell und wie stark soll das Ruder bei der Produktion ganz in Richtung Stromer herumgerissen werden, wenn die Nachfrage nicht mitspielt und gleichzeitig das Verbrenner-Aus in der EU näher rückt? "Ich unterstütze diese Vorgabe", sagte Stellantis-Chef Carlos Tavares über das Verbrenner-Aus – nicht ohne hinzuzufügen, dass man bei der Umsetzung pragmatisch vorgehen müsse.


Noch ist die Produktion von Elektroautos teuer. So mancher Branchenvertreter hofft auf staatliche Förderungen, um E-Autos gegenüber Verbrennern konkurrenzfähiger zu machen.
APA/dpa/Jan Woitas

Ihm zufolge ist eine Übergangssituation entstanden, bis die Branche bei der Produktion von Elektroautos ausreichende Skaleneffekte erzielen kann, damit sich die Technologie trägt. Anders ausgedrückt: Bis die Nachfrage nach Stromern groß genug ist, um über hohe Stückzahlen die Produktionskosten merklich zu senken, ist man von Hybriden und Verbrennern abhängig. "In dieser Phase ist Unterstützung notwendig, um das Problem der Erschwinglichkeit zu lösen", ruft Tavares nach mehr staatlicher Förderung, um Elektroautos preislich konkurrenzfähiger zu machen.

Weniger Neuzulassungen
Denn Abseits von China spielen Elektroautos eine Nebenrolle. Im Reich der Mitte waren Ende des Vorjahrs 23,4 Millionen Stromer unterwegs – mehr als die Hälfte des weltweiten Bestands. Dahinter reihen sich die USA mit 4,8 Millionen Autos ein, Deutschland erreicht mit 2,3 Millionen den dritten Platz – das sind gerade einmal 4,7 Prozent des deutschen Gesamtbestands. Die jüngsten Zulassungszahlen verdunkeln das Bild weiter: Im Juli wurden um knapp 37 Prozent weniger reine E-Autos neu zugelassen als im Jahr zuvor, in Österreich betrug der Rückgang fast zwölf Prozent.

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"Der Übergang zur E-Mobilität ist hart, es wird noch eine lange Durststrecke werden für die deutsche Autobranche", fasst Ifo-Experte Falck die Entwicklung zusammen. Folglich spielen Verbrenner und Hybride noch länger eine tragende Säule bei den Planungen vieler Erzeuger.

