Eisenbahnflak

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V05hak

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#1
Eisenbahnflakstellungen südl. Wr. Neustadt

Hallo Leute! Ich bin hier neu u auch auf dem Blechtrottel ein blutiger Autodidakt- also verzeiht mir im voraus bitte gleich irgendwelche Blödheiten! Zu Geheimprojekte: meine allergrößte Hochachtung! Wenn man sich auch nur ein bißchen mit der Materie beschäftigt, kann man ermessen, wieviel Arbeit dahinter steckt!! Meine Anfrage: Von Wr. Neustadt verläuft in südwestlicher Richtung nach Neunkirchen die Neunkirchner Allee. Ca. 300m nördlich laufen parallel die Gleise der Südbahn. Das ganze Waldgebiet heißt Föhrenwald. Ziemlich genau in der Mitte zw. Wr.Nst u NK liegt die Station St. Egyden. Von dieser Station wieder nördlich der Bahngleise ca. 2 -3 km zurück nach Wr.Nst. liegt diese Anlage. Sehr stark überwachsen. Es ist noch schön erkenntlich ein Abrollberg ( hab ich von meinem Freund, der ist Eisenbahner- u von seinem Vater, daß dort Eisenbahnflak stand) sowie die Schienentrasse u die einzelnen Stellungen, bestehend aus einem dreifachen (!) Weichenherz u kurzen Schienenendstücken. Ungefär in der Länge von einem Güterwaggon. Abrollberg: Waggon wurden dort raufgeschoben u konnten dann ohne Zuhilfenahme einer Lok (Mangelware!) durch das Gefälle zu den einzelnen Stellungen rollen. Ihr dürft euch diesen Abrollberg aber nicht wie einen Berg vorstellen, eher wie eine breite Rampe u wenn ich mich noch richtig entsinne viell einen halben Meter hoch. Ich würde kaum ein Geschrei wegen einer Flakstellung machen, aber die Anlage dort ist wirklich groß! Außerdem soll dort schon zur Zeit des 1.WK eine Mun od. Sprengstofffertigung gewesen sein. Es befinden sich mitten im Wald (nur mehr fragmentarische) Ruinenreste von Anlagen, stellenweise sind noch Kachelverkleidungen zu finden gewesen. Große viereckige Erdwälle, wie sie zur Lagerung von großen Mun- oder Sprengstoffmengen nötig sind (daß bei einer eventuellen Explosion die Druckwelle nach oben abgeleitet wird u nicht die Nachbarlager mitnimmt) sind ebenfalls im Wald zu finden. Ich muß gestehen, ich war schon lang nicht mehr dort obwohls eigentlich nur zweimal umfallen von mir weg ist. u jetzt der Clou: ein riesiges zweistöckiges Gebäude (=Ruine) steht auch auf dem Areal, Ich würde es als Verwaltungs- oder Direktorengebäude einstufen. U eben dieses Gebäude hat den ?Spitznamen? Jagdvilla vom Göring! Wieviel od was da dran ist? Nach der Bauweise aber sehr viel älter- u warum mitten im Wald. soviel jagdbares Wild gibts dort nicht. Gleich neben der Südbahn? Tatsache ist, das noch jede Menge Kleinmunition überall herumliegt. Es immer wieder Brände gibt (wahrsch der Phosphor von der Rauchspur)- vor einigen Jahren einen ganz schlimmen. U ich eigentlich deswegen schon so lang nicht mehr hingegangen bin, weil eine Zeitlang etwas obskure Gestalten in Tarngewand u ähnl. (nicht ÖBH!) dort herumschlichen (Andenkensammler, ?? Wiedererweckung eines ewiggestrigen Gedankens o.ähnl??) u ich nicht unbedingt damit was zu tun haben will. u fehlt mir auch meist die Zeit (leider) - So, weiß viell irgendwer was Genaues? Oder wills viell wer anschaun? Meine email: v05hak@aon.at - kleines v dann ein Nuller u ein Fünfer. wers genauer wissen will: fragen! Alsdann, einen schönen Tag dann noch allen u Glück auf! :fragend :confused:
 
