Krieg in Europa: Angriff Russlands auf die Ukraine

josef

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Militärtechnik
Die Ukraine baut Leichtflugzeuge in wiederverwendbare Bomber-Drohnen um
Die Sportflugzeuge können selbstständig Ziele bombardieren und nach dem Einsatz zurückkehren. Die russische Fliegerabwehr hat noch wenige Mittel dagegen gefunden

Leichte Sportflugzeuge werden von der Ukraine als Drohnen eingesetzt. Anfangs waren dies offenbar Kamikazedrohnen, mittlerweile können die Flugzeuge Bomben präzise abwerfen und nach Hause zurückfliegen.
Telegram

Die ukrainischen Streitkräfte setzen eine neue Form von Drohnen ein. Offenbar werden umgebaute zivile Kleinflugzeuge als improvisierte Bomber eingesetzt, wie russische Quellen bestätigten. Offenbar wurden die unbemannten Flugzeuge eingesetzt, um russische Militärstellungen mit alten Bomben aus Sowjetbeständen anzugreifen.

Dies geht aus einem Video hervor, das in russischen Telegram-Kanälen häufig geteilt wurde. Es zeigt den Blick durch Thermaloptik, vermutlich die eines Sturmgewehrs. Im Video ist zu sehen, wie russische Soldaten mit mehreren Sturmgewehren und mindestens einem Maschinengewehr das Feuer auf das Flugzeug eröffnen, es aber offensichtlich gar nicht oder unwirksam treffen. Das eindeutig zivile Flugzeug fliegt extrem tief und sehr langsam über die Stellungen hinweg, bevor eine Explosion zu hören ist. Laut russischen Kanälen soll eine Bombe erfolgreich abgeworfen worden sein.

Kleinflugzeuge zu Drohnen
Wenn die russischen Berichte stimmen, ist das die finale Bestätigung, dass die Ukraine in der Lage ist, Kleinflugzeuge zu Drohnen umzubauen und mit diesen präzise Bombenangriffe zu fliegen. Das ist umso erstaunlicher, da es sich bei der abgeworfenen Bombe um ein Modell handelt, das während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde und dementsprechend über keine Steuerungsmöglichkeiten verfügt.

Angriff eines Leichtflugzeugs auf russische Militärstellungen [Februar 2025].
Alexander Raim

Gleichzeitig zeigt der Vorfall aber auch, dass die russische Fliegerabwehr einmal mehr deutliche Defizite aufweist. Durch den Flug in extrem niedriger Höhe und mit vergleichsweise geringer Geschwindigkeit kann das Flugzeug schwerer von Radar- und Raketensystemen erfasst werden, ist aber in Reichweite von Rohrwaffen. Dennoch gelang es dem offensichtlich ferngesteuerten Flugzeug, dem Beschuss zu trotzen und sein Ziel zu erreichen.

Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg
Die ukrainischen Streitkräfte setzen solche Drohnen bereits seit Monaten für strategische Angriffe auf russischem Gebiet ein. Ursprünglich als Kamikazedrohnen eingesetzt, sind die Flugzeuge mittlerweile wiederverwendbar. Ende Jänner warf eine solche Drohne eine 250-Kilogramm-Bombe FAB-250 auf die Ölpumpstation Nowosybkow in der russischen Region Brjansk ab. Die Bombe ist ein Modell, das während des Zweiten Weltkriegs entwickelt und 1946 in der Sowjetunion in Dienst gestellt wurde. Berichten zufolge wird auch leichtere Munition wie die Luftbombe OFAB-100-120 eingesetzt.

Doch wie gelingt es der Ukraine, mit günstigen Sportflugzeugen Präzisionsangriffe zu fliegen? Im Grunde setzen die ukrainischen Streitkräfte hierfür zwei Modelle ein: entweder das Ultraleichtflugzeug Best Off Skyranger Swift aus Frankreich oder die Aeroprakt A-22 Foxbat. Bei letzterem Modell handelt es sich um ein in der Ukraine selbst produziertes Flugzeug, das als Sportflieger im Kit zum Eigenbau um rund 90.000 Euro verkauft wird. Die Ukraine fliegt Angriffe mit derartigen Flugzeugen vor allem auf Ölraffinerien und das oft über hunderte Kilometer über russisches Territorium.


Eine Skyranger Swift wurde höchstwahrscheinlich zu einer Bomberdrohne umgebaut.
Skyranger

Die Skyranger Swift ist sogar noch günstiger und ab 50.000 Euro zu haben. Sie kann 300 Kilo Fracht transportieren, wobei 40 bis 60 Kilo für den Treibstoff reserviert bleiben müssen – was wiederum Kapazitäten für eine 250-Kilo-Bombe lässt. Offenbar versuchen die ukrainischen Streitkräfte das Maximum an Zuladung auszunutzen: In russischen Telegramkanälen kursieren darüber hinaus Fotos von Flugzeug-Drohnen, die noch kleinere Mörsergranaten mit an Bord haben.

Das Flugzeug kann mit einer Geschwindigkeit von bis zu 210 Kilometern pro Stunde fliegen und ist damit deutlich langsamer als ein Marschflugkörper oder eine ballistische Rakete. Bei früheren Angriffen wurde der Innenraum des Flugzeugs mit Sprengstoff befüllt und das Flugzeug wurde zur Kamikazedrohne. Mittlerweile können die Flugzeuge aber wiederverwendet werden, wenn sie es zur Basis zurückschaffen.

Komplexes Waffensystem
Auch wenn das Flugzeug auf den ersten Blick grob zusammengesetzt erscheint, handelt es sich doch um ein "ziemlich komplexes Waffensystem", erklärt Fabian Hoffmann, Sicherheitsforscher von der Universität Oslo gegenüber Business Insider. Schließlich muss das für menschliche Piloten entwickelte Flugzeug für den Einsatz als Drohne umgerüstet werden – das dann im Idealfall auch noch das Ziel trifft. Und wenn die Ukraine einen Korridor findet, der nicht von der Luftabwehr abgedeckt ist, kann die Drohne effektiv in russisches Gebiet eindringen, so Hoffmann. Außerdem könnte das Flugzeug aufgrund seiner Bauweise eher für ein ziviles Flugzeug als für eine Bedrohung gehalten werden. Dennoch: Einmal entdeckt, müssten die Drohnen eigentlich ein leichtes Ziel sein. Es scheint eher so zu sein, dass auf russischer Seite die Gegenmaßnahmen fehlen, so Hoffmann.

Im aktuellen Video ist darüber hinaus noch ein interessantes technisches Detail zu entdecken. Offenbar wurde das Flugzeug in einer eigenen Aufhängung mit einem fortschrittlichen Zielerfassungssystem ausgestattet.

Beim ukrainischen Defense Express fühlt man sich durch die kleinen, leichten Flugzeuge an die sogenannten Nachthexen erinnert. Diese ausschließlich aus weiblichen Piloten bestehende Einheit des sowjetischen Nachtbomberregiments flog in ihren hoffnungslos veralteten Doppeldeckern nächtliche Bombenangriffe auf Stellungen der Wehrmacht.
(pez, 6.3.2025)
Die Ukraine baut Leichtflugzeuge in wiederverwendbare Bomber-Drohnen um
 

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US-Hilfe ausgesetzt
Geballte russische Angriffe auf Ukraine
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In der Nacht auf Samstag hat das US-Satellitenunternahmen Maxar den Zugang zu Satellitenbildern für die Ukraine gestoppt. Das ist eine der bereits sichtbaren Auswirkungen der Tatsache, dass die USA nicht nur die Militärhilfe, sondern auch die Unterstützung der US-Geheimdienste für Kiew pausieren. Russland reagiert mit einer noch höheren Intensität an Angriffen mit Drohnen und Raketen.
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In der Nacht auf Sonntag fing das ukrainische Militär nach eigenen Angaben 73 von insgesamt 119 russischen Drohnen ab und zerstörte sie. 37 Drohnen seien verloren gegangen, teilten die Luftstreitkräfte mit. Üblicherweise werden so die eigenen elektronischen Gegenmaßnahmen bezeichnet, mit denen feindliche Drohnen umgeleitet werden. Bei dem nächtlichen russischen Angriff seien Schäden in sechs ukrainischen Regionen entstanden, so die Luftstreitkräfte weiter, ohne noch Details zu nennen.

Tags zuvor hatte Kiew erneut mindestens 14 Tote und 37 Verletzte in den Regionen Donezk und Charkiw gemeldet. Das ukrainische Militär fing nach eigenen Angaben 79 von insgesamt 145 russischen Drohnen ab und zerstörte sie. Auch zwei ballistische Raketen und ein Marschflugkörper seien abgeschossen worden.

„Solche Angriffe zeigen, dass sich Russlands Ziele nicht geändert haben“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Facebook. „Daher ist es von entscheidender Bedeutung, weiterhin unser Bestes zu tun, um Leben zu schützen, unsere Luftabwehr zu stärken und die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Alles, was (dem russischen Präsidenten Wladimir, Anm.) Putin hilft, den Krieg zu finanzieren, muss zusammenbrechen.“

Reuters/Nadia Karpova
Russland verstärkte in den vergangenen Tage die Angriffe auf die Ukraine

Moskau meldet Abschuss ukrainischer Drohnen
In der Nacht auf Sonntag dürfte die Ukraine ihrerseits mit einer Reihe von Drohnen Angriffe auf russische Infrastruktur geflogen haben. Die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA meldete unter Berufung auf Daten des Verteidigungsministeriums, dass russische Streitkräfte 88 ukrainische Drohen abgefangen hätten.

Inoffizielle russische Telegram-Kanäle berichteten, dass der ukrainische Angriff Ölraffinerien im Westen Russlands gegolten habe. Andriy Kovalenko, Leiter des zum ukrainischen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat gehörenden Zentrums für die Bekämpfung von Desinformation, berichtete von einem ukrainischen Angriff auf ein Stahlwerk im westrussischen Bezirk Lipezk. Er nannte aber keine weiteren Details.

Kallas: Putin hat „keinerlei Interesse an Frieden“
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte am Samstag angesichts der jüngsten russischen Angriffe mitgeteilt, dass Russland „keinerlei Interesse an Frieden“ habe. „Das passiert, wenn man Appeasement gegenüber Barbaren betreibt“, sagte der polnische Regierungschef Donald Tusk und stützte diese Argumentation mit Blick auf die Annäherung des US-Präsidenten Donald Trump an Putin. Mit dem Ausdruck Appeasement bezog er sich auf die Beschwichtigungspolitik Frankreichs und Großbritanniens gegenüber Nazi-Deutschland in den 1930er Jahren.

Ob Europa die durch die USA entstandene Informationslücke für die Ukraine schließen kann, ist fraglich, teilte ein europäischer Beamter dem Magazin „Politico“ mit. Unklarheit herrscht jedenfalls noch über das Ausmaß der US-nachrichtendienstlichen Einschränkungen gegenüber der Ukraine und darüber, inwieweit NATO-Länder die Ukraine weiter mit Informationen versorgen können. Die Information über Satellitenbilder etwa von Truppenbewegungen und dem Start russischer Interkontinentalraketen gaben der Ukraine etwas Vorlaufzeit für Abwehrmaßnahmen.
Die britische Zeitung „Daily Mail“ berichtete vergangene Woche, dass die USA auch Großbritannien angewiesen hätten, keine US-Geheimdienstinformationen mehr weiterzugeben, die für die Ukraine freigegeben worden waren. Eine Stellungnahme zu diesem Bericht wurde gegenüber „Politico“ abgelehnt.

Mehr Offensivoperationen im Osten
Die Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) vermutet, dass Russland die Situation nun nütze, um seine Langstreckenangriffe zu intensivieren und die ukrainischen Luftabwehrraketen zu entschärfen. Die US-Geheimdienste lieferten bisher einen wichtigen Beitrag zum ukrainischen Frühwarnsystem gegen russische Angriffe.

Es zeige sich bereits deutlich, dass die russischen Streitkräfte ihre Offensivoperationen in bestimmten Gebieten an der Front im Osten verstärken und zudem versuchen, ukrainische Truppen aus Kursk zu vertreiben, so das ISW. Das Institut geht davon aus, dass Russland mehr Täuschungsdrohnen und mehr Raketen einsetzen wird, um vor allem die Bereiche Energie und Verteidigungsindustrie zu zerstören. Mit Drohnenattrappen kann etwa die ukrainische Luftabwehr gebunden werden, sagte auch ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz im Mittagsjournal am Samstag.

Warnung vor Einkesselung ukrainischer Truppen in Kursk
Einige Fachleute warnten bereits vor einer drohenden Einkesselung Tausender ukrainischer Soldaten in der russischen Oblast Kursk. Es bleibe nicht viel Zeit, bis die ukrainischen Truppen entweder umzingelt oder zum Rückzug gezwungen würden, sagte der Militäranalyst Pasi Paroinen von der finnischen Black Bird Group gegenüber Reuters. Am Samstag teilte das russische Verteidigungsministerium mit, dass drei Ortschaften in der Grenzregion Kursk zurückerobert worden seien.

Auf Landkarten der ukrainischen Militärbloggergruppe Deep State war zu erkennen, dass etwa drei Viertel der ukrainischen Soldaten in Kursk fast vollständig von russischen Truppen eingekreist sind. Sie seien mit den restlichen ukrainischen Truppen nur noch durch einen etwa einen Kilometer langen und an der engsten Stelle weniger als 500 Meter breiten Korridor verbunden.

Die Ukraine war im August überraschend auf russisches Staatsgebiet vorgedrungen. Der ukrainische Präsident Selenskyj argumentierte diesen Zug damit, dass dadurch der Druck auf die Truppen an der Front im Osten verringert werden sollte und Kiew ein potenzielles Verhandlungspfand für künftige Friedensgespräche haben sollte.

US-Ukraine-Gespräche in Saudi-Arabien
Trump drängt auf ein Kriegsende und Verhandlungen. Zuletzt erhöhte er aber vor allem den Druck auf Kiew und meinte, dass es einfacher sei, mit Russland zu verhandeln. Selenskyj knüpft die Zustimmung seines Landes zu einer Waffenruhe an Sicherheitsgarantien des Westens. Geplant ist nun ein amerikanisch-ukrainisches Treffen in Saudi-Arabien. Dort hatten sich bereits im Februar Vertreter der USA und Russlands getroffen.
Er hoffe auf einen guten Verlauf dieser Gespräche, sagte Selenskyj: „Die Ukraine strebt seit der ersten Sekunde dieses Krieges nach Frieden. Realistische Vorschläge liegen auf dem Tisch. Der Schlüssel liegt darin, schnell und effektiv zu handeln.“
09.03.2025, red, ORF.at/Agenturen

US-Hilfe ausgesetzt: Geballte russische Angriffe auf Ukraine
 

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Militärtechnik
Die europäische Anti-alles-Rakete schoss russischen Suchoi-Jet ab
Die französisch-italienische SAMP/T mit der Aster-Rakete gilt als gleichwertige Alternative zur Patriot aus den USA. Die erste Feuerprobe hat sie bestanden

Zwei Fliegerabwehrsysteme SAMP/T sind in der Ukraine im Einsatz.
REUTERS/Kacper Pempel

In Zeiten der unsicheren Militärhilfe durch die USA für die Ukraine wird zunehmend nach europäischen Alternativen gesucht. Jetzt hat das europäische Fliegerabwehrsystem SAMP/T erstmals einen russischen Jet abgeschossen.

