"DFS Schönbrunn" - das letzte überlebende schaufelradbetriebene "Dampffahrgastschiff" der ehemaligen DDSG

#3
Die Besonderheit der "Schönbrunn" ist die Tatsache, daß das Schiff von einer rein ehrenamtlichen Crew gefahren und erhalten wird. Die "Kellerkinder" rund um den Chefmaschinisten (auf der Donau "Maschinen-Betriebsleiter" genannt) Florian Deban haben Maschine und Kessel (Neuberohrung in der Coronapause, nach über vierzig Jahren) in den letzten Jahren in einen Zustand gebracht, der weit besser ist, als je zu DDSG-Zeiten.

Die "Schönbrunn" ist eines der drei schwimmenden Denkmale in Österreich (die anderen sind "Gisela" und "Thalia"!

Auch für Hardcore-Fans: mein Video mit tieferen Einblicken


Ich bin seit 1984 mit der "Schönbrunn" verbandelt - siehe meinen Avatar, der den Stempel der Kurbelwelle zeigt...und "Talgwächter" waren einst an den Lagern angebracht: ein würfelig geformtes Stück Rindertalg, das bei Warmwerden des Lagers abschmilzt und daher Alarm gibt. Einfach und wirkungsvoll!
 
#4
Wie Ihr Euch vorstellen könnt, ist die Erhaltung eines derartig großen Schiffes extrem arbeits- und zeitaufwändig. Die Freunde sind IMMER auf der Suche nach aktiven Mitstreitern, Vorkenntnisse sind nebensächlich, es zählt allein der gute Wille! Die "Schönbrunn" ist in Linz beheimatet und liegt entweder am eigenen Anleger in Urfahr oder im Hafenbecken I (wo auch das zweite große Schiff, das ex-DDSG Motorzugschiff "Traisen" stationiert ist).

In den letzten Jahren standen Kessel- und Maschinenanlage im Vordergrund der Arbeiten, nunmehr geht es um nicht weniger als die Rettung der Betriebsfähigkeit/Zulassung als Fahrgastschiff vor dem Hintergrund der immer strenger werdenden Sicherheitsvorschriften.
Dazu ist ein umfangreiches Adaptierungs- und Aufarbeitungsprogramm in Ausarbeitung, bei dessen Umsetzung jede helfende Hand willkommen ist. Anfragen gern über mich (PN) oder direkt über die HP des Betreibervereins: www.oegeg.at
 
#5
Auf diesen Schiff bin ich schon als Kind mit meinen Eltern mitgefahren, vor mehr als 50 Jahren. Damals fuhr es noch als "DDSG Schnelldampfer" im Regelbetrieb. Schon damals galt mein Blick nur der Dampfmaschine und nicht der Gegend draußen. Angeblich ist das die einzige Schiffsdampfmaschine mit einer "Joy-Steuerung" Weltweit. Das heißt, dass die Regelstangen, direkt von den Pleuel abgenommen werden und nicht von auf der Kurbelwelle montierten Exzenterscheiben, wie üblich. Auf jeden Fall ist eine Mitfahrt sehr zu empfehlen.
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#6
Besten Dank an @didi42 und @Talgwächter für das Einstellen der interessanten Videos!
Wie @Flughund kenne ich das Schiff (wie auch die der Abwrackung zugeführten anderen "weißen" DDSG-Dampfer) ebenfalls schon seit meiner Kindheit. Gut in Erinnerung ist mir noch das Schwenken der im Video von @Talgwächter bei Minute 4.33 zu sehenden blauen Flagge (Aufstieg zur "Laterne") durch Matrosen bei Schiffsbegegnungen. Damit wurde die Seite der Vorbeifahrt der sich kreuzenden oder überholenden Schiffe angezeigt. Heute erfolgt diese Signalisierung durch ein Blinklicht...
Die "Schönbrunn" ist eines der drei schwimmenden Denkmale in Österreich (die anderen sind "Gisela" und "Thalia"!
Dazu ein Bild der "Gisela" aus 2014 in Gmunden am Traunsee aufgenommen...

