Entstehung und Geschichte des Observation Post Point Alpha
Nach dem Ende der Kampfhandlungen im Mai 1945 bauten die USA ihre Truppenstärke konstant ab, bis sich 1949 nur noch rund 79 000 amerikanische Soldaten in Deutschland befanden. Aus den zurückgebliebenen Truppenteilen bildete man Constabulary-Einheiten (deutsch: Militärpolizei), die ab Juli 1946 auch die Überwachung der Grenze zur sowjetischen Besatzungszone übernahmen. Hierfür richtete die US-Armee an allen Zonenübergängen Kontrollposten für sechs bis zehn Soldaten ein. Die Blockade Berlins und vor allem der Krieg in Korea überzeugten die USA von der Notwendigkeit, ihre Verbündeten und weitere nicht-kommunistische Staaten vor der Bedrohung der UdSSR zu beschützen und in Westdeutschland dauerhaft große Miliärkontingente zu stationieren. Folglich stieg bis 1955 die US-Truppenstärke in der Bundesrepublik auf rund 350 000 Mann an. 1951 löste das 14. Armored Cavalry Regiment (deutsch: Panzeraufklärungsregiment) die Militärpolizeieinheiten ab und baute den Überwachungsposten Point Alpha kontinuierlich aus. Seitdem patrouillierten die Soldaten des Regiments an der innerdeutschen Grenze als Grenzüberwachungsregiment, das einen möglichen Angriff des Warschauer Paktes aufklären sollte. Hierzu gehörte auch das Abhören des Funkverkehrs, das durch die exponierte Lage des Camps sehr begünstigt wurde.
Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen bei den US-Streitkräften wurde das 11. Armored Cavalry Regiment (ACR) im Mai 1972 nach Osthessen verlegt und ersetzte mit seinem Offizierscorps und einem Teil seiner Mannschaften das 14. US-Panzeraufklärungsregiment. Das 11. ACR trägt ein springendes schwarzes Pferd als Wappen, wovon sich die Regimentsbezeichnung „Blackhorse" ableitet. Auch hier bestand der Auftrag des Regimentes darin, die deutsch-deutsche Grenze im Hinblick auf die Angriffsgefahr seitens des Warschauer Paktes zu überwachen.
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 und der Auflösung des Warschauer Paktes endete offiziell der Auftrag des Regiments und der Einsatz am Point Alpha. Nach Einsätzen in Kuwait und dem Irak wurde es in Kalifornien stationiert.
Dienst im Point Alpha
Der Dienst der US-Soldaten am Observation Post Alpha war alles andere als angenehm, da es hier kaum Möglichkeiten der Zerstreuung gab. Einzig das beliebte Hufeisenwurfspiel und Sport konnten einen Ausgleich zum harten und einsamen Alltag bilden.
Hauptsächlich mussten die Gerätschaften und vor allem die Funkbereitschaft gepflegt und einsatzbereit gehalten werden. In Abständen von vier bis sechs Wochen wurden die im Überwachungsposten diensttuenden Soldaten durch frische Truppen ersetzt. Dies geschah im Rahmen des 1972 initiierten Border Tour-Programms, das möglichst vielen US-Soldaten die innerdeutsche Grenze nahe bringen und somit ein Bild vom militärischen Gegner vermitteln sollte. Die reguläre Belegungsstärke des OP Alpha lag bei ca. 40 Soldaten. In Krisensituationen konnten aber auch bis zu 200 Soldaten untergebracht werden.
Nach dem Morgenappell wurden drei Gruppen gebildet. Die Alarmgruppe wurde rundum zur Verteidigung des OP Alpha eingesetzt.Sie musste in 10 Minuten komplett ausgerüstet bereit stehen und hatte Panzerfahrzeuge zur Verfügung. Die Beobachtungstruppe beobachtete die Grenze in verschiedenen Abschnitten. Auch der Beobachtungsturm wurde aus Teilen dieses Kommandos besetzt.
Zudem gab es den allgemeinen Patrouillendienst, der ständigen Kontakt zum Beobachtungsturm hielt. Diese Truppenteile arbeiteten häufig mit dem Bundesgrenzschutz oder dem Zoll zusammen.
Das Fulda Gap
Das Fulda Gap war Schwerpunkt und Zentrum der NATO-Verteidigungslinie. Diese „Fulda-Lücke" galt bei den NATO-Planern als eine der vier möglichen Einfallschneisen des Warschauer Paktes in die Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund seiner geostrategisch günstigen Lage kam dem Fulda Gap eine besondere Bedeutung zu. Hier, wo der Ostblock am weitesten in den Westen hineinragte, hätten die Angreifer innerhalb von nur 48 Stunden bis an den Rhein vorstoßen und die Hauptstandorte des V. US-Armeekorps ausschalten können. Das Fulda Gap wäre somit zu einem ersten Schlachtfeld des Dritten Weltkrieges geworden. Im Ernstfall hätte die NATO entlang der innerdeutschen Grenze und der Staatsgrenze der damaligen Tschechoslowakei die Strategie der Vorwärtsverteidigung angewendet, um den feindlichen Vormarsch so lange wie möglich zu binden und aufzuhalten. Um den Verteidigungsfall zu proben, führten Bundeswehr und US-Streitkräfte in dieser Region Osthessens in regelmäßigen Abständen Manöver durch. Die Angriffsstrategien des Warschauer Paktes bevorzugten den Eisenacher Raum als mögliche Einfallschneise in den Westen. Neueste Forschungen an Akten der Ostblockstaaten, die bisher unter Verschluss waren, legen den Schluss nahe, dass bei einem Angriff auch nukleare Waffen zum Einsatz gekommen wären.