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V05hak

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#2
PS: Nachtrag zu Eisenbahnflak

Nachtrag: diese Eisenbahnflakstellungen waren strategisch gut positioniert. Anfliegende Bomber konnten bereits über dem Semmering sowie dem Wechsel u der Buckligen Welt geortet werden. Bereits durch Sichtkontakt = großer EM od FlaSchwf. Welches Kaliber? EBFlak sinnvoll ab 10,5- Wo kann Rechner positioniert gewesen sein? FuMeßsteuerung? Von wo? Außerdem findet man vereinzelt kleine Splitterboxen für Fzg. U der Munverbrauch dürfte gewaltig gewesen sein. Bahnanschluß! Ein Freund von mir ist sehr viel mit der Sonde abgelaufen. Nichts Großes mehr, nur bereits erwähnter Kleinschrott. Gleise u Schweller alles demontiert. Schwellerabdrücke noch sichtbar. Bei den einzelnen Stellungen kleine Betonfundamente in großer Anzahl, ca 1 qm. Für Schienen oder eher die Verankerungen der Flakwaggons. Zum auffangen des Rückstoßes. ----- So, wenn mir noch was dazu einfällt, schreib ich wieder. U jetzt seids Ihr drann! Weiß viell wer was? Quellen? Literatur? --- Tschüß dann nochmal!
 

josef

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#3
St. Egyden

Hallo!

Die Pulverfabrik wurde 1890 in den ausgedehnten Föhrenwälder NW des Bahnhofes St. Egyden errichtet und bis Ende des WK I von der Dynamit-Nobel AG betrieben.

1938 wurde neben dem bestehenden Werk ein riesiges Munitionslager der Wehrmacht angelegt und die Anlagen der Pulverfabrik zur Demontage von Beutemunition eingerichtet.

Mit Zunahme der alliierten Luftangriffe auf das Rüstungszentrum Wr. Neustadt wurden ab Mitte 1943 in den Wäldern Richtung Norden, zur Schneebergbahn hin, sogenannte „Tiefbaracken“ zur Auslagerung von Rüstungsgütern des Luftparks gebaut. Diese getarnten Lagergebäude waren bis zur Dachkante in den Boden versenkt. Ein ausgedehntes Schmalspurbahnnetz durchzog das mehrere Km² umfassende Sperrgebiet und stellte die Verbindung zum eigentlichen Luftparkgelände in Wöllersdorf und zum Fliegerhorst Wr. Neustadt (Flugplatz West) her.

Anfang 1944 wurde auf einem besonders gesicherten Areal innerhalb des Sperrgebietes ein Lager für A4 (V2) – Raketen errichtet.

Vor Eintreffen der Sowjettruppen wurden die Lager geräumt bzw. die Baulichkeiten von den abziehenden deutschen Einheiten gesprengt.

Diesen Beitrag habe ich schon einmal im gelöschten "Alten Ö-Forum" als Antwort auf eine ähnliche Anfrage gebracht.

Die angesprochene Ruine war tatsächlich das Verwaltungsgebäude des Komplexes und ist unter der Bezeichnung "Herrenhaus" bekannt. Die Titulierung "Jagdvilla vom Göring" ist mir nicht bekannt. Im Buch von Friedrich Brettner "Die letzten Kämpfe des II. Weltkrieges im südlichen NÖ.", ISBN 3-9500669-2-6, ist auf Seite 136 ein Foto dieses Gebäudes.


lg
josef
 

josef

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#4
Eisenbahnflak WN usw.

Hallo,

An der beschriebenen Stelle im Bereich der Südbahn befand sich zur Kriegszeit der sogenannte "Einfahrbahnhof" zum Rangierbahnhof WN. Diese heute nicht mehr bestehenden Gleisanlagen begannen nach dem noch bestehenden Verschiebebhf. WN Richtung St.Egyden/Neunkirchen links der Bestandsstrecke und reichten unter der Autobahn weiter bis zum Streckenkilometer 52,52 (Abzweigung Schwarzau) der Südbahn. Die einstige Ausdehnung dieser Anlage ist als unkrautüberwucherte Fläche noch gut zu erkennen. Die angeführten Weichenreste dürften der südliche Bahnhofskopf gewesen sein.

