(Kirche Ulrichskirchen am Westrand des Marchfeldes) im Tal des Rußbaches

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Vorerst dachte ich an eine Wehrkirche, jedoch gibt es in der Chronik zu Ulrichskirchen keinerlei Hinweis über eine Wehrkirche in diesem Ort! Ursprüngliche Kirche wurde eventuell über den Mauerresten einer Burganlage errichtet. Die Kirche steht unter Denkmalschutz!

Chronik Ulrichskirchen
Am Westrand des Marchfeldes, hinter dem ersten kleinen Höhenzug, liegt Ulrichskirchen im Tal des Rußbaches. Die Urgeschichte ist nicht erforscht. Doch haben schon in der Altsteinzeit Menschen hier gelebt. Einzelne Funde in der nächsten Umgebung sind der Beweis dafür. In der Zeit um 400 vor Christus ließen sich die Kelten in unserer Gegend nieder. Bei uns war ein Mittelpunkt ihrer Siedlungen. Auf der Anhöhe des Kirchenplatzes und des Schlosses wohnten sie in Erdhütten. Sie legten unterirdische Kammern an, deren Bedeutung wir nicht kennen. Geblieben sind ihre Opfersteine, die heute neben der Kirche stehen.

Nach wechselvoller Geschichte unter den Römern und vielen kriegerischen Auseinandersetzungen kam es erst nach dem Sieg Karls des Großen über die Awaren zu einer Beruhigung der Ereignisse. Am 28. Juni 823 schenkte Ludwig der Fromme großen Besitz in unserer Gegend an die Diözese Passau. In dieser Urkunde soll Ulrichskirchen, unter dem Namen „Nerden", das erste Mal genannt worden sein. In das Jahr 1045 fällt dann, nach den Urkunden, die Gründung Ulrichskirchens. Am heutigen Kirchenhügel stand das „feste Haus". Daneben oder etwas unterhalb befand sich die Pfarrkirche und am Fuß des Hügels wurde der dreieckige Anger angelegt. Hier ist unser heutiger Marktplatz mit dem Pranger, der 1045 hier aufgestellt wurde. Prangersäulen waren nicht nur ein Zeichen des Marktrechtes. Hier wurde an Gerichtstagen das Gerichtsschwert ausgestellt, das heute fix montiert ist. Am Pranger wurden auch straffällige Personen zur Schau gestellt und dem allgemeinen Spott und der Verachtung preisgegeben. Ab diesem Zeitpunkt, unter den Grafen Vohburg, blühte der Marktflecken auf. Im Zuge des Investiturstreites ging die Herrschaft auf die Kranichberger über. Einer von ihnen, Rudger Dumo, verfügte, sollte seine Tochter keine Nachkommen haben, fällt Ulrichskirchen dem Kloster Heiligenkreuz zu. So geschah es auch und blieb bis zum Jahr 1607 aufrecht. Der Markt zählte zu dieser Zeit bereits 28 Häuser; neben dem „festen Haus", 2 Meierhöfen und der Kirche. In die, nun von der Pfarre unabhängige, Herrschaft traten dann die Himberger ein, welche mit den Kranichbergern verwandt waren. Einer der mächtigsten, Irmfried I., nahm am Feldzug des Babenbergers Leopold IV. nach Apulien teil. Irmfried I. war mit Eufemia von Kuenring verheiratet. Um das Jahr 1230 erbauten sie das heute bestehende Schloss Ulrichskirchen. Krieg und friedlichere Zeiten wechselten einander ab. 1260 belagerte König Bela IV. von Ungarn den Markt Ulrichskirchen, konnte ihn aber nicht einnehmen. Ulrichskirchen bestand zu dieser Zeit aus 65 Häusern und war von Befestigungen umgeben. Diese reichten von der Kirche bis zum Schloss. 1328 verbündete sich der Habsburger Otto von Österreich mit Karl von Ungarn und Johann von Böhmen gegen seinen Bruder Friedrich. Der Einfall in die nördlichen Teile des Landes brachte Tod und Verwüstung. Ulrichskirchen wurde hart mitgenommen. 1410 fiel Ulrich von Cilli ein und verheerte den Markt Ulrichskirchen und Umgebung. 1458 verbrannten böhmische Truppen und Anhänger des gerichteten Räubers Ludwenko Eitzinger Ulrichskirchen. 1529 wurde unsere Gegend von den Türken heimgesucht und schwer in Mitleidenschaft gezogen. Verteidiger von Ulrichskirchen war Julius Graf Hardegg. 1558 begannen Streitigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten. Ludwig von Wallowitz vertrieb den Pfarrer von Schleinbach aus der Filialkirche von Kronberg. Er schloss die Kirche und zog das Kirchengut ein. Pfarrer Ott heiratete, ebenso Pfarrer Hilarius Sorger. Der Lehrer Johann König entführte eine Nonne und zwang sie zur Heirat. 1619, während des Dreißigjährigen Krieges, wurde Ulrichskirchen vom kaiserlichen Heer auf dem Rückzug überflutet. Der Markt und das Schloss brannten teilweise ab. Wiedereinmal litt die Bevölkerung unter den Gräueln. Im Mai 1645 fanden in Ulrichskirchen die ersten Gespräche über einen Frieden statt. Es sollte noch drei Jahre dauern, bis der Krieg dann endgültig beendet wurde. Der Friede in unserer Gegend war aber nur von kurzer Dauer. 1683 kamen die Türken zum zweiten Mal und belagerten Wien. Ulrichskirchen überstand diese Zeit relativ unbeschadet und war Zuflucht für viele Vertriebene.