Wie Luftwaffensprecher Jurij Ihnat bei einer Diskussionsrunde im Rahmen der "Defence Talks" beim ukrainischen Sender Suspilne erklärte, wurde ein russischer Suchoi-Jet erfolgreich mit einer Aster-Rakete abgefangen. Auch andere Ziele wurden bereits durch das SAMP/T-System eliminiert, berichtete der Offizier.

Das sind für die Ukraine natürlich gute Nachrichten, ist doch fraglich, ob das Land noch Nachschub für das US-Flugabwehrraketensystem Patriot erhält. Das europäische System könnte zum neuen Rückgrat für die bodengestützte Luftverteidigung der Ukraine werden. Auch diverse andere EU-Staaten setzen bereits auf das SAMP/T-System, zuletzt ist Dänemark dazugekommen.

Ganz schön komplex
Wie bei bodengestützter Fliegerabwehr üblich, besteht ein SAMP/T-Komplex aus mehreren Bestandteilen. Herz des Systems ist ein Kommandomodul in Containerbauweise. Von hier aus können bis zu sechs Werfer gesteuert werden. In jedem Werfer befinden sich acht Raketen vom Typ Aster (griechisch: Stern). Erfasst werden Ziele mit einem Multifunktionsradar. Bedient wird eine solche Batterie von 20 Personen.
Über die Reichweite des Systems kursieren unterschiedliche Angaben, die neueste Variante kann Ziele auf eine Entfernung von 350 Kilometer erfassen und auf etwa 150 Kilometer Distanz und 25 Kilometern Höhe bekämpfen, wie Militär Aktuell berichtet.

Entwickelt wurde das französisch-italienische System im Rahmen eines Joint-Ventures von der Thales und der französischen wie der italienischen Sparte von MBDA.


Eine Aster 30. Diese wiegt 450 Kilo und ist 4,9 Meter lang. Im vorderen Teil ist der Dart gut zu erkennen.
MBDA

Von den Aster-Raketen gibt es zwei Varianten: Die Aster 15 ist für Kurz- bis Mittelstrecken gedacht, die Aster 30 für Langstrecken. Die Rakete wurde bewusst als Anti-alles-Rakete entwickelt und soll in der Lage sein, schnelle Flugzeuge mit Stealth-Eigenschaften, ballistische Raketen, überschallschnelle Seezielflugkörper und Hyperschallraketen abfangen zu können.


Ein Blick in die Kommandoeinheit.
Eurosam

Die Aster ist eine zweistufige Lenkrakete und besteht aus einem Booster sowie dem Dart, auch Kill-Vehicle genannt. Der Booster der Aster 30 kann den Dart auf 1,4 Kilometer pro Sekunde beschleunigen. Der Dart selbst verfügt über einen Radarsucher, der die Lenkwaffe auf den letzten Metern ins Ziel führt. Der Dart verfügt über eigene Schubdüsen und ist darüber hinaus mit einem Marschtriebwerk ausgestattet. Die Besonderheit ist das PIF-PAF-System: Die Schubdüsen befinden sich in den Tragflügeln nahe am Schwerpunkt des 110 Kilo wiegenden Darts. Damit kann die Waffe Schubkräfte zur Seite erzeugen, was die Reaktionszeit auf hundertstel Sekunden reduziert.

Hit-To-Kill
Die Aster ist als Hit-To-Kill Waffe konzipiert. Das heißt, sie lenkt sich selbst direkt ins Ziel. Deshalb ist auch der Gefechtskopf mit 15 Kilogramm vergleichsweise klein. Sollte die Waffe ihr Ziel nicht direkt treffen, kann der Splittergefechtskopf auch durch einen Abstandszünder in unmittelbarer Nähe des Ziels ausgelöst werden.

Aktuell wird an einer verbesserten Variante gearbeitet, dem SAMP/T NG (für Next Generation), die noch in diesem Jahr ausgeliefert werden soll.
Neben dem Abschuss eines russischen Jets in der Ukraine wurde die Aster erstmals im Dezember 2023 gegen zwei Drohnen der Huthi-Miliz erfolgreich eingesetzt. Die französische Fregatte Languedoc hat dafür Aster 15 Raketen gestartet. Auch die britische HMS Diamond setzte eine Aster (bei den Briten wird sie Sea Viper genannt) gegen eine Drohne ein. Im März 2024 wurde erstmals eine Aster 30 unter Gefechtsbedingungen eingesetzt. Die französische Fregatte Alsace fing über dem Roten Meer drei ballistische Raketen der Huthi-Miliz ab.

Anpatzversuche aus den USA
Aktuell leidet das SAMP/T-System aber unter zwei Problemen: der geringen vorhandenen Stückzahl und einer Schmutzkübelkampagne aus den USA. So wurde das europäische Fliegerabwehrsystem im Wall Street Journal als ineffektiv und dem US-Patriot-System weit unterlegen dargestellt. In dem Artikel kritisieren "mit der Angelegenheit vertraute Personen" die schlechte Performance der Euro-Waffe gegen ballistische Raketen. Wie der ukrainische Defense Express feststellt, ist diese Behauptung auch nicht grundsätzlich falsch.

Aber: Nur Aster 30 B1 und Aster Block 1 NT sind für die Bekämpfung von ballistischen Raketen geeignet. Das heißt nicht, dass man nicht mit einer Aster 30 Block 0 oder einer Aster 15 versuchen kann, eine ballistische Rakete abzuwehren, nur sinkt eben die Trefferwahrscheinlichkeit. Oder anders formuliert: Man muss die vorhandenen Werkzeuge eben richtig einsetzen. Die neueste NT-Variante ist nach Angaben des französischen Verteidigungsministeriums in der Lage, die von der russischen Propaganda als Hyperschallrakete vermarktete Kinschal abzufangen.

Dazu kamen noch anfängliche Softwareprobleme bei einem SAMP/T-System, das in die Ukraine geliefert wurde. Auch diese konnten rasch gelöst werden, und die Batterie ist voll einsatzfähig.


Die Radareinheit des SAMP/T.
Eurosam

Dennoch: Die Erzählung vom inferioren europäischen Fliegerabwehrsystem wurde auch in deutschsprachigen Medien wiedergegeben und hält sich hartnäckig. In Fachkreisen ist die Empörung über die Narrative groß. Die französische Meta-Defense spricht sogar von einer "gezielten Kampagne zur Diskreditierung europäischer Verteidigungsausrüstung aus den USA". Ähnliches ist vor einigen Wochen schon einmal passiert, als US-Medien die Geschichte von der angeblich schlechten Überlebensfähigkeit des Leopard-2-Panzers im Vergleich zum US-Abrams trommelten.

Mangelwirtschaft
Wesentlich gravierender für die Ukraine und Europa ist aber der Mangel an SAMP/T-Systemen. Die Ukraine hat zwei Stück erhalten. Frankreich hat aktuell zwölf SAMP/T unter dem Namen Mamba im Einsatz, acht weitere sind bestellt. Italien hat sechs Stück im Einsatz, zehn sind nachbestellt. Dazu kommt, dass die Vorräte an Aster-Raketen schwinden.

Bis vor kurzem dauerte die Herstellung einer Rakete im Schnitt 42 Monate, wie La Tribune berichtet. Frankreich möchte diese Zeit aber auf 18 Monate verkürzen. Auch Italien und Großbritannien haben angekündigt, die Produktionskapazitäten für die Aster hochzufahren.
(Peter Zellinger, 13.3.2025 - 15.00h)
Die europäische Anti-alles-Rakete schoss russischen Suchoi-Jet ab
 

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Russische Offensive
Ukraine vor Verlust von Faustpfand Kursk
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Moskaus Streitkräfte haben am Donnerstag nach eigenen Angaben die seit gut sieben Monaten von ukrainischen Truppen besetzte Kleinstadt Sudscha im westrussischen Gebiet Kursk befreit. Die Ukraine hatte im August des Vorjahres in einem überraschenden Vorstoß mehr als 1.000 Quadratkilometer im Gebiet Kursk erobern und recht lange gegen erbitterte Angriffe halten können. Als Faustpfand für Friedensverhandlungen gedacht, ist die russische Rückeroberung gerade jetzt ein herber Schlag für Kiew.
Online seit heute, 15.55 Uhr (Update: 17.16 Uhr)
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Schon seit Tagen melden die russischen Truppen Fortschritte bei der Wiedereinnahme der seit August 2024 von ukrainischen Streitkräften gehaltenen Gebiete im Raum Kursk. Der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) konnte in seinen täglichen Briefings die von Militärbloggern berichteten Vorstöße der Russen auch teilweise bestätigen.

Man verwies auch darauf, dass der Vormarsch just zu dem Zeitpunkt am erfolgreichsten war, zu dem die USA der Ukraine militärische Unterstützung – und damit auch Aufklärung über feindliche Truppenbewegungen – entzogen hatten. Neben russischen Eliteeinheiten war auch nordkoreanisches Militär an der Offensive beteiligt, so das ISW unter Berufung auf ukrainische Quellen. Diese seien weit besser ausgerüstet gewesen als jene Truppen Nordkoreas, die seit Anfang Dezember in der Region im Einsatz gewesen waren.

APA/AFP/Russian Defence Ministry
Zerstörungen in der 5.000-Einwohner-Stadt Sudscha

Ukraine auf dem Rückzug
Sudscha galt als wichtigste Eroberung der Ukraine in Russland. Schon am Vortag hatten russische Medien und Militärblogger berichtet, dass Sudscha befreit sei. Moskaus Truppen hätten die russische Flagge über dem Gebäude der Stadtverwaltung gehisst, hieß es unter Berufung auf einen Kommandeur.

Die ukrainische Seite bestätigte den Verlust bisher nicht. Sowohl Oberbefehlshaber Olexandr Syrskyj als auch Präsident Wolodymyr Selenskyj hatten zuvor aber eingeräumt, dass im Zweifelsfall ein Rückzug erfolge, um das Leben der eigenen Soldaten zu wahren. Syrskyj hatte erklärt, die ukrainischen Truppen würden sich „in günstigere Positionen“ begeben. Diese Formulierung wird typischerweise verwendet, um einen Rückzug zu verkünden.

Ukrainische Truppen eingekesselt?
Zeitweise wurde befürchtet, dass die ukrainischen Truppen in der Region eingekesselt werden könnten. Umkämpft war in den vergangenen Tagen nicht nur das Gebiet um Sudscha, sondern auch die einzige verbliebene Route zurück in die Ukraine.

Der russische Präsident Wladimir Putin behauptete am Donnerstag, die verbliebenen ukrainischen Truppen in Kursk seien nun isoliert: Sie könnten sich ergeben oder würden getötet. Eine Bestätigung für diese Behauptung gab es nicht.

Schwerer Rückschlag vor Verhandlungen
Selenskyj hatte die Kursk-Offensive immer wieder als großen Erfolg im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg bezeichnet. Ein Verlust des Gebiets gilt als schwerer Rückschlag, weil die Ukraine die von ihr kontrollierten Flächen als Faustpfand in möglichen Verhandlungen mit Russland nutzen wollte.

Nun, da auf Druck der USA möglicherweise tatsächlich Verhandlungen zustande kommen, ist der Gebietsverlust für die Ukraine besonders bitter. Die USA unter US-Präsident Donald Trump hatten schon angekündigt, dass die Ukraine wohl Zugeständnisse machen müsse, von Russland erobertes Gebiet dem Feind abzutreten. Im Tauschgeschäft gegen russische Gebiete in Kursk hatte Kiew wohl gehofft, einige Regionen halten zu können.

Putin-Besuch als Symbol
Dass Russland in der Region nach vielen Monaten tatsächlich die Oberhand gewonnen hat, wurde auch durch den überraschenden Besuch Putins am Mittwoch unterstrichen. Das Staatsfernsehen zeigte Putin in einer Militäruniform beim Besuch eines von der Armee genutzten Kontrollzentrums. Es war erst der zweite Frontbesuch Putins in dem schon seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg.

„Tatsächlich müssen wir den Feind, der sich in der Oblast Kursk verschanzt hat und hier immer noch Verteidigungsaktionen vornimmt, in kürzester Zeit endgültig besiegen“, sagte der Präsident vor der versammelten Militärspitze. Dass Putin das Tempo derart betont, sei außergewöhnlich und untypisch für ihn, heißt es in einer BBC-Analyse.

Es deute darauf hin, dass Putin die ukrainisch eroberten Gebiete möglichst rasch „vom diplomatischen Schachbrett nehmen will“, bevor es zu Verhandlungen kommt. Und das wiederum signalisiert, dass der Kreml wohl in der einen oder anderen Art zu Verhandlungen bereit ist.
13.03.2025, red, ORF.at/Agenturen

Russische Offensive: Ukraine vor Verlust von Faustpfand Kursk
 

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Giftige Kriegsauswirkungen
Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Damms im Ukrainekrieg
Die Sprengung einer der größten Staumauern Europas setzte tausende Tonnen Schadstoffe am Unterlauf des Dnepr frei – mit dramatischen Auswirkungen für die Umwelt
Am 6. Juni 2023 gegen zwei Uhr Früh zerstörte eine Explosion den 1956 erbauten Kachowka-Staudamm am Fluss Dnepr in der Südukraine, Barriere für einen der größten Stauseen der Welt. Zu diesem Zeitpunkt stand der Damm unter der Kontrolle russischer Besatzungskräfte. Der Staudamm wurde dabei in der Hälfte seiner Länge irreparabel zerstört, Millionen Liter Wasser strömten durch das Loch in der Staumauer und überschwemmten Teile des Kriegsgebiets sowie zahlreiche Dörfer. Ukrainische und US-amerikanische Geheimdienste machten Russland dafür verantwortlich.
Der Dammbruch verursachte flussabwärts nicht nur tödliche Überschwemmungen, er drohte auch das Kühlsystem des Kernkraftwerks Saporischschja zu unterbrechen und entzog der Region unentbehrliches Wasser für die Bewässerung. Bereits kurz nach dem Dammbruch rechneten ukrainische Behörden damit, dass die Überschwemmungen und Schadstoffe im Wasser die flussabwärts liegenden Ökosysteme zerstören würden. Ein Sprecher des in Großbritannien ansässigen Conflict and Environment Observatory bezeichnete die Zerstörung des Damms damals als "den umweltschädlichsten Akt der großangelegten Invasion". Doch der anhaltende Krieg erschwert eine umfassendere Bewertung der Lage in der Region.


Eine Satellitenaufnahme zeigt das Ausmaß der Zerstörung. Die Folgen der Dammsprengung sind bis heute spürbar.
Foto: REUTERS

Datensammlung nach der Katastrophe
Um sich ein genaues Bild der Folgen zu verschaffen, rekonstruierte ein internationales Team um Oleksandra Shumilova vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Deutschland den Wasser- und Sedimentfluss nach dem Dammbruch mithilfe von hydrologischen Modellen, Satellitenbildern und Daten, die vor der Invasion Russlands gesammelt wurden.