Ein Abrollberg zur Bedienung von Gleisstutzen für Wagen der Eisenbahnflak dürfte das sicher nicht gewesen sein! Ein halber Meter Niveauunteschied ist für einen Abroll- oder Ablaufberg zu wenig. Da war anscheinend das Planum des Einfahrbahnhofes etwas höher als die Südbahnstrecke, die Anlagen dort wurden durch Bombenangriffe stark zerstört und durch den Bewuchs usw. kann das Gelände schon ganz schön verändert aussehen. Einen Sinn hätte ein Ablaufberg an der Schnürstelle zwischen Ein- und Ausfahrbahnhof (=>siehe Skizze). Diese lag am Beginn des heutigen Verschiebebahnhofes, von Neunkirchen kommend Richtung WN nach der Autobahnunterführung.

Eisenbahnflak: Die Erzählungen stimmen, am Einfahrbahnhof war eine Batterie Eisenbahnflak 12,8 cm stationiert. Lt. Stand Mai 1944, zugehörend der III.Flak-Untergruppe Fischau der Flak-Gruppe Wiener Neustadt.

Pulverfabrik/Munitionslager im Föhrenwald: Diese Anlagen bzw. das weitläufige Gelände hatte einen Normalspurgleisanschluß vom Bhf. St.Egyden aus. Von der Schneebergbahn aus gingen ebenfalls Gleisanschlüsse in das Erweiterungsgebiet des Luftparks.

lg
josef

Nachstehend Übersicht der Bahnanlagen vom Hauptbahnhof Wiener Neustadt in Richtung St.Egyden/Neunkirchen. Die ROT umrandeten Felder wurden nach dem Krieg nicht mehr aufgebaut. Rechts der ehemalige "Einfahrbahnhof".
 

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josef

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#5
Literatur zum Thema:

F. Brettner => siehe Beitrag vorhin.

G. Holzmann Der Einsatz der Flak-Batterien im Wiener Raum 40-45, Militärhistorische Schriftenreihe des Heeresgesch.Museum, Heft 14, ÖBV, Wien 1970, Verlags Nr. 1313-13

A. Horn Reichsbahndirektion Wien Bohmann Verlag Wien, ISBN 3-7002-0620-8 => Gleisplan Bhf. WN 1943

lg
josef
 
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Matthias

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#6
Herrenhaus

Hallo Josef!

Erinnere ich mich da noch richtig, daß damals im "alten" Forum, im Beitrag über das Herrenhaus eine Menge Fotos, u.a. mit einem Luftbild von der Gegend gepostet waren? Waren die Bilder damals von Dir?

lg
Matthias

Übrigens, danke nochmal für den SOW Bericht! :superOK
 

josef

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#7
Hallo Matthias,

ja, jede Menge Bilder...

Fotos waren nicht von mir, war ein User aus Neunkirchen, Name ??? :confused:

Von mir waren ein paar Beiträge und Kartenausschnitt Ö-Karte v. 1930 auf der die Lage der Pulverfabrik ersichtlich ist.

...und ich glaube , auch @xbert war beteiligt :fragend

lg
josef
 
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V05hak

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#8
Hallo Josef! Hallo sonst noch alle, die da interessiert sind! Danke erst mal für die wunderbaren Erläuterungen! In dem - sonst hervorragenden - Buch über die Wöllersdf MF hab ich nichts über diese Fabrik im Föhrenwald gefunden, u sonst dürfte sie auch in der Literatur recht stiefmütterlich behandelt worden sein. Hats da einen Namen auch gegeben - noch von der kuk Zeit her? Zum Eisenbahngleis u Abrollberg: beschriebenes Gleis läuft rechtwinklig von der Südbahn in den Föhrenwald hinein - wo der Gleisbogen ist ??? Deine beschriebene Anlage wäre südlich der Bahnlinie u viel näher zu Wr. Neust. - Trasse ist teilweise noch rechts des Weges zu diesem Verwaltungsgebäude erkennbar, u läuft dann weiter in den Föhrenwald. Dieser Abrollberg (?) ist aber ebenfalls rechtwinklig zur Bahnlinie auf der nördlichen Seite. So ich mich noch recht entsinne, sind dann mind. (!) 6 - 7 Abzweigungen davon nach links, also wieder über den Weg , ein recht kurzes Stück in den Wald gelaufen. Dann der Platz für das Weichenstück u die kurzen Gleisstücke. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß dies nur kurze Verladegleise waren, die hätten diese massiven Betonsockel nie gebraucht. Eher daß auf den jeweils äußeren Gleisen die Flakwaggons verankert waren u in der Mitte die Munwaggons standen. Könnten wir ja mal anschaun. Ich dank auf jedenfall für die sehr ausführlichen Erörterungen! re li Gr. Herbert
 

