Innsbruck: Frühmittelalterlicher "Dachbodenfund"

josef

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Frühmittelalterliche Waffen auf Tiroler Dachboden gefunden
Sax und Speerspitze auf ein Alter von über 1.300 Jahren datiert – wie sie auf den Dachboden kamen, ist unbekannt


Der erste Eindruck täuscht: Die beiden Waffen sind ausgezeichnet erhalten.
Foto: Florian Messner
Innsbruck – Ein Dachbodenfund der seltenen Art: Im Innsbrucker Stadtteil St. Nikolaus sind zwei Waffen aufgetaucht, die offenbar aus dem Frühmittelalter stammen, ein Sax oder Kurzschwert sowie eine Speerspitze. Beide sind laut Experten über 1.300 Jahre alt, berichtet die Universität Innsbruck.

"Üblicherweise sind Dachbodenfunde maximal 200 bis 300 Jahre alt", sagte Florian Messner, Mitarbeiter am Institut für Archäologien der Uni Innsbruck. Aufgrund der Bauart schätzte der Experte allerdings, dass Sax und Speerspitze aus dem späten 7. Jahrhundert stammen.

Universität Innsbruck

Trotz ihres Alters sind die Fundstücke in ausgezeichnetem Zustand. "Das Eisen scheint für sein Alter sehr gut erhalten zu sein, auf der Klinge sind noch Reste einer Scheide aus Leder erkennbar, am Griff dürften Holz oder Knochenreste sein", sagte Messner. "Wenn die Reste der Scheide im Rahmen der Restaurierung entfernt werden, könnte sich auch eine Damaszierung der Klinge zeigen. Dabei handelt es sich um eine Herstellungsweise von Stahl, die ein wellenförmiges Muster auf der Klinge hinterlässt. Diese war zu dieser Zeit bei hochwertigen Klingen durchaus üblich."

Typisch für ihre Zeit
Saxe lassen sich laut Messner sehr gut datieren: "Diese Art des Kurzschwerts hat immer einen breiten Klingenrücken und ist nur einseitig geschliffen – die Länge, der einseitige Schliff und der breite Rücken beim Fundstück sind typisch für einen Schweren Breitsax aus dem frühen Mittelalter."
Saxe wie der nun aufgetauchte wurden als Hieb- und Stichwaffen eingesetzt. Die Tatsache, dass er gemeinsam mit einer Speerspitze gefunden wurde, würde dafür sprechen, dass der Fund aus einem Krieger-Grab stammt. Damals war laut dem Archäologen eine Bestattung mit Sax, Speer und Schild üblich.

Auch die Speerspitze sei etwas Besonderes. Dabei handle es sich um einen eigenartigen Typ, den man noch nicht genau zuordnen könne. "Das ist typisch für das Frühmittelalter, denn im Gegenteil zum Sax, für dessen Herstellung sehr gute Schmiedekenntnisse benötigt wurden, konnte jeder fähige Dorfschmied eine Speerspitze schmieden", so Messner. Eine standardisierte Form für Speerspitzen gab es daher nicht.

Die Fundgeschichte
Der Besitzer des Dachbodens – und damit auch der beiden Fundstücke – war bei Renovierungsarbeiten auf die beiden Waffen gestoßen. Anschließend lagerte er sie fast 30 Jahre lang in seiner Wohnung. Als er vor kurzem dann zufällig mit Hannes Lehar, einem freien Mitarbeiter am Institut für Archäologien, ins Gespräch kam, holte er sie für eine Untersuchung hervor.

Der Finder erklärte sich bereit, die Waffen dem Institut für Archäologien zur weiteren Untersuchung und für eine anschließende Ausstellung im Archäologischen Museum der Uni Innsbruck als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen.
(red, APA, 30. 8. 2019)
Frühmittelalterliche Waffen auf Tiroler Dachboden gefunden - derStandard.at
 

josef

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Lt. im ORF-Beitrag veröffentlichter Meinung dürfte es sich bei den gefundenen Artefakten um Grabbeigaben für einen Krieger handeln:

Frühmittelalterliche Waffen als Zufallsfund

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Ein Dachbodenfund in Innsbruck hat sich für die Archäologen als Glücksfall entpuppt. Die zwei dort entdeckten Waffen wurden als frühmittelalterliches Kurzschwert und als Speerspitze identifiziert. Es dürfte sich laut Forschern um Grabbeigaben für einen Krieger handeln.
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Schon vor Jahrzehnten fand ein Innsbrucker die zwei 50 Zentimeter langen Metallgegenstände bei der Räumung eines alten Dachbodens. Als er vor kurzem mit einem Tiroler Archäologen, der eigentlich auf griechisch-römisches Altertum spezialisiert ist, ins Gespräch kam, erkannte dieser sofort die Besonderheit des Funds.
Der Archäologe schaltete daraufhin seinen Kollegen Florian Messner ein, ein Experte für mittelalterliche Waffen. Aufgrund der Bauart schätzt Messner, dass der Sax – also das Kurzschwert – und die Schwertspitze aus dem späten 7. Jahrhundert stammen. Normalerweise seien Dachbodenfunde maximal 200 bis 300 Jahre alt. Dass hier 1.300 Jahre alte Waffen entdeckt wurden, sei etwas ganz Besonderes, so der Forscher vom Institut für Archäologien der Innsbrucker Universität.

Institut für Archäologien
Das Kurzschwert und die Speerspitze wurden in einem Dachboden im Innsbrucker Stadtteil St. Nikolaus gefunden

Waffen vermutlich aus Kriegergrab
Im Tiroler Raum gebe es höchstens ein bis zwei vergleichbare Funde. Der Erhaltungszustand der Waffen sei sehr gut, auch wenn das äußere Erscheinungsbild das anders erscheinen lasse, meint Archäologe Florian Messner.
Der Forscher geht davon aus, dass es sich bei dem Sax und der Speerspitze um Grabbeigaben handelt. Im 6. und 7. Jahrhundert sei es noch üblich gewesen, die Toten mit ihren Statussymbolen zu beerdigen. Bei Kriegern seien das eben die Waffen gewesen.

Gräberfeld oberhalb von Innsbruck vermutet
Der Fund lässt laut dem Archäologen auf ein unentdecktes Gräberfeld im Bereich des Innsbrucker Stadtteils Hötting schließen. Die Familie des Finders hatte früher große Besitzungen in dem Stadtteil. Es könne durchaus sein, dass im 19. Jahrhundert beim Pflügen die Gegenstände gefunden wurden. Es gebe Hinweise auf eine frühmittelälterliche Besiedelung in dem Bereich, ein Gräberfeld sei aber bislang nicht bekannt.

Institut für Archäologien
Die Forscher brauchen noch Geld für die Restaurierung der frühmittelalterlichen Funde

Die Forscher hoffen jetzt, die notwendigen Geldmittel auftreiben zu können, um die Waffen aus dem Frühmittelalter restaurieren zu können. Auf der Klinge des Sax sind noch Reste einer Scheide aus Leder erkennbar, am Griff dürften Holz oder Knochenreste sein, so Messner. Im Zuge einer Restaurierung könnten die Funde noch weitere Geheimnisse preisgeben, hofft der Archäologe.

Links:
Wissenschaft: Frühmittelalterliche Waffen als Zufallsfund
 
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