1656188866851.jpeg (Eigene Aufnahme 19.06.2014)

...und noch ein altes Analogbild der "Thalia" bei Pörtschach am Wörthersee
1656189975069.png
(Eigene Aufnahme - leider kein Aufnahmedatum vermerkt, dürfte aus 1989 oder 1990 stammen)
 
#7
Das mit der einzigen Joy-Maschine wäre eine Überprüfung wert.

Die Maschine war eine Eigenentwicklung der DDSG-Hauptwerft in Òbuda und als "Typmaschine" konzipiert. Sie war mit unterschiedlichen Dimensionen (Zylinderdurchmesser, Hub) in vielen Dampfern der Firma eingebaut, die wesentlichen Teile (Rahmen, Lagerböcke etc.) blieben gleich. Die Schmiedeteile kamen aus der Gußstahlfabrik Witkowitz, die Gußteile erstellte die firmeneigene Gießerei der Werft. Die ganze Bauform ist typisch DDSG - überdimensioniert und einfach zu bedienen/warten/reparieren.

Der Vorteil der Joy-Steuerung ist die wesentlich geringere Baubreite durch den Entfall der Steuerexzenter. Auf Schleppdampfern, die häufig umfangreiche Verstell- und Hafenmanöver zu erledigen hatten, kam oft noch eine Dampfumsteuerung dazu - denn beim Umsteuern auf der "Schö." sind Teile des Gestänges zu heben, was körperlich anstrengend ist.

Die größeren Maschinen dieses Typs liefen auf den Expressdampfern "Saturnus", "Uranus", "Jupiter" und "Helios", 1000 PS nominal. Den Schlußpunkt der Entwicklung bildete aber 1928 die Maschine des größten, je für die Donau gebauten Seitenradschleppdampfer, DZS "Oesterreich" mit 2500 PS!

Mir fällt gerade ein: die Neubaumaschine des Genferseedampfers "Montreux" ist auch joy-gesteuert!
 
#8
@ blaue Flagge: damit signalisiert(e) man eine Begegnung auf der falschen Seite (Stuerbord an Steuerbord). Die Flagge wurde "ausgesteckt". Dieser Begriff ist donauweit auch heute noch im Funkverkehr üblich, auch in Rumänien heißt "aussteck" Steuerbordbegegnung.
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#9
@ blaue Flagge: damit signalisiert(e) man eine Begegnung auf der falschen Seite (Stuerbord an Steuerbord). Die Flagge wurde "ausgesteckt". Dieser Begriff ist donauweit auch heute noch im Funkverkehr üblich, auch in Rumänien heißt "aussteck" Steuerbordbegegnung.
Danke für die Erklärung bzw. Berichtigung! Dachte es wurde und wird generell signalisiert...
Jedenfalls ist mir das "Schwenken" der blauen Flagge durch ein Besatzungsmitglied deutlich in Erinnerung. Kann sein, dass später "ausgesteckt" wurde. Meine "Kindheitsfahrten" liegen ja schon bis etwa 65 Jahre zurück :) und in meinem Langzeitgedächtnis sind noch genau die "fahnenschwenkenden" Matrosen eingeprägt, besonders auf den damals noch bei der Bergfahrt ordentlich qualmenden "schwarzen Doppelkaminern" (Suppan, Vacz und den vielen aus den Oststaaten)...
 
Gefällt mir: Db1
#10
Also dass die Joy Maschine der Schönbrunn die einzige der Welt sein soll, kann ich auch nicht glauben. Ich habe das einmal in diversen Dampfmaschinenseiten im Internet gelesen. Die Maschine der "Gisela" ist übrigens auch sehr sehenswert, da es sich im Gegensatz zur Schönbrunn, um eine "oszillierende Dampfmaschine" handelt. Auch diese Mitfahrt kann ich sehr empfehlen!
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#11
Bekam dazu eine PN-Anfrage:
Die "Schönbrunn" ist eines der drei schwimmenden Denkmale in Österreich (die anderen sind "Gisela" und "Thalia"!
Wurde der Raddampfer "Kaiser Franz Josef" vom Wolfgangsee vergessen?

