Die Hochseeschifffahrt ist einer der die Umwelt am meisten verschmutzenden Wirtschaftszweige

josef

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#1
Umweltsünder

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Schiffsverkehr soll rascher grüner werden
Der Schiffsverkehr gilt als eine der letzten Bastionen der Umweltsünder. Während man bei anderen Transportmitteln wie etwa Autos, Lkws und Flugzeugen bereits seit Längerem zunehmend auf ein Grünerwerden etwa durch schärfere Abgasregeln setzt, hinkt die Containerschifffahrt noch weit hinterher. Doch das soll sich nun ändern.
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Die Schifffahrt ist die Lebensader der Weltwirtschaft. Rund 90 Prozent des globalen Handels wird über das Meer abgewickelt. Der Seehandel ist allerdings auch einer der die Umwelt am meisten verschmutzenden Wirtschaftszweige weltweit.

Laut Experten sind mehr als 90.000 Containerschiffe auf den Meeren unterwegs. Der Sektor sei jahrzehntelang aufgrund fehlender Regulierung der Mistkübel für die Ölindustrie gewesen. Jährlich werden rund zwei Milliarden Barrells des „schwersten Heizöles, das aus den schmutzigsten Rückständen eines Rohölfasses hergestellt wird“, verbrannt, wie es die „Financial Times“ beschreibt.

Reuters/Mike Blake
Nachdem die Schifffahrtsbranche jahrelang entkommen ist, sollen sie nun neue Auflagen grüner machen

Die „Dreckschleudern“ und die Probleme an den Küsten
Zusätzlich können sich darin auch andere Öl-, Gas- und chemische Rückstände befinden, wie die Zeitung weiter über die Schiffe als „Dreckschleudern“ schreibt. So sei die Schwefelkonzentration rund 3.500-mal größer als etwa die Dieselemissionen, an denen Volkswagen „gefeilt“ hat, heißt es weiter. Die Containerschifffahrt sei neben anderen Abgasen für zwei bis drei Prozent des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich.

AP/Chinatopix
Ein Containerschiff an der Küste der chinesischen Shandong-Provinz

Die Zeitung weist auch auf die Schädigung der Gesundheit hin, die von den Abgasen und Verschmutzungen in der Luft sowie auch im Wasser ausgeht. Vor allem entlang der Schiffsrouten an den Küsten Asiens und Afrikas seien die Menschen betroffen, so die „Financial Times“ mit Verweis auf einen Experten.
Doch die Verschmutzung werde durch Winde auch in Regionen weiter im Landesinneren getragen. Auswirkungen seien vor allem Atemwegserkrankungen. Die Zeitung zitiert eine Studie von 2018, nach der die Verschmutzung durch die Schiffe 400.000 Tote jährlich verursacht. Andere Studien schätzen hingegen die Anzahl der Todesfälle geringer ein, wie die Zeitung schreibt.

Derzeit Schwefelausstoß im Mittelpunkt
Die großen Schifffahrtsrouten gleichen bereits Highways. Tendenz steigend, wie man auf der Website Marine Traffic beobachten kann. Auf der Website lassen sich auch einzelne Schiffe verfolgen.

AP/Bruce Smith
Ein Containerschiff auf dem Weg in den Hafen von Charleston im US-Bundesstaat South Carolina

Derzeit ist vor allem der Schwefelausstoß und nicht etwa der CO2-Wert der Schiffe im Fokus. Die internationale Schifffahrtsorganisation der UNO, die IMO, hatte 2016 beschlossen, den maximalen Grenzwert für Schwefel im Treibstoff wie etwa Schweröl von 2020 an weltweit von 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent zu begrenzen. Reeder, die aus Kostengründen keine schwefelarmen Kraftstoffe verwenden, haben mit empfindlichen Strafen zu rechnen.

Drei Möglichkeiten
Die Reedereien haben drei Möglichkeiten, die Regeln einzuhalten: Sie wechseln von Schweröl auf Schiffsdiesel, bauen in die Schiffe eine Reinigungsanlage ein oder rüsten das gesamte Schiff auf verflüssigtes Erdgas LNG als Treibstoff um. Laut Angabe der Organisation wählen die meisten den Umstieg auf Schiffsdiesel.
Die Reeder sind davon wenig begeistert. Die internationalen Reedereien rechnen laut einer Umfrage vom letzten Jahr damit, von heuer bis 2023 mehr als 250 Milliarden Dollar (215 Mrd. Euro) für Investitionen und Betriebskosten im Bereich „Green Shipping“, einer weniger umweltschädlichen Schifffahrt, aufwenden zu müssen, so der Vorsitzende der International Chamber of Shipping (ICS), Esben Poulsson. Laut dem Branchenanalysten S&P Global Platts könnte indes der globale finanzielle Aufwand noch erheblich größer werden. Der Informationsdienst schätzt die Kosten für die Weltwirtschaft auf rund eine Billion Dollar in fünf Jahren.

Auch Treibstoff könnte teurer werden
Über den möglichen Anstieg der Treibstoffpreise sind Fachleute uneins. Einige Experten erwarten einen Anstieg des Preises für Schiffsdiesel durch den plötzlich rasch wachsenden Bedarf, während andere die Ölindustrie darauf vorbereitet sehen und höchstens von einem kurzfristigen Anstieg ausgehen.
Unklar ist indes, ob die Reinigungs- und Filteranlagen, die in teils ältere Schiffen eingebaut werden, um die gewünschten niedrigeren Schwefelwerte zu erhalten, überhaupt gut für die Umwelt sind. Denn sie müssen ebenfalls regelmäßig gereinigt werden, um richtig zu funktionieren. Umweltschützer befürchten, dass so wieder Schmutz in die Meere gelangen könnte.
Langsameres Fahren mit zwei Effekten
Eine weitere Maßnahme, um die Schadstoffe zu reduzieren, wurde indes von einer Gruppe von französischen und griechischen Reedereien vorgeschlagen. Sie sind für die Verhängung von Höchstgeschwindigkeiten für die Schiffe und schlagen „slow steaming“ also einfach langsameres Fahren vor. Würden die Containerschiffe langsamer fahren, hätte das sogar zwei Effekte, argumentieren sie laut „Financial Times“.
Ersten würde der Schadstoffausstoß ohne weitere Maßnahmen sofort reduziert, da die Schiffe einfach weniger Treibstoff verbrennen würden, und zweitens würden langsamere Fahrten eine Verringerung der Transportkapazitäten nach sich ziehen und damit den Preisverfall für Ladungen auffangen und diesem entgegenwirken.