1695 war dann das große Jahr. Auf Ersuchen des Grafen Seyfried Breuner wurde Ulrichskirchen vom damaligen Kaiser Leopold I. wieder zum Markt erhoben und erhielt ein Wappen. Wir wissen es nicht genau, aber die Kirche könnte damals so ausgesehen haben, wie sie auf dem Wappen dargestellt ist. Napoleon I. führte Krieg mit den Habsburgern. Ulrichskirchen war in mancher Hinsicht Mittelpunkt. Dreimal 1797, 1805 und 1809 wurde im Schloß ein Militärspital eingerichtet. Trotz aller Belastungen für die Bevölkerung, die durch mangelnde Hygiene, auch im Spital, unter Epidemien zu leiden hatte, war das für den Ort ein Vorteil. Es gab kaum Schäden, da auch Franzosen hier behandelt wurden. Im Pfarrhof wohnte damals auch der französische General Soult, Herzog von Dalmatien. Viele der verstorbenen Soldaten wurden am Mühlratz beerdigt, wo heute das Soldatenkreuz steht.

Das Revolutionsjahr 1848 verlief in Ulrichskirchen ruhig. Die gesellschaftlichen Veränderungen die es mit sich brachte, wirkten sich erst später aus. Im Jahr 1850 wurde erstmals ein Bürgermeister, Johann Winkler, gewählt. 1866 standen die Preußen vor Ulrichskirchen. Die Demarkationslinie des Rußbachs hinderte Kaiser Wilhelm und General Moltke nicht, den Markt zu plündern und großen Schaden zu verursachen. Im September wütete die Cholera im Ort und viele Menschen gingen daran zugrunde. Zu Ausbruch des l. Weltkrieges zählte Ulrichskirchen über 1.200 Einwohner. 300 Männer wurden zum Kriegsdienst eingezogen und hinterließen im Sozialgefüge der Gemeinde große Lücken. Der Schulbetrieb musste eingeschränkt werden, die Feuerwehr wurde mit einem Schlag dezimiert und in allen Bereichen des täglichen Lebens kam es zu schweren Beeinträchtigungen.

Der damalige Bürgermeister, Eduard Prutscher, starb im Herbst 1915. Zwei alte Herren, Gemeinderat Michael Haas und Sekretär Johann Senger erklärten sich bereit, die Geschäfte der Gemeinde vorerst weiterzuführen. Eine schwere Last für beide, wenn man sich heute die Not und den Mangel unter der Bevölkerung in Erinnerung ruft. Wie in Kriegszeiten üblich, zahlten die kleinen Leute die Zeche. Viele Kriegsteilnehmer kehrten nicht mehr zurück und liegen in der Fremde begraben. Zum Gedenken an sie, wurde nach dem Zusammenbruch der Monarchie das Kriegerdenkmal errichtet. Nach der großen Wirtschaftskrise, nach dem Bürgerkrieg und dem Ständestaat kam 1938 die Besetzung Österreichs. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges brachte wieder einmal Not und Entbehrung über Ulrichskirchen. Wieder mussten viele in den Krieg, einige kehrten nicht mehr zurück. Über die letzten Kriegstage in Ulrichskirchen steht: „19. April 1945: Ulrichskirchen wurde nach mehrtägigen Kämpfen in der Umgebung besetzt, eine Zivilperson fand den Tod; die Ostbahnbrücke und mehrere andere wurden von deutschen Truppen gesprengt."

Heute, nach mehr als 50 Jahren Frieden, präsentiert sich unser Ort als schöner Platz zum Leben. Wie dieser kleine Auszug aus der Geschichte zeigt, war das nicht immer so. Trotzdem gab es immer Menschen, die durchgehalten haben. Dank gebührt allen, die trotz vieler Rückschläge und unter manchmal großen Entbehrungen Ulrichskirchen zu dem gemacht haben, was es heute ist.

A. Prohaska
Quelle: Marktgemeinde Ulrichskirchen-Schleinbach

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