Krieg in Europa: Angriff Russlands auf die Ukraine

josef

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Dritter Kriegswinter
Russlands Krieg der Kälte setzt der Ukraine mehr und mehr zu
Der ukrainischen Zivilbevölkerung droht wegen der russischen Luftangriffe ein Winter in Frost und Dunkelheit. Putin kommt seinem Ziel so bedrohlich nahe
Analyse

Immer wieder müssen Kiewerinnen und Kiewer in U-Bahn-Stationen Zuflucht vor russischen Luftangriffen suchen.
AFP/ROMAN PILIPEY

Wenn es Winter wird, drohen in der Ukraine die Lichter auszugehen. Die Quecksilbersäule verharrt vielerorts schon im November im Minusbereich, wegen der russischen Luftangriffe auf die Energieinfrastruktur könnte das weite Land zwischen Lwiw und Saporischschja, Cherson und Charkiw zudem schon bald in Finsternis versinken. Von den 18 Gigawatt Strom, die etwa für Heizen und Beleuchtung benötigt werden, kann die Ukraine nur noch etwa die Hälfte produzieren – mit dramatischen Folgen für die Zivilbevölkerung. Während die Internationale Energieagentur IEA deshalb eine humanitäre Katastrophe befürchtet, kommt Wladimir Putin seinem Ziel in diesem Winter einen womöglich entscheidenden Schritt näher.

Russlands Machthaber wolle die Ukraine nämlich nicht unbedingt erobern, sondern zerstören, sagte der US-Historiker Stephen Kotkin jüngst im STANDARD-Interview. Die ukrainische Armee scheint nach mehr als 950 Tagen Krieg immer weniger imstande, im Abnützungskrieg mit Russland Schritt zu halten. Im Westen hingegen stellt man sich in den Staatskanzleien immer häufiger die Frage, wie lange die Ukraine-Hilfe angesichts der Lücken in den eigenen Arsenalen noch zu stemmen ist – und ob sich Kiew mit seinem Kriegsziel, das gesamte geraubte Territorium zu befreien, nicht doch überhebt.

Tatsächlich ist der ukrainischen Armee seit der Rückeroberung Chersons Ende 2022 kein großer Schlag gegen die Invasoren mehr gelungen; im Donbass, wo sie jüngst die ehemalige Bergbaustadt Wuhledar aufgeben musste, gerät die Ukraine ins Hintertreffen. Auch wenn das nahe Pokrowsk, ein Dreh- und Angelpunkt der ukrainischen Logistik im Osten, der langsam vormarschierenden russischen Armee wohl noch über den Winter widerstehen kann, ist der Preis, den Kiew dafür zahlen muss, immens hoch. Aktuell wird intensiv gekämpft.

Während Moskau seine horrenden Verluste – laut US-Schätzungen sind bisher mindestens 100.000 russische Soldaten gestorben – nach wie vor ohne Generalmobilmachung auszugleichen vermag, dünnt die Personaldecke auf der anderen Seite zunehmend aus. Schon heute stehen den 450.000 Ukrainern auf dem Feld 540.000 Russen gegenüber – bei den abgefeuerten Granaten ist die Rate mancherorts überhaupt 1:10. Und auch der ukrainische Einmarsch in die russische Region Kursk im Sommer hat kaum Druck aus der Front im Donbass genommen.

Sieg in weiter Ferne
In Umfragen glaubt freilich nach wie vor eine Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer an den Sieg – allerdings sind es heute vor allem die Älteren, die auf die Rückeroberung des gesamten geraubten Territoriums pochen. Wer Gefahr läuft, an die Front geschickt zu werden, hält sich mit Optimismus auffällig zurück. Wie der Krieg unter den derzeitigen Umständen gewonnen werden soll, weiß niemand.

Präsident Wolodymyr Selenskyj, der Ende September der US-Regierung seinen "Siegesplan" skizziert hat, ist mit beinahe leeren Händen aus den USA zurückgekehrt. Grünes Licht für Angriffe im russischen Hinterland? Fehlanzeige. Sicherheitsgarantien? Gibt es vorerst nicht. Und anstatt der erhofften Marschflugkörper mit großer Reichweite schickt US-Präsident Joe Biden JSOW-Geschoße, die gerade einmal 160 Kilometer weit fliegen. Russland, sagte Selenskyj, müsse zum Frieden gezwungen werden. Nun scheint es so, als wäre es eher die Ukraine, die früher oder später die Waffen wird strecken müssen.


Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (li.) traf in Washington auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris.
AFP/DREW ANGERER

Besserung ist vorerst nicht in Sicht. Angesichts westlicher Vorbehalte, was die Erlaubnis zu grenzübergreifenden Angriffen betrifft, schwebt die näherrückende US-Präsidentschaftswahl nämlich wie ein zusätzliches Damoklesschwert über den Köpfen der Ukrainerinnen und Ukrainer. Niemand weiß, wie ein möglicher Präsident Donald Trump tatsächlich handeln würde. Seine erratischen Wortmeldungen ("Die Ukraine ist kaputt") lassen Übles erahnen.

"Zweckoptimismus"
"Selenskyjs Zweckoptimismus ("Siegesplan") wird vermutlich nicht einmal zu Hause greifen, weil dort allen die dramatische Situation vollkommen klar ist", sagt der Militäranalyst Walter Feichtinger vom Wiener Center für Strategische Analysen dem STANDARD. Von einem nahenden Sieg könne keine Rede sein – ganz im Gegenteil: "Die Ukraine befindet sich unverändert in der Defensive. Der Winter verheißt für das ganze Land nichts Gutes." Weil es nach wie vor an der von Kiew so dringend erbetenen Luftabwehr mangelt, sind die ukrainischen Stellungen Angriffen zudem viel zu oft schutzlos ausgesetzt.


Die Lage an der Front.
APA

"Andererseits hat man sich mit dem Vorstoß in Kursk ein Faustpfand geschaffen und die Zerstörung des russischen Munitionslagers (in Toropez am 18. September, Anm.) hat gezeigt, was alles möglich wäre, wenn der Westen der Ukraine weitreichende Schläge erlaubt", sagt Feichtinger. Der Analyst vermutet deshalb, dass Kiew mit seinen Partnern im Moment intensiv über mögliche Ziele diskutiere – und dass ihr am Ende Angriffe auf einige, sehr genau definierte Ziele mit US-gefertigten Atacms-Raketen im russischen Hinterland erlaubt würden.


Die Zivilbevölkerung, hier in Charkiw, leidet unter der ständigen Bedrohung durch russische Drohnen und Raketen.
IMAGO/Viacheslav Madiievskyi

Zu den bestehenden Problemen Kiews kommt dazu, dass Washington nun schon seit einem Jahr mit noch einem Kriegsgebiet, dem Nahen Osten, konfrontiert ist. "Es ist in den Arsenalen mittlerweile schon wenig vorhanden. Deshalb wird jetzt dreimal überlegt, was man wohin schickt." Wenn es so weitergeht wie bisher, werde die Ukraine die Zerstörung ihrer Infrastruktur durch Russland nicht verhindern können, sagt Feichtinger.

"Die USA verfolgen nach wie vor die sogenannte Boiling-the-Frog-Strategie, die Russland zwar schwächen, aber nicht zur Eskalation treiben soll. Darum sagt man der Ukraine zwar Unterstützung zu, aber nicht in dem Ausmaß, wie diese es sich wünscht", sagt Markus Reisner von der Theresianischen Militärakademie. "Das ist jetzt besonders kritisch, weil der Ukraine die Zeit davonläuft." Im Pentagon gebe es zudem immer größere Zweifel, dass die Ukraine ihr Kriegsziel, nämlich die Rückeroberung aller russisch besetzter Gebiete, noch erreichen könne, vermutet Reisner.

Ganz aufgeben würden die USA die Ukraine aber nicht, weshalb der Druck auf Selenskyj, schmerzhafte Kompromisse einzugehen, weiter steigen dürfte. Russland nutzt das ukrainische Dilemma derweilen weiter aus: "Russland dürfte während der Schlammperiode versuchen, ukrainische Städte mit Artillerie und Gleitbomben sturmreif zu schießen, um dann nächstes Jahr wieder in den Angriff überzugehen", sagt Reisner. Gut möglich, dass auf den frostigen Winter dann ein noch kälterer Frühling folgt.
(Florian Niederndorfer, 6.10.2024)

Weiterlesen:
Selenskyj gibt sich von Russlands Atomdrohungen unbeeindruckt

Russlands Krieg der Kälte setzt der Ukraine mehr und mehr zu
 
Ein überraschender #221 Beitrag - nämlich ernüchternd im Gegensatz zu früheren Prognosen.

Baerbock gestern im deutschen TV:
Die freigegebenen Raketenreichweiten für westlich Waffen werden direkt von USA, Frankreich und GB der Ukraine mitgeteilt, wobei die USA restriktiver ist als Frankreich und GB.
Auf die Frage, welche Reichweite Deutschland für die Taurus festlegte, die Antwort: "dies wird der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt".