Suche nach alternativen Antrieben
Auf lange Sicht kommt allerdings auch die Schiffsbranche nicht ohne alternative Antriebsquellen aus, sind sich Fachleute einig. Ein Containerschiff hat eine Lebensdauer von zumindest 25 bis 30 Jahren. Sie verweisen auf Elektroantrieb, der bei Fähren in Einsatz ist.
Die Fähren sind allerdings viel kleiner als Containerschiffe. Außerdem gebe es bereits ein Comeback des windbetriebenen Zusatzantriebs, sprich Segeln. Außerdem sollte die Entwicklung bei Wasserstoffantrieben nicht aus den Augen verloren werden, so die Zeitung mit Verweis auf Experten und Expertinnen.
baue, ORF.at

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Umweltsünder: Schiffsverkehr soll rascher grüner werden
 

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#2
Schifffahrt auf Suche nach grünerem Kurs

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Ab 1. Jänner 2020 müssen alle Schiffe laut Bestimmung der Schifffahrtsbehörde IMO (International Maritime Organization) den Ausstoß von Schwefeloxiden um 85 Prozent reduzieren. Zugelassen sind dann nur noch Brennstoffe mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,5 statt wie bisher 3,5 Prozent. In der Branche herrscht tiefe Verunsicherung.
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Viele Reeder hatten gehofft, dass der Stichtag noch einmal verschoben oder eine Übergangsfrist festgelegt werde. Doch das passierte nicht, der strengere Schwefelwert gilt mit Jahresbeginn. Um diesen einzuhalten, kommen drei Möglichkeiten infrage: Schiffsbetreiber wechseln von Schweröl auf Schiffsdiesel, bauen in die Schiffe eine Abgasreinigungsanlage ein oder rüsten das gesamte Schiff auf verflüssigtes Erdgas als Treibstoff um. Doch Unwägbarkeiten tun sich bei jeder Option auf.

Die meisten Reeder werden den Umstieg auf schwefelarmen Kraftstoff, Very Low Sulphur Fuel (VLSF), oder auf Marinedieselöl (MGO) wählen – in Deutschland planen etwa 80 Prozent der Schiffsbetreiber diesen Schritt, wie der Verband Deutscher Reeder (VDR) unlängst bekanntgab. „Allerdings sind die Kosten, die breite Verfügbarkeit und die Spezifikationen eines neuen Kraftstoffs für den Einsatz in Schiffsmaschinen noch ungewiss. Die Erdölindustrie muss Raffinerien und Lieferketten anpassen und wird diese Kosten wahrscheinlich an den Markt weitergeben“, hieß es seitens des Schweizer Logistikunternehmens Kühne + Nagel.
Zudem besteht Brancheninsidern zufolge die Gefahr, dass sich durch die Vermischung von verschiedenen Arten des neuen Kraftstoffs Rückstande bilden, die den Motor verstopfen und letztlich auch demolieren könnten.

Reuters/Piroschka Van De Wouw
Mit Jahresbeginn müssen alle Schiffe den Ausstoß von Schwefeloxiden um 85 Prozent reduzieren

Die Crux mit den Scrubbern
Auch schwefelreichere Kraftstoffe können weiter genutzt werden – diese müssen künftig aber Anlagen zur Abgasnachbehandlung durchwandern. Nur mit diesen Scrubbern, die den Schwefel aus den Schwerölabgasen extrahieren, können die Emissionsvorschriften eingehalten werden. Der Haken dabei: Der Einbau eines Scrubbers kostet mehrere Millionen Euro und ist, einem Bericht des „Tagesspiegels“ zufolge, alles andere als treffsicher.

Fast alle Hochseeschiffe mit Abgasvorrichtung kippen ihre Schwefelabwässer einfach ins Meer, wie es in dem Artikel unter Berufung auf eine Statistik der DNV GL, des weltweit größten Schiffsklassifikationsunternehmens, heißt. Lediglich 63 der dort aufgeführten 3.816 Schiffe hätten einen in sich geschlossenen Abgaswäscher installiert (Closed-Loop-Scrubber). Nur bei diesen werden die Schwefelabwässer in Tanks gespeichert, bevor die Schiffe sie in einer sicheren Entsorgungsanlage in einem Hafen ableiten.

Die anderen (Open-Loop-Scrubber) entleeren den flüssigen Schwefel in die Gewässer – ganz legal. Der deutsche Umweltverband NABU übte laut „Tagesspiegel“ heftige Kritik an dem Konstrukt. „Die Scrubber waren eine Fehlentscheidung“, hieß es dort. „Eigentlich müssen wir sie wieder loswerden. Sie sind nichts anderes als eine Umleitung der Verschmutzung von der Luft ins Wasser – und verbrauchen zudem noch zwei bis fünf Prozent mehr CO2.“ Einige Regionalhäfen haben entsprechend Regeln erlassen, um deren Einsatz zu verhindern.

Nicht erdölbasierte Kraftstoffe noch unbedeutend
Die dritte, zweifellos umweltverträglichste Lösung, um die neuen Schwefelgrenzwerte einzuhalten, wäre der Umstieg auf verflüssigtes Erdgas (LNG) – derzeit spielt das in der Schifffahrt aber nur eine marginale Rolle, zu hoch scheinen den Reedern noch die Mehrkosten. Laut der in Hamburg ansässigen Maritime LNG Plattform wird die Umstellung der globalen Schifffahrt auf klimafreundlichere Treibstoffe noch Jahrzehnte dauern. Zwar könnten immer mehr Schiffe LNG tanken, doch derzeit seien weltweit nur einige hundert Schiffe solcherart unterwegs – bei einer Weltflotte von 50.000 bis 80.000 Schiffen.

Reuters/Jean-Paul Pelissier
Die Schweizer Reederei MSC gehört zu den größten CO2-Emittenten Europas

Gewaltiger CO2-Emittent
Durch LNG als Treibstoff werden Feinstaub, Stickoxide und Schwefel deutlich reduziert, CO2 jedoch nur zu 20 Prozent. Dabei gehen drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen laut einer aktuellen Studie der ETH Zürich auf das Konto der Schifffahrt. Die Branche hat sich das Ziel gesteckt, bis 2050 die Kohlendioxidemissionen auf die Hälfte – im Vergleich zu 2008 – zu senken.
Die Umsetzung könnte schwierig werden: „In den Niederlanden, wo mit Rotterdam der mit Abstand größte Tiefwasserhafen Europas liegt, produziert die Schifffahrt mehr CO2 als alle zugelassenen Autos zusammen“, fasste das „Handelsblatt“ Mitte Dezember eine neue Studie des europäischen Think Tanks Transport & Environment (T&E) zusammen.

