Gaunerzinken

josef

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#2
Gaunerzinken 2

:danke Harry!

Habe den Text mal herauskopiert, kann sein, dass bei solchen Printmedien die Einträge nach einiger Zeit verschwinden...:
Gaunerzinken die Geheimsprache der Bettler, Zigeuner, Hausierer

Vielleicht hat sie schon mal jemand gesehen oder bemerkt an Zäunen,
Hauswänden oder Türen. Gelegentlich sind Sie zu finden, die sogenannten Gaunerzinken, die Geheimsprache der Bettler, Zigeuner, Hausierer und "fahrende Gesellen". Es ist die Geheimsprache, um sich gegenseitig über Gefahren oder günstige Möglichkeiten zu unterrichten. Heutige Anwendungen
Kennzeichnungen in der Tradition der historischen Zinken werden auch in der Gegenwart benutzt, oft in Zusammenhang mit Bettelei und Wohnungseinbrüchen. In den 1990er Jahren traten in Österreich Einbrüche in Verbindung mit Zinken so häufig auf, dass die Lokalpresse warnende Berichte darüber veröffentlichte. In den 1980er Jahren verschwanden in Italien Fernlastzüge mit wertvoller Fracht, nachdem sie zuvor mit Geheimzeichen gekennzeichnet worden waren. Drückerkolonnen, Sektenvertreter und Prospektverteiler platzieren grafische Zeichen an Haus- und Wohnungstüren. Eine sehr moderne Variante mit alten Mitteln ist das so genannte WarChalking (chalk = engl. „Kreide“), bei dem offene oder öffentlich zugängliche WLANs kenntlich gemacht werden.
http://www.meinbezirk.at/wien-01-in...e-der-bettler-zigeuner-hausierer-d788772.html

Wiki dazu (inkl. Bilder - Auswahl): http://de.wikipedia.org/wiki/Zinken_(Geheimzeichen)

1. Traditionelle Zinken
2. Heutige Zinken
 

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#4
Hallo!

Vor etwa zwei Jahren war darüber ein interessanter Bericht im deutschen Fernsehen. Diese Gaunerzinken dürften international bekannt sein, wobei es bei den einzelnen "Gruppierungen" aber Unterschiede bei den Symbolen gibt.

Ein Bekannter von mir, der in einer kleinen Ortschaft in NÖ wohnt hatte letztes Jahr zwei Zeichen an seiner Haustür. Ganz unten im rechten Eck der Tür. Die Zeichen waren aber nicht mit Kreide, sondern mit einem dünnen weißen Lackstift gemacht und etwa 2x2 cm groß. Am selben Tag kamen wir nur durch reinen Zufall ins Gespräch und ich erklärte ihm was das eventuell sein könnte. Am Polizeiposten wurde ihm dann erklärt, dass das die Zeichen für "Hund" und "einzelne Person" sind - was beides stimmte!

Die Polizei ist dann in diesem Gebiet öfters auf Streife gefahren als sonst und hat auch öfter Fahrzeugkontrollen durchgeführt. Das ist wie gesagt fast ein Jahr her - passiert ist Gott sei Dank nichts.

Seither schau ich mir meine Eingangstür auch immer genauer an - man weiß ja nie.

LG DaVinci
 

Stoffi

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#5
Hunde - egal wie gross - sind da recht gute präventivhilfen....

.... ich bilde mir sogar ein, am südeingang vom Stephansdom eine Zinke gesehen zu haben, genau über der russischen Markierung ,fromm sein hilft'
 
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Harald 41

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#6
Ja ich sehe das so ähnlich, gebe Menschen die Möglichkeit eine Nahtod-Erfahrung zu erleben,nach dem Motto " Gibt es ein Leben nach dem Tod " wenn Sie sich ungebeten auf mein Grundstück begeben.:lol1:
 

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josef

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#7


Die Tricks der Gauner im Schlüsselmuseum

Dass man sein Heim gut vor Dieben schützen soll, ist nicht erst ein Thema unserer Zeit. Die Sonderausstellung des Grazer Schlüsselmuseums „Von Ganoven, Gaunern und Hochstaplern“ zeigt an historischen Objekten die Tricks der Gauner.
Die Tricks der Gauner waren vielfältig - wie etwa eine Gabel mit Schlüsselbart, die zum Ausbruch aus dem Gefängnis gedient haben soll, oder ein Bund mit 24 Dietrichen.