Ein aktuelle, offizielle Video-Dokumentation von Sahra Wagenknecht über Nord Stream
 

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Ukrainekrieg
Bevölkerung in Russland und der Ukraine zwischen Kampfgeist und Müdigkeit
Der Ukraine steht ein weiterer harter Winter bevor. Die Bevölkerung ist müde und hat Angst, vergessen zu werden. Auch in Russland nimmt die Unsicherheit zu, versprochen war eine schnelle Militäroperation

Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht in Sicht.
REUTERS/Thomas Peter
Die Menschen in der Ukraine passen sich der Situation an
In den ersten sechs Monaten nach Beginn der russischen Invasion habe sie nicht an sich selbst gedacht, sagt Ivanka Stets. Die 27-Jährige ist eine von zahlreichen Angehörigen von ukrainischen Soldaten und Soldatinnen, die an der Front kämpfen. "Es war, als hätte ich meine eigene Existenz vergessen", erklärt die Mitarbeiterin der Organisation Veteran Hub in Kiew. Ihr Verlobter kämpft nun bereits zweieinhalb Jahren ohne Pause. Unter anderem ist er im Donbass stationiert, wo den russischen Truppen zuletzt immer wieder kleinere Gebietsgewinne gelungen sind. Sie steht mit ihm in Kontakt, wartet darauf, dass er zurückkommt. Doch es gibt noch immer keine Aussicht auf ein Ende seines Dienstes oder der Kämpfe.

"Wir waren vor dem Krieg acht Monate lang zusammen, die restliche Zeit hat Krieg geherrscht", sagt Stets. "Für mich ist es ein Leben in der Distanz. Wir befinden uns in unterschiedlichen Realitäten." Zahlreichen Menschen in der Ukraine geht es so. Partner, Familienangehörige und Freunde erleben über die Gespräche mit den Soldaten mit, was es bedeutet, zu kämpfen. "Wir sind die wichtigsten Kontakte zur zivilen Welt für sie", so Stets.

"Die Menschen wollen ein Ende des Krieges. Aber sie stellen sich die Frage, was das bedeutet."
Meinungsforscher Lubomir Mysiw
Zweieinhalb Jahre Krieg haben die ukrainische Gesellschaft geschlaucht, Familien zerrissen, Leben zerstört. Ein Drittel des Territoriums gilt als vermint, Luftalarm und Ausgangssperre gehören wie die Angst vor der Mobilisierung zum Leben dazu. Nun steht der Bevölkerung nach der landesweiten und systematischen Zerstörung durch russische Luftangriffe auf die Energieinfrastruktur ein weiterer harter Winter bevor. Etwa 40 Prozent der Befragten einer aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Rating Group geben an, keine Pläne für die Zukunft machen zu können.

Mehr als 80 Prozent sagen laut Umfrage, dass sie wachsende Müdigkeit aufgrund des Krieges spüren. Der Großteil der Befragten glaube aber noch immer an einen Sieg. Dabei handle es sich um eine Emotion, um Hoffnung, sagt Lubomir Mysiw, stellvertretender Direktor der Rating Group: "Die Menschen wollen ein Ende des Krieges. Aber Sie stellen sich die Frage, was das bedeutet, welche Sicherheitsgarantien es geben kann."

Anpassung an die Umstände
Die Umfrage zeige, dass die Menschen im Vergleich zu Beginn des Krieges realistischer sind, was die militärische Lage angeht, so der Meinungsforscher. Grund dafür sei die interne Situation im Land – die schwierige finanzielle Lage, die eingeschränkten Möglichkeiten, der Umfang der von Russland besetzten Gebiete und die politischen Skandale der vergangenen Monate. Dazu komme, dass die Menschen beobachten, dass die Unterstützung der Partnerstaaten abnimmt, sagt Mysiw. "Wenn wir über den Grad der Müdigkeit der Menschen sprechen, dann zeigt sich ein großer Teil erschöpft von den täglichen Herausforderungen", sagt Mysiw. "Gleichzeitig beobachten wir eine Anpassung an die Umstände."

Laut ihm zeigen die Umfragen, dass die Bevölkerung bereit für Verhandlungen ist – allerdings nicht, wenn dafür die besetzten Gebiete aufgegeben werden müssen. Im Land sind bereits jetzt 1,2 Millionen Veteranen registriert. Nach dem Konflikt wird die Zahl wohl auf fünf bis sechs Millionen steigen. Die Familien seien ein wichtiger Faktor dafür, dass Veteranen irgendwann wieder Halt in der Gesellschaft finden, sagt Stets. Sie hofft, dass ihre Hochzeit trotz allem bald stattfinden kann. Das Festhalten an diesen "normalen" Ereignissen sei wichtig, sagt sie. "Das allein gibt mir das Gefühl, dass es eine Zukunft gibt." (Daniela Prugger aus Kiew, 13.10.2024)

In Russland will eine Mehrheit Friedensgespräche
Diese ständigen schlechten Nachrichten im Radio und Fernsehen ermüden mich": Irina (64) lebt in einem Dorf nahe der Großstadt Samara an der Wolga im Südosten Russlands. Die Situation in der Ukraine beeinflusse ihr Leben nicht besonders, sagt sie, Angst habe sie allerdings "vor einem großen Krieg" zwischen Russland und der Nato. So wie sie denken viele Menschen in Russland. Versprochen war eine kurze, schnelle Spezialoperation. Nun zieht sich der Krieg in der Ukraine im dritten Jahr dahin, ins russische Grenzgebiet bei Kursk sind ukrainische Truppen einmarschiert, Kriegsmüdigkeit macht sich breit. Auch in Russland.

Was nicht heißt, dass das Land in Depression verfällt. Zwar treffen die Inflation und die steigenden Lebensmittelpreise viele Russinnen und Russen. Doch die Wirtschaft floriert nach wie vor, und das Vertrauen in Russlands Präsidenten Wladimir Putin ist ungebrochen. Nach einer Umfrage des renommierten Meinungsforschungsinstituts Lewada glaubt die Mehrheit der Russen, dass sich die Dinge im Land in die richtige Richtung entwickeln.

"Diese ständigen schlechten Nachrichten im Radio und Fernsehen ermüden mich."
Irina lebt in einem Dorf nahe Samara
Doch immer mehr Menschen im Land wären zu einem Waffenstillstand, zu Friedensverhandlungen bereit. Zu diesem Schluss kommen Soziologen der Forschungsprojekte Chronicles und ExtremeScan. Truppenabzug und Verhandlungen über einen Waffenstillstand, ohne die von Putin ursprünglich gesetzten Ziele der Militäroperation zu erreichen? 49 Prozent der Befragten befürworten das.

Nur 33 Prozent sind für die Fortsetzung des Krieges. Im Februar 2023 waren es noch 47 Prozent. Interessant sind die regionalen Unterschiede. In Regionen wie Tschetschenien oder Dagestan, wo viele Männer vor zwei Jahren zwangsmobilisiert wurden, ist die Zustimmung zu Putins Krieg deutlich geringer als etwa in Städten wie Moskau. "In Moskau gibt es eine hohe Konzentration von Regierungsbeamten, Eigentümern und Angestellten des militärisch-industriellen Komplexes sowie von Großkonzernen und Unternehmen, die vom Krieg profitiert haben oder dem Arbeitgeber einfach treu ergeben sind", meint die Soziologin Elena Konewa.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Lewada. 58 Prozent der Menschen in Russland fordern demnach Friedensgespräche. Zwar seien nach wie vor die meisten stolz auf ihr Land, doch "die Mehrheit der Befragten ist besorgt über den Beschuss russischer Gebiete durch die Ukraine, die Drohung des Einsatzes von Atomwaffen und die Lieferung westlicher Militärausrüstung".

Viele schweigen lieber
Reden über ihre Ängste wollen nur wenige Menschen in Russland. Zu groß scheint der Druck im Land. Proteste gegen den Krieg gibt es in Russland kaum noch. Doch die Stimmung im Land, auch die Ängste und Sorgen der Menschen, sieht der Kreml schon als Problem.

Zumal der Krieg in der Ukraine viel Geld kostet. 41 Prozent der Staatsausgaben sollen 2025 bis 2027 in nationale Sicherheit und Verteidigung fließen, so ein im Parlament vorgelegter Haushaltsentwurf. Der Kreml sei besorgt, dass das Budget "eine negative Wahrnehmung bei den Bürgern hervorrufen" und zu einem Rückgang der Zustimmungswerte führen könnte, zitiert das Onlinemedium Meduza zwei Informanten aus dem Umfeld von Präsident Putin. Pro-Kreml-Medien seien angewiesen worden, den Haushalt als vorrangig "sozial" darzustellen und die Erwähnung von Kriegsausgaben gänzlich zu vermeiden. "Die einzige Ausnahme sind Zahlungen an Militärangehörige und die Unterstützung ihrer Familien.
(Jo Angerer aus Moskau, 13.10.2024)
Bevölkerung in Russland und der Ukraine zwischen Kampfgeist und Müdigkeit
 

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"Disco Head"
Putins Wunderpanzer T-90 hat ein bizarres Eigenleben
Die Türme von Russlands aktuell stärkstem Panzer beginnen bei kleinsten Schäden unkontrolliert zu rotieren. Die Panzer müssen von ihren Besatzungen daraufhin aufgegeben werden

Ein T-90M feuert seine Hauptbewaffnung für die Kameras ab. Dieser "Durchbruch" genannte Panzer erweist sich in einem echten Einsatz allerdings als fehleranfällig.
IMAGO/Maksim Blinov

Unaufhaltsam, unzerstörbar und eine Macht auf dem Schlachtfeld: So stellt die russische Propaganda den Kampfpanzer T-90 gerne dar. Dass die Kampfpanzer konstruktionsbedingt deutlich häufiger in gewaltigen Stichflammen explodieren, von Bradley-Schützenpanzern ausgeschaltet werden und generell als Fehlschlag gelten, sagt man im Kreml natürlich nicht dazu.