josef

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#9
Hallo Herbert,

Das war dann ein Missverständnis mit den Weichen... war der Meinung, dass die Gleisstränge parallel zur Südbahn gemeint waren, diese Ödfläche entlang den Bestandsgleisen unter der Autobahnbrücke in beiden Richtungen gehört zum von mir beschriebenen Einfahrbahnhof. Dort war auf Nebengleisen lt. MHS, Heft 14, auch die Eisenbahnflakbatterie stationiert.

Wenn Du von Gleisen im rechten Winkel zur Südbahn schreibst, so waren dies die Anschlußgleise ins riesige Gelände des Munitionsdemontierwerkes, des Muni-Lagers inklusive V2-Depots und Teilen der Auslagerung des Luftparks WN, alles im Föhrenwald. Kann natürlich sein, dass einige Gleise für die Eisenbahnflak Verwendung fanden. Vom Bhf. St. Egyden aus waren diese Gleise an die Südbahn angeschlossen, wie der notwendige Verbindungsbogen bzw. Bögen verlief bzw. verliefen, ist leider auf Karten noch auf Gleisplan St. Egyden ersichtlich. Das gesamte Areal war mit einem dichten Schienennetz durchzogen, auch Schmalspur, besser gesagt Feldbahn, da gab es eine Verbindung bis nach Wöllersdorf => Luftpark und zum Fliegerhorst WN (West).

Herbert, noch eine Kleinigkeit: Mache bitte bei gleichem Thema nicht einen neuen Bericht (=>neues Thema, z.B. 2x Eisenbahnflak) auf, sondern gehe auf "antworten". Damit bleiben die Themenblöcke übersichtlicher.

lg
josef
 
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josef

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#10
Eisenbahntransporte V2

M. Bornemann schreibt in "Geheimprojekte Mittelbau" interessante Details betreffend Bahntransporte von V2 (A4)-Raketen und Treibstoffen dazu:

Solche Transporte unterlagen strengster Geheimhaltung, es gab ein besonderes Tarn- und Sicherheitsprogram:

*Die auf 12 m langen Rungenwagen transportierten Raketen ragten über das Waggonende hinaus und mußten besonders getarnt werden.

*Die Tarnung mußte abwechslungsreich und den Verhältnissen angepasst werden.

*Solche Transporte durften nur unter militärischer Bewachung durchgeführt werden, wobei das Begleitkommando außer dem Transportführer den Bestimmungsort nicht kannte.

*An den Waggons durften keine Klebezettel bzw. Wagenzettel mit Richt- bzw. Bestimmungsbahnhöfen angebracht werden.

*Alle Transporte von fertigen Raketen und dazugehörige Betriebs- und Treibstoffe von den Fertigungsstätten zu den Lagern liefen am Anfang unter dem Stichwort "Granit" . Dann wurde das Codewort laufend geändert, z.b. auf "Kleeblatt", "Meister" und "Hacke".

Für Transportanmeldungen zu den österreichischen Lagern gab es folgende Tarnnamen:

St. Egyden => Maria,
Groß-Mittel => Lina und
Sitzenberg-Reidling => Isabella.

lg
josef
 
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V05hak

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#11
Föhrenwald

Hallo Josef u sonstige Interessierte. Danke für ausführliche Antwort, Einteilungssache werd ich mir zu Herzen nehmen! :hau
 
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