"Unser Ziel war es, eine klare wissenschaftliche Antwort zu geben: Was ist passiert, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen?", sagt die Forscherin. Die Ausgangslage ließ Schlimmes befürchten. "Das Gebiet des ehemaligen Stausees fungierte wie ein großer Schwamm, der verschiedene Schadstoffe ansammelte", sagte Shumilova. "Die Belastung durch diese Schadstoffe auf einer Fläche, die fast so groß ist wie Luxemburg, könnte eine langfristige Bedrohung für die lokale Bevölkerung und die Ökosysteme darstellen."

Zehntausende Tonnen Schwermetall
Die aktuelle Analyse bestätigt nun diese Befürchtungen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der im Fachjournal Science veröffentlichten Studie: Die durch das abrupte Ablassen des Wassers freigelegten Sedimente sind hochgradig mit Schwermetallen belastet und stellen eine erhebliche Langzeitgefahr für Umwelt und Gesundheit dar.

"In der modernen Kriegsführung werden Flüsse nicht nur weiterhin als Kampflinien, sondern zunehmend auch als Waffen eingesetzt", erklärt Hauptautorin Shumilova. Der Ukrainekrieg hat gezeigt, dass Wasserinfrastruktur gezielt ins Visier genommen wird. So wurden neben dem Kachowka-Damm auch Dämme an den Flüssen Irpen, Oskil und Inhulez durch russische Kriegshandlungen mutwillig zerstört. Die Zerstörung des Kachowka-Damms war jedoch das schwerwiegendste Ereignis dieser Art. Der Dnepr-Stausee speicherte vor der Katastrophe 18 Kubikkilometer Wasser und war essenziell für Wasserversorgung, Landwirtschaft und Industrie der Region.

Der Dammbruch führte zur nahezu vollständigen Entleerung des Stausees, löste massive Überschwemmungen flussabwärts aus und hatte gravierende Folgen für Süßwasser- und Meeresökosysteme. Die Untersuchung der Folgen dieser Katastrophe war ein Mammutunternehmen. "Diese Aufgabe war nicht trivial, da das Ausmaß der Auswirkungen alle bekannten Dammbrüche und gezielten Dammbeseitigungsprojekte um mehrere Größenordnungen übertraf. Erschwerend kam hinzu, dass die Feldbeobachtungen und Messungen aufgrund der laufenden Kämpfe eingeschränkt waren", sagt Alexander Sukhodolow, einer der leitenden Forscher der Studie.


Am Unterlauf des Dnepr wurden zahllose Siedlungen und Dörfer überschwemmt. 83.300 Tonnen Schwermetalle verteilten sich in der Landschaft.
Foto: IMAGO/ITAR-TASS

16,4 Kubikkilometer Wasser
Als der Damm brach, strömten innerhalb von zwei Wochen 16,4 Kubikkilometer Wasser in die Dnepr-Bug-Mündung und schließlich ins Schwarze Meer. Insgesamt waren rund 110.000 Menschen und 60.000 Gebäude von den Fluten betroffen. Doch neben den direkten Schäden durch die Wassermassen birgt die Katastrophe eine unterschätzte Langzeitgefahr: Die freigelegten Sedimente des ehemaligen Stausees enthalten enorme Mengen an Schwermetallen.

Seit den 1950er-Jahren haben sich im Kachowka-Stausee etwa 1,3 bis 1,7 Kubikkilometer feiner Schlamm abgelagert, der Schadstoffe aus Industrie- und Landwirtschaftsgebieten aufgenommen hat. Die Forscher schätzen, dass sich in diesen Sedimenten etwa 83.300 Tonnen hochgiftige Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Nickel befinden. "Unsere Analysen deuten darauf hin, dass weniger als ein Prozent des Sediments während des Abflusses freigesetzt wurde. Oberflächenabfluss und saisonale Überschwemmungen können jedoch zur Erosion kontaminierter Böden führen und die Schadstoffkonzentration im Flusswasser und in zeitweise überschwemmten Gebieten erhöhen", erklärt Natalia Osadcha vom Hydrometeorologischen Institut der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine.

Positive Effekte
Die Zerstörung des Staudamms hatte jedoch nicht nur negative Auswirkungen. Sie ermöglichte auch eine bemerkenswerte Rückkehr natürlicher Prozesse. Nach dem Verschwinden des Stausees nahm der Dnipro seinen historischen Verlauf wieder auf. "Zu verstehen, wie sich das Ökosystem nach einem Extremereignis erholt, ist eine Aufgabe für die prädiktive Ökologie und lässt sich mit den Grundprinzipien der Selbstorganisation herleiten", sagt Shumilova.

Bemerkenswert ist, dass sich die Vegetation in der entstehenden Auenlandschaft rasch regenerierte. Der Zeitraum des Wasserverlusts fiel mit der Samenausbreitung typischer Uferpflanzen wie Weiden und Pappeln zusammen. Bereits innerhalb von drei Monaten waren etwa 18 Prozent des ehemaligen Stauseebetts mit ersten Pflanzen bedeckt. Die Forscher prognostizieren, dass innerhalb von fünf Jahren eine Auenvegetation entsteht, die 80 Prozent eines ungestauten Fließgewässers entspricht.


Blick auf den freigelegten Gewässerboden des Kachowka-Stausees in der Nähe des Dorfes Nowoworonzowka nach dem Trockenfallen, aufgenommen am 25. Juni 2023. Auf dene Schildern steht "Schwimmen verboten!" und "Achtung! Minen!".
Foto: Ivan Antipenko

Die Zukunft des Kachowka-Stausees
Die Erkenntnisse haben auch über die Ukraine hinaus Bedeutung. "Die Erkenntnisse aus der Zerstörung des Kachowka-Staudamms sind wertvoll für das Verständnis von Ökosystemprozessen in Flüssen, in denen Dämme entfernt werden, um Flüssen mehr Raum zu geben und ihre wertvollen Ökosystemleistungen wiederherzustellen. Dies ist in Europa und den USA erfreulicherweise häufiger geplant", sagt Hans-Peter Grossart, einer der Hauptautoren der Studie.

Darüber hinaus liefert die Studie ein Rahmenwerk zur Bewertung des Risikos unerwarteter Dammbrüche – einer Thematik, die angesichts des weltweiten Alterns von Wasserinfrastrukturen drängender wird. Während der Krieg in der Ukraine andauert, wird bereits über die Zukunft des Kachowka-Stausees diskutiert. Eine vollständige Wiederherstellung könnte die Wasserwirtschaft stabilisieren, birgt aber die Gefahr, dass sich Schwermetalle im Nahrungsnetz anreichern. Die Forschenden schlagen daher vor, durch gezielte Barrieren die Freisetzung von Schadstoffen zu kontrollieren.
(tberg, red, 17.3.2025)
Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Damms im Ukrainekrieg
 

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Russland und Ukraine
Stopp von Kämpfen im Schwarzen Meer
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Bei den indirekten Verhandlungen über eine Deeskalation im Krieg in der Ukraine gibt es offenbar erste Fortschritte. Moskau und Kiew einigten sich am Dienstag darauf, Angriffe auf Schiffe im Schwarzen Meer und auf die Energieinfrastruktur in Russland und der Ukraine einzustellen. Die USA wollen erste Sanktionen gegen Russland aufheben.
Online seit heute, 17.04 Uhr (Update: 17.51 Uhr)
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Das Weiße Haus teilte in einer Erklärung mit, dass Washington dabei helfen werde, Russlands Zugang zum Weltmarkt für Agrar- und Düngemittelausfuhren wiederherzustellen. Es würden weiterhin Gespräche mit beiden Seiten geführt, um einen nachhaltigen Frieden zu erreichen. Kurz darauf kündigte die US-Regierung auch an, erste Sanktionen auf russische Agrarprodukte aufzuheben.

Zuvor hatten US-Vertreter mit russischen und ukrainischen Delegationen getrennt in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad verhandelt. Russland stimmte Dienstagnachmittag zu, nachdem der Kreml zuerst erklärt hatte, er analysiere die Ergebnisse der Gespräche. Moskau pocht allerdings auf die Aufhebung von Sanktionen.

Selenskyj bleibt vorsichtig
Seitens der Ukraine erklärte Präsident Wolodymyr Selenskyj, die Einstellung der Kämpfe im Schwarzen Meer gelte ab sofort. Sollte die russische Seite gegen die Vereinbarungen verstoßen, werde die Ukraine sich direkt an die USA wenden, sagte er. „Wenn die Russen dagegen verstoßen“, habe er „eine direkte Frage“ an US-Präsident Donald Trump. „Wenn sie dagegen verstoßen, hier ist der Beweis – wir bitten um Sanktionen, wir bitten um Waffen und so weiter“, sagte Selenskyj.

Ukraine drosselt vorerst Tempo
Die US-Regierung verwies auf die Forderung Trumps, „dass im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine das Töten auf beiden Seiten aufhören muss“. Sie kündigte an, weitere Verhandlungen zwischen beiden Konfliktparteien zu organisieren, „um eine friedliche Lösung zu finden“.
Die Ukraine forderte weitere Gespräche, um „Details“ der Vereinbarung zu klären. Verteidigungsminister Rustem Umerow, der an den Gesprächen in Saudi-Arabien mit den USA teilgenommen hatte, erklärte, dass es „wichtig ist, so schnell wie möglich weitere technische Konsultationen abzuhalten, um sich auf alle Details und technischen Aspekte der Umsetzung, Überwachung und Kontrolle der Vereinbarungen zu einigen“.

Russland stellte Bedingungen
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor ein neues Schwarzmeer-Abkommen zu Getreidetransporten aus der Ukraine an Bedingungen geknüpft. Russland forderte etwa eine Inspektion von Schiffen, um sicherzustellen, dass leere Frachter nicht für Waffenlieferungen genutzt würden, sagte Lawrow am Dienstag.

In der Vergangenheit seien außerdem Hindernisse beim Export von russischem Getreide und Düngemitteln ein ernstes Problem gewesen, so der russische Außenminister. Die USA verhandeln nach dem Muster „Pendeldiplomatie“ abwechselnd mit Vertretern der Ukraine und Russlands indirekt in Saudi-Arabien über eine Deeskalation im Ukraine-Krieg.

IMAGO/Wang Dongzhen
Die USA verhandeln in Riad abwechselnd mit Russland und der Ukraine

Freie Fahrt gegen Aufhebung von Sanktionen
Dann folgte die Erklärung aus Washington. Russland und die Ukraine hätten „sich bereiterklärt, die sichere Schifffahrt zu gewährleisten, die Anwendung von Gewalt zu unterbinden und den Einsatz von Handelsschiffen für militärische Zwecke im Schwarzen Meer zu verhindern“, hieß es aus dem Weißen Haus. Am Sonntag waren in Riad Delegationen aus Washington und Kiew zu Gesprächen zusammengekommen, am Montag dann Delegationen aus Washington und Moskau.

Moskau drängte bei den Verhandlungen offenbar vor allem auf eine mögliche Wiederbelebung einer Vereinbarung aus dem Jahr 2022 für einen sicheren Transport ukrainischer Agrarexporte über das Schwarze Meer im Gegenzug für Sanktionserleichterungen für Moskau. Russlands Außenminister Lawrow forderte die USA auf, die Ukraine zu einem entsprechenden Schritt zu zwingen. Washington müsse Kiew eine entsprechende „Anweisung“ erteilen.

Kiew verweist auf Recht zur Selbstverteidigung
Die Ukraine schränkte ein, dass russische Marineschiffe sich nur in der östlichen Hälfte des Schwarzen Meeres aufhalten dürften. Beim Auftauchen russischer Kriegsschiffe in der westlichen Hälfte des Meeres werde die Ukraine weiterhin von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch machen.
Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor mehr als drei Jahren war ein Abkommen zum Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer unter Vermittlung der Türkei und der UNO ausgehandelt worden. Das Abkommen lief aus, nachdem Russland es 2023 nicht verlängert hatte. Moskau hatte das damit begründet, dass der Westen Zusagen zur Lockerung von Sanktionen gegen russische Agrarexporte nicht eingehalten habe.
25.03.2025, red, ORF.at/Agenturen

Russland und Ukraine: Stopp von Kämpfen im Schwarzen Meer
 

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Kriegsmüde
Ukrainer fürchten nun zwei Gegner
Laut Umfragen unterstützt die Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer einen Waffenstillstand mit Russland. Doch sie misstrauen der Verhandlungsführung von US-Präsident Donald Trump. Dessen prorussische Haltung und seine Forderung nach ukrainischen Rohstoffen stoßen in der Ukraine auf Kritik. Viele sehen ihr Land nun von zwei Seiten bedroht – militärisch von Russland und wirtschaftlich von den USA.
Online seit heute, 6.11 Uhr
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Das Versprechen Trumps, den Ukraine-Krieg rasch zu beenden, löste sich bald in Schall und Rauch auf. Zwar starteten die USA Verhandlungen mit der Ukraine und Russland über eine mögliche Waffenruhe, doch bisher ohne Erfolg. Russland weitete zuletzt seine Angriffe auf ukrainische Ziele sogar aus.

Unterdessen wächst in der Ukraine der Wunsch nach einer diplomatischen Beendigung des Krieges. Lange hätten die Bevölkerung und die politische Führung auf einen militärischen Sieg gehofft und darauf, dass zumindest ein Teil der von Russland besetzten Gebiete zurückerobert werden könne, erklärte der Kiewer Politologe Wladimir Fesenko, einer der bekanntesten politischen Analysten der Ukraine, gegenüber dem ORF. Doch seit Herbst 2023, als die Gegenoffensive der ukrainischen Armee scheiterte, schlägt die Stimmung um.

Ukrainer für Waffenruhe
Die Kriegsmüdigkeit in der Bevölkerung hat stark zugenommen. Heute sprechen sich laut einer aktuellen Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie 77 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer für eine Waffenruhe aus. Besonders groß ist der Wunsch nach einem Kriegsende in den Gebieten im Osten und Süden wie Charkiw und Cherson. Dort sei die Bevölkerung auch eher zu Zugeständnissen an Russland bereit, sagte Fesenko.

Je näher die Menschen an der Front lebten, in Regionen, in denen sie täglich Angriffen der russischen Armee ausgesetzt seien, desto größer sei der Anteil jener, die einem „Frieden um jeden Preis“ zustimmen würden, so der Politologe. Sie würden notfalls auch ein Abtreten von besetzten Gebieten an Russland in Kauf nehmen.

Reuters
Nach drei Jahren ständiger Angriffe sind viele Ukrainer kriegsmüde

„Ukraine zwischen zwei Raubtieren“
Grundsätzlich geändert hat sich die Haltung der Ukrainer zu ihren Verbündeten. Noch vor Kurzem seien Europa und die USA beide als enge Partner betrachtet worden, aber seit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump sei das Vertrauen in die USA tief erschüttert worden, sagte Fesenko.