Jetzt stellt sich heraus, dass Putins Ersatz-Wunderpanzer noch ein peinliches Problem haben: Sie drehen einfach durch. Oder besser gesagt: deren Türme.

Das Spinning Turret Syndrome
Das Phänomen ist so häufig, dass es schon den Namen Spinning Turret Syndrome bekommen hat. Durch einen offenbar noch nicht restlos identifizierten Fehler beginnen sich plötzlich die Türme der Panzer unkontrolliert zu drehen und lassen sich auch nicht mehr stoppen, ohne die Stromzufuhr zu kappen. Letzteres ist unter Gefechtsbedingungen natürlich keine sonderlich schlaue Idee, also fahren die Besatzungen mit ihren fehlerhaften Panzern und den durchdrehenden Türmen einfach weiter oder treten den Rückzug an. Natürlich ist die ukrainische Armee mit den auf beiden Seiten allgegenwärtigen Aufklärungsdrohnen zu Stelle, filmt die Szenen und veröffentlicht sie auf sozialen Medien.

Besonders das modernste Modell, der T-90M, scheint von dem peinlichen Konstruktionsfehler betroffen zu sein. Der T-90 trägt den Beinamen "Proryv", was so viel wie "Durchbruch" bedeutet. Allzu weit dürfte es mit diesem Versprechen nicht her sein: Es scheint so, als würden schon kleinste Schäden ausreichen, um den Fehler auszulösen und die Türme unkontrolliert rotieren zu lassen. Über den prominentesten Fall hat DER STANDARD bereits berichtet: Die Crew eines M2-Bradley-Schützenpanzers der Ukraine befindet sich plötzlich in einem eigentlich ungleichen Duell, als sie sich einem T-90M gegenübersieht.

Die Crew des Bradley weicht zuerst aus und eröffnet dann das Feuer aus der 25-Millimeter-Bushmaster-Maschinenkanone des Schützenpanzers. Auf dem Papier dürften deren Geschosse die schwere Panzerung des T-90M nicht durchdringen. Jedoch wusste der Schütze des Bradley aus dem Videospiel War Thunder, wo sich die empfindlichen Optiken des T-90 befinden, und nahm diese gezielt unter Beschuss. Auf dem Video ist zu sehen, wie die Geschosse des Bradley einschlagen und die russische Crew versucht, dem Beschuss auszuweichen, was aber nicht gelingt. Letztendlich fährt sich der T-90 fest. Schon in diesem Video war zu erkennen, dass der Turm plötzlich zu rotieren beginnt.

Mehr als ein Einzelfall
Durch die Rotation des Turms hatte die russische Besatzung natürlich keine Chance, das Feuer zu erwidern, und ihr Fahrzeug wurde zum einfachen Ziel. Der Turm dreht sich so lange, bis das Rohr gegen einen Baum knallte und gestoppt wurde. Der Panzer wurde später von einer Drohne gänzlich zerstört. Damals war aber noch davon ausgegangen worden, dass eventuell die Besatzung in Panik geriet oder verwundet wurde, dass also ein menschlicher Fehler die eigenartige Drehbewegung hervorgerufen hat.

Später tauchten allerdings immer mehr Aufnahmen von durchdrehenden T-90-Türmen auf. Auf einem Video vom Mai ist zu sehen, wie ein T-90M mehrere Treffer von Kamikazedrohnen einsteckt und dabei nur minimale Schäden davonträgt. Bis auf einmal der Turm unkontrolliert zu rotieren beginnt. Eine ähnliche Aufnahme vom Dezember des Vorjahres zeigt das genau gleiche Bild: Ein T-90M wird von einer Drohne getroffen, am Turm ist der Einschlag deutlich zu erkennen. Der Panzer kann weiterfahren, jedoch dürfte interner Schaden entstanden sein, woraufhin der Turm durchdreht und erst stoppt, als die Crew das Fahrzeug abstellt. Der verlassene Panzer wurde daraufhin ebenfalls von einer Drohne zerstört. Weitere Videos zeigen das Phänomen.

Wohl ein Bug
Zuerst ging man davon aus, dass bei den Drohnenangriffen möglicherweise der Richtschütze verwundet wurde und über der Turmsteuerung zusammensank. Aufnahmen, die unverletzte Besatzungsmitglieder beim Verlassen ihrer T-90 zeigen, stehen dieser Theorie aber entgegen. Das Problem dürfte eher technische Ursache haben. Der T-90M verfügt wie die meisten modernen Panzer über ein Feuerleitsystem. Dieses kann unter anderem die Hauptwaffe, die 125-Millimeter-Kanone, auf das Ziel richten. Die Theorie: Wird die Optik beschädigt, erhält das Feuerleitsystem falsche Signale, und die Türme drehen durch. Eine andere mögliche Erklärung ist das Laserwarnsystem des Panzers. Wie alle derartigen Gefechtsfahrzeuge verfügt auch der T-90 über einen Laserwarner. Dieser gibt einen Alarmton aus, wenn das Fahrzeug mit einem Laser markiert wird. Und: Das System richtet die Kanone automatisch zur Bedrohung hin aus. Wird der Sensor beschädigt, könnte das so die Turmrotation auslösen.

Was auch immer den Fehler auslöst: Dem ohnehin schwer angeschlagenen Ruf des T-90M dürfte der Fehler nicht gerade zuträglich sein. Im englischsprachigen Raum hat sich mittlerweile sogar der Begriff "Disco Head Glitch" für das Phänomen etabliert.

Noch mehr PR-Desaster
Putins Superpanzer hatte es in der Vergangenheit schon schwer: Eigentlich ein Ablösekandidat, sollte der T-90M durch den T-14 Armata ersetzt werden. Doch die Entwicklung des angeblichen Superpanzers verlief katastrophal und scheiterte letztendlich mit einem gewaltigen PR-Desaster. Also wurde der T-90M von der Propaganda als die neue, alte Wunderwaffe vermarktet. Motto: "Für die Ukraine wird's schon reichen."

Ein fataler Ansatz: Laut dem Watchblog Oryx ist der T-90M keineswegs unzerstörbar: 109 Exemplare gingen mittlerweile mindestens verloren, mehr, als Russland zu Beginn des Ukrainekriegs überhaupt hatte. Dazu kommen noch 52 T-90-Panzer der Vorgängerkonfigurationen. Laut Schätzungen des Institute for Strategic Studies kann Russland diese enormen Verluste kaum ersetzen. Zwar ist die Produktion der russischen Kriegswirtschaft zuletzt gestiegen, aber es ist davon auszugehen, dass maximal 15 T-90M im Monat nachproduziert werden können.

Böse Zungen behaupten gar, dass der T-90 eigentlich nur ein modifizierter T-72 ist und nur deshalb eine neue Bezeichnung bekommen hat, weil sich der T-72 aus der Sowjetära in den Golfkriegen als westlichen Panzern völlig unterlegen herausgestellt hat. Die Bilder von brennenden irakischen T-72-Panzern gingen um die Welt, und niemand wollte den russischen Schrottpanzer mehr kaufen. Daraufhin wurde der T-72 ein wenig modifiziert und als T-90 neu vermarktet.

Im Sommer 2024 geriet der T-90M noch einmal in die Schlagzeilen, als ein eigentlich geheimes militärisches Handbuch des Panzers praktischerweise sogar noch in englischer Sprache geleakt wurde. Damit wurde erstmals bestätigt, was lange vermutet wurde. Der T-90M hat nämlich einen enormen Nachteil: Er kann nur in Schrittgeschwindigkeit rückwärts fahren, was beim Stellungswechsel ein enormer Nachteil ist, weil die starke Frontpanzerung eher zum Feind zeigen sollte, statt zu wenden und die deutlich schwächere Heckpanzerung zu exponieren.
(Peter Zellinger, 2.11.2024)
Putins Wunderpanzer T-90 hat ein bizarres Eigenleben
 

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Ukrainekrieg
1000 Tage Abwehrkampf der Ukraine – war er am Ende vergebens?
Seit Kriegsbeginn kämpft die Ukraine nicht nur gegen die russischen Invasoren, sondern auch gegen die Ermüdung im Westen an. Der Sieg Donald Trumps in den USA könnte nun eine Entscheidung erzwingen
Analyse
Wie viel ein Ehrenwort in Zeiten des Krieges wert ist, erfuhr Oleksij Resnikow in den Morgenstunden des 24. Februar 2022: "Mein belarussischer Kollege", erzählt Wolodymyr Selenskyjs damaliger Verteidigungsminister bei einem Treffen mit dem STANDARD Anfang November in Wien, "hatte mir drei, vier Tage vorher am Telefon noch sein Wort als Offizier gegeben, dass von seinem Land aus die Grenze zur Ukraine nicht überschritten wird." In jener kalten Nacht – am Dienstag ist sie 1000 Tage her – wurde die Lüge offenbar. Vom Süden, Osten und Norden aus marschierten russische Truppen in sein Land ein. Auch von Belarus aus. Dass er dem Kollegen geglaubt hat, ärgert ihn bis heute: "Aber wir sind eben Menschen, die in dem Paradigma leben, dass das Schlimmste nicht eintreten würde."

Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – sollte Resnikow, ein hagerer Jurist, Kinnbart, Glatze, modische Brille, wenig später zu einem der Gesichter des ukrainischen Widerstandes werden. Eineinhalb Jahre lang beriet sich der gebürtige Lemberger mit westlichen Kollegen und orchestrierte die Verteidigung des so brutal angegriffenen Landes. Sein Wahlspruch: "Eine Friedenstaube braucht die Flügel eines Kampfjets."


Der frühere ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow klärt heute an US-Universitäten – und Anfang November in Wien – über die Situation seines Heimatlandes auf.
AFP/SERGEI CHUZAVKOV

Von Beginn an hatte er auch gegen – aus seiner Sicht – falsche Einschätzungen anzukämpfen. Drei Tage hatten auch viele westliche Fachleute der ukrainischen Armee bis zur Kapitulation gegeben. Eine "kognitive Verzerrung", konstatiert Resnikow heute, mehr als zweieinhalb Jahre später: "Wir haben niemals an diese Doktrin geglaubt." Tatsächlich habe man die Jahre seit Beginn des hybriden Krieges im Donbass 2014 dazu genutzt, die Truppe auf Nato-Standards zu trimmen und, wie Resnikow sagt, "zu lernen, wie man Russen tötet".

Verhängnisvolle Zweifel
Seit seiner Ablösung im Sommer 2023 wegen Korruptionsaffären in seinem Ministerium reist der 58-Jährige um die Welt und erzählt vom Krieg, der ganze Landstriche verheerte und Hunderttausenden auf beiden Seiten den Tod brachte. Aktuell redet Resnikow auch gegen die zunehmende Ermüdung an, die sich in der westlichen Öffentlichkeit vielerorts breitmacht. 118 Milliarden Euro sind aus der EU und aus Unionsmitgliedern bisher nach Kiew geflossen, die USA investierten 85 Milliarden Euro. Zwischen Berlin und Washington wachsen nun aber die Zweifel, ob sich weitere Hilfe überhaupt noch lohnt. 1000 Tage Widerstand, all die Opfer – umsonst?


In den Morgenstunden des 24. Februar 2022 eröffneten russische Raketenangriffe auf Kiew den Angriffskrieg.
Represented by ZUMA Press, Inc.

Tatsächlich ist die Lage unmittelbar vor dem dritten Kriegswinter verfahren – vor allem für die Ukraine. Im Osten des weiten Landes marschiert die russische Armee seit Monaten langsam, aber stetig vor. Aus Kiew heißt es zwar, dass Russland aktuell die höchsten Verluste seit Kriegsbeginn verzeichne. Bisher jedenfalls fällt es dem Kreml aber leicht, die Ausfälle zu kompensieren. Waren es zu Beginn der Invasion vor 1000 Tagen etwa 190.000 Soldaten, die Russland in den Krieg in die Ukraine schickte, sind es heute vermutlich etwa drei Mal so viele.

Der Ukraine ihrerseits ist aber seit der Befreiung Chersons vor zwei Jahren kein bedeutsamer Geländegewinn mehr gelungen. Ein Fünftel ihres Territoriums ist nach wie vor besetzt, weder die gescheiterte Gegenoffensive 2023 noch die – bis heute nicht zurückgeschlagene – Invasion im russischen Kursk im Sommer vermochten Druck von der Front zu nehmen.


1.000 Tage Krieg in der Ukraine
STANDARD

Wenn im Jänner Donald Trump wieder US-Präsident ist und wie angekündigt die Waffenlieferungen einstellt, könnte Kiew gezwungen sein, seine Kriegsziele, vor allem die Befreiung aller besetzten Gebiete, aufzugeben. Russland käme seinem Ziel, die Ukraine zu zerschlagen, ein großes Stück näher. Kündigt sich 1000 Tage nach Kriegsbeginn also eine weitere Zeitenwende an?

Unsicherheitsfaktor Trump
"Die Lage ist noch nicht katastrophal, weil sich die Ukrainer zäh verteidigen, aber prekär", sagt der Militäranalyst Franz-Stefan Gady. Die ebenfalls erschöpften russischen Truppen könnten in den kommenden Wochen zwar durchaus Durchbrüche erzielen, "ich sehe aber keine unmittelbare Gefahr, dass die Front zusammenbricht".

Und auch der Sieg Trumps sei für Kiew "kein Grund, in Panik zu verfallen", so Gady. Zumindest vorerst. In seinem neuen Buch Die Rückkehr des Krieges beschreibt er eine Welt, die nach einem Rückzug der USA als Garantiemacht liberaler Demokratien unsicherer wird. Die beschlossenen US-Militärhilfen seien so strukturiert, dass sie bis Ende 2025 wirken. Lege es Trump aber darauf an, könne er den Strom der Waffen in Richtung Ukraine per Veto versiegen lassen.

Die Lücken, die gemäß diesem Szenario etwa im Bereich der besonders dringend benötigten Luftabwehrmunition entstehen würden, könnte Europa kaum füllen, sagt Gady. "Europa hat nicht nur ein Kapazitätsproblem, es fehlen auch die Fähigkeiten, komplexe Militäroperationen zu koordinieren." Optimistischer ist er bei der Artilleriemunition: "Wenn der politische Wille da ist, könnte Europa den Wegfall der USA ab Ende 2025 teilweise kompensieren."

Wichtiger, so Gady, sei derzeit aber, wie die Ukraine ihre Waffen einsetzt. "Militärische Effektivität hängt von der Einsatzführung ab. 2025 wird es darum gehen, die Fehlerquote niedrig zu halten." Die ukrainische Luftabwehr ist nämlich bedrohlich löchrig geworden, Russlands Luftschläge haben die Energieinfrastruktur empfindlich getroffen, zuletzt am Wochenende. Der Winter droht in der Ukraine heuer deshalb besonders kalt und dunkel zu werden.

Neue Definitionen nötig
Alexander Graef vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg ist sich nicht so sicher, dass der künftige US-Präsident Kiew tatsächlich fallen lässt: "Gelingt es ihm nicht, den Krieg schnell zu beenden, ist Trump auch eine 180-Grad-Wende zuzutrauen. Die USA könnten dann ihre bisherige Unterstützung ausbauen."

Am Sonntag hieß es, dass Amtsinhaber Joe Biden Kiew weitreichende Schläge mit US-gelieferten Waffen erlauben will. Seit Monaten hatte die Ukraine ihren wichtigsten westlichen Partner immer wieder darum gebeten, Aufmarschgebiete, Munitionsdepots und Militärflughäfen tief im russischen Hinterland anzugreifen.

Dass die Ukraine die von russischen Truppen besetzten Gebiete zurückerobern kann, glaubt Graef gleichwohl nicht. Schon gar nicht die Krim, die Russland schon 2014 widerrechtlich annektiert hat. "Das ist nicht mehr erreichbar, außer es bricht die Führung in Moskau zusammen." Ein Nato-Beitritt der Ukraine dürfte mit Trump im Weißen Haus zudem in noch weitere Ferne rücken.

Umgekehrt dürfte aber auch Russland sein Ziel, die politische Unterwerfung der gesamten Ukraine, mittelfristig verfehlen, vermutet Graef. Überhaupt sei unklar, wie man Sieg und Niederlage unter diesen Umständen definiere: "Für die Ukraine könnte es auch ein Sieg sein, wenn sie als Staat handlungsfähig bleibt. Dafür müsste sie Russland mit westlicher Hilfe davon überzeugen, dass sich der Krieg nicht mehr lohnt. Derzeit glaubt Moskau aber noch immer, seine politischen Ziele militärisch erreichen zu können."


Die 24. Mechanisierte Brigade der ukrainischen Armee befestigt nahe Tschassiw Jar die Front.
EPA/24TH MECHANIZED BRIGADE PRES

Und was, wenn Trump doch Ernst macht – und auch Europa sich den Bitten Kiews gegenüber taub stellt? Analyst Gady hält es für möglich, dass ein solches Szenario "gut in eine bereits existierende 'Dolchstoßlegende' hineinspielen würde". Für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj wären territoriale Zugeständnisse auf diese Art nämlich einfacher zu rechtfertigen. Und selbst wenn es gar keine Hilfen mehr geben sollte, würde der Widerstand wohl weitergehen. Doch: "Die Chancen, dass Russland einen Nachfolgekrieg startet, wären dann sehr hoch." Wohl auch deshalb wiederholte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow am Freitag den Anspruch Kiews auf sein gesamtes, von Russland geraubtes Territorium: "Die Menschen in den besetzten Gebieten warten auf ihre Befreiung."

Sein Vorgänger Resnikow sieht das ähnlich: "2022 waren wir auch ganz ohne Unterstützung gefechtsbereit." Der Westen sollte besser auch weiterhin ein vitales Interesse daran haben, dass die Ukraine Russlands Truppen aufhalten, sagt er: "Denn das eigentliche Ziel Moskaus ist nicht die Ukraine und auch nicht Polen oder die baltischen Staaten, sondern die Wiederrichtung der Berliner Mauer."
(Florian Niederndorfer, 18.11.2024)
1000 Tage Abwehrkampf der Ukraine – war er am Ende vergebens?
 