Während Autohersteller mit strengen Grenzwerten auf den Klimaschutz ausgerichtet würden, werde die Schifffahrt zu zögerlich reguliert, kritisierte T&E. Und wie bei den Autoherstellern lägen die offiziell kommunizierten Emissionswerte und die realen Emissionswerte weit auseinander. Alleine in der Containerschifffahrt würden 22 Millionen Tonnen CO2 mehr emittiert als ausgewiesen, hieß es in der Studie.

Reuters/Jean-Paul Pelissier
Das als Treibstoff für Fracht- und Kreuzfahrtschiffe verwendete Schweröl belastet die Umwelt mehr als jeder andere Kraftstoff

Größter Emittent der Schifffahrt in Europa ist laut „Handelsblatt“ die Schweizer Reederei MSC mit elf Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2018 – was sogar den Kohlendioxidausstoß der Billigfluglinie Ryanair übertrifft. Die Reedereien müssten darum über einen „European Maritime Climate Fund“ gezwungen werden, für ihre CO2-Emissionen zu zahlen, schrieb T&E.

„Green Shipping“ – Gefährdung für die Konjunktur?
Erst einmal müssen die Reeder aber danach trachten, die neuen Schwefelgrenzwerte einzuhalten. Das allein stellt die Branche vor große Herausforderungen, die Strafen bei Verstoß sollen rigide ausfallen: „Je nach Rechtsprechung muss mit hohen Bußgeldern, Schiffshaft oder sogar der Inhaftierung des Kapitäns gerechnet werden“, heißt es bei Kühne + Nagel.

Die internationalen Reedereien rechnen laut einer Umfrage damit, bis 2023 mehr als 250 Mrd. Dollar (215 Mrd. Euro) für Investitionen und Betriebskosten im Bereich „Green Shipping“ aufwenden zu müssen. Manche Analysten wie Per-Ola Hellgren von der deutschen LBBW Research beschwören gar ein globales Krisenszenario herbei: „Als Konsequenz (der verschärften Regelung, Anm.) könnte das Weltwirtschaftswachstum 2020 spürbar geringer ausfallen, da mehr als 80 Prozent des Welthandels über die Schifffahrt abgewickelt werden. Die Einführung zum Jahreswechsel würde damit die Gefahr einer weltweiten Rezession erhöhen.“

Und auch bei den Kosten für die Branche sieht der Analyst schwarz: Laut einer Studie von S&P Global Platts würden sich diese in den kommenden fünf Jahren auf mehr als eine Billion US-Dollar belaufen. Die vorgeschriebene Senkung des Schwefelanteils sei die größte Veränderung der Schiffskraftstoffe seit der Umstellung von Kohle auf Öl um 1930.
30.12.2019, aloh, ORF.at

Links:
Neue Vorschriften: Schifffahrt auf Suche nach grünerem Kurs
 
#5
Ich kenne es als Schrägkolbenmotor / Zylinderhufmotor aus den 70ern.

Eine neue Pumpe

Da steht der Kolben und der Zylinder dreht sich. :)
Das Prinzip hat der Herr aber geklaut! Bereits in den 60ern hat man diesen Allstoffmotor als Prototypen in Hochseeschiffen verbaut, welche in den 90ern immer noch verschleißfrei liefen!
Das ist der beste Beweis das auch das Internet Sachen vergisst.

Der Original-Artikel dazu findet man im PRAKTIC - einer DDR-Zeitschrift. Bitte nicht mit dem Magazin Praktik aus DDR-Zeit verwechseln!
 
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josef

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#9
Wie Frachter grüner um die Welt schiffen könnten
Frachtschiffe gehören zu den größten Umweltverschmutzern des Planeten. Der französische Reeder Philippe Louis-Dreyfus hat ein einfaches Rezept, das sofort wirken würde

Frachtschiffe transportieren riesige Mengen an Waren über die Ozeane. Entsprechend groß ist ihr Treibstoffverbrauch.
Foto: EPA

Von seinem Eckbüro im dritten Stockwerk blickt Philippe Louis-Dreyfus auf die Seine, hier im Pariser Vorort Suresnes. Sein innerer Horizont geht aber viel weiter – über die Weltmeere. "Ich denke als Erdenbürger", sagt der weißhaarige Mann, dem man seine 74 Jahre nicht ansieht. Der Reeder, der in seinem Büro gerne ein gebrauchtes Fallschirmjäger-Käppi oder Bilder von seiner Rugbyzeit zeigt, würde sich nicht als "Grünen" bezeichnen. Aber man spürt es förmlich, der oberste Kapitän von gut hundert Schiffen auf allen Ozeanen will zur Erhaltung des Planeten beitragen.

Was die Verantwortung seiner Branche anbelangt, spricht der freundliche Vorsteher der drittgrößten französischen Reederei Louis-Philippe Armateurs (LDA) Klartext. Etwa, dass der Treibstoff, den 60 000 Frachter rund um die Erde benützen, äußerst schmutzig bleibt. Denn er gehört zur tiefsten Kategorie raffinierten Öls, und der geschwängerte Rauch wird ohne Emissionsfilter in die Luft abgegeben.

Bisher, so Louis-Dreyfus, habe sich die Branche mit dem Argument verteidigt, dass sie pro Gütertonne viel weniger CO2 ausstoße als andere Transportmittel. Das stimmt aber nur, weil Flugzeuge oder Lastwagen viel kleinere Gewichtsmengen verfrachten und entsprechend hohe Vergleichszahlen aufweisen. In absoluten Zahlen gehörten die Ozeandampfer zu den schlimmsten Dreckschleudern des Planeten. Allein die europäischen Schiffe produzieren laut EU-Statistik mehr CO2 als ganz Tschechien. Europas bedeutendste Reederei MSC liegt diesbezüglich noch vor der größten europäischen Fluggesellschaft Ryanair.