Hatten Ende letzten Jahres noch mehr als die Hälfte der Ukrainer eher positive Erwartungen an Trump, so wird seine Tätigkeit heute von 73 Prozent der Bevölkerung negativ bewertet. Das liege an den jüngsten Ereignissen, so Fesenko. Dazu zählten der Konflikt zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus und vor allem der von Trump geforderte Rohstoffdeal.

Trumps Vorschlag komme einem Knebelvertrag gleich, der die Ukraine in eine Rohstoffkolonie der USA verwandeln würde, sagte Fesenko. Viele Ukrainer hätten nun das Gefühl, von zwei Seiten bedroht zu werden: „Auf der einen Seite kämpfen wir gegen das Raubtier Wladimir Putin, der uns militärisch vernichten will, und auf der anderen Seite taucht an der Stelle unseres wichtigsten Verbündeten ein weiteres Raubtier auf – eines, das unsere Ressourcen haben will“. Mittlerweile glauben knapp zwei Drittel der Ukrainer nicht mehr, dass ihnen Trump helfen wird, einen gerechten Frieden zu erreichen.

Europa als einziger Verbündeter
Nun sehen die Ukrainer nur noch in Europa einen Verbündeten und strategischen Partner, wobei nicht nur die EU-Staaten, sondern auch Großbritannien und Norwegen gemeint seien, so der Politikwissenschaftler. Die Ukrainer würden den Europäern hoch anrechnen, dass sie im letzten Jahr die Militärhilfe erhöhten, während die USA diese monatelang zurückhielten. Zwar sei auch den Ukrainern klar, dass es innerhalb der EU-Staaten oft schwierig sei, einen Konsens zu finden. Doch das ändere nichts an ihrem Vertrauen in Europa.

AP/Omar Havana
Die Mehrheit der Ukrainer sieht in Europa den einzigen verbliebenen Verbündeten

Auch der EU-Integrationsprozess bleibt populär. Allerdings hätten sich die Motive der Menschen geändert, so Fesenko. Vor der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland 2014 hätten die Ukrainer mit der Annäherung an die EU vor allem den Traum von einem Leben in größerem Wohlstand verbunden. Heute dominiere das Bedürfnis nach Sicherheit. Zwar sehen die Ukrainer weiterhin vor allem in einem Beitritt zur NATO einen Schutz vor einem neuen Krieg mit Russland, aber auch von der EU-Mitgliedschaft erhoffen sie sich eine gewisse Sicherheitsgarantie.

Selenskyj nach wie vor populär
Laut aktuellen Umfragen ist auch – anders, als es Trump und Putin betonen – die Unterstützung für Selenskyj nach wie vor groß. Sowohl das Kiewer Internationale Institut für Soziologie als auch die Kiewer Denkfabrik Rasumkow Zentrum erhoben, dass die Zustimmung für Selenskyj Ende 2024 bei rund 50 Prozent lag und bis März 2025 auf 60 bzw. knapp 70 Prozent stieg.

Das sei umso bemerkenswerter, als Selenskyj seit Herbst 2023 mit wachsender Kritik aus der Bevölkerung konfrontiert gewesen sei, sagte Fesenko. „Während zu Beginn des Krieges Kritik am Präsidenten und Oberkommandierenden ein ungeschriebenes Tabu war, hat sich das nach der gescheiterten Gegenoffensive der ukrainischen Armee 2023 geändert. Die Ukrainer begriffen, dass der Krieg noch unbestimmte Zeit dauern wird, und sie störten sich immer mehr an innenpolitischen Problemen, vor allem der grassierenden Korruption.“

Dass Trump und Putin nun Selenskyj seine Legitimität absprächen, stärke diesem den Rücken. Auch der Eklat im Oval Office habe dazu geführt, dass sich die Ukrainer wieder hinter Selenskyj scharten. „Sie haben gesehen, dass er sich nicht von Trump erniedrigen lässt und dass er die Ukraine verteidigt.“ Anfang März hatte Trump Selenskyj bei einem Treffen im Weißen Haus der Undankbarkeit und des mangelnden Friedenswillens beschuldigt. Nach einem Wortgefecht vor laufenden Kameras wurde die ukrainische Delegation aus dem Weißen Haus geworfen.

Reuters/Brian Snyder
Der Streit im Weißen Haus steigerte Selenskyjs Popularität in der Ukraine

Dauerhaftes Friedensabkommen nicht in Sicht
Derzeit befinde sich die Ukraine an einem entscheidenden Wendepunkt, sagte Fesenko: „Wir sind an der Kreuzung zwischen Krieg und Frieden. Es wird gleichzeitig Krieg geführt und verhandelt.“ Der Politologe schließt nicht aus, dass es zu einem späteren Zeitpunkt doch noch gelingen werde, eine Feuerpause zu verhandeln. Entscheidend dafür seien zwei Faktoren: „Trump will rasch den Krieg beenden und als Friedensstifter dastehen, und Putin will mit Trump einen großen Deal abschließen.“

Ein Abkommen für einen dauerhaften Frieden hält der Politologe jedoch für unwahrscheinlich. Zu weit liegen die Positionen Russlands und der Ukraine auseinander, vom Status der besetzten ukrainischen Gebiete bis zur Frage eines NATO-Beitritts des Landes. Für die Ukrainer sei das Recht auf Selbstbestimmung zentral: „Die Frage, wohin sich das Land entwickelt und mit wem wir Bündnisse eingehen, wollen wir selbst entscheiden und uns nicht von Putin diktieren lassen.“
07.04.2025, Carola Schneider, ORF News Ausland
Kriegsmüde: Ukrainer fürchten nun zwei Gegner
 

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Belgorod
Ukraine eröffnet zweite Front in Russland
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Die Ukraine hat zu Wochenbeginn erstmals offiziell militärische Aktivitäten in der russischen Region Belgorod bestätigt. In den letzten Wochen hatte es bereits mehrfach Berichte über Gefechte dort gegeben, Russland dementierte, dass ukrainische Truppen die Grenze überschritten hätten. Offenbar versucht die ukrainische Armee durch den Vorstoß, die russischen Truppen an anderen Fronten zu schwächen. Ob diese Rechnung aufgeht, ist fraglich.
Online seit heute, 20.05 Uhr
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Der Verwaltungsbezirks (Oblast) Belgorod liegt etwa 500 bis 700 Kilometer südlich der russischen Hauptstadt Moskau und etwa 70 Kilometer nördlich der ukrainischen Großstadt Charkiw, seine Grenze zur Ukraine erstreckt sich über mehr als 500 Kilometer. Nördlich grenzt der Bezirk an die Region Kursk, wo ukrainische Verbände über Monate größere Gebiete kontrolliert hatten, sich zuletzt aber weitgehend zurückziehen mussten.

Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte Montagabend, dass ukrainische Truppen Stellungen in der Region Belgorod hielten. „Wir führen aktive Operationen in den Grenzregionen auf dem Gebiet des Feindes aus“, sagte er in seiner täglichen Videobotschaft Montagabend. „Der Krieg muss dorthin zurückkehren, woher er gekommen ist.“

Mehrfach Berichte über Angriffe an der Grenze
Russland bestätigte die Angriffe auf dem eigenen Territorium nicht, allerdings hatte es seit Mitte März mehrfach Berichte über Gefechte dort gegeben, es gab regelmäßig Artilleriebeschuss über die Grenze und Angriffe mit Drohnen.
Lage in der Ukraine
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Quelle: ISW/OpenStreetMap

Zuletzt hieß es, die russische Armee hätte einen grenznahen Damm zerstört, um ein Vorrücken ukrainischer Truppen mit schwerem Gerät zu verhindern. Bestätigt sind diese Berichte nicht. Der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) berichtete von russischen Truppenbewegungen in Belgorod.

Von einer „Operation“ jenseits der Grenze in Belgorod hatte Selenskyj erstmals am 18. März gesprochen. Diese sei vergleichsweise kleiner als die in den letzten Monaten in der Nachbarregion Kursk, wo die ukrainischen Truppen mehrere Ortschaften inklusive der Kleinstadt Sudscha eingenommen hatten, hieß es am Dienstag in einer Analyse der BBC.

Nachschub als kritischer Faktor
Selenskyj und seine Militärführung hätten mehrfach erklärt, Angriffe jenseits der Grenze würden Moskau dazu zwingen, Truppen aus der besetzten ukrainischen Region Donezk im Donbas abzuziehen. Dort sind die ukrainischen Verbände stark unter Druck. Auch Pläne für einen späteren Gebietstausch gegen von Russland kontrollierte Regionen in der Ukraine – nach einem aus aktueller Sicht unwahrscheinlichen Waffenstillstand – seien ein mögliches Motiv.

Allerdings zweifelten Militärexperten in der Ukraine und im Westen, daran, so die BBC, dass diese Rechnung aufgehe. Die Gefechte jenseits der russischen Grenze könnten zu viele Opfer kosten, Schwierigkeiten beim Nachschub an militärischem Material nach sich ziehen, zu viele Kräfte binden, die anderswo an der Front in der Ukraine gebraucht würden.

Selenskyj hält an Strategie fest
Der ukrainische Präsident Selenskyj hält an der Strategie fest. Es gehe in Belgorod wie im Raum Kursk weiter darum, ukrainische Gebiete zu schützen. Er nannte konkret die Grenzregionen Charkiw und Sumy. Oberbefehlshaber Olexandr Syrskyj habe ihn über die Aktivitäten entlang der Grenzlinie auf Feindgebiet unterrichtet, sagte Selenskyj. Er dankte den Soldaten für ihren Mut und ihren Widerstand, schon mit der Offensive in Kursk hätten sie erreicht, den russischen Druck an anderen Teilen der Front zu schwächen, besonders im Gebiet Donezk.

Reuters/Russian Defence Ministry
Bild des russischen Verteidigungsministerium von einem Luftangriff auf eine Erdgasanlage in Sudscha (Region Kursk) im März

Moskau meldet Rückeroberungen in Kursk
Die russische Armee hat eigenen Angaben zufolge in der westrussischen Region Kursk inzwischen eine der letzten noch von ukrainischen Truppen besetzte Ortschaften zurückerobert. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Dienstag, Soldaten hätten das Dorf Guewo unweit der Grenze zur Ukraine „befreit“. Damit stehen nach Angaben russischer Militärexperten nur noch zwei Grenzdörfer unter der Kontrolle der ukrainischen Streitkräfte.

Die ukrainische Armee hatte im Sommer eine Offensive in der Grenzregion Kursk begonnen und dort zunächst Dutzende Ortschaften und mehrere hundert Quadratkilometer Fläche unter ihre Kontrolle gebracht. Russland gelang es nach eigenen Angaben jedoch, große Teile der anfangs von Kiew besetzten Gebiete zurückzuerobern und die ukrainischen Soldaten auf einen schmalen Streifen entlang der Grenze zurückzudrängen.

Bericht über chinesische Soldaten im Einsatz für Russland
Nach Angaben Selenskyjs nahm die ukrainische Armee zuletzt chinesische Staatsangehörige fest, die auf der Seite Russlands in Gefechte verwickelt gewesen seien. Er habe Regierungsbeamte angewiesen, eine offizielle Erklärung von China einzuholen. Offenbar habe sich ein weiteres Land dem Krieg auf russischer Seite angeschlossen. Er erwarte nun auch eine Reaktion der USA.

Auf der Plattform X veröffentlichte er ein Video von einem der Männer. Die ukrainische Regierung habe „Informationen, die darauf hindeuten, dass sich viele weitere chinesische Staatsbürger in den Einheiten der Besatzer befinden“. Selenskyj ließ offen, ob die Ukraine glaube, dass die Männer auf Befehl Pekings handelten oder als Söldner kämpften.

Bisher war nur bekannt, dass nordkoreanische Soldaten auf russischer Seite in dem Krieg eingesetzt wurden. Sie kämpften nach offiziellen Darstellungen aber vor allem in der russischen Region Kursk gegen ukrainische Streitkräfte. China ist enger Partner Russlands, direkte Unterstützung im Krieg gegen die Ukraine leistet die Regierung in Peking nach offizieller Darstellung aber nicht.
08.04.2025, red, ORF.at/Agenturen
Belgorod: Ukraine eröffnet zweite Front in Russland
 

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Schwerer russischer Angriff auf Sumy
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Bei einem schweren russischen Raketenangriff auf das Zentrum der Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Innenministers Ihor Klymenko mindestens 31 Menschen getötet worden. In ersten Mitteilungen war noch von etwa zwanzig Todesopfern die Rede. Laut Innenministerium wurden 84 Menschen verletzt.
Online seit heute, 12.42 Uhr (Update: 14.48 Uhr)
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Auch zwei Kinder seien bei dem Angriff getötet worden, teilten die Rettungskräfte via Telegram mit. Der Angriff habe die Opfer auf der Straße, in Autos, in Fahrzeugen des öffentlichen Nahverkehrs und in Gebäuden getroffen. Unter den über 80 Verletzen seien zehn Kinder.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem schrecklichen Angriff mit russischen ballistischen Raketen. Während die Menschen am Palmsonntag in die Kirche gegangen seien, um an den Einzug Jesu Christi in Jerusalem zu erinnern, habe eine feindliche Rakete die Stadt getroffen, teilte Selenskyj via Telegram mit.

APA/AFP/Sumy Region Prosecutor’s Office
Ein zerstörter Bus nach dem verheerenden russischen Angriff auf das Zentrum Sumys

„Solche Taten können nur Schurken begehen. Sie nehmen das Leben einfacher Menschen“, schrieb er. Er sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Unter den mehr als 80 Verletzten seien ebenfalls viele Kinder. „Jeder bekommt die nötige Hilfe“, so Selenskyj. Bilder zeigten Leichen auf der Straße, einen zerstörten Bus und ausgebrannte Autos. Es handelt sich um einen der schwersten russischen Angriffe auf die Ukraine in diesem Jahr.

Behörden: Krisenstab eingerichtet
Die Behörden der Stadt teilten mit, dass ein Krisenstab eingerichtet worden sei. Viele Gebäude wiesen Schäden auf. Außenminister Andrij Sybiha sprach von einem „Kriegsverbrechen“, vom „absoluten Bösen“ an einem wichtigen christlichen Feiertag. Er und Selenskyj forderten auf der Plattform X eine entschlossene Reaktion der internationalen Verbündeten.

Sybiha kritisierte, dass Russland einem US-Vorschlag vom 11. März zu einer Waffenruhe in der Ukraine nicht zustimmt. „Stattdessen weitet Russland seinen Terror aus“, sagte Sybiha. Er forderte die westlichen Partner auf, die Ukraine mit zusätzlichen Flugabwehrkapazitäten auszustatten und den Druck auf Moskau zu erhöhen. „Stärke ist die einzige Sprache, die sie verstehen, und der einzige Weg, dem schrecklichen Terror ein Ende zu setzen“, sagte er.
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Macron verurteilt Angriff
Eine erste internationale Reaktion kam aus Frankreich: Präsident Emmanuel Macron verurteilte den russischen Militärschlag. Es habe zahlreiche zivile Opfer gegeben, darunter auch erneut Kinder, sagte Macron. „Jeder weiß, dass Russland allein diesen Krieg gewollt hat. Heute ist klar, dass es allein Russland ist, das sich für die Fortsetzung des Krieges entscheidet.“

Unter Missachtung von Menschenleben, des Völkerrechts und der diplomatischen Angebote von US-Präsident Donald Trump setze Russland den Krieg fort, sagte Macron. „Es bedarf starker Maßnahmen, um Russland zu einem Waffenstillstand zu zwingen. Frankreich arbeitet mit seinen Partnern unermüdlich daran.“

„Russland baut sogenannte Diplomatie auf Angriffen auf“
Der Leiter des ukrainischen Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation, Andrij Kowalenko, kritisierte, dass es nach dem Besuch des US-Sondergesandten Steve Witkoff in Russland zu dem Angriff auf Sumy gekommen sei: „Russland baut diese ganze sogenannte Diplomatie (…) auf Angriffen auf Zivilisten auf“, teilte Kowalenko via Telegram mit.