Ganoven, Gauner und Hochstapler
„Wir haben einen umfangreichen Bestand, und wir versuchen seit drei Jahren, unsere Bestände unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten. Heuer ist es eben das Thema Ganoven, Gauner und Hochstapler, vor allem auch mit Schwerpunkt Gaunersprache“, so Martina Pall, die Direktorin der Schell Collection.


ORF

Der Most und der Bartl
„Eine bekannte Redewendung ist etwa ‚Wo der Bartl den Most holt‘ - das haben schon die Gauner verwendet. Der Most ist das Geld, und der Bartl ist das Brecheisen, das man verwendet hat. Betrüger gab es natürlich auch, etwa den Flederer, der die Leute überfallen hat, während sie schliefen“, schildert Kuratorin Gerhild Rotter.


ORF


ORF

Schießende Schlösser als Schutz
Zahlreiche Ausstellungsstücke zeugen vom Erfindungsreichtum der Gauner, aber auch derer, die sich vor ihnen zu schützen trachteten. „Wollte man sich schützen, dann gab es mehrere Varianten, beispielsweise ein Schloss, das auf den Sperrenden schießt“, so Rotter, „oder auch eine Schlüsselkombination, die man im Schlüsselloch drinstecken lassen kann, man kann den Bart abdrehen und mit dem Griff weitergehen, so kann keiner mehr hineinkommen ins Haus.“ Kästchen mit zahlreichen Geheimfächern sollten ebenfalls das Eigentum vor Dieben schützen, wie ein Schlüssel, der eine Pistole ist.

Link:
Publiziert am 14.04.2018
http://steiermark.orf.at/tv/stories/2906168
 

josef

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#8
SELTSAME ZEICHEN
Gaunerzinken: Was hinter den Geheimzeichen an Hauswänden steckt
Einbrecher und Vagabunden nutzten seit dem Mittelalter rätselhafte Zeichen und die Sprache Rotwelsch, die dem Jiddischen ähnelt. Doch was ist heute noch davon übrig?

Sogenannte Gaunerzinken sollten "fahrendes Volk" über Bewohnerinnen und Bewohner einer Wohnung informieren: Wohnen dort reiche Menschen (Zeichen oben links; weiter gegen den Uhrzeigersinn)? Eine alleinstehende Person? Nur Männer? Bissige Hunde? Sollte man hier Frömmigkeit vorspielen, um etwas zu bekommen? Komplexere Zinken gibt es auch, der Hahn steht meist für Verrat.
Der Standard / Armin Karner

Als Martin Puchner noch ein kleiner Bub war und in den 1970er-Jahren in Nürnberg lebte, wunderte er sich, weshalb immer wieder fremde Reisende vor der Haustür standen. Sie baten um Essen und Trinken, seine Mutter schmierte bereitwillig Butterbrote. Als sein Onkel eines Tages die Familie in Nürnberg besuchte, entdeckte er in der Nähe der Tür an einer unauffälligen Stelle ein eingekreistes Kreuz, einen Zinken. Dieses Zeichen – das Wort "Zinken" könnte auf das lateinische "signum" zurückgehen – informierte Eingeweihte über die gastfreundliche Bewohnerin.

Ob eingeritzt oder wie kleine Graffiti gemalt: Sogenannte Gaunerzinken wurden jahrhundertelang von "fahrendem Volk" genutzt, wie auch die Sprache Rotwelsch. Martin Puchner, heute Literaturwissenschafter an der Harvard University in den USA, hat sich intensiv mit beidem beschäftigt und sein Wissen im Buch "Die Sprache der Vagabunden" festgehalten. Bettler, Diebinnen, Sinti und Romnja tauschten sich aus, warnten einander vor bissigen Hunden oder machten auf leichte Beute aufmerksam.

Die Sprache der Straße
Rotwelsch, das im deutschen Sprachraum gesprochen wurde, ist dem Deutschen sehr ähnlich. Durchwoben ist es mit Wörtern aus dem Jiddischen, es gibt zudem welche aus dem Lateinischen und dem Romani, der Sprache der Sinti und Roma. Bekannt ist etwa "Schmiere stehen", abgeleitet vom jiddischen "schmiro" für Wächter; die "Schmiere" ist für den Rotwelschkenner ein Polizist oder Wachposten.