Nachfolgend ein Überblick:
Unpräzise Deutsche
  • Volkswagen: Europas größtem Autobauer wird nachgesagt, den Umstieg auf die E-Mobilität verschlafen zu haben. Und dennoch: VW-Chef Oliver Blume will am Verbrenner-Aus nicht rütteln, auch wenn aktuell neun von zehn verkauften Autos mit Diesel oder Benzin betrieben sind, zumal Pläne zur Elektrifizierung gescheitert sind. Die Suche nach Investoren für eine eigene Batteriesparte gab man ebenso auf wie ein geplantes Milliardeninvestment in eine neue E-Auto-Fabrik. Die Flottenumstellung bis 2035 will Blume trotz allem einhalten können, bei Porsche sollen schon bis Ende des Jahrzehnts 80 Prozent der Autos vollelektrisch betrieben sein. Nachsatz: "Letztlich entscheidet die Nachfrage der Kunden und die Entwicklung in den Weltregionen." Überzeugung klingt anders, auch hier wird weiterhin auf Verbrenner und Hybride gesetzt.
  • BMW: Die Münchner Gruppe um die Marken BMW, Mini und Rolls-Royce ist betont technologieoffen, setzt als einziger europäischer Autoriese auch auf wasserstoffgetriebene Fahrzeuge. 2028 soll ein Brennstoffzellauto, das gemeinsam mit Toyota entwickelt wird, in Serienproduktion gehen. Dennoch soll bis 2030 jedes zweite verkaufte Auto vollelektrisch betrieben sein. Im Vorjahr lag der Anteil der Stromer an den konzernweiten Auslieferungen bei 14,7 Prozent, 2022 noch bei neun Prozent. 20 rein elektrische Modelle werden aktuell vertrieben, frischen Wind soll die verbrennerfreie "Neue Klasse" in der Kernmarke BMW bringen. Die übrigen beiden Marken sollen "zu Beginn der 2030er-Jahre" gänzlich verstromt sein. Auch hier bleibt man vage.
  • Mercedes-Benz-Group: Die Stuttgarter haben dieses Jahr bereits eine Kehrtwende vollzogen. Statt bis zum Jahr 2030 nur noch E-Autos zu fertigen, will Mercedes-Chef Ola Källenius bei entsprechender Nachfrage "bis deutlich in die 2030er-Jahre" neben Stromern auch "hochmoderne elektrifizierte Verbrenner" im Portfolio halten. Eigenen Berechnungen zufolge soll bis zum Ende des Jahrzehnts aber immerhin jedes zweite verkaufte Auto elektrisch betrieben sein. Zuletzt schrumpfte der Anteil am Gesamtabsatz auf neun Prozent, nachdem es im Gesamtjahr 2023 noch elf Prozent gewesen waren. Mit emissionsärmeren Verbrennern und dem erhöhten E-Auto-Anteil will man bis 2039 eine bilanziell CO2-neutrale Neuwagenflotte zustande bringen.
Zweigleisige Franzosen
  • Renault: Die Franzosen haben sich einer dualen Fahrzeugpalette verschrieben, bestehend aus vollelektrisch und hybrid betriebenen Fahrzeugen. Der Anteil der elektrifizierten Neuwagenflotte machte 2023 rund 40 Prozent aus, allerdings war nur jedes zehnte Auto vollelektrisch. Auch hier gibt es – wie bei so vielen – einen merklichen Hybrid-Überhang. Im Jahr 2025 soll der kombinierte Absatz eigenen Angaben zufolge auf 65 Prozent der Verkäufe klettern, 2030 schließlich bei 90 Prozent liegen.
  • Toyota: Auch der absatzstärkste Automobilhersteller der Welt fährt zweigleisig, forscht an emissionsärmeren Verbrennern, während er die E-Auto-Sparte vorantreibt. Dort, wo es die entsprechende Infrastruktur gibt, will man schon vor 2035 ausschließlich lokal emissionsfreie Autos verkaufen. Ansonsten ist man auch Hybriden, Wasserstoff-Brennzellen und dem klassischen Verbrenner nicht abgeneigt. In Europa waren im ersten Halbjahr 74 Prozent der verkauften Toyota- und Lexus-Modelle elektrifiziert. Allerdings beträgt der Anteil der reinen E-Autos nur rund drei Prozent. Werden die Ziele eingehalten, soll er bis 2026 auf 15 Prozent steigen, im Jahr 2030 ein Drittel des Absatzes ausmachen.
  • Ford: In Europa zeigt sich der US-Autoriese auf den ersten Blick engagiert, mehr als zwei Milliarden US-Dollar wurden in neue Fertigungsstandorte investiert. Allerdings: Im zweiten Quartal verbuchte man ausgerechnet im E-Auto-Segment einen Verlust von 1,14 Milliarden Dollar. Zwar hält Ford-Chef Jim Farley den Übergang zur E-Mobilität für "unvermeidlich". Dennoch will man bei entsprechender Nachfrage auch nach 2030 noch Verbrenner verkaufen. Im Vorjahr wurden weltweit 165.000 Stromer verkauft, weniger als vier Prozent des Gesamtabsatzes. Trotz alldem unterstützt Gunnar Herrmann, Aufsichtsratschef der Deutschland-Tochter, das Verbrenner-Aus und hält eine Abweichung für einen "Investitionshemmer".
General Motors bremst
  • Volvo: Wie eingangs erwähnt, hat der schwedische Autobauer zurückgerudert. Auch nach 2030 sollen immer noch neue Hybridwägen neben reinen Stromern ausgeliefert werden. Beide Segmente zusammen machten zwischen Jänner und Juli dieses Jahres 45 Prozent der Verkäufe aus; ausnahmsweise mit einem leichten Überhang zugunsten der E-Autos. Die neuen Ziele sehen vor, den Anteil auf 90 Prozent zu steigern – der Rest soll auf "Mildhybride" entfallen, die im Wesentlichen den Verbrennungsmotor nutzen.
  • Stellantis: Läuft alles nach Plan, sollen Investitionen von 50 Milliarden Euro in die Elektrifizierung dafür sorgen, dass bei den Stellantis-Marken wie Fiat, Peugeot, Opel oder Chrysler bis 2030 jedes verkaufte Auto in Europa batterieelektrisch betrieben ist; für den US-Markt plant man mit der Hälfte.
  • General Motors: Der US-Autoriese hat seine Pläne eingebremst, das Ziel von einer Million verkaufter E-Autos in Nordamerika bis 2025 wird man verfehlen. Der langfristige Plan, bis 2035 ausschließlich elektrisch betriebene Pkw zu verkaufen, wurde bislang nicht angerührt – erscheint angesichts eines E-Auto-Anteils von nur drei Prozent aber weit entfernt. In Europa spielt das Traditionsunternehmen kaum eine Rolle, neun von zehn Autos werden in Nordamerika und Asien vertrieben.
(Alexander Hahn, Nicolas Dworak, 6.9.2024)
"Stimmung im Sturzflug": Autokonzerne schieben Verbrenner-Aus auf die lange Bank
 