Witkoff führte am Freitag in Russland Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über Wege zu einem Friedensabkommen für die Ukraine. US-Präsident Donald Trump hat Russland aufgefordert, „sich zu beeilen“.

Die russische Führung sieht die Beziehungen zu den USA unterdessen auf einem guten Weg. Sie entwickelten sich sehr gut, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow dem staatlichen TV am Sonntag. Es sei allerdings eine sehr schwierige Aufgabe, die Beziehungen von Grund auf neu zu beleben, die unter der vorherigen US-Regierung schweren Schaden genommen hätten. Das erfordere sehr intensive diplomatische und andere Anstrengungen, so Peskows Behauptung.
13.04.2025, red, ORF.at/Agenturen
Über 30 Tote, Dutzende Verletzte: Schwerer russischer Angriff auf Sumy
 

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Trump
„Krim bleibt bei Russland“
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Mit diesem Teil seines Plans für eine Waffenruhe in der Ukraine vollzieht US-Präsident Donald Trump eine Kehrtwende in der bisherigen US-Politik gegenüber Russland: „Die Krim bleibt bei Russland“, bekräftigte er in einem am Freitag veröffentlichten „Time“-Interview. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verstehe das. Deutschland warnte vor einem „Diktatfrieden“.
Online seit gestern 25.04.2025, 17.55 Uhr (Update: gestern, 21.12 Uhr)
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In dem Interview warf Trump Kiew auch vor, mit dem Wunsch nach einem NATO-Beitritt den Krieg verursacht zu haben. Russland begann seinen Angriffskrieg im Februar 2022. Diese Aussagen wurden kurz vor einem Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Trumps Ukraine-Gesandtem Steve Witkoff im Kreml bekannt. Das Treffen, bereits das vierte der beiden seit Trumps Amtsantritt, dauerte nach Kreml-Angaben rund drei Stunden und sei konstruktiv gewesen. Es seien mögliche „direkte“ Gespräche zwischen Moskau und Kiew diskutiert worden.

Die Arbeit an einem Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine laufe „reibungslos“, schrieb Trump in seinem Onlinedienst Truth Social im Anschluss an das Treffen. Die Zeichen stünden auf Erfolg.

US-Medien zufolge kommt ein von den USA vorgelegter Vorschlag für eine Waffenruhe den russischen Forderungen weit entgegen. Die USA könnten die russische Besatzung der ostukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja faktisch anerkennen, ebenso die 2014 erfolgte Annexion der Halbinsel Krim durch Russland. Den Berichten zufolge will Washington Moskau zudem garantieren, dass die Ukraine niemals der NATO beitreten wird.

AP/Kristina Kormilitsyna/Sputnik/Kremlin Pool Photo
Witkoff (l.) und Putin trafen sich am Freitag bereits zum vierten Mal seit Trumps Amtsantritt

Selenskyj: Krim gehört zur Ukraine
Selenskyj betonte gegenüber Medienvertretern am Freitag erneut, dass die Krim zur Ukraine gehöre. Die ukrainische Position sei „unverändert“. Die Ukraine sei unter der Bedingung einer vollständigen und bedingungslosen Waffenruhe aber bereit über territoriale Fragen zu diskutieren, sagte Selenskyj laut BBC.

„Was Präsident Trump sagt, ist wahr, und ich stimme ihm darin zu, dass wir heute nicht über genügend Waffen verfügen, um die Kontrolle über die Krim-Halbinsel zurückzuerlangen“, sagte er demzufolge auch. Der ukrainische Präsident drängte trotz mehrerer gegenteiliger Äußerungen aus Washington auch auf weitere US-amerikanische Sicherheitsgarantien für sein Land.

Lawrow: Bereit zu einem „Deal“
Aus der Sicht Trumps kommt der Kreml der Ukraine sogar bereits entgegen, indem Russland sein Nachbarland nicht mehr komplett erobern will. „Den Krieg zu beenden und nicht das ganze Land einzunehmen? Ein ziemlich großes Zugeständnis“, sagte Trump zu der Frage nach den Zugeständnissen Moskaus in den Verhandlungen. Das russische Militär kontrolliert seit dem Einmarsch in die Ukraine etwa ein Fünftel des Nachbarlandes, ein Anteil, der sich trotz der anhaltenden Kämpfe in drei Kriegsjahren nur wenig verändert hat.
Teile eines möglichen Abkommens zwischen Russland und den USA zur Beendigung des Ukraine-Krieges benötigen laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow noch eine „Feinjustierung“. Lawrow sieht die Verhandlungen auf einem guten Weg. „Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen“, so der russische Chefdiplomat. Man sei bereit zu einem „Deal“, nahm er auf das Vokabular Trumps Bezug.

Reuters/Leah Millis
Trump macht bei der bisherigen US-Position zur russischen Krim-Annexion eine Kehrtwende

Mögliches Treffen von Trump und Selensykj in Rom
Die USA hatten die Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel im Schwarzen Meer durch Russland 2014 nie anerkannt. Die geänderte Position Trumps zeichnete sich aber bereits in den vergangenen Tagen ab. Am Mittwoch kritisierte er Selenskyj für dessen Weigerung, die Besetzung der Krim zu akzeptieren: „Wenn er die Krim haben will, warum haben sie dann nicht schon vor elf Jahren um sie gekämpft, als sie ohne einen Schuss an Russland übergeben wurde?“

Einen Tag darauf meinte er, dass es sehr schwierig für die Ukraine werde, die Halbinsel zurückzubekommen. Im Rahmen der Trauerfeiern für den verstorbenen Papst Franziskus in Rom könnte es ein Treffen von Trump mit Selenskyj geben. Das schloss der US-Präsident am Freitag nicht aus. Selenskyj deutete am Freitag infolge eines schwerwiegenden Angriffs auf Kiew allerdings an, dass er der Trauerfeier möglicherweise fernbleiben müsse.

Klitschko: „Territorium aufgeben“ ein Szenario
Selenskyj hatte zuletzt auf die Krim-Erklärung der USA von 2018 hingewiesen, in der Russland zum Rückzug von der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Krim aufgefordert wird. Russland beansprucht neben der Krim vier weitere ukrainische Regionen für sich.

Gegenüber der BBC äußerte der Kiewer Bürgermeister, Witali Klitschko aber, dass die Ukraine für einen Frieden womöglich „vorübergehend“ Gebiete an Russland abtreten werde müssen. Eines der Szenarien sei, „Territorium aufzugeben“. „Das ist nicht fair“, sagte der frühere Boxweltmeister weiter. Für einen Frieden könne das aber „vielleicht eine Lösung sein, vorübergehend“. Klitschko sieht Selenskyj gefordert. Dieser müsse womöglich einer „schmerzhaften Lösung“ zustimmen, um zu einem Frieden zu gelangen. Die Ukrainer würden aber „niemals“ eine russische Besatzung akzeptieren.

IMAGO/Andreas Stroh (Archivbild)
Der Kiewer Bürgermeister Klitschko brachte „vorübergehende“ Gebietsabtretungen für einen Frieden ins Spiel

Widersprüche zu europäischem Gegenvorschlag
Führende europäische Staaten und die Ukraine unterbreiteten in dieser Woche nach Reuters-Informationen einen Gegenvorschlag zum US-Friedensplan. Dieser enthält keinerlei Anerkennung russischer Kontrolle über ukrainisches Gebiet. Vielmehr soll über diese Frage detailliert beraten werden, sobald es einen Waffenstillstand gibt.

Unterschiede zum US-Plan betreffen die Kontrolle über die von Russland besetzten Gebiete, die Diskussion über eine Aufhebung von Sanktionen gegen Russland, die Frage eher vager oder spezifischer Sicherheitsgarantien im Falle eines Waffenstillstands sowie die Größe des ukrainischen Militärs. Die deutsche Regierung begrüßte die Gespräche mit Russland, warnte am Freitag aber vor einem „Diktatfrieden auf Kosten der Ukraine“. Ziel müsse ein „fairer, gerechter und nachhaltiger Frieden“ sein. Die Souveränität der Ukraine müsse gewahrt bleiben.

In Sachen Rohstoffdeal zwischen USA und der Ukraine gab es unterdessen offenbar keine Fortschtritte: In seinem Onlinedienst schrieb Trump am Freitagabend, dass die Ukraine das Rohstoffabkommen mit den USA noch nicht unterzeichnet habe. „Es ist mittlerweile mindestens drei Wochen überfällig.“
26.04.2025, red, ORF.at/Agenturen

Trump: „Krim bleibt bei Russland“
 

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Militärtechnik
Smarte Hammer-Bomben aus Europa bewähren sich im Gefecht in der Ukraine
"Dumme" Bomben werden mit dem in Frankreich entwickelten Nachrüstsatz zu präzisen Lenkwaffen

Die AASM Hammer-Lenkbomben sind eigentlich für den Einsatz auf Rafale-Jets der französischen Luftwaffe vorgesehen. Der Ukraine ist es gelungen, diese Waffe von ihren alten SU-25 Erdkampfflugzeugen zu starten.
Safran

An der Südfront der Ukraine haben die ukrainischen Streitkräfte eine Reihe von Luftangriffen geflogen und dabei russische Artilleriestellungen und militärische Ausrüstung zerstört. Dabei handelte es sich um Präzisionsangriffe der ukrainischen Luftwaffe mit von Frankreich gelieferten AASM Hammer-Lenkbomben. Berichten der ukrainischen Armee zufolge ist es gelungen, eine russische 152-mm-Haubitze 2A36 Giatsint-B in der Nähe des Dorfes Peremoschne zu treffen und auszuschalten.

Später wurde eine weitere Artilleriestellung ebenfalls durch Luftangriffe zerstört. Neben der schweren Artillerie zielten die ukrainischen Streitkräfte auf eine Gruppe russischer Sturmtruppen der 22. Brigade der Spezialeinheiten der Separatisten und auf ein feindliches Munitionslager, das in den Wäldern in der Nähe von Scherbianka (Region Saporischschja) versteckt war, wie der Defence Express berichtet.

Ein Upgrade-Set
Die AASM Hammer-Bomben wurden Anfang 2024 in den ukrainischen Dienst gestellt und haben sich dort bewährt. AASM steht dabei für Armement Air-Sol Modulaire, also Modulare Luft-Boden-Waffe. Hammer ist eines dieser etwas auf eindrucksvollen Klang hingebogenen Militärakronyme. Dieses steht für Highly Agile Modular Munition Extended Range. Der Einfachheit halber wird aber umgangssprachlich nur von Hammer-Bomben gesprochen.

Dabei handelt es sich eigentlich nicht um eine eigenständige Waffe, sondern eine Art Tuning-Kit für ungelenkte Bomben. Einmal damit ausgerüstet, werden "dumme" Bomben zu Lenkbomben und können sogar als Boden-Luft-Rakete eingesetzt werden.

Entwickelt wurde die Waffe 2005 von Sagem Défense Sécurité im Auftrag der französischen Luftwaffe. Heute gehört das Unternehmen zu Safran Electronics & Defense, das hauptsächlich wegen seiner Luft- und Raumfahrtechnologie bekannt ist und unter anderem Triebwerke für den modernen französischen Kampfjet Rafale herstellt.

Der Hammer-Rüstsatz ist für die Verwendung mit der Mk-80-Serie der NATO vorgesehen. Dabei handelt es sich um eine Serie von Freifallbomben, die von den USA, Frankreich, Italien und Spanien in jeweiligen landesspezifischen Varianten verwendet werden. Im Fall der französischen Luftwaffe stehen Bomben mit 125, 250, 400 und 1000 Kilogramm zu Verfügung.

Dumme Bombe, smarter Bausatz
Diese Bomben sind ungelenkt, manche Varianten sind mit Bremsvorrichtungen ausgestattet, damit sie auch im Tiefflug abgeworfen werden können. Besonders viel Hightech steckt in ihnen allerdings nicht.

Mit dem Hammer-Rüstsatz werden aus den wenig smarten Bomben aber gelenkte Gleitbomben. Dieses besteht aus Suchkopf, Leitwerk und klappbaren Flügeln und sieht auch auf der Website des französischen Verteidigungsministeriums ein wenig nach improvisierter Arbeit aus.

Für welchen Zweck die Hammer-Bomben eingesetzt werden können, hängt dabei hauptsächlich vom Suchkopf ab. Diesen gibt es in seiner Basisvariante (SBU-38 für Smart Bomb Unit) mit GPS- und Trägheitsnavigation und kann stationäre Ziele auf etwa zehn Meter genau treffen. Für bewegliche Ziele steht ein Suchkopf für mit einem Laser markierte Ziele zur Verfügung. Diese Ziele werden von Bodentruppen oder aus der Luft mit einem Laser "angemalt" und so für Luftschläge markiert.

Die neueste Variante ist die SBU-64 mit einem Infrarotsuchkopf mit integrierter Bilderkennung. Dieser kann in der Endphase des Anflugs das Zielgebiet "sehen" und vergleicht diese Daten mit den zuvor gespeicherten Bildern des Zielgebiets. Damit verringert sich der Streukreisradius auf nur einen Meter. Wegen dieser Fähigkeit wird diese Variante nicht nur als Präzisionswaffe, sondern als "smarte" Bombe vermarktet.

Raketentriebwerk
Das ist aber noch nicht alles: Auf Wunsch kann die Hammer auch mit einem Raketenantrieb ausgestattet werden, was die Reichweite auf über 70 Kilometer erhöht, wie der Hersteller erklärt.

Üblicherweise werden die Hammer-Bomben von Flugzeugen der französischen Luftwaffe wie der Rafale oder der Mirage abgeworfen. Der Ukraine ist es gelungen diese modernen westlichen Waffen mit Flugzeugen aus der Sowjet-Ära zu kombinieren. So kursieren schon seit einiger Zeit Videos, in denen zu sehen ist, wie Hammer-Bomben von Mig-29 Flugzeugen abgeworfen werden.

Start von der Su-25
Seit Anfang des Jahres dürfte die Ukraine aber zusätzlich dazu in der Lage sein, die europäischen Präzisionswaffen auch von Su-25 Frogfoot zu starten. Dabei handelt es sich um einen Jet zur Luftnahunterstützung, der in den 70er Jahren in der damaligen Sowjetunion entwickelt wurde. Sie sollte das Gegenstück zur amerikanischen A-10 Thunderbolt II oder Warthog sein.