Manche Wörter stehen dem Wiener Dialekt nahe, kaum lässt sich nachvollziehen, ob ein Begriff aus dem Jiddischen oder über den Umweg Rotwelsch als "Unterweltjargon" ins Wienerische kam. "Rotwelsch" selbst bedeutet etwa "fremdartige Sprache der Bettler". Im Gegensatz zu dieser Fremdbezeichnung nannten Eingeweihte sie auch "kochemer loschn" – die Sprache der Wissenden oder Weisen.

Kleiner Wortschatz: Rotwelsch/Kochemer Loschn
Duften Zefir! = Guten Morgen!
Erdäpfelpalast (oder Schule) = Gefängnis
fladern = waschen
Flebbe/Geflieder = Pass, Papiere, Zeitung
Hachner = Bauer (Romani: hacho)
Laubfrosch = Jäger
Längling = Wurst
Lutscher/Süßling = Zucker
Mette/Sack/Sänftling = Bett
Mondputzer/Scheinling = Laterne
Moos = Geld
Schmee = Gaunersprache, Lüge (jiddisch schmuo, schmus: Gehörtes, Erzählung)
Schwarzmärtine = Österreich (Märtine = Land; schwarz wird mit Katholizismus assoziiert)
Schwarztrank = Kaffee
Tauben haben = Glück haben
Zwackohr/Dachhase/Schmalfuß = Katze


Diese Wissenden verbrachten einen wichtigen Teil ihres Lebens unterwegs, auf der Straße. Landstreicher, Viehhändler, Schaustellerinnen, Handwerker, Bettelmönche, Studenten, Soldaten: Seit dem Spätmittelalter zählten sie oft zu den Vagabunden, die dorthin reisten, wo sie gerade über die Runden kommen konnten. Wie jüdische Händler mussten sie sich danach richten, wo ihnen nicht verboten wurde, sich aufzuhalten oder niederzulassen.

Es handelte sich insgesamt also um eine sehr mobile Gruppe, die ethnisch oder religiös nicht einheitlich war, betont Puchner: "Rotwelsch stellt sich vielen geläufigen Identitätskategorien entgegen." Ihre Kommunikation war von ihrem Milieu, ihrer Lebensform, geprägt. Weil sich die Lebenswelten überschnitten, fanden jiddische, hebräische, aber auch slawische und Romani-Wörter ihren Weg in den Diskurs. Ob die Sprache nun eher Dialekt, Soziolekt oder Jargon ist, darüber diskutieren manche Fachleute noch heute.

Aktive Sprecherinnen und Sprecher dürfte es nur mehr wenige geben. Die Gruppe der Jenischen, die wie Sinti und Roma zu den Fahrenden gehört, führt eine Variante des Rotwelsch – die jenische Sprache – fort. In Österreich kämpfen sie noch für die Anerkennung als nationale Minderheit.

Verschwundene Zinken
Mit Zinken als Markierung für potenzielle Einbrecher scheint zumindest in Österreich Schluss zu sein: "Ich traue mich zu sagen, dass es das überhaupt nicht mehr gibt", sagt Hans-Peter Seidl, der im Bundeskriminalamt den Fachbereich Einbruchsdiebstahl leitet. Die Listen, die auch in jüngerer Vergangenheit publiziert wurden, seien Kopien aus den 70er- und 80er-Jahren. Nicht immer haben die dargestellten Zeichen eine einheitliche Bedeutung. Jedenfalls würden sich Verbrecher in Zeiten von schnell geteilten Fotos und GPS-Daten per Smartphone kaum mehr über Markierungen an Türen verständigen. Gruppen, die international reisen und Einbrüche begehen, sind "teilweise technisch weiter entwickelt als wir von der Polizei", betont Seidl.

Er vermutet: Wenn man ähnliche Symbole in der Nähe eines Hauseingangs findet, stammen sie von Zeitungszustellern. Sie können markieren, welche Zeitung eine Abonnentin erhält oder wo sie abgelegt werden soll, um etwa Zustellern mit Verständigungsproblemen zu helfen – legal sei das aber nicht. Einbrechern gehe es nicht mehr darum, zu zeigen, wo ein Hund lebt oder wo es viel zu holen gibt.