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#28
E-Mobilität
Europas Autobranche muss Millionen Arbeiter umschulen – es bleiben nur wenige Jahre
Der Wandel zur Elektromobilität ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine personelle Herausforderung. Europaweit arbeiten knapp 13 Millionen Menschen in der Branche

Bei Volkswagen könnten 30.000 Arbeitsplätze verlorengehen. Viele, die bleiben, müssen in den kommenden Jahren umgeschult werden.
REUTERS/Fabian Bimmer

Es fühlt sich ein bisschen wie ein kaputtes Navigationssystem an, meint Judith Kirton-Darling, Präsidentin des europaweiten Gewerkschaftsbunds IndustriAll Europe. "Die Ankunftszeit und das Ziel werden angezeigt, nicht aber der Weg dorthin." Mit der Ankunftszeit meint Kirton-Darling das Jahr 2035, mit dem Ziel das strikte Verbot, ab diesem Zeitpunkt neue Fahrzeuge mit CO2-Ausstoß für den Straßenverkehr zuzulassen.

Auf die Branche kommen in den nächsten Jahren enorme Herausforderungen zu, nicht nur technologisch, sondern auch personell. Der Automobilsektor, der schon jetzt unter einem Fachkräftemangel leidet, muss innerhalb kürzester Zeit ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umschulen und jüngere davon überzeugen, in eine unsichere Branche einzusteigen. Das Thema betrifft alle europäischen Autoindustrie-Cluster, wie jüngst bei einer Podiumsdiskussion im Zuge der Europäischen Woche der Regionen in Brüssel deutlich wurde. Von Navarra in Spanien bis nach Sachsen in Deutschland stehen die Cluster derzeit vor denselben Herausforderungen.

Sieben Prozent des EU-BIP
Laut Daten der Europäischen Kommission trägt der Sektor zu rund sieben Prozent der EU-weiten Wirtschaftsleistung bei. Derzeit arbeiten etwa 12,7 Millionen Menschen in der Branche – das entspricht einem Anteil von 6,6 Prozent in der EU. In Österreich sind laut einer Statistik des Fachverbands 36.200 Menschen unmittelbar in der Fahrzeugindustrie beschäftigt. Dazu kommen 40.100 bei Zulieferbetriebe und 32.000 in Kfz-Werkstätten.

Die Umschulungen in Richtung E-Mobilität betreffen alle Teile der Wertschöpfungskette – über Zulieferbetriebe, Autobauer bis hin zu nachgelagerten Bereichen wie der Reparatur, betonte Carmen Maeztu, Arbeitsministerin von Navarra, bei der Podiumsdiskussion. Die Region finanziert mittlerweile eigene Ausbildungsprogramme für den Automobilsektor mit, vor allem im Bereich E-Autos und Hybridfahrzeuge. "Wir müssen besonders auf Beschäftigte eingehen, die aufgrund ihres Alters und Bildungsgrads eher der Gefahr ausgesetzt sind, in eine langfristige Arbeitslosigkeit abzudriften", sagte Maeztu.