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Ukraine
Düstere Aussichten nach 1.000 Tagen Krieg
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1.000 Tage dauert der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mittlerweile an – und die Aussichten für Kiew sind düster: Während die Ukraine Probleme bei der Mobilmachung hat, meldet Russland fast täglich Geländegewinne. Der Winter werde für die Ukraine „sehr schwierig“, sagt Bundesheer-Oberst Markus Reisner zu ORF.at. Dass die Freigabe neuer US-Waffen eine Wende im Krieg bewirken kann, glauben Fachleute nicht.
Online seit gestern 18.11.2024, 23.18 Uhr
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Die Aufregung über die kolportierte Freigabe neuer US-Waffensysteme ist nur das jüngste Kapitel im bald drei Jahre andauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine: Die US-Zeitungen „New York Times“ und „Washington Post“ hatten am Sonntag berichtet, dass US-Präsident Joe Biden die bisher geltenden Beschränkungen für an die Ukraine gelieferte Waffen aufgehoben habe.

Biden erlaubt der Ukraine demnach den Einsatz von ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern zur Verteidigung der ukrainischen Truppen in der von ihnen besetzten russischen Region Kursk. Washington bestätigte die Maßnahme nicht offiziell, dementierte sie aber auch nicht.

Dass jene Waffensysteme aber eine „entscheidende Wende“ im Krieg bewirken können, glauben weder Reisner noch der Militärexperte Franz-Stefan Gady. „Zumindest nicht in unmittelbarer bis mittlerer Zukunft“, sagte Gady am Montag im Ö1-Interview.

Experte Gady rechnet mit „horizontaler Eskalation“
Russland reagierte entsetzt auf die Berichte und warf Biden vor, mit der Freigabe den Konflikt weiter anzuheizen. Die Policy der USA sei es bisher gewesen, „es eben nicht zu einer Eskalation kommen zu lassen“, sagt Reisner dazu. Er erwartet deshalb auch, dass eine „ausnahmsweise“ Freigabe neuer US-Waffen auf die russische Region Kursk begrenzt bleibe.

Da Russland keineswegs im Begriff sei, den Krieg zu verlieren, schätzt Militärexperte Gady die Chance einer „vertikalen Eskalation“ – also die Gefahr eines Nuklearkrieges – trotz russischer Drohungen als gering ein. Durch die Freigaben von weiteren Präzisionswaffensystemen könne aber eine „horizontale Eskalation“ erwartet werden.

Der Experte meint damit „die Ausweitung der russischen Sabotagekampagne in Europa beziehungsweise auch die Lieferung weiterer Waffensysteme an die Huthis im Roten Meer, um internationale Schifffahrtsrouten zu blockieren“. Deutschland kündigte indes an, bei seinem Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zu bleiben.

Kritische Infrastruktur im Fokus
Die Ukraine steht mit der zu Ende gehenden zweiten russischen Sommeroffensive vor großen Herausforderungen, wie Bundesheer-Oberst Reisner erläutert. Auf strategischer Ebene habe Russland den Druck auf die Ukraine in den vergangenen Monaten mit Angriffen auf die kritische Infrastruktur „massiv erhöht“, so der Experte.

Der bevorstehende Winter werde unter anderem durch Stromabschaltungen „sehr schwierig“ für die Ukraine. „Dazu kommt, dass der militärische und industrielle Komplex der Ukraine sehr schwer getroffen ist“, sagt er.

Reuters/Vyacheslav Madiyevskyy
Die Ukraine sieht sich wegen russischer Angriffe immer wieder zu Stromabschaltungen gezwungen

Personal als großes Problem für Ukraine
Der Personalmangel an der Front stelle aber das Hauptproblem der Ukraine dar, so Gady. Die ukrainischen Truppen an den Frontverläufen im Osten und Süden des Landes befinden sich seit Monaten unter Druck. Das gilt auch für die eroberten russischen Gebiete in der Region Kursk, mit denen die Regierung in Kiew den Druck auf Russlands Präsident Wladimir Putin bei möglichen Friedensverhandlungen erhöhen will.

Die Ukraine versuche momentan „verzweifelt, noch einmal 160.000 Mann zu mobilisieren und die Truppen an der Front zu verstärken“, so Reisner. Die Zahl der Deserteure wächst. Von über 60.000 Fällen in diesem Jahr wurden knapp 10.000 allein im Oktober registriert. Die Dunkelziffer dürfte noch weit höher liegen. Dazu kommen Verluste durch Tod, Verwundung und Gefangenschaft.
„Lücken“ an der Front
Auf operativer Ebene ermögliche das den Russen vorzurücken, so Reisner. „Die Ukraine schafft es nicht, die Schützengräben voll zu besetzen, und dadurch entstehen Lücken, und genau an diesen Lücken kann Russland dann quasi einbrechen“, so Reisner. Dazu komme, dass die Ukraine auch an der Front nicht über ausreichend Fliegerabwehr verfüge, um einerseits strategische Luftangriffe sowie andererseits die dort eingesetzten Gleitbomben abwehren zu können.

Auf taktischer Ebene habe sich Russland angepasst und beherrsche nun etwa das elektromagnetische Feld, fügt Reisner hinzu. Heuer habe sich damit „sehr viel zu Ungunsten der Ukraine entwickelt“, sagt der Experte. Die Ukraine hatte sich für 2024 zwar vorgenommen, in der Defensive zu bleiben, zugleich aber neue Verbände aufzustellen. Jene Verbände sollten 2025 in einer neuen Offensive eingesetzt werden, erklärt Reisner. „Aber diese Verbände kann die Ukraine kaum aufstellen, weil sie sie sofort an die Front schicken muss.“

Russland: Hohe Verluste für geringe Gebietsgewinne
Seit der Eroberung der Festung Awdijiwka bei Donezk zu Jahresbeginn sind die russischen Soldaten etwa 40 Kilometer nach Westen vorgerückt. Die Geländegewinne sind zwar gering, aber stetig – die strategisch wichtige Stadt Kurachowe im Donbas steht vor dem Fall. Moskau nimmt dafür gewaltige Verluste in Kauf: Genaue Zahlen gibt es nicht, westlichen Schätzungen zufolge sollen inzwischen über 115.000 russische Soldaten gefallen und mehr als eine halbe Million verwundet sein. Auf beiden Seiten ist mit weiteren hohen Verlusten zu rechnen.

Nicht zuletzt stellt sich Moskau auch auf weitere Gefechte in Kursk ein: Russland zog dort weitere Zehntausende Soldaten zusammen. Dazu kommen etwa 10.000 Kämpfer aus Nordkorea. Ziel ist es, mit einer Großoffensive die Ukraine bis zum Amtsantritt von Donald Trump in den USA aus dem Land zu vertreiben. Trump hatte im Zuge des Wahlkampfs versprochen, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden zu beenden.

Der Trump-Faktor
Wie Trump das bewerkstelligen will, ist derzeit noch unklar. Auch ist nicht klar, ob beziehungsweise in welchem Ausmaß die USA ihre militärischen Hilfen für die Ukraine mit Trumps Amtsantritt einstellen werden. Der Druck auf Kiew könnte im kommenden Jahr jedenfalls derart groß werden, dass es „zu einem Diktatfrieden kommt, den Russland als Sieg interpretieren kann“, sagt Reisner. Das sei allerdings noch „offen“, weil auch die USA damit einen Gesichtsverlust riskieren würden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rückt offiziell noch nicht von seiner im Herbst 2022 präsentierten „Friedensformel“ und der Forderung eines kompletten Abzugs russischer Truppen ab. Da das auf militärischem Weg aussichtslos erscheint, gesteht Selenskyj allerdings zu, dass nicht alle besetzten Gebiete zurückerobert werden müssen. Sie könnten auch auf dem Verhandlungsweg wieder zurückkommen. Zudem lehnt Kiew den von Moskau geforderten Verzicht auf den in der Verfassung verankerten NATO-Beitritt ab.

Eine Lösung ist bisher dennoch nicht in Sicht. „Es ist leider so, dass wir erwarten können, dass Russland den Druck in den nächsten Monaten noch weiter erhöhen wird“, sagt Reisner, der weitere Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine erwartet. Der schwere Angriff vom Sonntag sei „ein Vorgeschmack“ dessen gewesen.
19.11.2024, Katja Lehner (Text), Anna Schandl (Lektorat), beide ORF.at/Agenturen

Ukraine: Düstere Aussichten nach 1.000 Tagen Krieg
 

josef

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Drohnen und mehr
Ukraine-Konflikt wird zu "Krieg der Roboter"
Soldaten steuern Kriegsgerät immer öfter aus der Ferne. Beide Parteien fahren Drohnen-Produktion hoch
Knapp drei Jahre nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine gewinnen Kampfdrohnen und Systeme zu deren Abwehr zunehmend an Bedeutung. Sie sollen auf beiden Seiten der Front die Truppe entlasten. "Der Krieg der Roboter ist die Hauptrichtung der Entwicklung", sagt der ukrainische Verteidigungsminister Herman Smetanin. Es gehe um den Schutz der Soldaten. Die beiden Kriegsparteien werden im laufenden Jahr voraussichtlich insgesamt 1,5 Millionen Drohnen produzieren.


Eine Drohne im Kriegseinsatz in der Ukraine.
REUTERS/Stringer

"Moderner Krieg ist eine Konfrontation von Technologien zum Aufspüren, Stören und Zerstören aus der Ferne", erläutert Ostap Flyunt, Offizier der ukrainischen 67. mechanisierten Brigade. Durch den Einsatz von Drohnen sei die Zahl der Infanteristen in den Schützengräben bereits erheblich gesunken. Dem staatlich unterstützten ukrainischen Wagniskapitalgeber Brave1 zufolge verfügt die Armee über 160 Kompanien mit unbemannten Bodenfahrzeugen, die Nachschub an die Front bringen, Verletzte abtransportieren oder mit ferngesteuerten Maschinengewehren ausgerüstet sind. Diese Systeme kosten meist nur wenige Hundert Dollar pro Stück.