Tatsächliche Markierungen von Einbrechern
Als "neue Gaunerzinken" im Sinne von Einbruchshilfen können Tricks gelten, um festzustellen, ob jemand länger nicht daheim war. Da werden durchsichtige Plastikstreifen oder haardünne Klebstofffäden an Türen angebracht, die ein Bewohner oft gar nicht wahrnimmt, sagt Seidl. Wenn einem solche Markierungen auffallen, sollte man sich in der Nachbarschaft nach ähnlichen Mustern umsehen und die Polizei benachrichtigen, bevor man sie entfernt.

Rotwelsch und Antisemitismus
Am Rand der Legalität, wurden die Fahrenden schon immer von vielen misstrauisch beäugt. Ein deklarierter Feind war Martin Luther: Er gab eine Art Rotwelsch-Wörterbuch neu heraus, das gleichzeitig vor verschiedenen Typen fahrender Betrüger warnte – den "Liber Vagatorum". Dass viele Wörter dem Jiddischen und Hebräischen entstammten, war für den Antisemiten Luther ein gefundenes Fressen: Durch das Rotwelsch konnte er Juden, Bettler und Kriminelle zusammenwerfen und gegen alle gleichzeitig wettern. Dabei deuten historische Quellen zu Rotwelschsprechern darauf hin, dass die meisten von ihnen Christen waren.

Gaunerzinken Hakenkreuz
Die Geschichte der sogenannten Gaunersprache ist auch die ihrer versuchten Unterdrückung – und des Verfolgens und Vertreibens ihrer Sprecherinnen und Sprecher, auch im Nationalsozialismus. Hinweise darauf fand Puchner in seiner eigenen Familienbiografie: Sein Großvater, ein Archivar, schrieb 1934 einen Artikel über "Familiennamen als Rassemerkmal", in dem er sich über die Namens- und Sprachvermischung in Deutschland durch das Jiddische und auch Rotwelsch beschwerte. Als sich Puchner traute, seinen Vater darauf anzusprechen, zeigte dieser ihm ein altes Foto des Großvaters. Auf einem Abzeichen am Anzug war ein spezieller "Gaunerzinken" zu erkennen, nämlich ein Hakenkreuz.

In "Mein Kampf" schrieb Adolf Hitler über Jiddisch als Geheimsprache. Bei Rotwelsch schwingt laut Literaturwissenschafter Puchner ebenfalls die Fantasie mit, "dass sich im Hinterzimmer Diebe zusammentun und eine geheime Sprache austüfteln, die die Polizei nicht versteht". Aber da es sich bei Quellen über Rotwelsch vor allem um Polizeiakten und Texte ihrer "Feinde" handelt, ist er diesbezüglich skeptisch geworden. "Für eine Plansprache à la Esperanto ist Rotwelsch zu alt und zu organisch."

Puchner hält es für wahrscheinlich, dass auch Adolf Hitler mit Rotwelsch in Berührung kam. Als mittelloser Maler schlief er wie Wanderburschen und Stadtstreicher in Wiener Obdachlosenheimen. Damals dürfte sein Ziel entstanden sein, "artfremde Elemente" aus der deutschen Gesellschaft zu entfernen. Ein Gedanke, der sich erschreckend in aktuellen rechtsextremen Plänen spiegelt. "Rotwelsch stand für Migration in ihrer reinsten Form", hält der Literaturwissenschafter fest. Er plädiert für mehr Verständnis für Menschen ohne Wohnsitz, ob freiwillig oder nicht, und andere Minderheiten, die von Entbehrung zu erzählen wissen. Gruppen, die in der Vergangenheit Wegweiser hinterließen in einer Welt, die ihnen oft feindlich gesinnt war.
(Julia Sica, 18.2.2024)

Literaturhinweis
Martin Puchner (2021):
Die Sprache der Vagabunden: Eine Geschichte des Rotwelsch und das Geheimnis meiner Familie.
Siedler Verlag, München

Martin Puchner
ist Literaturwissenschafter und Autor und befasste sich auch familiär bedingt mit der Sprachvariante Rotwelsch.

Link
Online-Wörterbuch Rotwelsch
Gaunerzinken: Was hinter den Geheimzeichen an Hauswänden steckt
 
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