Nicht alle können bleiben
In Österreich werden Umschulungen aktiver Mitarbeiter branchenübergreifend gefördert. Für Menschen, die ihren Job in der Autobranche verlieren, wurde in der Steiermark mittlerweile eine Stiftung eingerichtet – zuletzt betraf das vor allem das Unternehmen Magna Powertrain, das 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abbauen will. "Die ureigene Aufgabe der Stiftung ist es, Arbeitnehmer zu unterstützen, die von einem Strukturwandel betroffen sind", heißt es seitens des AMS. Österreichweit waren in der Autoindustrie im Zeitraum von Jänner bis September 2024 1290 Menschen arbeitslos. Das ist immerhin ein Anstieg von knapp 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Sorgen, den Umbruch nicht ohne den Verlust von Arbeitsplätzen zu bewältigen, sind auch im Land Sachsen allgegenwärtig, erklärte dessen Minister für regionale Entwicklung Thomas Schmidt in Brüssel. "Wir müssen Menschen umschulen, gleichzeitig aber unsere Wirtschaft diversifizieren. Am Ende des Tages werden nicht alle im Automobilbereich bleiben können." Wie berichtet, stehen bei Volkswagen derzeit rund 30.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Schmidt beklagt, dass die EU für den Weg zur Elektromobilität einen ehrgeizigen Zeitplan festgelegt hat, ohne davor eine Folgenabschätzung zu machen. "Eigentlich hätte man zuerst die Folgenabschätzung machen und erst danach einen Ausstiegszeitpunkt festlegen sollen."

Wandel verschlafen?
Fachleute wie der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sehen die Verantwortung aber auch bei der Branche selbst. "Wir haben in Europa die Zeit nicht genutzt und verschlafen", sagte Dudenhöffer kürzlich im Ö1-Mittagsjournal. Da hilft es auch nicht, dass die Nachfrage nach E-Autos zuletzt stagnierte. Autohersteller wie der schwedische Volvo-Konzern rudern nun gar zurück und setzen länger als geplant auf Verbrennermodelle. Die Branche legt einen schwierigen Drahtseilakt hin: Sie muss weiter Verbrenner verkaufen, um Umsätze zu generieren, gleichzeitig aber die gesamte Produktion umstellen.

"Der Übergang ist kein Zukunftsthema, sondern findet genau jetzt statt", sagt Kirton-Darling. "Wir dürfen dabei die soziale Dimension dieses Übergangs nicht vergessen." Die Gewerkschafterin appelliert für ein europaweites Recht auf Umschulung. Und: für ein positives Narrativ in einer Branche, die in den vergangenen Jahren vor allem für negative Schlagzeilen sorgte.
(Jakob Pflügl aus Brüssel, 14.10.2024)
Europas Autobranche muss Millionen Arbeiter umschulen – es bleiben nur wenige Jahre
 

josef

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Elektromobilität
Abschied vom E-Auto: Rückkehr zum Verbrenner nimmt in Deutschland zu
Aktuelle Zahlen eines deutschen Versicherers sind ernüchternd für die Autoindustrie. Einen weltweiten Trend spiegeln sie allerdings nicht wider
16. Oktober 2024, 13:00

Auf dem Pariser Autosalon strahlen Elektroautos derzeit um die Wette. Auf den deutschen Automarkt dürfte das nur minimale Auswirkungen haben.
AFP/DIMITAR DILKOFF

Das Interesse an Elektroautos ist nicht nur in Österreich rückläufig. Besonders in Deutschland ringt die Autoindustrie mit schlechten Zahlen, wie eine Untersuchung des deutschen Versicherers HUK Coburg jetzt zeigt. Besonders fällt dabei auf, dass ein beträchtlicher Anteil der E-Auto-Fahrer wieder zu herkömmlichen Verbrennern zurückkehrt. Aktuellen Daten zufolge entschieden sich in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 etwa 34 Prozent der privaten Elektroautofahrer, wieder ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu erwerben.