Auch die Überlegungen der NATO, das ist bekannt, schlossen den Einsatz von Kernwaffen ein, um den zahlenmäßig überlegenen Gegner zu stoppen. Obwohl diese von nur begrenzter Wirkung sein sollten, wurden Verluste unter der Zivilbevölkerung in Kauf genommen. Zudem sollte der feindliche Vormarsch mit an den Straßen angebrachten Sprengkammern – zwei in der Nähe befinden sich in der Obhut der Gedenkstätte – verzögert werden. Außerdem waren überall so genannte Strecksperren installiert, wie in der Gedenkstätte beim Wachhaus zu sehen.
Baracken 7700 und 7701
In der Anfangszeit des OP Alpha waren die Truppen zunächst in Zelten untergebracht. Solch ein Zelt ist zwischen dem Gedenkstein und der Baracke C zu sehen. Hierin standen die Feldbetten, ein Öfchen, ein Schreibtisch und ein Funkgerät vom Typ 841. Später wurden diese provisorischen Unterbringungen durch Wellblechbaracken ersetzt. Erst ab 1972 errichtete die US-Armee auf dem Gelände Baracken in massiver Bauweise. Beide Baracken dienten hauptsächlich zur Unterbringung der Truppe. Eingerichtet waren hier auch Aus- und Weiterbildungs- sowie Verwaltungsräume. In Baracke B befanden sich außerdem noch Konferenzräume, ein Büro und eine Kantine. Zusätzlich war in Baracke B die Waffen- und Funkausrüstung gelagert und die Alarmtruppe untergebracht. Diese hatte die sofortige Einsatzbereitschaft zu sichern.
Baracke 7705
Zunächst nutzte man die Baracke 7705 als Kantine, später dienten die Räume der Freizeitgestaltung der Soldaten. Die amerikanischen GIs richteten sich hier ein Fitnessstudio ein, das sie mit eigens herangebrachten Geräten ausstatteten. Außerdem befanden sich im Haus ein Vortragszimmer, eine kleine Bibliothek, sowie ein Fernseher mit bereitgestellten VHS-Filmen und eine Stereoanlage. Die Soldaten feierten hier Weihnachten oder das in den Vereinigten Staaten bedeutende Thanksgiving-Fest. Hinter dem Haus befand sich ein Basketballfeld. Gegenüber der Baracke, unter den Bäumen, steht heute noch der gemauerte Barbecue-Grill, der vor allem bei festlichen Anlässen, wie Geburtstagen oder Familienfeierlichkeiten, genutzt wurde. Links daneben befindet sich eine kleine geteerte Fläche mit einem eisernen Stab, der in die Höhe ragt. Diese Fläche nutzte man für das in den USA beliebte Hufeisenwurfspiel. Das Wasserhäuschen sicherte mit eigenen Wassertanks die autarke Versorgung des Observation Post Point Alpha mit Frischwasser.
Passiert man die rote Sperrlinie, die vor der Baracke 7702 verläuft, so ist man an jenem Punkt angekommen, der den kriegsauslösenden Fall markiert: Bis hierhin durften die Panzer der US-Streitkräfte fahren, alles andere wäre möglicherweise von der Gegenseite als Grenzprovokation aufgefasst worden. Nur kleinere Fahrzeuge befuhren den Wendekreis, in dessen Mitte der Mast mit der Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika steht.
Die Kfz-Halle mit Tankstelle
Um den Betrieb des Beobachtungspostens möglichst unabhängig aufrechterhalten zu können, besaß Point Alpha eine eigene Tankstelle. Die Treibstoffbehälter dienten vor allem dazu, die kleineren Fahrzeuge zu befüllen. Für Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen etc. standen gesonderte Tankwagen zur Verfügung. Die Tankwagen waren stets gut befüllt zu halten und wurden an der Fahrzeughalle positioniert.
Die Fahrzeughalle wurde erst in den 1970er Jahren gebaut, um die Wartung der Fahrzeuge und auch kleinere Reparaturen selbst ausführen zu können. Man überlegte lange, ob man die offene Seite in Richtung Grenze zeigen lassen sollte. Schließlich entschied sich die US-Armee dafür. Oberst Steven Steininger, ein ehemaliger Kompaniechef in Point Alpha: „Der Feind sollte sehen, was ihm für eine Kampfkraft entgegenstand."
Oft wurden die Grenzkontrollfahrten gemeinsam mit dem Bundesgrenzschutz durchgeführt. Dazu verabredete man sich an einem bestimmten Grenzabschnitt, um dann in gemeinsamer Fahrt Präsenz zu zeigen. Allerdings durften Fahrzeuge des Bundesgrenzschutzes niemals offiziell das Gelände des Observation Post Alpha befahren.
Die Wache und der Munitionsbunker
Am großen Tor befand sich der ursprüngliche Eingang des OP Alpha. Hier musste jedermann vorbei, daher war das Tor Tag und Nacht besetzt. Der Wachposten wurde alle vier Stunden abgelöst. Zugang hatten nur Angehörige der amerikanischen Streitkräfte.
Point Alpha galt zusätzlich als VIP-Point. Viele prominente und hochrangige Besucher, vor allem aus politischen und militärischen Kreisen der USA, informierten sich am OP über die Situation an der innerdeutschen Grenze und der Konfrontation der beiden Machtblöcke. Zwischen Wachhaus und Munitionsbunker befand sich ein mit Sandsäcken geschützter Gefechtsstand, der den Eingang zum Observation Post im Verteidigungsfall sichern sollte. Im Munitionsbunker wurde Munition für die gesamte Truppenstärke des Observation Post Alpha gelagert, um im Ernstfall auch entsprechende Abwehrmaßnahmen treffen zu können. Entgegen einigen Gerüchten aus der damaligen Zeit gab es am Point Alpha nur konventionelle Waffen und keine atomaren Sprengköpfe.