http://www.vogtland-anzeiger.de/va2007/index.php?option=com_content&task=view&id=959&Itemid=28&PHPSESSID=3f8ff068f4783eedf42e1724d17dd94f hat geschrieben:
Vogtland - Plauen :: Geschichtswerkstatt
Jagdflieger in Plauen gebaut
PLAUEN – Stolz präsentierte Rolf Ballhause, Leiter der Plauener Geschichtswerkstatt, zwei Sachzeugnisse: ein Tragflächenteil (von rechts oben) eines Jägers vom Typ Me 109 und eine sehr gut erhaltene Wartungsleiter. Mit Kennerblick wurden diese beiden Relikte von den Teilnehmern an der Zusammenkunft der Geschichtswerkstatt am Mittwochabend in Augenschein genommen. Unter den Experten waren auch zwei Zeitzeugen, Harry Wurzbach und Siegfried Wondrack, aber auch der Fachmann für Plauener Geschichte, Gerd Naumann, der wissenschaftliche Mitarbeiter des Vogtlandmuseums. Und damit ist auch das Spannungsfeld beschrieben, das den Abend beherrschte: Zeitzeugenschaft, die sich aus der Erinnerung speist und damit auch dem einen oder anderen Irrtum unterliegt, und Spezialistentum, das mit Hilfe der wissenschaftlichen Methoden historischer Forschung die Quellen studiert, streng objektiv vorgeht und nach Verifizierung strebt. Beides, der mündliche Bericht derer, die im Sinne Goethes sagen können, sie seien dabei gewesen, und die nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgende Geschichtsforschung, das macht den Reiz und den Wert der Bemühungen der lokalen Historiker aus. Rolf Ballhause referierte die Angaben einer Zeitzeugin, die als junges Mädchen von Mai 1944 bis April 1945 in der Endmontagehalle auf dem Plauener Flugplatz gearbeitete hatte. Dort seien, so Ballhause, nach einer „vorsichtigen Hochrechnung“ mindestens 1000 Flugzeuge produziert worden; eine Tatsache, die deshalb auch so bemerkenswert sei, weil nachweisbar Plauen von den Alliierten zu keiner Zeit als Standort für Flugzeugproduktion identifiziert worden sei. Es waren Jagdflugzeuge, die später auch als Jagdbomber ausgerüstet wurden. Die Geschichtswerkstatt habe unlängst bei einem Lokaltermin auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes in der Nähe von Kauschwitz die Reste der drei dort befindlichen Hangars aufgespürt (wir berichteten). Weiter konnte Ballhause berichten, er wisse aus sicherer Quelle, dass die Firma Horn, die in Plauen Bordinstrumente und Teile für Flugzeuge produzierte, auch an der Entwicklung der Steuerungstechnik der so genannten Wunderwaffen V1 und V2 beteiligt war. In Pausa seien in einem Werk Leiterplatten für die V1 hergestellt worden. Auch habe man sich bereits damals mit der Entwicklung einer Boden-Luft-Rakete befasst, die rückstoßfrei nach dem Prinzip der Panzerfaust funktionieren sollte. Anschaulich und detailgetreu berichteten die beiden Zeitzeugen Harry Wurzbach und Siegfried Wondrack von ihren Erinnerungen an die Vomag und die Panzerproduktion in Plauen. Harry Wurzbach hatte dort ab 1944 als Lehrling gelernt. Er war auch als Luftschutzmelder im Einsatz. Bis ihm ein Landser im April 1945 sagte: „Kleiner, mach die Schulterstücke ab, der Krieg ist vorbei.“ L.B.