Comeback der Bunker - wohin im Ernstfall?

josef

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Wohin im Katastrophenfall? Lisa Gadenstätter für "Dok 1" im Bunker
Eine "Dok 1" Reportage über Luftschutzkeller, private Schutzräume und Orte, an denen die Regierung bei Angriffen untergebracht wird
Wohin im Ernstfall, etwa bei einem militärischen Angriff? Wo finden wir Schutz? In Israel müssen alle Menschen einen Zugang zu einem öffentlich oder privaten Schutzraum haben, auch in der Schweiz sind Notfallbunker für den Großteil der Bevölkerung vorgesehen. In Österreich gibt es Bunkerplätze für nur drei Prozent der Bevölkerung. Öffentliche Schutzräume gibt es hierzulande nicht, nur Luftschutzkeller aus dem Zweiten Weltkrieg. Warum sind die Schweizer so gut vorbereitet auf Notfälle und wir gar nicht? Diese Frage stellt sich Lisa Gadenstätter für die aktuelle "Dok 1"-Reportage "Comeback der Bunker – wohin im Ernstfall?", zu sehen am Mittwoch um 20.15 Uhr in ORF 1. Sie macht sich darin auf die Suche nach einem Schutzraum.


Lisa Gadenstätter im privaten Schutzraum von Peter Stehlik in Niederösterreich.
Foto: ORF, Neulandfilm

Früher, in Zeiten des Kalten Krieges, wurden Schutzräume in Privathäusern mit bis zu 30.000 Schilling gefördert, sieben von neun Landeshauptleuten stimmten dafür, Wien und Salzburg waren dagegen, erinnert Gadenstätter in der Doku. In Niederösterreich trifft sie Peter Stehlik, der Zivilschutzbeauftragte hat einen vollausgestatteten Schutzraum in seinem Keller eingerichtet. Es sei kein Bunker, sondern ein Grundschutzraum, erklärt er. Bunker würden im Militärkontext verwendet, die Wände können mehrere Meter dick sein. Schutzräume werden von der zivilen Bevölkerung genutzt, die Wände müssten aus Beton bestehen und 30 Zentimeter dick sein. Gegen Direkttreffer mit atomaren oder auch konventionellen Waffen helfe so ein Schutzraum nicht, gegen Splitter, Erschütterungen oder radioaktive Strahlung aber schon.

Wie viele Schutzräume es in Österreich gibt, sei schwer herauszufinden, sagt Gadenstätter. Aus Datenschutzgründen. Experten rechnen damit, dass es eben für nur rund drei Prozent der Bevölkerung solche Schutzräume im Privatbereich gibt.

Schweizer finden in Schutzräumen Platz
Anders ist das etwa in der Schweiz. Dort gibt es für 110 Prozent der Bevölkerung Schutzräume. In St. Gallen wird Gadenstätter schnell fündig. Die Schweiz verfügt über 370.000 private und öffentliche Schutzräume. Sie gibt es in jeder Stadt, zusätzlich haben die meisten Gebäude private Schutzräume. 103 Millionen gibt etwa der Kanton St. Gallen in den nächsten Jahren für den Bau von Schutzräumen aus. Und diese würden auch regelmäßig kontrolliert, sie müssen immer einsatzfähig sein. "Man wächst mit diesen Räumen auf", erzählt ein Interviewpartner. Aber man hoffe natürlich, dass man sie nicht brauche. Die Thematik sei jetzt jedoch auch aufgrund des Krieges wieder aktuell.

Ein Schweizer, der nach Österreich gezogen ist, wollte hier vom Magistrat wissen, wo seine Schutzraumzuteilung ist, und hat dort erstaunte Blicke geerntet. Er wurde nicht so richtig ernst genommen, erzählt er. Aber woher kommt es, dass in der Schweiz diese Schutzräume so selbstverständlich sind? Gesellschaftlicher Konsens, sagt er, die Schweizer hätten generell ein etwas ein höheres Schutzbedürfnis.


Unterwegs mit Bundesheer-Oberst Michael Bauer im Schutzraum der Dabsch-Kaserne in Korneuburg.
Foto: ORF, Neulandfilm

U-Bahn-Stationen sind keine Schutzräume
Mit einem Historiker ist Gadenstätter unterwegs in Wiener Kellern, in denen die Menschen im Zweiten Weltkrieg Schutz gesucht haben. Es ist eng und beklemmend, diese alten Schutzräume könnten heute im Ernstfall nicht mehr benutzt werden. In der Ukraine haben ja Menschen während Luftangriffen in U-Bahn-Anlagen Schutz gesucht. Wäre das auch in Wien eine Möglichkeit, fragt sich Gadenstätter. In Wien seien U-Bahn-Stationen kein Schutzraum, sie sind für die Beförderung von Menschen konzipiert und ausgerüstet, ohne Zusatzfunktion. Den Zuseherinnen und Zusehern wolle man "kein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln", daher sei ein Dreh in einer U-Bahn-Station diesmal nicht möglich, richten die Wiener Linien Gadenstätter aus.

Und wie schaut es in Europa generell aus? Auch in Deutschland gibt es wenige öffentliche Schutzräume, dort fänden etwa 490.000 Menschen Platz, erklärt Gadenstätter. Die höchste Bunkerdichte der Welt gebe es in Albanien, ein Bunker für je vier Menschen sei dort das Konzept gewesen. In Polen gibt es 62.000 Bunker und Schutzräume, in Rumänien provisorische Luftschutzbunker an der Grenze zur Ukraine.

Wo die Regierung im Notfall Schutz findet
Für die Regierung gibt es zwei Bunker, drehen durfte das "Dok 1"-Team dort aber nicht. Alles streng geheim. Einen Regierungsbunker gibt es in der Stiftskaserne in Wien-Neubau, einen zweiten im Salzburger Pongau. Also in der Mitte von Österreich. 300 Meter unter der Erde in St. Johann im Pongau liegt so etwas "wie eine kleine Stadt in fünf Etagen", so Gadenstätter. Hier könnten bis zu 250 Menschen arbeiten. Neben der Luftraumüberwachung ist hier auch das Schengen-Informationssystem untergebracht, mit rund 77 Millionen Datensätzen. Hierher würde die Bundesregierung bei einem militärischen Angriff in Sicherheit gebracht.


Historiker Marcello La Speranza zeigt Lisa Gadenstätter einen alten Luftschutzkeller in Wien.
foto: ORF, Neulandfilm

Für die heimische Bevölkerung schaut es also eher düster aus. Und wie geht es einem, der einen privaten Schutzraum hat? Peter Stehlik vergleicht das mit einer Versicherung. "Sie versichern sich gegen Schlechtwetter im Urlaub, für den Fall, dass ... Man ist aber froh, wenn man ihn nicht braucht."
(Astrid Ebenführer, 8.11.2023)
Wohin im Katastrophenfall? Lisa Gadenstätter für "Dok 1" im Bunker

Siehe auch Programmvorschau TV-Hinweis Mittwoch 08.11.2023 - 20.15h in ORF 1: "Dok 1" - Comeback der Bunker - wohin im Ernstfall?
 
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