"Kamerad Roboter" könnte kriegsentscheidend werden
Triebfeder der wachsenden Bedeutung Elektronischer Kriegsführung sei die gescheiterte ukrainische Gegenoffensive von 2023, sagt Jurij Schelmuk, Mitgründer eines Produzenten von Störsendern. "Konzentrierte Angriffe mit billigen Flugdrohnen haben alle unsere Vorstöße gestoppt." Seither könne sich seine Firma Unwave vor Aufträgen kaum retten. Von dem Trend will auch ein ehemaliger ukrainischer Oberst mit dem Kampfnamen "Hephaistos" profitieren. Sein Unternehmen bietet automatisierte Maschinengewehre an, von denen seinen Angaben zufolge sechs Stück an der Front im Einsatz sind.

Seit Anfang 2022 sind in der Ukraine mehr als 800 neue Militär-Startups aus dem Boden geschossen. Neben Kampfgeräten entwickeln sie auch Künstliche Intelligenz (KI), um Drohnen effektiver einzusetzen. "Der ukrainische militärisch-industrielle Sektor ist derzeit der weltweit innovativste", betont die ukrainische Abgeordnete Halyna Jantschenko, die sich für dortige Waffenhersteller einsetzt. Auch Russland hat bei der Elektronischen Kriegsführung aufgerüstet. Unter anderem deshalb konnte es in den vergangenen Monaten größere Gebiete und strategisch wichtige Orte im Osten der Ukraine erobern.

Geld- und Fachkräftemangel bremsen Wachstum
Die Regierung in Kiew hat zudem mit weiteren Problemen zu kämpfen: Zwar habe sich die Fertigungskapazität seit 2022 auf 20 Milliarden Dollar verzwanzigfacht, sagt Verteidigungsminister Smetanin. Allerdings reichten die Mittel seines Landes nur dazu, die Hälfte der Produktion aufzukaufen. Dadurch seien die Anlagen vieler Hersteller nicht ausgelastet. Einige Firmen beklagen zudem die staatliche Begrenzung von Gewinnmargen, fehlende langfristige Lieferverträge und den Mangel an Fachkräften.

Daher dächten 85 Prozent von 38 befragten Firmen darüber nach, Produktion ins Ausland zu verlagern oder wanderten bereits ab, warnt Kateryna Michalko, Chefin des Branchenverbands Tech Force UA. Unternehmen fordern außerdem eine Aufhebung des Verbots von Waffenexporten, um das nötige Geld für eine weitere Expansion zu verdienen. Die ukrainische Regierung befürchtet allerdings einen öffentlichen Aufschrei, wenn Waffen mitten im Krieg ins Ausland geliefert werden.
(APA, 19.11.2024)
Ukraine-Konflikt wird zu "Krieg der Roboter"
 

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Militärtechnik
Russlands Interkontinentalrakete ist nicht so neu, wie behauptet
Die russischen Streitkräfte haben eine nichtnukleare ICBM auf die Ukraine abgefeuert. Neu ist an der angeblichen Superwaffe wahrscheinlich nur der Name

Russland soll erstmals eine Interkontinentalrakete im Krieg eingesetzt haben.
AFP/Russian Defence Ministry/-

Erstmals in der Geschichte wurde eine Interkontinentalrakete im Rahmen von Kriegshandlungen abgefeuert. Bei einem Raketenangriff auf den Großraum der ukrainischen Millionenstadt Dnipro setzten die russischen Aggressoren mindestens eine derartige Waffe ein, wie die ukrainische Luftwaffe am 21. November bekanntgab.

"Russische Streitkräfte griffen die Stadt Dnipro mit dem Ziel, Unternehmen und kritische Infrastruktur zu zerstören, zwischen 5 und 7 Uhr Früh mit verschiedenen Raketentypen an. Konkret wurde eine ballistische Interkontinentalrakete aus dem russischen Gebiet Astrachan [...] abgefeuert", heißt es in der Mitteilung.

Kurz darauf meldete sich Wladimir Putin zu Wort und gab bekannt, dass es sich bei der eingesetzten Waffe um eine neuartige Entwicklung namens Oreschnik (dt. Haselstrauch) handelt. "Es gibt derzeit keine Möglichkeit, dieser Waffe etwas entgegenzusetzen. Die Raketen greifen Ziele mit einer Geschwindigkeit von 10 Mach an, das sind 2,5-3 km pro Sekunde", sagte Putin, der gleichzeitig von einer Hyperschallwaffe sprach.

Seit dem Angriff rätselt die Fachwelt, wie eine solche Waffe von westlichen Nachrichtendiensten unbemerkt entwickelt werden konnte. Die Antwort: Wurde sie auch nicht, denn die Oreschnik ist nicht so neu, wie das der Kreml-Herrscher gerne darstellt.

Zweck sind eigentlich Atomschläge
"Ich wäre ziemlich schockiert, wenn dieses Raketensystem mehr als zehn Prozent neue Teile hätte", sagt Fabian Hoffmann, Verteidigungsexperte des Oslo Nuclear Project und Doktorand an der Universität Oslo, gegenüber dem Kyiv Independent. Sein Verdacht: Die Russen hätten eine RS-26 auseinandergenommen, ausgeschlachtet und dann diese neue Rakete mit einigen Verbesserungen zusammengebaut und dem finalen Produkt einen neuen Anstrich verpasst. Auch das US-Pentagon kam zu einer ähnlichen Einschätzung: Die Oreschnik ist eine aufbereitete Rubesch.

Mit RS-26 meint Hoffmann eine auch Rubesch genannte Rakete, über die dann doch einiges bekannt ist. Diese These würde sich auch mit ukrainischen Geheimdienstberichten decken. Denn überraschend kam der Angriff mit einer ICBM, also einer Interkontinentalrakete, nicht. Bereits am Tag zuvor machten Berichte die Runde, wonach Russland den Start einer solchen Rakete vorbereitet. Bis in den Morgenstunden des 21. November war allerdings unklar, ob es sich um einen Teststart handelt oder die Rubesch im Krieg eingesetzt werden soll, wie die Ukrajinska Prawda berichtet.

Der einzige Zweck der Rubesch ist es eigentlich, Atomschläge auszuführen. In diesem Fall dürfte die Rakete aber mit mehreren konventionellen Sprengkopf oder, wahrscheinlicher, mehreren Dummys ausgestattet gewesen sein. Ihr Einsatz gilt als Reaktion auf ukrainische ATACMS-Angriffe auf russisches Territorium, welche von den USA erlaubt wurden.

Wie bei vielen russischen Waffensystemen muss man aber auch bei der Rubesch ("Grenze", Nato-Bezeichnung SS-X-31) zweimal hinsehen, um zu erkennen, dass sie nicht ganz das ist, was die Propaganda aus Moskau gerne erzählt. Ein Beispiel wäre die Hyperschallrakete Kinschal, die eigentlich keine Hyperschallrakete ist. Auch bei der RS-26 ist Moskaus Definition als Interkontinentalrakete irreführend. In Fachkreisen gilt dieser Typ nämlich nicht als vollwertige ICBM, da ihre Reichweite für eine solche Waffe mit 5800 Kilometern relativ gering ist und gerade so unter diese Kategorie fällt. Deshalb wird die Oreschnik in der Berichterstattung auch häufig als ballistische Mittelstreckenrakete bezeichnet, obwohl in dieser Gattung normalerweise Waffen mit Reichweiten von unter 5500 Kilometern eingeordnet werden.

Militärisch sinnlos
Begriffsdefinitionen beiseite: Die RS-26 Rubesch ist ein mobiles ballistisches Bodenraketensystem, das von der RS-24 Jars abgeleitet ist. Diese wiederum ist eine Adaption der älteren Topol-M aus der Sowjetära. Die 2012 erstmals getestete Rubesch kann sechs Sprengköpfe tragen, die ihrerseits wieder Submunition enthalten. Gestartet wird die Rakete von einem sogenannten Transporter-Aufrichter, der von einem Zugfahrzeug in Position gebracht wird.

Aus militärischer Sicht war der Einsatz einer russischen Interkontinentalrakete völlig zwecklos, denn in der Ukraine gibt es kein Ziel, das aus russischer Sicht nicht mit ballistischen Raketen kürzerer Reichweite bekämpft werden könnte. Darüber hinaus liegen der Startort in der russischen Provinz Astrachan und das Ziel in Dnipro nicht einmal 1000 Kilometer voneinander entfernt.

Aktuell ist unklar, ob die Raketen überhaupt mit konventionellen Sprengköpfen bestückt waren oder ob es sich um Dummys oder Gewichtssimulatoren gehandelt hat. Diese werden üblicherweise bei Flugtests eingesetzt, um eine möglichst realitätsnahe Beladung darzustellen. Laut dem Militärexperten Frank Sauer deuten die Schadensbilder darauf hin, dass es sich um Dummys gehandelt haben dürfte. Es ist darüber hinaus unklar, ob die Rubesch/Oreschnik überhaupt mit konventionellen Sprengköpfen bestückt werden kann oder ausschließlich atomare Gefechtsköpfe zum Einsatz kommen können, wie Hoffmann auf Bluesky schreibt.

