Nicht zu Mini-Nukes, zum theoretischen und technischen Umfeld einer "Neutronenanlage".
Hab´ich´s mir doch gedacht.
Ein kleiner "Ausflug", mit dem ich hoffentlich niemanden düpiere.
Eine Neutronenanlage ist Teilchenbeschleuniger, z.B. Linearbeschleuniger ("Neutronenrohr") oder Zyklotron, in der Ionen oder Deuteronen einer entsprechenden Quelle elektrostatisch beschleunigt (und fokussiert) werden, um mit hoher Energie ein Target zu beschiessen, welches Neutronen aus den Atomen herauslöst.
(Dazu braucht man eine Hochspannungsanlage, im vorliegenden Fall einen "Kaskadengenerator".)
(Miersdorf arbeitete mit einer Deuteronenquelle und einem Berylliumtarget.)
Dabei entstehen freie, schnelle Neutronen, mit denen man z.B. wiederum ein Target seiner Wahl beschiesst.
"Natürliche" freie Neutronen sind selten. Man muß sie also selbst erzeugen. Obwohl ein freies Neutron die mit Abstand längste Lebensdauer aller instabilen Elementarteilchen hat (~886 Sekunden), "erlebt" es seinen Zerfall selten, da es schon wieder von einem Atomkern absorbiert wurde (Starke Wechselwirkung; Stichwort: "Kernkraft" auf Nukleonenebene) Genau das ist eine praktische Hauptanwendung von Neutronenanlagen.
Die Protonen im Atomkern bestimmen die Kernladungszahl und damit die Anzahl der Elektronen, die um den Kern "herumschwirren". Dies legt fest, um welches chemische Element es sich handelt. Das gleiche chemische Element kann aber im Kern eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen besitzen. Diese Anzahl der Nukleonen aber, die sich in der Massezahl ausdrückt, legt fest, um welches Isotop des Elements es sich handelt.
Dies wird in einer Neutronenanlage gezielt beeinflusst und damit werden Isotope (natürlich auch radioaktive) erzeugt.
Damals mag ein Haupanwendungsgebiet natürlich auch die meßtechnische Untersuchung der Neutronen selbst, wegen ihrer Bedeutung für die Kettenreaktion, gewesen sein.
Man kann damit auch Kernumwandlungsprozesse herbeiführen. Aber bitte, wir befinden uns da in einem Mengenbereich, in dem man die Atome noch zählen kann.
Die Amerikaner haben im Zyklotron in Berkeley 1941 U238-92 mit schnellen Neutronen beschossen. Dabei wurden U238-92-Kerne durch Hinzufügung jewels eines Neutrons zu U239-92, welches mit einer Halbwertszeit von 23,5 Minuten zu Np239-93 zerfiel und diese wiederum beim Zerfall mit einer Halbwertszeit von 2,355 Tagen Pu239-94 bildete.
Damit man sich mal eine Vorstellung machen kann:
Bedingt durch die hohen Spannungen, aber wohl auch wegen der technischen Umsetzung des Kaskadenprinzips, war wegen der gewaltigen Isolatoren die Hochspannungshalle in Miersdorf (1,5 MV Anlage) 14 Meter hoch. (Breite 17,5 Meter) (Länge 28 Meter wegen der geplanten Aufstellung einer zweiten 1,5 MV Kaskade)
Wenn auch die Kaskade für das Radiuminstitut wohl eine Nummer kleiner ausgefallen wäre (zwei 0,9 MV Anlagen und eine 1,2 MV Anlage standen bei den "kleineren" Anlagen im Auftragsbestand von C.H.F. Müller), so kann man sich vielleicht doch dahingehend ein Bild machen, daß man sowas zumindest nicht in kleineren Gebäuden unterbringen kann.
Und noch eine Anmerkung. Die benötigten Gerätschaften gab es nicht "von der Stange", auch wenn C.H.F Müller zusätzlich das "Neutronenrohr" liefern wollte. DEBYE hat nach einer Lieferzeit/Bauzeit von drei Jahren nochmals 3 Jahre gebraucht, bis er durch Entwicklung einer brauchbaren Vakuumanlage in der Lage war, die Gesamtanlage zur Neutronenanlage zu komplettieren.
PS
Ich habe mich geirrt. Das eindrucksvolle Bild bei FAENSEN zeigt leider nicht die Philips-Kaskade in Miersdorf, sondern einen anderen, (hoffentlich) vergleichbaren Philips-Kaskadengenerator.
Was soll denn eigentlich an dieser klonifaxigen Neutronenanlage für das Radiuminstitut, von den historisch interessanten Relikten einer möglichen Bautätigkeit und deren Planungen mal abgesehen, so Besonderes sein, wenn es anderenorts betriebsbereite Anlagen gab? (Als Institut von Weltgeltung hätten sie damals eine solche Anlage schon lange "verdient" gehabt... Aber da gibt es immer jemand, der den Geldbeutel aufmachen muß
)
LG
Dieter