In einem Youtube-Video ist zu sehen, wie eine Suchoi Su-25 zwei AASM Hammer für einen eigenständigen Zielanflug startet:

Hersteller Safran hat laut eigenen Angaben allein im Vorjahr 600 Hammer-Einheiten in die Ukraine geliefert. Mittlerweile soll sich das Produktionsvolumen verdreifacht haben, wie aus einem Interview mit Le Figaro hervorgeht.

Der Einsatz derartiger Nachrüst-Kits ist nicht ganz neu. Auch die USA nutzen ähnliche Technologie unter dem Namen Joint Direct Attack Munitions (JDAM). Es ist auch nicht das erste Mal, dass die Ukraine Waffensysteme einsetzt, die eigentlich ein Recyclingprodukt sind.

So verfügen die ukrainischen Streitkräfte als erste Armee der Welt über Ground-Launched Small Diameter Bombs (GLSDB). Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Marschflugkörper und Gleitbombe. Dabei wird eine kleine GBU-39-Präzisionsbombe mit einem eigentlich ausgemustertem Raketentriebwerk gekoppelt, was die Reichweite auf etwa 150 Kilometer erhöht und die Fliegerbombe zu einer Boden-Boden-Rakete macht.
(Peter Zellinger, 30.4.2025)
Smarte Hammer-Bomben aus Europa bewähren sich im Gefecht in der Ukraine
 

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Magura V7: Die 250.000-Euro-Wasserdrohne, die zwei russische Kampfjets vom Himmel holte
Russische Militärblogger sind besorgt ob des "überwältigenden" Vorsprungs Kyjiws in Sachen Drohnentechnologie im Schwarzen Meer. Die Ukraine spricht von einem historischen Schritt


First photo of Ukrainian "Magura" drone equipped with American AIM-9 "Sidewinder" air-to-air missiles.

Zweihundertmal günstiger. 250.000 Dollar versus 50 Millionen Dollar. Und der David hat den Goliath versenkt. Worum geht es? Am Freitag hat eine ukrainische Wasserdrohne vom Typ Magura V7 nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstchefs Kyrylo Budanow einen russischen Kampfjet vom Typ Su-30 vom Himmel geholt. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass eine Wasserdrohne, bestückt mit einer Flugabwehrrakete, einen Kampfjet abgeschossen hat – nicht nur in diesem Krieg, das erste Mal überhaupt, auch wenn Drohnen bereits wahnsinnig präsent sind in diesem Krieg. "Das ist ein historischer Moment", sagte Budanow zu War Zone, dem Branchenmagazin, dem er exklusiv vom Coup erzählte.

Laut Budanow erwischten die Ukrainer nicht nur eine, sondern gleich zwei Suchoi Su-30. Videomaterial vom ersten Abschuss verbreitete sich am Wochenende rasant schnell auf Telegram und diversen sozialen Medien. Vom zweiten Abschuss gebe es kein Videomaterial, sagte Budanow. Unabhängig bestätigen ließ sich dies bisher nicht. Dementi aus Moskau kamen aber bisher auch keine. Das könnte freilich an der finanziell wie symbolisch schmerzlichen Niederlage gegen die ukrainische Innovationskraft liegen, also eher für den Wahrheitsgehalt von Budanows Aussagen sprechen.

Und bekannte russische Militärblogger bestätigten den Abschuss zumindest eines der Flugzeuge und sprachen gar von einem Momentum im Schwarzen Meer, das längst auf Seiten der Ukraine sei, auch durch den "überwältigenden Technologievorsprung" im Drohnenkampf.

Kurz zur Entstehung:
Entwickelt wurde die nach der Göttin des Krieges aus der slawischen Mythologie benannte Überwasserdrohne erst in den vergangenen Jahren. In Kooperation mit privaten Firmen war einst der Geheimdienst SBU, später vor allem der ukrainische Militärnachrichtendienst, in die Konzeption eingebunden. 2022 wurden Pläne für eine Kamikaze-Drohne, also eine, die beim Aufprall auf das angegriffene Schiff detonieren soll, vorgestellt. Bereits im Sommer 2023 wurde die Magura V5 auf einer Istanbuler Militärtechnikmesse vorgestellt, wenig später ihre Einsatzfähigkeit in Zeitungsberichten bestätigt. Im November 2023 wurden erfolgreich erste schnelle Landungsschiffe der Russen durch die Drohne versenkt. Was seither folgte, kommt einem regelrechten "Schiffeversenken" im Schwarzen Meer gleich. Mit der Sergei Kotow musste im März 2024 eines der neuesten und rund 65 Millionen Dollar teuren Schiffe der mittlerweile stark dezimierten russischen Schwarzmeerflotte dran glauben. Sie wurde von fünf Magura V5 angegriffen.

Upgrade
Wohl heuer dürfte dann das Upgrade von Maschinengewehren auf die Bestückung mit Luftabwehrraketen erfolgt sein, die Magura V7. Zumindest gab es zu Jahresbeginn Berichte über den Abschuss von zwei russischen Kampfhubschraubern des Typs Mil Mi-8 durch sowjetische R-73-Raketen, die auf den Magura-Drohnen installiert waren. Die R-73 galt bis dahin als Luft-Luft-Rakete mit Infrarotzielführung, also als eine, die von Kampfjets in der Luft abgefeuert wird, mit Reichweiten um die 20 Kilometer. Militärexperten gehen davon aus, dass sich die Reichweite durch den Start von Wasserniveau fast halbieren könnte, da es ungleich schwerer ist, an Höhe zu gewinnen.

Beim Abschuss der beiden Kampfjets vom Wochenende sollen laut Budanow AIM-9 Sidewinder eingesetzt worden sein, auch das sind wärmesuchende, selbstgesteuerte Kurzstrecken-Luft-Luft-Raketen. Man verwende einige Modelle auf der Magura V7, habe mit den AIM-9 jedoch die besten Ergebnisse erzielt, sagte Budanow zu War Zone. Laut dem Branchenmagazin sind die Vorteile vor allem in der Verteidigung gegen Infrarot-Gegenmaßnahmen zu sehen, aber auch der raucharme Raketenmotor sei ein Vorteil. Die Raketen, die seit 1983 im Einsatz der US-Luftwaffe sind, wurden Kyjiw von Washington bereitgestellt.

Budanow gab jedenfalls an, dass bei der Operation vom Wochenende die Piloten des ersten Kampfjets überlebt und auf dem Schwarzen Meer von einem zivilen Schiff aufgesammelt worden sein sollen, wohingegen die Besatzung des zweiten Kampfjets gestorben sein soll. Die Abschüsse erfolgten rund 50 Kilometer westlich der russischen Hafenstadt Noworossijsk, südöstlich der illegal von Russland annektierten und besetzten Krim.

Der Militärstratege Mick Ryan beschrieb die Auswirkungen der Entwicklungen vom Wochenende in seinem Blog. Er sagt, dass die Ukraine bereits zu Beginn des Krieges angefangen habe, "mit der Entwicklung und dem Einsatz von unbemannten Luft-, See- und neuerdings auch Landkampfsystemen zu experimentieren", mittlerweile "beherrsche" man all diese Fähigkeiten. Es sei kein Ersatz für Soldaten, sehr wohl aber eine "drastische Ausweitung dessen, was Menschen im Krieg tun können". Die militärischen Konzepte, Organisationen und Führungsriegen, vor allem auch jene des Westens, müssten dahingehend geändert werden, so Ryan.

Klar scheint nur: Der Westen kann und wird viel von der Ukraine lernen müssen.
(Fabian Sommavilla, 5.5.2025)
Magura V7: Die 250.000-Euro-Wasserdrohne, die zwei russische Kampfjets vom Himmel holte
 

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Erneute russische Angriffe
Mehrere Menschen in Kiew getötet
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Bei russischen Angriffen in der Ukraine in der Nacht auf Sonntag sind offiziellen Angaben zufolge mindestens neun Menschen getötet und mehrere weitere verletzt worden. Mindestens vier Menschen kamen laut den Behörden in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ums Leben. 16 weitere seien verletzt worden, darunter drei Kinder. In der Region Chmelnyzkyj wurden vier Tote gemeldet, im südukrainischen Mikolajiw ein Toter.
Online seit heute, 8.26 Uhr
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Nach ukrainischen Angaben griff Russland mit 298 Drohnen und 69 Raketen an. Laut ukrainischer Luftwaffe konnten 266 Drohnen und 45 Raketen abgefangen werden. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko hatte zuvor mitgeteilt, es gebe einen „Angriff“ auf die Stadt, aber die Luftabwehr sei aktiv. „Bleiben Sie in Schutzräumen“, befahl er. Der Leiter der militärischen Verwaltung Kiews, Tymur Tkaschenko, schrieb auf Telegram, Drohnentrümmer seien auf ein fünfstöckiges Wohnhaus in der Hauptstadt gefallen.

AP/Ukrainian Emergency Service
In und um die ukrainische Hauptstadt kam es in der Nacht auf Sonntag zu mehreren Einschlägen

Der stellvertretende Armeeleiter der Region Chmelnyzkyj westlich von Kiew berichtete im Onlinedienst Telegram von vier Toten. Fünf weitere Menschen seien verletzt worden. Auch aus den südukrainischen Regionen Cherson und Mikolajiw wurden nächtliche Angriffe gemeldet. In Mikolajiw wurde nach Angaben von Rettungsdiensten ein Mann bei einem Drohnenangriff auf ein Wohngebäude getötet.

Flugverkehr in Moskau eingeschränkt
Der Bürgermeister von Moskau, Sergej Sobjanin, sagte indes, dass zwölf Drohnen, die in Richtung der russischen Hauptstadt unterwegs waren, abgefangen werden konnten. Nach Angaben der russischen Zivilluftfahrtbehörde wurde der Flugverkehr an mindestens vier Flughäfen eingeschränkt, darunter der größte Moskauer Flughafen Scheremetjewo.

Die Ukraine hatte bereits in den Tagen zuvor mehrere Ziele in Russland, darunter auch Moskau, mit Drohnen attackiert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte am Freitag angekündigt, dass Russland auf diese Angriffe reagieren werde.

Angriffe rund um Gefangenenaustausch
Bereits in der Nacht auf Samstag hatte Russland laut ukrainischen Angaben Kiew mit Drohnen und Raketen angegriffen. Die Ukraine sprach von 250 Drohnen und 14 ballistischen Raketen. Die ukrainische Luftwaffe erklärte, 245 Drohnen und sechs Raketen abgefangen zu haben. Allein in Kiew wurden mindestens 15 Menschen verletzt.

Die neuen Angriffe ereigneten sich vor dem Hintergrund des größten Gefangenenaustausches zwischen Russland und der Ukraine seit dem Beginn des Krieges vor gut drei Jahren. Am Freitag hatten beide Seiten je 390 Gefangene zurückgegeben, am Samstag kamen jeweils 307 Gefangene frei. Insgesamt sollen 1.000 Gefangene ausgetauscht werden, wie bei den ersten direkten russisch-ukrainischen Gesprächen seit drei Jahren in Istanbul vor einer Woche vereinbart worden war. Russland war im Februar 2022 in das Nachbarland einmarschiert, das sich seitdem mit westlicher Hilfe zur Wehr setzt.

Kiew vermisst ausständiges „Friedensmemorandum“
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha kritisierte auf der Plattform X, dass Russland nach den ersten direkten Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau seit 2022 vor gut einer Woche in Istanbul das in Aussicht gestellte „Friedensmemorandum“ noch immer nicht übermittelt habe. „Stattdessen schickt Russland tödliche Drohnen und Raketen auf die Zivilbevölkerung“, sagte der Minister. „Das ist Russlands Antwort auf die internationalen Friedensbemühungen und ein klarer Beweis dafür, dass ein verstärkter Sanktionsdruck auf Moskau notwendig ist, um den Friedensprozess zu beschleunigen.“

US-Präsident Donald Trump bezeichnete den Gefangenenaustausch zuletzt hingegen als möglichen ersten Schritt hin zu einer positiven Entwicklung. Der russische Außenminister Lawrow hatte am Freitag einen Vorschlag für eine Beendigung des Krieges angekündigt. Russland werde bereit sein, der Ukraine einen Entwurf mit Bedingungen für ein langfristiges Friedensabkommen zu übergeben, zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax den Minister. Voraussetzung sei allerdings, dass der angelaufene Austausch von je 1.000 Gefangenen abgeschlossen sei.
25.05.2025, red, ORF.at/Agenturen

Erneute russische Angriffe: Mehrere Menschen in Kiew getötet
 

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Großangriff auf russische Bomberflotte
Ukraine startete Drohnen aus Lkws
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Unmittelbar vor neuen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine am Montag in Istanbul haben Militärs und Geheimdienste beider Kriegsparteien teils spektakuläre Angriffe gestartet. In einer von langer Hand koordinierten Aktion griffen Hunderte ukrainische Drohnen laut Kiew 40 russische Langstreckenbomber teils im weit entfernten Sibirien an. Russland startete einen der größten Luftangriffe seit dem Überfall auf den Nachbarn.
Online seit heute, 17.36 Uhr (Update: 17.52 Uhr)
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Nach monatelanger Vorbereitung hat der ukrainische Geheimdienst einen umfassenden Schlag gegen russische Militärflugplätze geführt, von denen regelmäßig Kampfflugzeuge zu Angriffen gegen die Ukraine gestartet sind. Die Angriffe werden laut Kiew durch Videos belegt. Deren Authentizität konnte bisher aber nicht unabhängig verifiziert werden. Russland bestätigte aber mittlerweile Angriffe auf fünf Luftwaffenbasen und auch, dass „mehrere“ Militärflugzeuge getroffen worden seien.

Insgesamt seien bei den Angriffen gegen vier Flughäfen, darunter sogar einer bei Irkutsk in Sibirien, über 40 Maschinen zerstört worden, hieß es aus Kiew. Nach ukrainischen Angaben wurden bei der „Aktion Spinnennetz“ Kampfflugzeuge vom Typ Tupolew Tu-95 sowie Tu-22 und spezielle Frühwarnflugzeuge vom Typ Berijew A-50 getroffen. Erstmals griffen damit ukrainische Drohnen auch im weit entfernten Sibirien – mehr als 4.000 Kilometer von der Ukraine entfernt – an.

Reuters/Social Media
Das Bild zeigt dichten Rauch über Olenegorsk in der Region Murmansk, wo die Ukraine auch mit Drohnen angriff

Drohnen auf Lkws
Nach offiziell unbestätigten Berichten setzte der ukrainische Geheimdienst Kampfdrohnen ein, die innerhalb Russlands von Verstecken in Holzhäusern gestartet wurden, die auf Lastwagen verladen waren. Die Lkws dürften von ukrainischen Agenten nahe der russischen Militärbasen abgestellt worden sein. „Zum richtigen Zeitpunkt wurden die Dächer ferngesteuert geöffnet, und die Drohnen flogen, um russische Bomber anzugreifen“, hieß es. Eine unabhängige Bestätigung der Angaben über den Ablauf des Angriffs war vorerst nicht möglich. Russland meldete auch die Verhaftung mehrerer Verdächtiger.