Die originale Rubesch-Rakete wurde vom Moskauer Institut für Thermaltechnik entwickelt. Hergestellt wird die Waffe im Werk Wotinsk, wo auch die ballistischen Iskander-Raketen produziert werden.

Vier Gefechtsköpfe
Die genauen Eigenschaften der Oreschnik-Rakete sind derzeit nicht bekannt. Es ist aber wie bei der Rubesch von einem Startgewicht von 40 bis 50 Tonnen auszugehen. Die Rakete dürfte mit sechs separaten Sprengköpfen bestückbar sein, ähnlich wie bei den ballistischen Interkontinentalraketen vom Typ Jars. Die genaue Größe der Gefechtsköpfe ist unklar, höchstwahrscheinlich sind es aber 300 Kilotonnen TNT-Äquivalent. Zum Vergleich: Die Hiroshima-Bombe verfügte über 15 Kilotonnen Sprengkraft.


Eine russische Topol-M-Interkontinentalrakete oder ICBM (Intercontinental Ballistic Missile).
EPA/YURI KOCHETKOV

Ziel derartiger Waffen ist es, mehrere nukleare Sprengköpfe, ins Ziel zu bringen. Nach dem Start beschleunigen die Raketen in der Boostphase auf bis zu 25.000 km/h. Den Großteil des Fluges legt die Rakete im Weltraum zurück. In einer Höhe von etwa 1200 Kilometern sind die Raketenstufen ausgebrannt, und der hitzeresistente Wiedereintrittskörper mit den Gefechtsköpfen wird freigegeben. Nahezu alle Interkontinentalraketen verfügen seit den 60er-Jahren über mehrere dieser Gefechtsköpfe. Diese lassen sich individuell steuern und können so ein größeres Zielgebiet abdecken. Es ist davon auszugehen, dass die Oreschnik über die Möglichkeit verfügt, während des Fluges Täuschkörper auszustoßen, um Abfangversuche zu erschweren.

Entwicklung offiziell eingestellt
Wie viele derartige Raketen Russland besitzt, ist unklar, denn offiziell wurde die Entwicklung des Basismodells, der Rubesch, im Jahr 2018 eingestellt, wie die russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Eigentlich war die RS-26 und ihre Abwandlung damit bis zum Jahr 2027 aus dem russischen Waffenprogramm ausgeschlossen. Auch in der jüngsten Analyse des IISS fehlt die Rakete. Eine offizielle Indienststellung in die russischen Raketenstreitkräfte erfolgte nie.

Die Waffe selbst sei in einem experimentellen Stadium und es sei daher davon auszugehen, dass den russischen Streitkräften nur eine sehr geringe Zahl an derartigen Interkontinentalraketen zur Verfügung steht, heißt aus US-Regierungskreisen, wie die AP berichtet.

Stattdessen sollten alle staatlichen Gelder Moskaus in die Entwicklung des Stratosphären-Hyperschallgleiters Awangard gesteckt werden – einer Hyperschallwaffe, deren Serienproduktion angeblich 2019 angelaufen ist. Bis 2024 wurden laut dem International Institute for Strategic Studies (IISS) zehn Raketen mit dem Awangard-Gleitflugkörper einsatzbereit.
(Peter Zellinger, 27.11.2024)
Russlands Interkontinentalrakete ist nicht so neu, wie behauptet
 

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Ukraine-Krieg
Kämpfen und Durchhalten im Kriegsalltag trotz hoher Verluste
Nicht nur im Donbass spitzt sich die militärische Lage weiter zu, sondern auch im russischen Kursk, das die Ukraine seit August teilweise kontrolliert. Ein Lagebericht aus der angrenzenden Region Sumy
Reportage
Der Land Cruiser der 82. Luftlandebrigade prescht durch Dörfer, die wie ausgestorben wirken und stimmungstechnisch immer mehr dem Donbass ähneln, in denen kaum noch Zivilisten leben, sondern vor allem Mitglieder der ukrainischen Streitkräfte. Er kommt vor einem Bauernhof zum Stehen. Der Regen hat den schlammigen Boden aufgeweicht, die Räder bleiben hängen. Jedes Mal, wenn das Wetter so sei, denke man an die Kameraden, die gerade in den Schützengräben in der Kälte ausharren, erklärt ein Offizier der Brigade mit dem Rufnamen "Philosoph". "Jeder von uns kennt dieses Gefühl, die schweren Rucksäcke mit der Munition, die Schutzwesten, der Helm. Manchmal schleppen wir 40, 50 Kilogramm mit uns rum." Wäre der Regen nicht, könnte man auch mit dem Land Cruiser zu den Positionen fahren. An diesem Tag ginge das aber nur mit dem Stryker, einem Radschützenpanzer aus US-Produktion.

In einem Wald in der Nähe der russischen Grenze zur Oblast Kursk befindet sich die Position der 10. Kompanie der Brigade. Die Einheit von Kompanieführer "Sava" war eine der ersten, die sich an der Operation in Kursk im August beteiligten. Der 33-Jährige sitzt auf einem Schreibtischsessel im Inneren des Holzbunkers, vier Stockbetten, in der Ecke ein kleiner Ofen. Auf den Betten liegen Schlafsäcke, Medikamente, Waffen. Auf dem Schreibtisch Funkgeräte, eingepacktes Brot, Dokumente, Laptops – auf einem ist Youtube geöffnet mit Deep-House-Soundtrack. Man habe hier alles, was man so brauche, sagt Sava. "Aber im Krieg geht es um Geld und Ressourcen. Und irgendwas fehlt immer." An der Wand vor ihm hängen Kinderzeichnungen, manche noch von seinem Vorgänger. "Es wäre seltsam, sie abzunehmen", sagt Sava, der seit Ende 2022 kämpft. Davor hat er in Kiew als Ingenieur gearbeitet. "Ich tue das, damit mein Sohn nicht in den Krieg zieht. Ich möchte sicherstellen, dass mein sechsjähriger Sohn, wenn er 18 wird, nicht das tun muss, was ich nicht geschafft habe."


Sava kämpft, damit sein Sohn es nicht muss.
Olga Ivashchenko

Rückeroberung, bis Trump kommt?
Die Frage, die sich derzeit alle stellen, ist, ob die Ukraine das besetzte Gebiet in der russischen Oblast Kursk halten kann. "Die Lage ist schwierig, aber wir halten die Stellung", sagt Sava. Mehr könne er dazu nicht sagen. Vielleicht war die Überlegung hinter der Offensive, die im August dieses Jahres gestartet wurde, eine politische, vielleicht eine Vorbereitung auf Verhandlungen. "Wir Soldaten müssen das nicht wissen. Es gibt Leute, die das alles planen, die für alles verantwortlich sind. Und unsere Aufgabe besteht darin, dass wir unseren Auftrag erfüllen."

Doch laut US-Geheimdiensten soll Russland im Gebiet Kursk mindestens 50.000 Mann konzentriert haben. Auch nordkoreanische Soldaten werden laut der ukrainischen Armee bereits eingesetzt. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erklärt, dass Putin das von den ukrainischen Streitkräften besetzte Gebiet bis zum 20. Januar 2025, dem Tag der Amtseinführung des wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump, zurückerobern wolle. Einem Bericht von Reuters zufolge, der sich auf eine hochrangige ukrainische Militärquelle stützt, soll die Ukraine bereits wieder über 40 Prozent des einst gehaltenen Territoriums in der russischen Region Kursk verloren haben.


Kurz vor dem Winter sind die Böden häufig schlammig.
Olga Ivashchenko

Die russischen Streitkräfte würden zuerst mit kleinen Stoßtrupps angreifen, um die Verteidigung zu testen, sagt Dmytro Schmajlo, militärpolitischer Experte und Geschäftsführer des Ukrainischen Zentrums für Sicherheit und Zusammenarbeit. „Dann kommt ein mechanisierter Angriff in Kompaniestärke mit 100 Soldaten. In den ersten Novemberwochen unternahmen die Russen massive Angriffe, insbesondere die 810. Marineinfanteriebrigade der russischen Schwarzmeerflotte, die aus der Südukraine verlegt wurde."

Mittelmäßige Moral
Die Ukraine hatte Zeit, sich auf die russische Offensive in Kursk vorzubereiten und die Verteidigungslinien auszubauen, auch jene auf ukrainischem Territorium rund um Sumy. Der Weg in die nordostukrainische Grenzregion ist seit geraumer Zeit von deutlich strengeren Checkpoints gepflastert. "Unsere besten Einheiten befinden sich jetzt in der Region Kursk, darunter Fallschirmjäger sowie westliche Ausrüstung, darunter Leopard- und Abrams-Panzer," sagt Schmajlo. Ein Drittel der feindlichen Streitkräfte scheitere an den Minenfeldern. "Deshalb ist die Entscheidung der USA, der Ukraine Antipersonenminen zur Verfügung zu stellen, so wichtig, denn sie wird uns helfen, unsere Verteidigungspositionen zu stärken. Dies gilt auch für die Erlaubnis zum Einsatz von Langstreckenangriffen auf russischem Territorium." Die Verluste der russischen Truppen sollen laut Beobachtern überall entlang der Front hoch sein, dasselbe gelte aber auch für die ukrainische Seite. Man blicke jeden Tag in neue Gesichter, sagt ein Soldat in Sumy, der nicht zitiert werden will.



