Britische Besatzungszeit in Kärnten - Ausstellung in Wolfsberg

josef

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Britische Besatzungszeit in Kärnten
Eine Ausstellung im Rathaus von Wolfsberg erinnert noch bis 7. Dezember an die zehn Jahre britische Besatzung von 1945 bis 1955. Die Briten brachten Ordnung ins Nachkriegschaos, doch nicht alles war eitel Wonne.
Zur Eröffnung der Ausstellung war auch der britische Botschafter Leigh Turner in Wolfsberg. Die Briten seien bei ihrer Ankunft sehr willkommen geheißen worden, sagte er. „Ich finde, wenn man menschlichen Kontakt hat, findet man einen Weg.“ Er habe bei der Eröffnungsfeier mit einem Mann gesprochen, der ihm erzählt habe, dass sein Vater, der gerade mit 93 Jahren starb, ein Jahr lang in britischer Kriegsgefangenschaft war. Auch er habe immer von der „britischen Fairness“ gesprochen.

Briten setzten überwiegend auf Fairness
Der faire und menschliche Umgang hatte auch etwas mit dem Selbstverständnis der Briten zu tun, sagte Militärattache Graham Townsend. Am Ende des Zweiten Weltkriegs habe es viel Furcht und Misstrauen gegeben. Nach seinem Eindruck habe sich das aber schnell geändert. „Die österreichische Bevölkerung hat verstanden, warum die Briten im Land waren. Wir waren nicht als Sieger oder Eroberer hier, sondern als Befreier. Wir wollten Österreich dabei helfen, sich wieder zu erholen.“


Landesmuseum Rudolfinum
100 Schilling, ausgegeben von der alliierten Militärbehörde

Einen ganz praktischen Weg für ein Zusammenleben fanden auch viele Paare, sagte Wilhelm Wadl, der Direktor des Kärntner Landesarchivs: „Kärntnerinnen gingen als ‚Export‘ nach Großbritannien, das waren sehr starke Frauen, die ihre Männer in der Pension meistens dazu gebracht haben, wieder zurück nach Österreich zu ziehen.“

Nicht nur schöne Seiten
„Tea Time“ zeigt aber alle Aspekte der Besatzungszeit der Briten in Kärnten, nicht nur die schönen Seiten. Igor Pucker, Leiter der Kulturabteilung des Landes Kärnten: „Das Wichtigste an der Ausstellung ist, darauf aufmerksam zu machen, dass das, was wir hier rechtsstaatlich und demokratisch erreicht haben und bewahren müssen, keine Selbstverständlichkeit ist. Die Bedrohung Kärntens in den ersten Tagen nach Kriegsende hätte ein ganz anderes Kärnten bilden können, von der britischen Besatzungsmacht wurden ganz entscheidende Schritte zum jetzigen Kärnten gesetzt.“


Kärntner Landesarchiv
Militärparade am Neuen Platz

Ordnung ins Chaos
Einer der Soldaten, die in Kärnten stationiert waren, war Peter Pearson, er erinnert sich in seinen Aufzeichnungen an ein grünes und liebliches Land, für ihn das Paradies. Tatsächlich waren die Zustände anfangs aber alles andere als paradiesisch. Die Leistung der Besatzer bestand laut Landesarchivsdirektor Wadl vor allem darin, dass sie das Chaos des Nachkriegsalltags einigermaßen geordnet haben. Dazu gehörte die Versorgung der Kärntner mit genügend Kalorien, damit sie nicht verhungern, oder auch die Brennstoffversorgung im Winter.

Kriegsverbrecher wurden aus Lager geschmuggelt
Im Camp 373 in Wolfsberg internierten die britischen Besatzer NS-Kriegsverbrecher und anderen politisch schwer belastete Personen. Igor Pucker setzte sich auch über die Ausstellung Lagerstadt Wolfsberg sehr intensiv mit diesem Thema auseinander: „Wie schwierig die Situation in der Nachkriegszeit war, zeigt, dass hochrangige Nazis und Kriegsverbrecher hier interniert waren. Man hat einen Tunnel gegraben und mit allen Tricks schwerste Kriegsverbrecher aus dem Lager herausgeholt, die dann über die Rattenroute mit einem Visum des Vatikans nach Südamerika flüchten konnten.“ Dies sei 1946 und 1947 hier in Wolfsberg der Fall gewesen.


Landesmuseum Rudolfinum
Gauleiter Friedrich Rainer und andere Nationalsozialisten in britischer Gefangenschaft

Buchschätze aus Europa in Tanzenberg
Mit einem ganz besonderen Fall der Restitution von durch die Nationalsozialisten geraubtem Besitz sahen sich die britischen Besatzer in Tanzenberg konfrontiert. Historiker Wadl sagte, es seien riesige Bücherschätze gewesen, die Zarenbibliothek, die Rothschildbibliothek, geraubtes Buchgut aus ganz Europa. Die Offiziere von Fine Arts und Monuments seien Experten gewesen, die großartige Arbeit geleistet hätten. „Vor der Restitution wurden die schönsten Bücher in der Burg in Klagenfurt, dem heutigen Museum Moderner Kunst, in einer Ausstellung gezeigt, das war die großartigste Buchausstellung, die Kärnten je gesehen hat.“

Weitere wichtige Bereiche der Arbeit der britischen Besatzer waren die Kultur aber auch ein Schulwesen nach demokratischen Gesichtspunkten. „Tea Time“ als auch kritische Auseinandersetzung mit den zehn Jahren der britischen Besatzung in Kärnten ist ein Gemeinschaftsprojekt der Britischen Botschaft in Wien, des Kärntner Landesarchivs, des Kärntner Landesmuseums und des Museum im Lavanthaus.

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Publiziert am 02.12.2018

Kärntner Landesarchiv
Britenempfang in Mauthen


Kärntner Landesarchiv
Straßenkontrolle in Gnesau


Kärntner Landesarchiv
Wohnsitzbescheinigungen


Kärntner Landesarchiv
Patrouillenboot am Wörthersee


Museum im Lavanthaus
Ausstellung Lavanthaus

Britische Besatzungszeit in Kärnten
 
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