Wie groß der Schaden für die russischen Luftstreitkräfte ist, ist derzeit nicht abzuschätzen. Für den Kreml ist es laut BBC ein Rückschlag, da es zeigt, dass das Militär auch Einrichtungen fernab der Grenze nicht schützen kann.


Mehr zum Thema
Tote nach Brückeneinsturz in Russland


Brücken eingestürzt
Zuvor war bereits in der Nacht zum Samstag in einem von russischen Truppen kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja nach Angaben des Kiewer Militärgeheimdienstes ein Güterzug gesprengt worden. Der Militärzug mit Treibstofftanks und Güterwagons sei infolge einer Explosion auf dem Gleisbett entgleist, hieß es in der Mitteilung.
Die Mitteilung erfolgte, nachdem es in der Nacht auf Sonntag zwei Vorfälle in Russland gegeben hatte. In den an die Ukraine grenzenden Gebieten Kursk und Brjansk entgleisten zwei Züge nach Brückeneinstürzen.

Tote und Verletzte nach russischem Angriff
Nach einem russischen Raketenangriff auf eine Ausbildungseinheit der Armee sind nach ukrainischen Angaben mindestens zwölf Soldaten ums Leben gekommen. Außerdem seien mehr als 60 Menschen verletzt worden, hieß es in einer Mitteilung der Bodentruppen. Während des Luftalarms habe es keinen Appell oder eine Massenversammlung gegeben, so das Militär.

Der Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, General Mychajlo Drapatij, übernahm die Verantwortung für den Zwischenfall und kündigte seinen sofortigen Rücktritt an. „Als Kommandeur habe ich es versäumt, die Ausführung meiner Befehle in vollem Umfang sicherzustellen“, schrieb er auf Facebook. „Ich habe keinen Druck ausgeübt, nicht überzeugt und die Einstellung zu den Männern in den Reihen nicht geändert. Dafür trage ich die Verantwortung.“
Laut Kiew wurden bei russischen Luftangriffen in der Nacht auf Sonntag 472 Drohnen und sieben Raketen eingesetzt. Das wäre laut BBC eine der größten russischen Drohnenangriffe bisher. Die Ukraine neutralisierte nach eigenen Angaben 385 der Geschoße.


Debatte
Ukraine – Russland: Wer profitiert von dem Treffen?


Ukraine kommt zu Gesprächen nach Istanbul
Sonntagnachmittag stimmte Kiew einem russischen Vorschlag für eine weitere direkte Gesprächsrunde zur Beendigung des Ukraine-Kriegs zu. „Am Montag wird unsere Delegation von (Verteidigungsminister) Rustem Umjerow geleitet“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf der Plattform X. Das Treffen soll wie die erste Runde vor zwei Wochen im türkischen Istanbul stattfinden.

Er habe die ukrainische Position für das Treffen in Istanbul festgelegt, schrieb Selenskyj: eine vollständige und bedingungslose Waffenrufe, die Freilassung Gefangener und die Rückkehr entführter Kinder. Außerdem sollte ein Treffen zwischen ihm und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf höchster Ebene vorbereitet werden, um einen verlässlichen und dauerhaften Frieden zu schaffen und Sicherheit zu gewährleisten.

Unterschiedliche Positionen bei Verhandlungen
Moskau und Kiew unterscheiden sich insgesamt in ihrer Herangehensweise an die Verhandlungen. Die Ukraine will zunächst eine Waffenruhe aushandeln, in deren Verlauf dann der weitere Weg zum endgültigen Frieden besprochen werden könne.
Putin hatte im März eine von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagene bedingungslose 30-tägige Waffenruhe mit der Begründung abgelehnt, dass sich die Ukraine in der Zeit wiederbewaffnen und neu an der Front sortieren könne. Er will weiterkämpfen, bis die Ukraine den russischen Bedingungen für einen endgültigen Frieden zustimmt.

Russische Bedingungen für Waffenruhe
Im UNO-Sicherheitsrat stellte Russland am Freitag aber die Zustimmung zu einer Waffenruhe in Aussicht – allerdings unter den bereits bekannten Bedingungen, die Kiew und jedenfalls Europa bisher klar ablehnen. Demnach müssten in der Zeit westliche Waffenlieferungen und die Mobilmachung in der Ukraine gestoppt werden.

Die russischen Friedensbedingungen erinnern dabei stark an eine Kapitulation der Ukraine. So erhebt Moskau Ansprüche auf große Teile der Ukraine – darunter auch Gebiete, die es selbst bisher nicht erobern konnte. Zudem will der Kreml sich über die russischsprachige Minderheit im Nachbarland weiter anhaltenden Einfluss in Kiew sichern, das daher weder der NATO beitreten noch eine schlagkräftige Armee behalten darf.
01.06.2025, red, ORF.at/Agenturen

Großangriff auf Bomberflotte: Ukraine startete Drohnen aus Lkws
 

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Frage & Antwort
"Operation Spinnennetz": Wie Kyjiw russische Bomber zerstörte und den Kreml blamierte
Mehr als drei Dutzend Flieger der russischen Luftwaffe konnte der ukrainische Geheimdienst offenbar mit Drohnen neutralisieren. In Moskau ist man geschockt

Ein Handshake und eine ehrliche Gratulation Wolodymyr Selenskyjs (links) an SBU-Chef Wassyl Maljuk, der den spektakulären Angriff orchestriert hat.
via REUTERS/UKRAINIAN PRESIDENTI

Gut drei Monate ist es her, dass Donald Trump im Oval Office den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor laufenden Kameras demütigte: Die Ukraine, sagte der US-Präsident, habe im Abwehrkampf gegen Russland keine guten Karten und solle sich besser seinen Wünschen fügen. Als am Sonntag erste Meldungen über den spektakulären Drohnenangriff im Rahmen der "Operation Spinnennetz" des ukrainischen Geheimdiensts gegen russische Luftwaffenbasen im ganzen Land die Runde machten, erfand Kyjiws Vizeaußenminister Sergiy Kyslytsya kurzerhand eine neue Spielkarte: den "Drohnenkönig".

Nun, so die Botschaft, habe die Ukraine doch noch eine echte Trumpfkarte in der Hand. Doch was steckt hinter dem Angriff und welche Auswirkungen wird er haben? DER STANDARD versucht, die wichtigsten Fragen zu beantworten:

Frage: Wo hat die Ukraine angegriffen?
Antwort: Der genaue Umfang ist derzeit noch unbekannt – und wird vermutlich auch nie zur Gänze geklärt werden. Während das offizielle Russland versucht, den für das Verteidigungsministerium so peinlichen Angriff kleinzureden, bestätigte der ukrainische Geheimdienst SBU bisher zumindest Angriffe auf vier Luftwaffenstützpunkte, die auf ganz Russland verteilt sind. Konkret geht es dabei um die Militärflughäfen Djagilewo in der russischen Region Rjasan und die Basis Iwanowo in der Region Iwanow jeweils im Südwesten Russlands sowie um die Stützpunkte Olenja in der Region Murmansk nahe der Grenze zu Finnland und den Flugplatz Belaja in der Region Irkutsk, die an die Mongolei grenzt.

Bisher unbestätigt sind weitere Schläge gegen die Luftwaffenstützpunkte Woskressensk bei Moskau und Seweromorsk ganz im Norden Russlands und ein gescheiterter Angriff im äußersten Osten bei Amur.

Ukrainische Drohnenangriffe auf russische Luftwaffenstützpunkte
Bekannte Luftschläge und Schäden im Rahmen der "Operation Spinnennetz" am 1. Juni 2025
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Frage: Wieso konnte die russische Flugabwehr nicht eingreifen?
Antwort: Auf diese Frage werden auch der russische Verteidigungsminister Andrej Beloussow, FSB-Geheimdienstchef Alexander Bortnikow und der Chef des militärischen Geheimdiensts GRU, Igor Kostjukow, noch nach Antworten suchen. Besonders pikant: Selenskyj sprach davon, dass das "Büro" der Operation in unmittelbarer Nähe eines FSB-Regionalbüros gelegen sei.

Klar ist jedenfalls, dass die Drohnen in Holzcontainern versteckt waren, die auf der Ladefläche von russischen Lkws montiert waren und so in die Nähe der Militärflugplätze auf Parkplätze gebracht wurden. Die sich automatisch öffnenden Verstecke sollen russische Lkw-Fahrer teils mit bloßen Händen wieder zu schließen versucht haben, nachdem sie realisierten, was sie transportierten. Jede der angeblich 117 eingesetzten Drohnen, die vorher über die russische Grenze geschmuggelt worden waren, sei dabei eigens von einem Piloten gesteuert worden, erklärte Selenskyj.

Man soll dabei sogar das russische Mobilfunknetz genutzt haben. Die russische Flugabwehr war von den Drohnen also schlichtweg überrascht und überfordert. "Die russische Seite hat die Lage offensichtlich völlig falsch eingeschätzt. Das ist für Russland sehr peinlich", sagt Militärexperte Gerald Karner im STANDARD-Podcast Thema des Tages.




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Bilder u. Text: NOELREPORTS - ‪@noelreports.com‬


Frage: Was wurde konkret getroffen?
Antwort: Während sich Russland offiziell mit Informationen über die getroffenen Ziele zurückhält, kursieren in ukrainischen Medien längst detaillierte Erfolgsmeldungen. Einem Bericht des Kyiv Independent zufolge, der sich auf Quellen innerhalb des SBU beruft, wurden bei dem Angriff am Sonntag 34 Prozent der gesamten strategischen Luftflotte Russlands ausgeschaltet.

Insgesamt dürften mehr als 40 Flugzeuge beschädigt oder zerstört worden sein, darunter Modelle der Typen A-50, Tu-95 und Tu-22 M3. Die Tu-95-Bomber, die noch aus der Zeit der Sowjetunion stammen und erstmals 1952 abgehoben sind, waren ursprünglich für den Einsatz von Atombomben konzipiert, zuletzt wurden sie aber für den Abschuss von Marschflugkörpern genutzt – auch gegen die Ukraine.

Die Zerstörung der Flugzeuge sind auch deshalb ein so schwerer Schlag für die russische Armee, weil ihr Ersatz oder die Reparatur wegen der Sanktionen schwierig zu bewerkstelligen sind. Teilweise werden sie auch gar nicht mehr produziert. Laut dem SBU beläuft sich der Schaden durch den Drohnenangriff auf rund sieben Milliarden US-Dollar. Solche Schätzungen sind aber stets schwierig, vielmehr zählen die militärtaktischen Erfolge.
Frage: Wer ist für den Angriff verantwortlich?
Antwort: Häufig waren für die besonders spektakulären Aktionen der ukrainischen Armee die beiden Geheimdienste SBU (Inlandsgeheimdienst) und HUR (Militärnachrichtendienst) verantwortlich. Diesmal war es der SBU – es ist der bisher wohl wichtigste Erfolg von dessen Chef Wassyl Maljuk, dem Präsident Selenskyj unmittelbar nach Bekanntwerden der Aktion persönlich gratulierte.

Häufig blickte man in der Vergangenheit nach spektakulären Angriffen auch gen USA, die oft Geheimdienstinformationen lieferten. "Operation Spinnennetz" soll aber 100 Prozent "made in Ukraine" sein, weder die USA noch europäische Verbündete sollen vorab informiert gewesen sein. Die Ukraine, sagt Karner, "hat vermutlich die fortgeschrittensten Streitkräfte weltweit im Drohnenbereich".

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Bilder und Text: NOELREPORTS - ‪@noelreports.com‬

Frage: Wie konnte der ukrainische Geheimdienst diese spektakuläre Aktion so lange geheimhalten?
Antwort: Dass die Aktion nicht aufflog, liegt wohl vor allem an konsequenter Spionageabwehr, einer peniblen Planung und auch an dem Umstand, dass nur unmittelbar involvierte Personen von der Operation selbst oder gar nur von Teilaspekten gewusst haben. Eineinhalb Jahre lang soll an der Aktion geplant worden sein. Die Fahrer der Lkws, mit denen die Drohnen tief nach Russland hinein transportiert wurden, waren demnach nicht eingeweiht.

Dass die Aktion erfolgreich war, liegt aber auch an einem grundsätzlichen Stimmungswandel im SBU selbst: Nach der Revolution 2014 wurde davon ausgegangen, dass rund 50 Prozent der Mitarbeiter ukrainischer Dienste auch oder vor allem nach Russland melden. Das hat sich in den Jahren danach geändert. Wenn auch mit schwerwiegenden Ausnahmen, so sollen hochrangige Mitarbeiter des SBU und sogar ein früherer Angehöriger des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine in die unmittelbare Planung der Invasion Russlands 2022 involviert gewesen sein.

Frage: Wie reagiert man in Russland?
Antwort: Während man sich im Kreml und im russischen Verteidigungsministerium ob der Blamage bisher bedeckt hält, wird unter den einflussreichen Militärbloggern des Landes einiges an Kritik an der Verteidigungsfähigkeit der eigenen Armee laut. Russland habe sich viel zu sehr auf die Größe des Landes verlassen und sei davon ausgegangen, dass es ansonsten keinen Schutz für seine Militäranlagen brauche, heißt es da.

Der Verlust von mehreren strategischen Bombern sei "riesig für ein Land, das sie nicht mehr herstellt", schreibt ein anderer. Ein "russisches Pearl Harbor" nennt ein anderer Pro-Kreml-Blogger den Angriff und spielt damit auf den japanischen Überfall auf die US-Militärbasis im Pazifik 1941 an, der zum Eintritt Washingtons in den Zweiten Weltkrieg führte.

Frage: Welche militärischen Folgen zieht der Drohnenangriff nach sich?
Antwort: Eine mögliche große Offensive Russlands in der Ukraine "ist gestört worden", sagt Karner. Die Beurteilung in den kommenden Tagen werde noch zeigen, wie schlimm es ist, sagt der Experte. Man dürfe nicht vergessen, dass zuvor auch Munitionsdepots, Bahnverbindungen und Brücken angegriffen und beschädigt wurden. Bedenke man zudem, dass nicht alle strategischen Bomber jederzeit einsetzbar seien, sei das ein erheblicher Schlag gegen die konventionellen Kapazitäten Russlands, anzugreifen, sagt Karner. Auch "die nukleare Abschreckungsfähigkeit ist durch eine Verringerung der Zweitschlagskapazität geschwächt", so der Experte.

Frage: In Istanbul fanden am Montag wieder Gespräche zwischen Russland und der Ukraine statt. Spielten die Angriffe dort eine Rolle?
Antwort: Mit der Aktion hat die Ukraine ganz sicher zumindest ein Stück weit an Initiative zurückgewonnen. Markante Schläge wie dieser heben sicher die Moral. Bisher hat vor allem Russland vor direkten Gesprächen die Taktzahl an Angriffen massiv erhöht. So sieht sich die Ukraine seit zwei Wochen intensivierten russischen Luftangriffen ausgesetzt. Der Unterschied zu dem Angriff der Ukraine: Getroffen wurden bei den russischen Angriffen überwiegend zivile Ziele. Russland dachte, damit faktisch den Rahmen der Gespräche geschaffen zu haben: Die Ukraine müsse Zugeständnisse machen.