Geschwindigkeit runter
Aber Philippe Louis-Dreyfus weiß Abhilfe. "Die von unseren Frachtschiffen bereits praktizierte Lösung ist ganz einfach", führt er aus; "wir senken die Geschwindigkeit auf den internationalen Routen um etwa zwei Knoten. Das klingt nach wenig, doch die Einsparung ist gewaltig." Der Reeder aus Leidenschaft zeigt dies am Beispiel jener Frachtschiffe, die wegen ihrer Ausmaße nicht durch den Suez- oder Panamakanal passen; sie müssen Afrika via das Kap der guten Hoffnung umfahren und heißen deshalb "capesize" (wörtlich: Kap-Größe). 1700 dieser 300 Meter langen Ungetüme verkehren weltweit. Sie transportieren unverpackte Rohstoffe wie Eisenerz – fast 70 Prozent des verschifften Welthandels.
Bei einer normalen Geschwindigkeit von 15 Knoten (27 km/h) verbraucht ein solcher 180.000-Tonner 55 Tonnen Schweröl am Tag. Bei zwölf Knoten fällt der Konsum unter die Hälfte, nämlich 25 Tonnen, rechnet Louis-Dreyfus vor. "20 Prozent langsamer bedeutet unter dem Strich 55 Prozent weniger Schadstoffe.

Langsamer und billiger
Das Problem ist natürlich der Zeitverlust. Er liegt im Rahmen, findet Louis-Dreyfus: "Von Brasilien nach Japan wäre ein Schiff nicht 25, sondern 29 Tage unterwegs. Die Einsparung an Treibstoff, dem mit Abstand teuersten Posten der Transportkosten, würde die zeitlichen Mehrkosten mehr als aufwiegen." Die Idee ist nicht neu. Nach der Finanz- und Asienkrise, als die Frachtpreise fielen und der Ölpreis stieg, drosselten die großen Reedereien die Geschwindigkeit ihrer Schiffe, um billiger zu transportieren. "Da die ganze Branche zu dieser Maßnahme griff, mussten sich die Kunden wohl oder übel auf die längeren Transportzeiten einstellen", erinnert sich Louis-Dreyfus. "Und es gelang ihnen problemlos – weil der erhöhte Zeitaufwand für alle galt."

Für Louis-Dreyfus ist deshalb eine weltweit verbindliche Lösung nötig. Anordnen kann sie nur die internationale Schifffahrtsorganisation IMO. Als Vorsitzender des weltweiten Branchenvereins Bimco bis 2017 machte Louis-Dreyfus Stimmung für sein Projekt. Containerschiffe sind davon ausgenommen: Sie stehen unter Zeitdruck und haben schon mit Tiefstpreisen zu kämpfen – der Transport eines Fernsehgeräts von Tokio nach Rotterdam kostet heute gerade mal einen Euro!


Ein Tanker vor Saudi Arabien. Riad ist laut Louis-Dreyfus wenig an einer grüneren Schifffahrt interessiert.
Foto: APA/AFP/Cacace

"Entgegen einer verbreiteten Meinung machen die Containerschiffe allerdings weniger als 30 Prozent des internationalen Frachtverkehrs aus", relativiert Louis-Dreyfus. Doppelt so viel entfällt auf die Schüttguttransporter, die ihre Ware direkt in ihre Bäuche laden, ob sie nun Capesize-Größe aufweisen oder nicht.

Ausnahmen für Passagierschiffe
Ausgenommen wären auch Passagier- und Kreuzfahrtschiffe, denn sie folgen eigenen Zeitplänen. Aber sie fallen weniger ins Gewicht, und Louis-Philippe glaubt, dass sie dem Beispiel der Rohstofffrachter folgen würden. Und der öffentlichen Meinung. Ende des letzten Jahres gewann der Franzose die Reeder Griechenlands – die Nummer eins der internationalen Handelsschifffahrt – für seine Initiative. Das war eine Wende. Eigentlich sollte nun alles rasch gehen: Im März könnte die IMO bei ihrer nächsten Tagung eine generelle Einschränkung der Geschwindigkeit oder zumindest der Motorleistung anordnen.

Doch es gibt Widerstand von mächtigen Staaten wie Brasilien, Saudi-Arabien und den USA. Louis-Dreyfus sagt auch, warum: Brasilien befürchtet einen Wettbewerbsnachteil, weil sein Eisen eine viel längere Strecke nach China oder Japan zurücklegen muss als etwa die Konkurrenz aus Australien; die Saudis sind zu stark auf ihre Öltanker angewiesen, um sie zu bremsen. "Und die Amerikaner hintertreiben unter Donald Trump sowieso jede Maßnahme gegen die Klimaerwärmung", meint der Franzose, seinen Ärger nicht verhehlend.

Deshalb glaubt er nicht, dass die IMO schon im März eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Frachtrouten verkündet. Louis-Dreyfus will auf jeden Fall weiterkämpfen. Denn momentan gebe es keine Alternative, meint er: Großsegel oder Sonnenkollektoren seien ineffizient, Gas- und Wasserstoffantrieb noch lange nicht einsatzfähig. Deshalb findet er: Je schneller die Welttemperaturen steigen, desto langsamer sollte die Welthandelsflotte fahren. Und zwar sofort.
(Stefan Brändle aus Suresnes, 25.2.2020)

Weiterlesen:
Windsegel sollen Frachtschiffemissionen auf Weltmeeren radikal verringern
Auf dem Weg zur grünen Frachtschifffahrt

Wie Frachter grüner um die Welt schiffen könnten - derStandard.at
 

josef

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#10
SAUBER ÜBERS MEER
Wie die internationale Schifffahrt klimafit werden könnte
Methanol, Ammoniak oder Wasserstoff könnten dazu dienen, den Schiffsverkehr klimafreundlich zu machen. Welche Lösung sich durchsetzt, ist noch offen

Ein Blick in die Zukunft des klimafreundlichen Schiffsverkehrs offenbart verschiedene Optionen. Jede davon hat ihre spezifischen Pluspunkte und Nachteile.
Foto: Imago/Pluriversum

Der Verkehr muss klimafreundlicher werden. Bei Autos, Lkws und Eisenbahnen ist das längst erkannt, Politik und Industrie forcieren einen Umbau. Beim Luftverkehr und insbesondere der Schifffahrt tüfteln die Ingenieure zwar ebenfalls, doch der politische Druck ist noch gering, und technische Lösungen lassen sich nur erahnen.

Dabei ist offenkundig, wie bedeutsam die Branche ist: 90 Prozent der international gehandelten Güter werden per Schiff transportiert. Die Seeschifffahrt stößt jährlich 940 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus und damit knapp drei Prozent des weltweiten Ausstoßes. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) will die CO2-Emissionen bis 2050 halbieren (bezogen auf 2008). Nicht genug, meint der Welt-Reederverband ICS und drängt auf Klimaneutralität bis 2050.