Nein, der "Dampfer" wurde schon in den 1950iger Jahren mit einem Dieselmotor versehen!
Siehe dazu Auszug aus https://www.sn.at/wiki/Schaufelraddampfer_Kaiser_Franz_Josef_I.:
Das Schaufelraddampfschiff wurde in den Jahren 1872-73 von der Schiffswerft Linz erbaut, erhielt im Jahre 1953-54 im Zuge eines Umbaus anstelle der Dampfmaschine einen Sechszylinder–Klöckner–Humboldt–Deutz-Dieselmotor, der bei 1 300 U/min 116 PS leistet
1656399270590.png
Ausschnitt aus einem Analogbild mit Schaufelradschiff "Kaiser Franz Josef I.", welches ich am 29.08.1991 am Wolfgangsee aufgenommen habe...

lg
josef
 

kallepirna

Well-Known Member
#13
Da auf dem 2. Bild die 2 Außen liegenden (Rechts-Links) Steuerkanzeln (wie immer auch die genannt werden) zu sehen sind, gehe ich mal davon aus das es die Schönbrunn ist. Die Thalia und die Gisela hatten diese ja nicht.
 

kallepirna

Well-Known Member
#16
Naja so gut kenne ich mich den Dampfern bei euch nicht aus, hatte mich nur an den beiden Außensteuerungen orientiert. Ich kenne nur unsere Elbdampfer.
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#17
Da auf dem 2. Bild die 2 Außen liegenden (Rechts-Links) Steuerkanzeln (wie immer auch die genannt werden) zu sehen sind, gehe ich mal davon aus das es die Schönbrunn ist. Die Thalia und die Gisela hatten diese ja nicht.

Naja so gut kenne ich mich den Dampfern bei euch nicht aus, hatte mich nur an den beiden Außensteuerungen orientiert. Ich kenne nur unsere Elbdampfer.
Hallo Kalle,
bin da auch kein Fachmann, denke aber, die zum Steuerhaus zusätzlichen beiden "Nockenhäuser" hängen mit der Breite des Schiffes zusammen. Diese beträgt bei der "Schönbrunn" fast 16 m und die Positionierung direkt oberhalb der Schiffsflanken ermöglicht durch die guten Sichtverhältnisse den Kapitän exakte Anweisungen beim An- und Ablegen zu geben:

1656489955323.png

Die "Thalia" mit 6,30 m und "Gisela" mit nur ca. 5 m (ohne Radkästen) Breite sind da bestimmt leichter zu manövrieren.

Auch die "Elbdampfer" dürften schmäler sein:
1656491159614.jpeg
Foto aus 1999 von der "Elbschifffahrt" von Königstein nach Dresden...
 

kallepirna

Well-Known Member
#18
Ja, die sind schmaler, aber sie haben auch diese Außensteuerung, zumindest einige über den Schaufelrädern. Aber ohne Kabine, das dient sicher der besseren Sicht beim Anlegen. Wie gesagt eure Schiffe kenne ich nicht, kenne von Österreich nur das Salzburger Land, weiter rein nach Österreich bin ich leider noch nicht gekommen.
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#19
Die modernen Schiffe haben auch "Außenfahrstände", aber ohne "Einhausung" wie früher, wo nur der Kapitän residierte und der Steuermann mittig im Steuerhaus werkte. Heute spart man im Linienverkehr den Steuermann und der Kapitän fährt das Schiff mittels Joystick alleine...


Fotos von einer "Wachaufahrt" auf der damaligen "Prinz Eugen", die seit einem Umbau 2015/16 nun den Namen "Dürnstein" trägt:
1656499474916.png 1656499516521.png
(Aufnahmen v. 23.04.2014)
 
Oben