Am Montag endeten die Gespräche schließlich bereits nach einer Stunde. Den großen Durchbruch brachten sie erwartungsgemäß nicht. Moskau lehnte Kyjiws neuerlichen Vorschlag eines bedingungslosen Waffenstillstandes ab und schlug stattdessen kurzfristige Waffenruhen in bestimmten Regionen vor, beide Länder vereinbarten einen neuerlichen Gefangenenaustausch und weitere Gespräche noch im Juni.
(Fabian Sommavilla, Florian Niederndorfer, Daniel Retschitzegger, Stefan Schocher aus Kyjiw, 2.6.2025)
"Operation Spinnennetz": Wie Kyjiw russische Bomber zerstörte und den Kreml blamierte
 

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Operation „Spinnennetz“
Folgen für Armeen weltweit
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Die vom ukrainischen Geheimdienst koordinierten Drohnenangriffe auf die russische Bomberflotte sind der vielleicht größte militärische Erfolg für die Ukraine nach den ersten Wochen des russischen Überfalls, als die Panzerkolonnen nördlich von Kiew gestoppt wurden. Die Operation „Spinnennetz“ wird den aktuellen Kriegsverlauf nicht grundlegend ändern, aber Moskau zu Änderungen zwingen. Und die Attacke dürfte weltweit Folgen für Militärs haben.
Online seit heute, 15.59 Uhr
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Die Operation „Spinnennetz“ folgte auf wochenlange intensive russische Luftangriffe und zerstörte eine bisher unbekannte Zahl an für die russischen Luftstreitkräfte besonders bedeutenden strategischen Bombern der Typen Tupolew Tu-95, Tu-22M und Tu-160. Kiew hatte am Sonntag zunächst von mehr als 40 zerstörten oder beschädigten Flugzeugen gesprochen, am Dienstag hieß es vom Generalstab, zwölf Flugzeuge seien zerstört worden, ohne die Flugzeugtypen zu nennen.

Mehr als 40 Bomber – das wäre rund ein Drittel der gesamten russischen Kapazitäten an strategischen Bombern gewesen. Moskau äußerte sich bisher kaum dazu, betonte aber, es seien nur einige wenige Flugzeuge getroffen worden. Die Attacken auf fünf Flugzeugbasen weit innerhalb Russlands – eine sogar mehr als 4.000 Kilometer von der ukrainisch-russischen Grenze entfernt – sind auch unabhängig vom verursachten Schaden eine peinliche und schwere Niederlage für den Kreml.

Reuters/Telegram/Igor Kobzev
Rauch über dem Stützpunkt Belaja in Sibirien

Große Auswirkungen bei geringem Aufwand
Als „mindestens ebenso bedeutend“ bewertete die „New York Times“, dass Kiew bewiesen habe, dass es überall in Russland zuschlagen könne – und mit Gerät, das wenige hundert Euro koste, Kampfflugzeuge zerstören könne, die 100 Millionen Euro oder mehr kosten. Damit wird dem russischen Präsident Wladimir Putin signalisiert, dass die Ukraine zumindest die gewaltigen Kosten von Putins Angriffskrieg weiter in die Höhe treiben kann.
Wie groß der Schaden für Russland tatsächlich ist, hängt letztlich von der Zahl der getroffenen Flugzeuge ab, wie schwer sie beschädigt sind und welche Flugzeugtypen es sind. Denn Tu-95 und Tu-22M werden seit dem Ende der Sowjetunion nicht mehr produziert, und es gibt keinen moderneren Typ an Flugzeugen, der diese annähernd ersetzen kann. Die Tu-160 wird noch produziert, aber laut dem britischen Wirtschaftsmagazin „Economist“ sehr langsam und in extrem geringer Stückzahl.

Teil der russischen Nuklearstrategie
Diese relativ kleine Flotte – laut „Economist“ sind nur etwa 90 Stück dieser drei Typen zusammen einsatzfähig – ist integraler Teil der russischen Nuklearstrategie, Atomsprengköpfe von U-Booten, zu Lande und aus der Luft abfeuern zu können. Die Langstreckenflugzeuge fliegen regelmäßig weltweit Patrouillen, auch um die russische Nuklearmacht zu vergegenwärtigen. Im Krieg gegen die Ukraine nutzte Moskau die Flugzeuge zunehmend, um das Land aus sicherem Abstand von der Grenze mit Wellen von Raketenangriffen zu überziehen. Die Tu-95 etwa kann mit acht Langstreckenraketen bestückt werden.

Laut Ukraine wurde auch eines der ganz wenigen A-50-Flugzeuge getroffen. Diese sind von großer Bedeutung für die Lufraumüberwachung und -kontrolle und funktional vergleichbar mit den US-amerikanischen AWACS-Flugzeugen.

APA/AFP/Maxar Tec
Zwei Tu-22 mit alten Reifen, die als Schutz dienen sollen, wenige Tage vor dem Angriff auf die Basis Olenja

Logistische Meisterleistung
Der SBU-Coup wurde laut Kiewer Angaben rund eineinhalb Jahre lang akribisch vorbereitet. Tatsächlich ist es vor allem eine geheimdienstliche und logistische Meisterleistung, so tief im Feindesland und an so vielen verschiedenen, gut bewachten, Orten gleichzeitig zuzuschlagen und die Operation so lange geheim halten zu können.

Offenbar dienten gezielte ukrainische Angriffe auf die russische Basis Engels nahe Saratow an der Wolga dazu, dass Russland die Bomberflotte auf den nunmehr attackierten Standorten, darunter Olenja in der Oblast Murmansk, konzentriert. Dieses offensichtliche Kalkül ist aufgegangen, da Moskau nur wenige Tage vor den Drohnenattacken zahlreiche Flugzeuge verlegte.

Rund 100 Drohnen wurden eingesetzt. Sie waren jeweils unter dem Dach eines eigenen Holzverbaus von Lkws versteckt, die in der Nähe der fünf angegriffenen Luftbasen abgestellt wurden. Laut Moskau wurden die Drohnenattacken auf drei der fünf Militärbasen abgewehrt. Die „New York Times“ versuchte anhand von in Netzwerken geposteten Videos den Hergang der Attacken nachzuvollziehen.

Moskau zu Neuausrichtung gezwungen
Nach der Operation „Spinnennetz“ müsse Russland die Art und Weise, wie es seine Bomberflotte einsetzt, parkt und verteidigt, völlig überdenken, so das „Wall Street Journal“ am Montag in einer Analyse. Russland parkt – so wie auch die USA – Langstreckenbomber meist im Freien, wo sie gut sichtbar und leichte Ziele sind. Das habe operative Gründe, die Sichtbarkeit sei aber auch Bestandteil von russisch-amerikanischen Abrüstungsabkommen.

USA und andere Länder vor gleichem Problem
Laut „Economist“ beobachten westliche Armeen die Ereignisse genau. Denn sie hätten ihr Fluggerät auf einer noch kleineren Zahl an Standorten konzentriert als Russland, um Geld zu sparen. Auch in Hangars und unterirdischen Gewölben, die parkende Flugzeuge vor Drohnen- oder Raketenangriffen schützen könnten, sei nicht investiert worden.

Ein ähnlicher Angriff auf die USA etwa durch chinesische Drohnen, versteckt in Warencontainern oder Schiffen vor der US-Küste, sei „sehr leicht möglich“, warnte gegenüber dem „Economist“ Tom Shugart von der auf nationale Sicherheit spezialisierten US-Denkfabrik Center for a New American Security (CNAS).

Nukleare Fähigkeiten betroffen
Das Problem für Moskau besteht auch darin, dass es trotz erklärter Absichten seit Jahren nicht gelingt, einen Ersatz für die sowjetischen Bomber zu entwerfen und zu produzieren. Der ukrainische Drohnencoup könnte die russischen Bemühungen nun verstärken.

Mit dem ukrainischen Angriff sind Russlands nukleare Fähigkeiten zumindest geschwächt, auch wenn noch unklar ist, wie sehr. Und das genau zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Europa aufmacht, seine militärische und konkret auch nukleare Abschreckung auszubauen. Am Montag kündigte London an, zwölf neue Atom-U-Boote bauen und das Arsenal seiner nuklearen Sprengköpfe erweitern zu wollen.

Der russische Angriff auf die Ukraine, seine Verstärkung des Militärs an der nördlichen Grenze, Europas Sorge vor einem möglichen russischen Angriff und die reziproke Lageeinschätzung im Kreml: Der neue Rüstungswettlauf geht jedenfalls weiter.
03.06.2025, guti, ORF.at/Agenturen

Links:
„Wall Street Journal“-Artikel
„Economist“-Artikel
„New York Times“-Artikel (mit Analyse der Videos)

„New York Times“-Artikel
Operation „Spinnennetz“: Folgen für Armeen weltweit
 

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Hintergrundinfos zu den zerstörten Flugzeugtypen:
Die Operation „Spinnennetz“ folgte auf wochenlange intensive russische Luftangriffe und zerstörte eine bisher unbekannte Zahl an für die russischen Luftstreitkräfte besonders bedeutenden strategischen Bombern der Typen Tupolew Tu-95, Tu-22M und Tu-160.


Tupolew Tu-95
Tupolew Tu-95 – Wikipedia


Bildquelle: RAF/MOD, OGL 2, File:Russian Bear 'H' Aircraft MOD 45158140.jpg - Wikimedia Commons (Wikipedia)


Quelle:
CC BY-SA 3.0 Kaboldy - Eigenes Werk

Tupolew Tu-22M
Tupolew Tu-22M – Wikipedia


Quelle: Max071086 - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, File:Tu-22M3 Ryazan2.JPG - Wikimedia Commons


Quelle: Gemeinfrei (Wikipedia)


Tupolew Tu-160
Tupolew Tu-160 – Wikipedia


Quelle: Sergey Krivchikov - Russian AviaPhoto Team - Aviation Photo #1285584: Tupolev Tu-160 - Russia - Air Force, GFDL 1.2, File:Tu-160 at MAKS 2007.jpg - Wikimedia Commons


Quelle: Gemeinfrei (Wikipedia)
 

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Lage der 4 im Zusammenhang mit der ukrainischen Operation "Spinnennetz" genannten russischen Luftwaffenstützpunkte:

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Dazu ein Versuch der "Luftaufklärung" bei Google Earth (GE):

1. Diagilewo

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2. Iwanowo
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josef

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Geheimoperation
Die Operation Spinnennetz in Grafiken und Satellitenbildern
Drohnenangriffe tief in Russland, Sprengstoffanschläge auf Brücken: Mit spektakulären Geheimdienstoperationen hat die Ukraine dem Kreml schwer zugesetzt. Was folgt als Nächstes?
Natürlich sei die spektakuläre Geheimdienstaktion "talk of town", sagte ein Militärattaché diese Woche, nachdem er sich mit Kollegen ausgetauscht hatte. Im Internet überschlugen sich Blogger und Kommentatoren mit Superlativen: Ein "Desaster", ein "schwarzer Tag für Russlands Langstreckenflotte". Einige fabulierten sogar von einem kriegsentscheidenden Schlag – eine Einschätzung, die Experten nicht teilen. Unbestritten ist: Mit der Operation Spinnennetz gelang den Ukrainern einer der spektakulärsten Militärschläge der vergangenen Jahre.

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In Wygonitschi und Schelsogorsk explodierten Sprengsätze an Brücken, ebenso auf der Krim. In Ukrainska im äußersten Osten scheiterte ein Drohnenangriff.


Oana Rotariu / Der STANDARD

Am 1. Juni flog die Ukraine zeitgleich Drohnenattacken gegen vier teilweise mehr als 4000 Kilometer von der Grenze entfernte russische Militärflughäfen. Eineinhalb Jahre penible Planung steckte der ukrainische Geheimdienst SBU in die Vorbereitung der Aktion.

Eingesetzt wurden 117 Ora-Quadrokopter mit einer Nutzlast von rund drei Kilo. Die mit Sprengstoff bestückten Billigdrohnen sollen teils in Einzelteilen nach Russland geschmuggelt und dort zusammengesetzt worden sein. Je 36 Drohnen wurden dann in den Decken von Holzcontainern versteckt. Diese wurden auf Lkws gepackt und in Nähe der Flugplätze gebracht, wo später die Container aus der Ferne geöffnet wurden.


Oana Rotariu / Der STANDARD

Die Drohnen flogen teils autonom, teils individuell gesteuert an ihre Ziele. Bei der Zielerkennung trainierte man vorab mit ausgemusterten Modellen der anvisierten Bomber in der Ukraine. Alle involvierten Agenten konnten Russland laut Kyjiw vor Ausführung der Tat wieder verlassen.


Oana Rotariu / Der Standard

Die Schadensbezifferungen variieren, letztlich dürften aber wohl rund zwei Dutzend der strategischen Bomber getroffen und ein Dutzend zerstört worden sein.


Oana Rotariu / Der STANDARD

Flankiert wurde die Operation von Sprengstoffanschlägen auf logistisch wichtige Versorgungsbrücken in Russland und einen Unterwasserangriff auf die Krim-Brücke am 3. Juni. Nicht nur in Moskau fragt man sich seither, wann der nächste Angriff Kyjiws kommt. Dass sie Russland auch nach knapp dreieinhalb Jahren Zermürbungskrieg zusetzen können, haben die Ukrainer jedenfalls bewiesen. Effektiv – und auch ohne US-Hilfe.

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Wie es nun weitergehen könnte, ist freilich im Bereich der absoluten Spekulation. Wahrscheinlich ist, dass Russland seine strategischen Bomber rasch besser zu schützen versucht. Dafür braucht es gar nicht unbedingt High-Tech. Ein herkömmlicher Hangar, wie er an Flugplätzen nahe der Ukraine mittlerweile aus Angst vor Drohnenangriffen üblich ist, könnte auch in den anderen Regionen wieder zum Einsatz kommen und vor Drohnen schützen. Zur Hochzeit des Kalten Krieges war das Unterstellen von Bombern in Hangars übrigens reglementiert. Man wollte garantieren, dass der "Feind" durch Satellitenbilder oder Überflüge sehen kann, dass es eh keine ungewöhnlichen Bewegungen der Flieger am Boden gibt, die auf eine Offensive hindeuten könnten.

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Wahrscheinlich ist auch, dass der russische Terror gegen die ukrainische Zivilbevölkerung weitergeht. Bisher brillierte die russische Kriegsführung nicht gerade durch Raffinesse, wie die ukrainsiche Seite oftmals. Stattdessen versuchte Moskau die ukrainischen Verteidigungsanlagen durch die ihre quantitiative Überlegenheit zu überfordern, und so mit Drohnen und Überschallraketen durchzukommen und Angst zu säen.

Klar ist jedenfalls, dass der ukrainische Geheimdienst lange als von Russland unterwandert galt. Nach harten und radikalen Untersuchungen und Ermittlungen ist dies heute nicht mehr der Fall. Daher muss Russland auch in Zukunft davon ausgehen, dass es Ziel weiterer geheimdienstlicher Operationen Kyjiws werden könnte.
(TEXT: Fabian Sommavilla, GRAFIKEN: Oana Rotariu, Robin Kohrs, 7.6.2025)

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