Alternative zu schwerölgetriebenen Motoren
Es muss also eine Alternative her für schwerölgetriebene Motoren. Zwar wird an Technologien mit Methanol, Ammoniak und weiteren Energieträgern geforscht. Doch alle haben ihre Nachteile. Und die Technologie muss schnell einsatzfähig sein.

Ein Schritt in diese Richtung sind Antriebe mit verflüssigtem Erdgas (LNG), die seit einigen Jahren laufen: vor allem in LNG-Tankern, die Teile ihrer eigenen Ladung verbrennen, sowie manchen Container- und Kreuzfahrtschiffen. Verglichen mit Schweröl werden viel weniger Stickoxide, Ruß und Schwefeloxide freigesetzt, der Ausstoß an Treibhausgasen ist um bis zu einem Viertel geringer. Aber nur, wenn alles dicht hält. LNG besteht hauptsächlich aus Methan, das 25-mal klimaschädlicher ist als CO2. Schon kleine Lecks können dazu führen, dass der Klimavorteil dahin ist. Das gilt auch für Biomethan, das den "fossilen" Treibstoff in solchen Schiffen ablösen soll.

Unkomplizierter Umstieg auf Methanol
Methanol verspricht besser handhabbar zu sein. Als Grundchemikalie wird es weltweit genutzt, der Umgang damit ist routiniert. Wird der Alkohol aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, ist auch die Klimabilanz günstig. Vorteilhaft ist, dass existierende Schiffe relativ einfach auf den Treibstoff umgestellt werden können und die Lagerung wenig kostet, wie der Ingenieurdienstleister DNV in einem Vergleich verschiedener Antriebe darlegt.

Methanol wird bereits seit 2015 auf dem Fährschiff Stena Germanica zwischen Kiel und Göteborg genutzt. Auch der 35 Meter lange Forschungskutter Uthörn des Alfred-Wegener-Instituts, der 2022 in Dienst gestellt werden soll, wird über einen Methanolantrieb verfügen. Maßgeblich ist jedoch, wie sich die großen Akteure entscheiden. Die dänische Reederei Maersk hat im Sommer mitgeteilt, acht große Containerschiffe mit einem solchen Antrieb bei Hyundai bestellt zu haben. Sie sollen Anfang 2024 fertig sein.

Zehn Cent für Klimaschutz
Maersk-Chef Søren Skou ist überzeugt, dass fossile Verbrenner aus dem Schiffsverkehr verschwinden müssen. Die Methanol-Entscheidung hat in der Branche Gewicht. Der Weg dorthin ist aber teuer. Der Ökosprit kostet laut Skou zwei- bis dreimal so viel wie herkömmlicher Schiffsdiesel. Umgerechnet auf die transportierten Waren falle das kaum ins Gewicht, erklärte er im Nachrichtenmagazin "Spiegel". Bei einem Paar Turnschuhe mache der klimafreundliche Transport zehn Cent aus.

Das größere Problem besteht darin, ausreichend "grünes" Methanol zu beschaffen. Um dieses herzustellen, braucht es Kohlenstoff – aus Biomasse – und Wasserstoff. Der ist klimafreundlich aus der Elektrolyse von Wasser zu haben, wenn der Strom aus Kernkraftwerken oder erneuerbaren Quellen stammt.


Forscher suchen nach Möglichkeiten, die Giganten der Meere umweltfreundlicher zu machen. Im Bild: Die Ever Given ist eines der größten Containerschiffe der Welt und wurde bekannt dafür, dass sie im vergangenen März den Suezkanal tagelang verstopft hat.
Foto: imago images/Xinhua

CO2 als Rohstoff?
Doch die Öko-Option ist vertrackt. "Große Mengen regenerativer Energie dürften künftig in Saudi-Arabien und Nordafrika erzeugt werden", sagt Alexander Dyck, Leiter des Instituts für Maritime Energiesysteme im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Geesthacht. "Dort gibt es aber viel Wüste und nur wenige Pflanzen – woher soll also der Kohlenstoff für Methanol kommen?" Die Alternative wäre, CO2 aus der Luft zu holen. "Das ist aber sehr energieintensiv und steigert nochmals die Kosten."

Das Kohlenstoffproblem umgeht, wer Ammoniak verwendet. Um ihn herzustellen, braucht es neben Wasserstoff nur Stickstoff aus der Luft. Auf der Plusseite stehen die Erfahrungen der Industrie im Umgang damit. Dagegen spricht, dass Ammoniak ätzend ist, sobald er mit Feuchtigkeit, etwa auf der Haut, reagiert. Eingeatmet kann er zu Atemstillstand führen. Glücklicherweise sind Lecks rasch an ihrem Geruch zu erkennen.
Die Qual der Wahl
Die dritte Option ist Wasserstoff, der in einer Brennstoffzelle umgesetzt wird, um Schiffe anzutreiben. Auch hier erscheinen Wasserstofftanker als logische Anwendungen, die den Weg für weitere Schiffstypen bereiten. Wasserstoff lässt sich aber noch schwerer in Tanks und Leitungen halten als Erdgas und ist noch leichter entzündlich. Daher ist viel Entwicklungsarbeit nötig, um den Treibstoff sicher handhaben zu können – so lautet das Fazit eines Firmenkonsortiums, das sich jüngst eingehend mit dem Thema befasst hat.

Welcher der drei Treibstoffe sich durchsetzen wird, kann derzeit keiner vorhersagen. Es sei sinnvoll, Schiffe so zu planen, dass sie umgerüstet werden können, meint der DLR-Experte Alexander Dyck. "Der Standard ist heute eine Bodenplatte, auf die man Motor und Welle setzt." Das sei billig, aber unflexibel, weil die Aggregate kaum zu wechseln sind. "Besser wäre es, Schiffe grundsätzlich zu elektrifizieren."