Die Moral an der Front beschreiben die Soldaten seit Monaten als mittelmäßig, auf jeden Fall sei sie schlechter als zu Beginn der russischen Invasion. "Am Anfang, als die Operation in Kursk begann, hatte ich nur drei Leute in der Mannschaft, und ich war die vierte", sagt die 43-jährige Drohnenpilotin mit dem Rufnamen "Sultan". "Das waren junge Leute, neue Rekruten. Sie befanden sich noch in der Ausbildung. Und wir haben rund um die Uhr gearbeitet, nonstop." Als Kommandantin habe sie versucht, einen Weg zu finden, den Leuten eine Pause zu gönnen. "Die Leute schliefen bereits bei der Arbeit ein, und das kann zu Verlusten an vorderster Front führen. Wir sind die Augen unserer Leute", erzählt Sultan, während sie eine Aufklärungsdrohne des Typs Furie zeigt und von den schwierigen Wetterbedingungen erzählt. "Wir müssen in größerer Höhe fliegen, weil wir in geringerer Höhe nicht arbeiten können, da dort das Funksignal nicht durchkommt. Das Gelände ist nicht immer geeignet. Das muss man den Vorgesetzten oft erklären."

"Die Armee wird deine Komfortzone"
Der lange Krieg nage an allen, die Besuche zu Hause, bei ihrem zwölfjährigen Sohn, der bei ihrer Mutter lebe, würden immer schwieriger. "Meine Mutter fragt mich oft: Wann kommst du nach Hause? Aber selbst sie versteht, dass mich dafür dann jemand anderer ersetzen muss." Die Armee soll um weitere 160.000 Soldaten aufgestockt werden. Doch viele Männer meiden die Mobilisierung, denn die Armee verlässt man derzeit nur tot oder verwundet. Die Ukraine müsse daher anfangen die Personen als Individuen zu sehen und nicht nur auf die männliche Ressource zu setzen, sagt Sultan. "Jeder weiß ganz genau, wer zu unserer Einheit kommt. Man sieht sie an und möchte weinen. Männer im Alter von 50 plus. Gleichzeitig melden sich viele Frauen freiwillig."


Sultan sieht ihren Sohn immer seltener. Die Armee soll auch deutlich um Frauen aufgestockt werden.
Olga Ivashchenko

Sowohl Sultan als auch Sava sagen, dass sie versuchen, die Nachrichten zu meiden, um sich nicht ablenken zu lassen von der Aufgabe. Die US-Wahl, der Einsatz weitreichender US-Waffen auf russischem Gebiet, der russische Angriff mit der neuen Mittelstreckenrakete Oreschnik: "Wir kennen die allgemeine Situation, aber wir schauen nicht auf die Details", sagt Sava. "Wir sind Soldaten und arbeiten als Soldaten. Politiker machen Politik." Die globale Entwicklung werde man erst mit der Zeit spüren, bis dahin dürfe man sich nicht ablenken lassen. Je länger er im Dienst ist, desto weiter weg rücken die Erinnerungen daran.

"Nach zwei Jahren in der Armee, wird die Armee deine Komfortzone. Und diese Komfortzone verlässt man, wenn man mit seiner Familie zusammen ist", erklärt der Kompanieführer. Bei den wenigen Besuchen zu Hause werde er mit einer anderen Realität konfrontiert. "Wenn man in der Gesellschaft ist, dann denkt man sich die ganze Zeit: Das sind alles keine Probleme, die ihr habt. Es gibt für alles eine Lösung. Richtige Probleme – das sind die Probleme an der Front."
(Daniela Prugger aus Sumy, Fotos: Olga Ivashchenko, 27.11.2024)
Anmerkung: Die Recherche wurde mithilfe des Europe-Ukraine-Desk-Programms von n-ost finanziert.
Kämpfen und Durchhalten im Kriegsalltag trotz hoher Verluste
 

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Drohnenkrieg
Münchner Firma liefert tausende Kamikazedrohnen in die Ukraine
Die HX-2 soll bisherige Modelle deutlich übertreffen und gegen elektronische Kriegsführung immun sein

Die HX-2 verfügt über eine Reichweite von 100 Kilometern.
Helsing

Tausende KI-gestützte Kamikazedrohnen des Münchner Unternehmens Helsing sollen bald in der Ukraine zum Einsatz kommen, wie der Hersteller nun bekanntgab. Die HX-2-Drohne soll nicht nur über eine deutlich größere Reichweite als vergleichbare Modelle verfügen, sie soll auch immun gegen russische Störversuche sein. Außerdem soll die Drohne über die Fähigkeit zum vernetzten Schwarmflug verfügen.

Die elektrisch angetriebene HX-2 verfügt über eine x-förmige Flügelkonstruktion. Sie wiegt knapp zwölf Kilogramm, was in etwa der russischen Lancet-Drohne oder der amerikanischen Switchblade 600 entspricht. Beide Modelle sind in der Ukraine bereits im Einsatz.

Aber: Die HX-2 soll deutlich schneller sein als die Konkurrenz. Laut den Angaben des Herstellers soll sie eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h erreichen können, was etwas doppelt so schnell ist wie bei den vergleichbaren russischen und amerikanischen Modellen. Die maximale Reichweite liegt bei 100 Kilometern, was ebenfalls deutlich mehr ist, als Lancet oder Switchblade mit 40 Kilometer Reichweite zu leisten vermögen.

Bewaffnet ist die Drohne mit einem Mehrzwecksprengkopf, der gegen gepanzerte Fahrzeuge und Strukturen gleichermaßen wirksam sein soll.

KI-Zielanflug
"Der Einsatz Künstlicher Intelligenz macht die Drohne resistent gegen elektronische Kriegsführung und Störmaßnahmen", heißt es in der offiziellen Mitteilung des Unternehmens. Ähnliche Software wurde in der Ukraine bereits getestet. Oft wird das Drohnensignal auf den letzten Metern des Angriffs gestört. Damit ist der Pilot blind und kann das Ziel nicht mehr anvisieren. Werden die Zieldaten aber von der Drohne selbst verarbeitet, kann sie autonom angreifen. Eine Übertragung eines optischen Signals an den Piloten ist nicht mehr nötig. Dennoch soll ein Mensch die Letztverantwortung über den Angriffsbefehl haben, betont man bei Helsing.

Die Steuerungssoftware namens Altra ermöglicht es, mehrere HX-2-Drohnen zu Schwärmen zusammenzufassen, die von einem menschlichen Bediener kontrolliert werden. Die Drohne ist darüber hinaus für die Massenproduktion konzipiert. Damit sind die Stückkosten deutlich geringer als bei anderen Systemen, gab das Unternehmen an. Wie viel eine HX-2 kostet, wurde aber nicht bekanntgegeben.


Die Software des Münchner Unternehmens ist bereits in der Ukraine im Einsatz.
Helsing

Ebenfalls unklar ist, über welche Ausstattung zur Zielerfassung die Drohne verfügt. Auf Bildern sind zwei Öffnungen in der Nase der HX-2 zu erkennen, was darauf hindeutet, dass die Drohne über elektrooptische sowie Infrarotkameras verfügt.

Hersteller spricht von Invasionsschild
"Mit HX-2 haben wir einen neuen Drohnentyp geschaffen, der Masse mit Autonomie und extremer Präzision kombiniert. Einzelne HX-2 können gepanzerte Ziele auch in elektromagnetisch stark umkämpften Umgebungen zuverlässig treffen. Wenn sie in großem Maßstab entlang von Landesgrenzen eingesetzt werden, kann HX-2 auch als Invasionsschild gegen Landstreitkräfte dienen", erklärt Helsing-Mitgründer Niklas Köhler.

Wann die neue Drohne tatsächlich in der Ukraine eingesetzt wird, ist noch unklar. Laut einem Bericht der Bild soll eine erste Tranche noch im Dezember ausgeliefert werden. In dem Bericht ist von einer Gesamtstückzahl der "Mini-Taurus" von 4000 die Rede. Laut den Angaben des Unternehmens wurde die Drohne mit den Erkenntnissen aus dem Ukrainekrieg entwickelt. Die Software der Helsing GmbH soll bereits in der Ukraine im Einsatz sein.

Laut Helsing kann die Onboard-Software der HX-2 drahtlos aktualisiert werden. Es ist unklar, ob die Drohnen so konzipiert sind, dass sie diese Aktualisierungen während des Fluges bei einer Mission erhalten.

Ethische Fragen
Wenn die Drohne die Leistungsangaben des Herstellers erfüllt, würde sie die Reichweite der ukrainischen Drohnenverbände im Kampf gegen Ziele wie Panzer deutlich erhöhen, heißt es bei The War Zone. Elektronische Kriegsführung ist auf beiden Seiten allgegenwärtig, insbesondere gegen Drohnen. KI-gestützte Zielerfassung hat sich bislang als eine der vielversprechendsten Gegenmaßnahmen herausgestellt.

Diese Technologie steht aus naheliegenden Gründen in der Kritik, ist doch der Weg zu einer rein maschinellen Entscheidung über Leben oder Tod ein kurzer. Dessen ist man sich bei Helsing bewusst: "Wir sehen es als einen unserer prinzipiellen Grundsätze an, dass ein Mensch bei allen kritischen Entscheidungen eingebunden sein muss. Die Durchsetzung dieses Prinzips erfordert die Entwicklung von Technologien, die bei zeitkritischen Entscheidungen überlegen funktionieren – auch wenn die gegnerische Seite vollkommene Autonomie einsetzt", heißt es da.
(pez, 4.12.2024)
Münchner Firma liefert tausende Kamikazedrohnen in die Ukraine
 
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