Diese Zahl markiert einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu 2021, als die "Rückfallquote" lediglich 14 Prozent betrug. Trotz der Anstrengungen vieler Automobilhersteller, den Absatz von Elektroautos zu fördern, wendet sich offenbar ein beträchtlicher Teil der Autofahrer wieder von dieser Antriebsform ab. Die Untersuchung der HUK Coburg stützt sich auf den großen Pool von über 13,9 Millionen versicherten Fahrzeugen, was eigenen Angaben zufolge etwa einem Viertel des privat zugelassenen Fahrzeugbestands in Deutschland entspricht.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, variiert die Wahl des Antriebs stark nach Wohnsituation. Während der Anteil der rein elektrischen Autos bei Hauseigentümern bei 4,1 Prozent liegt, entscheiden sich nur 1,3 Prozent der Mieter für ein Elektrofahrzeug. Regionale Unterschiede zeigen ebenfalls deutliche Diskrepanzen: In Bayern liegt der Anteil bei 3,4 Prozent, während Sachsen-Anhalt und Sachsen mit lediglich 1,5 Prozent die Schlusslichter bilden.

Frage des Alters – und der Auflagen
Die Bereitschaft der privaten Autokäufer, ein Elektroauto zu erwerben, bleibt trotz der Herausforderungen stabil. Etwa 18 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bei einem Autokauf im Jahr 2024 nur ein Elektrofahrzeug in Erwägung ziehen würden. Diese Haltung ist allerdings stark altersabhängig, da fast 28 Prozent der Befragten unter 40 Jahren diese Entscheidung bevorzugen, während nur zwölf Prozent der älteren Käufer ein E-Auto in Betracht ziehen.

Die Zahlungsbereitschaft für Elektrofahrzeuge zeigt sich ebenfalls differenziert: Ein Drittel der Befragten möchte keinen Aufpreis für ein Elektroauto zahlen, während etwa 19 Prozent bereit wären, bis zu zehn Prozent mehr auszugeben. Überraschend: 33 Prozent würden sogar mehr als zehn Prozent Aufpreis in Kauf nehmen. Trotz dieser positiven Signale bleibt eine grundlegende Skepsis gegenüber Elektroautos bestehen, da fast die Hälfte der Befragten dem Elektroantrieb kritisch gegenübersteht.

Die von der HUK Coburg durchgeführte Untersuchung zeigt zudem, dass ein bedeutender Teil der potenziellen Autokäufer erst dann den Wechsel zu einem Elektroauto in Erwägung zieht, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben wäre. Ein ähnliches Szenario wird übrigens auch durch eine Analyse der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und der Organisation Agora Verkehrswende gestützt. Dort kam man im Juli zu dem Schluss, dass das Ziel in Deutschland um etwa sechs Millionen Elektrofahrzeuge verfehlt werden könnte, sofern sich der aktuelle Trend fortsetzt.

Kein allgemeiner Trend
Während im deutschsprachigen Raum also eine gewisse Rückwärtsbewegung hin zu Verbrennungsmotoren zu beobachten ist, zeigt der globale Markt für Elektroautos ein ganz anderes Bild. Laut Prognosen des Marktforschungsunternehmens Gartner soll der weltweite Bestand an Elektroautos bis 2025 sogar deutlich zulegen. Besonders in China wird eine stark steigende Nachfrage erwartet, was dazu führen könnte, dass weltweit bis zu 85 Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen sind.

Stimmen aus China sind es übrigens auch, die das politische Zögern in Europa hinsichtlich Elektromobilität kritisieren. Wie Nordamerika wird Europa mittel- bis langfristig wahrscheinlich auch hinter dem chinesischen Markt zurückbleiben, signifikante Anteile am globalen Wachstum des Elektroautomarkts wird man wohl dennoch beisteuern können.
(bbr, 16.10.2024)
Abschied vom E-Auto: Rückkehr zum Verbrenner nimmt in Deutschland zu
 
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