Optionen für die Zukunft
Die Schiffspropeller werden also von einem Elektromotor angetrieben, der den Strom von einem Generator bezieht. Dieser kann flexibel an Bord integriert und gegebenenfalls getauscht werden – je nachdem, ob er mit Methanol oder Ammoniak betrieben wird oder als Brennstoffzelle ausgelegt ist. "Das löst das Dilemma, sich auf einen bestimmten Antrieb festlegen zu müssen", erklärt Dyck. "Ich erkaufe mir damit weitere Optionen für die Zukunft."
(Ralf Nestler, 10.1.2022)

WISSEN
Wie sich Spritverbrauch senken lässt

Um die Schifffahrt umweltfreundlicher zu machen, ist es sinnvoll, den Treibstoffverbrauch zu senken. Eine simple, aber unpopuläre Methode: langsam fahren ("slow steaming"). Zudem kann der Wind genutzt werden. Vor 15 Jahren machte die Firma Skysails mit einem Zugdrachen Furore, der Frachtschiffe unterstützt. Nach einigen Testfahrten kam aber die Schiffskrise 2012, und das Interesse blieb aus.

Eine weitere Option ist ein Flettner-Rotor: ein aufrechter, rotierender Zylinder auf dem Schiff. Bei Seitenwind wird ein Vortrieb erzeugt. Die Firma Scandlines hat einen solchen im Frühjahr 2020 auf dem Fährschiff Copenhagen montiert, das zwischen Rostock und Gedser (DK) verkehrt. Das 30 Meter hohe Rotorsegel machte anfangs mehr Lärm als erwartet. Die CO2-Einsparung gibt das Unternehmen mit vier bis fünf Prozent an. 2022 soll auch das Schwesterschiff Berlin mit einem Rotorsegel ausgerüstet werden.
(ralf)

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Wie die internationale Schifffahrt klimafit werden könnte
 

josef

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#11
Bis 2050 sollen große Schiffe in der EU 80 Prozent weniger CO2 ausstoßen
Laut EU-Staaten soll es auch zeitlich befristete Ausnahmen geben. Der deutsche Grünen-Abgeordnete Andresen kritisierte, dass Schlupflöcher durch die Ausnahmen zu groß seien

Die neuen Regeln sollen für Schiffe ab einer Größe von 5.000 Bruttoregistertonnen gelten.
Foto: IMAGO/Markus Tischler

Brüssel – Große Schiffe in der EU sollen ihren Treibhausgasausstoß bis 2050 um 80 Prozent verringern. Darauf einigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments Donnerstagfrüh, wie das EU-Parlament mitteilte. Die EU-Staaten betonten in einer Mitteilung, dass es zeitlich befristete Ausnahmen gibt, etwa wenn Schiffe kleine Inseln und Gebiete ansteuern, die wirtschaftlich in hohem Maße von ihrer Anbindung abhängen.

Der an den Verhandlungen beteiligte deutsche Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen kritisierte: "Durch sehr weitreichende Ausnahmen, beispielsweise für den Inselverkehr und kleinere Schiffe, sind die vereinbarten Schlupflöcher zu groß." Das neue Gesetz könne nur ein Einstieg in eine umweltfreundliche Schifffahrt sein.

Das EU-Parlament hatte sich in den Verhandlungen dafür starkgemacht, dass der CO2-Ausstoß von Schiffen ab 2035 um 20 Prozent und ab 2050 um 80 Prozent im Vergleich zu 2020 reduziert sein müsse. Die EU-Staaten waren dem Vorschlag der EU-Kommission gefolgt und hatten eine Reduzierung um 13 Prozent beziehungsweise 75 Prozent vorgeschlagen. Am Ende einigte man sich als Zwischenschritte auf 14,5 Prozent Reduktion bis 2035, 31 Prozent bis 2040 und 62 Prozent bis 2045.

Verbrauchte Energie in oder zwischen EU-Häfen
Die Reduktionsziele gelten nach Angaben des Parlaments für Energie, die in oder zwischen EU-Häfen verbraucht wird. Wenn der Abfahrts- oder der Ankunftshafen außerhalb der EU lägen, gelten die Reduktionsziele zu 50 Prozent.

Den Angaben zufolge sollen Schiffe ab einer Größe von 5.000 Bruttoregistertonnen von den neuen Regeln betroffen sein. Diese sind laut EU-Parlament für den Großteil der CO2-Emissionen in der Seeschifffahrt verantwortlich.

Zudem sollen ab 2034 mindestens zwei Prozent erneuerbare Kraftstoffe verwendet werden. "Dies gilt jedoch nur, sollte der Anteil von E-Fuels in der Schifffahrt im Jahr 2030 unter einem Prozent liegen", teilte die Initiative E-Fuel Alliance mit. Wenn E-Fuels mit erneuerbarem Strom hergestellt werden, können diese künstlichen Kraftstoffe klimaneutral sein.
(APA, 23.3.2023)

Weiterlesen:
Diese Kreuzfahrtschiffe sind mit alternativem Antrieb unterwegs
Alkoholdampfer als CO2-Bremse

Bis 2050 sollen große Schiffe in der EU 80 Prozent weniger CO2 ausstoßen
 

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#12
IMO-KONFERENZ
Wie Schiffe die Umwelt belasten – und wie sie grüner werden sollen
Die Emissionen der Schifffahrt steigen, auslaufendes Schweröl verschmutzt die Meere. Lösungen soll die UN-Schifffahrtsorganisation diese Woche in London finden
Mehr als drei Viertel des gesamten Welthandelsvolumens an Waren werden heute auf dem Seeweg transportiert. Die Mengen, um die es dabei geht, steigen rasant – der Verkehr auf den Meeren wird immer dichter. Damit klettern auch die Emissionen in die Höhe, die die Schifffahrt erzeugt. Heute verursacht sie rund drei Prozent der globalen Treibhausgase. Bis 2030 könnten die Emissionen im Vergleich zu 2008 um über 15 Prozent steigen. Alternativen zu dem billigen, aber dreckigen Schweröl, das weiterhin häufig eingesetzt wird, stecken noch in den Kinderschuhen.


Die Schifffahrt belastet das Klima, aber auch die Natur - etwa durch im Meer entsorgtes Öl.
Getty Images

Dennoch zeigen neue Studien: Die Emissionen der Schifffahrt könnten bis 2030 halbiert werden, sogar ohne den Handel zu beeinträchtigen. "Die Länder wissen, dass dieses Ziel sowohl machbar als auch bezahlbar ist", sagt John Maggs, Direktor für Schifffahrtspolitik bei der Organisation Seas at Risk. Sie hat anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Internationalen Konvention zum Stopp der Meeresverschmutzung durch Schiffe (Marpol) eine neue Studie veröffentlicht. Sie kritisiert: Die Schifffahrt habe bislang dabei versagt, ihre Emissionen entsprechend zu reduzieren. Der Umstieg auf alternative Kraftstoffe gehe zu langsam.

Frachter sollen zahlen
Einige Antworten soll die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) – jener Arm der UN, der die globale Schifffahrt reguliert – liefern. Die Staaten treffen sich dazu diese Woche in London. Neben neuen Klimazielen und Möglichkeiten, auf nachhaltigere Antriebsarten umzustellen, geht es dort auch um eine neue Steuer. Laut Vorschlägen, die dazu kursieren, soll sie bis zu hundert Dollar pro Tonne CO2 betragen und der globalen Klimafinanzierung zugutekommen.

Die Pläne dazu wurden bereits vergangene Woche auf dem Pariser Gipfel für einen neuen Finanzpakt diskutiert. Bislang wird die internationale Meeresschifffahrt kaum besteuert, weil keine Regierung für die Hochsee zuständig ist. Eine neue Steuer müsste die IMO beschließen. Damit könnte sie den Umstieg auf nachhaltigere Technologien beschleunigen, so die Annahme.

Weniger Unfälle, aber der Schein trügt
Es gäbe jedenfalls viel aufzuholen: Neben den Emissionen und ihrer steigenden Klimawirkung schadet die Schifffahrt auch der Unterwasserwelt. Große Tanker- und Bohrlochunfälle seien zwar seltener geworden, heißt es in dem Bericht von Seas at Risk. Trotzdem gelangt jeden Tag viel Öl ins Meer – etwa beim Ablassen von Ölresten. Diese kleinen illegalen Entsorgungen verschmutzen die Meere insgesamt zehnmal stärker als die großen Unfälle, so die Organisation.

Dazu kommen Rückstände der giftigen Antifouling-Farbe, die von Schiffsrümpfen ins Meer gelangt, Abwässer von Kreuzfahrtschiffen und die Lärmbelästigung, die in den vergangenen 50 Jahren um das 32-Fache zugenommen hat.


Die norwegische Yara Birkeland soll das erste autonom fahrende, elektrisch betriebene Frachtschiff der Welt werden.
AP

All diese Folgen nehmen überall auf der Welt zu – auch in Gebieten, in denen die Schifffahrt bislang weniger präsent war, wie der Arktis. Weil sich das Eis allmählich zurückzieht, wird das Gebiet als Abkürzung zwischen Pazifischem und Atlantischem Ozean immer attraktiver. Dabei ist die Arktis besonders empfindlich: Ein Ölunfall hätte dort katastrophalere Folgen als anderswo, und die Rußpartikel der Schiffe führen dazu, dass weniger Sonnenlicht von der weißen Oberfläche ins All reflektiert wird – was den Klimawandel weiter anheizt.

Segel und Ammoniak
Ideen, um die Klima- und Umweltauswirkungen der Schifffahrt zu mindern, gibt es genug. Forschungseinrichtungen und Unternehmen versuchen etwa, Schiffe nachhaltiger zu machen, indem sie zurück zu den Ursprüngen der Schifffahrt gehen – und Segel statt Motoren als Antrieb nutzen. Zwar sind bereits eine Handvoll Segelfrachter unterwegs, doch die Wiederentdeckung des Windes hat erst begonnen. Für schwere Containerschiffe müssten Segel enorm groß sein – und könnten auch dann nur einen Teil der Motorleistung ersetzen.


Die Suiso Frontier, ein mit Wasserstoff betriebenes Schiff in Kobe, Japan. Wasserstoff und aus Wasserstoff hergestellte Treibstoffe gelten als Zukunftstechnologie für die Schifffahrt.
via REUTERS

Vielversprechender sind andere Antriebsarten. In Skandinavien sind etwa bereits Fähren und Frachtschiffe mit Batterieantrieb unterwegs. Dieser eignet sich aktuell aber nur für kurze Strecken. Für die Hochseeschifffahrt sind eher alternative Treibstoffe wie Wasserstoff, Ammoniak oder Methanol gefragt, die aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Die dänische Reederei Maersk, die zweitgrößte der Welt, hat bereits 19 Containerschiffe geordert, die auch mit Methanol betrieben werden können.

Derzeit fehlen allerdings noch die benötigten Mengen an alternativen Treibstoffen. Das liegt auch an der geringen Nachfrage – denn die Anreize für die Reedereien, den viel teureren Öko-Sprit zu tanken, sind gering.

China blockiert
Eine neue Steuer auf Schifffahrtsemissionen könnte alternative Antriebsarten attraktiver machen. Doch mehrere der 175 Staaten, die an der Konferenz der UN-Organisation in London teilnehmen, stellen sich gegen eine solche Abgabe.

Wie die Financial Times berichtet, soll China Entwicklungsländer dazu aufgefordert haben, ein übermäßig ehrgeiziges Emissionsreduktionsziel abzulehnen. Auch Brasilien, Argentinien und Südafrika, die stark vom Schiffsverkehr abhängig sind, haben sich gegen eine Abgabe ausgesprochen. Andere Staaten, allen voran Barbados, fordern die Abgabe mit Nachdruck – sie soll zusätzliches Geld in die Klimafinanzierung lenken.

Während die Uno weiterverhandelt, gibt es in der EU Fortschritte: So hat das EU-Parlament kürzlich für eine Reform gestimmt, mit der der bestehende Emissionshandel auch auf die Schifffahrt ausgeweitet werden soll. Reedereien müssen dann für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, zahlen – und sich nach Alternativen umsehen.
(Philip Pramer, Alicia Prager, 4.7.2023)

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josef

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KLIMASCHUTZ
Kurssuche auf hoher See
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Der Schiffsverkehr hinterlässt einen großen ökologischen Fußabdruck. Knapp drei Prozent aller CO2-Emissionen gehen auf die Schifffahrt zurück. Seit Jahren will die Branche sauberer werden. Derzeit ringt die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) um verbindliche Klimaschutzregeln für die Schifffahrt. Die Suche nach dem Kurs verläuft aber schleppend.
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Seit Montag tagt die IMO in London und berät über Verschärfungen der Klimaschutzregeln. Delegierte aus 175 Regierungen nehmen an den Diskussionen teil, in denen es nicht nur um neue Maßnahmen gegen die hohen CO2-Emissionen geht, sondern auch um die Frage, wie ehrgeizig die Branche gegen die Klimakrise auftreten will.

Die Schifffahrt, so schrieb die „Washington Post“ mit Blick auf die IMO-Tagung, sei „traditionell ein schmutziger Sektor“. Die meisten Schiffe würden mit Schweröl betrieben. Deshalb spiele die Branche bei der Klimakrise eine „überragende Rolle“. Aber ohne Schiffe geht es nicht. 90 Prozent des Welthandels wird über die hohe See abgewickelt.

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Die Schifffahrt soll grüner werden – wie genau, ist unklar

Klimaneutralität bis 2050
Die IMO sucht daher Lösungen, die den Handel nicht schwächt, aber die Anstrengungen in Sachen Klimaschutz stärkt. IMO-Generalsekretär Kitack Lim appellierte zum Auftakt an die Delegierten, „ehrgeizige Ziele festzulegen, die die Schifffahrt auf einen klaren Weg zur schrittweisen Verringerung der Treibhausgasemissionen bringen“. Branchenverbände erwarten, dass sich die UNO-Sonderorganisation dazu durchringt, Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 anzustreben.

Die 2018 beschlossene Klimastrategie der IMO sieht bisher nur vor, die Treibhausgasemissionen des internationalen Schiffsverkehrs bis 2050 um mindestens 50 Prozent im Vergleich zu 2008 zu senken. Zur weiteren Perspektive hieß es lediglich, es werde angestrebt, „diese Emissionen so bald wie möglich in diesem Jahrhundert zu beenden“. Ein schärferer Kurs wurde bisher durch Entwicklungsländer, mineralölproduzierende Staaten und Billigflaggenländer blockiert.

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UNO-Generalsekretär Antonie Guterres hatte zu Beginn der Tagung die Schiffsfahrtnationen aufgefordert, sich auf einen Kurs zu einigen. Bis spätestens Mitte des Jahrhunderts soll die Industrie in der Lage sein, ihre klimaschädlichen Emissionen auf null zu reduzieren. Der Kurs für die Schifffahrt, die für fast drei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist, „wird von entscheidender Bedeutung sein“, sagte Guterres. Es müssten die Emissionen reduziert und gleichzeitig mehr in „sauberen Kraftstoff“ investiert werden.

Fossile Energie
Die Verbrennung fossiler Rohstoffe ist die Hauptursache für die globale Erwärmung. 2018 stammten laut Weltklimarat knapp 90 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen und der Industrie. 2021 stammte über 80 Prozent der weltweiten Primärenergie aus Kohle, Öl und Gas.

CO2-Abgabe für die Schifffahrt?
Wie so oft, könnten gemeinsame Regeln auch am Geld scheitern. Wie die „Washington Post“ berichtete, wollen die USA den Schiffsverkehr schneller grüner machen. Allerdings befürworten Länder wie Saudi-Arabien, China und Russland langsamere Ansätze. Sie sind Exporteure von Treibstoff und wollen sich Maßnahmen, die den globalen Handel behindern könnten, nicht leisten. Einige Delegierte würden bereits versuchen, Zielformulierungen schwammiger zu gestalten.

Vor der IMO-Tagung hatten Staats- und Regierungschefs Ende Juni in Paris die Verhandlungen zu einem Klimafinanzpaket quasi ohne Ergebnis abgeschlossen. Allerdings plädierten gut zwei Dutzend der teilnehmenden Länder für eine CO2-Steuer auf die Schifffahrt. Man werde dieses Thema weiter vorantreiben, hieß es. „Eine internationale Steuer funktioniert nur, wenn alle mitmachen“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die Schifffahrt sei einer der Sektoren, für die bisher keine CO2-Abgaben vorgesehen sind.
Szenarien zur Erderhitzung

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Klimazielplan für 2030optimistische PrognoseEinhaltung 1,5-Grad-Limitbisheraktuelle Maßnahmen (Unsicherheitsbereich)zusätzliche Initiativen (Unsicherheitsbereich)Einhaltung 1,5-Grad-Limit (Unsicherheitsbereich)

Dafür sprach sich zuletzt auch UNO-Chef Guterres aus. Maßnahmen wie eine CO2-Abgabe würden die Industrie „in die richtige Richtung lenken, indem sie emissionsfreie Kraftstoffe wettbewerbsfähiger machen“, sagte Guterres. Zuvor hatten schon Umweltschutzaktivisten und -aktivistinnen vorgeschlagen, dass eine solche Emissionsabgabe finanzschwachen Ländern im Kampf gegen die Klimakrise zufließen könnte. Andere wiederum meinen, das Geld aus Abgabe soll in neue Technologien investiert werden.

Mit Segel gegen die Klimakrise
Gegenüber CNBC sagte John Maggs, Vorsitzender der Clean Shipping Coalition und Berater bei der US-Umweltschutzorganisation Seas at Risk, dass eine Einigung sinnvoll wäre, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie die internationale Gemeinschaft 2015 in Paris vereinbart hatte. Der Schifffahrtssektor sei aber in Sachen effiziente Klimaschutzmaßnahmen „extrem zögerlich“, so Maggs.

Mit Verweis auf eine Studie meinte er, dass die Schifffahrtsindustrie ihre Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um fast 50 Prozent senken könnte. Dafür benötige es lediglich fünf bis zehn Prozent emissionsfreie oder nahezu emissionsfreie Kraftstoffe und zum Beispiel windunterstützte Technologien wie große Segel.

Dabei handelt es sich freilich nicht um herkömmliche Segeltücher, die mit Seilen befestigt werden, sondern um Hartsegel aus mit Fasern verstärktem Kunststoff, das mit Hilfe von Sensoren die Windrichtung und -geschwindigkeit erkennt und sich danach ausrichtet. Der japanische Kohlefrachter „Shofu Maru“, der zwischen Australien, Japan und Nordamerika verkehrt, testet etwa so ein Segel.

Kipppunkte vermeiden
Um die im Pariser Abkommen festgelegte Temperaturschwelle von 1,5 Grad Celsius zu erreichen, muss sich die Schifffahrt laut der Initiative Science Based Targets bis 2030 auf ein Dekarbonisierungsziel von 36 Prozent und bis 2040 auf ein Ziel von 96 Prozent festlegen. Ob man sich in den Verhandlungen auf diese Zwischenziele einigen kann, ist aber ungewiss.

Der vereinbarte 1,5-Grad-Wert von Paris wird als entscheidendes globales Ziel anerkannt, weil jenseits dieses Niveaus Kipppunkte wahrscheinlicher werden. Kipppunkte sind Schwellenwerte, an denen kleine Veränderungen zu dramatischen Entwicklungen im gesamten Lebenserhaltungssystem der Erde führen können.
05.07.2023, jkla, ORF.at/Agenturen

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