Neue "Trump-Idee": Gazastreifen von den dort wohnenden Menschen zu leeren und unter "US-Besitz" vollkommen neu aufzubauen

josef

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#1
US-Professor übermittelte Trump-Team schon im Sommer Plan für Gaza-"Riviera"
Mitstreiter betonen: Trump meint es mit seinem Gaza-Plan ernst. Die Umsetzung ist aber offen. Hinweise, was gemeint sein könnte, gibt ein Konzept eines US-Professors
Die Annexion Grönlands, Kanada als 51. US-Bundesstaat, die Kontrolle über den Panama-Kanal als möglicher Grund für einen amerikanischen Militäreinsatz: Donald Trumps noch junge zweite Präsidentschaft ist an außenpolitischen Ideen, die vor ein paar Monaten noch kaum jemand für denkbar gehalten hatte, nicht arm.


Einwohner bei ihrer Rückkehr vom Süden in den Norden des Gazastreifens.
Foto: REUTERS/Mohammed Salem

Doch keine Idee hat bisher so eingeschlagen wie der Vorschlag, den Gazastreifen von den dort wohnenden Menschen zu leeren und unter US-"Besitz" vollkommen neu aufzubauen. Das Büro von UN-Generalsekretär António Guterres nennt Trumps Plan eine "ethnische Säuberung", für den US-Präsidenten ist es lediglich die Errichtung einer "Riviera des Nahen Ostens". Konkrete Überlegungen dazu, wem der Grund und Boden dort gehört und ob die rund zwei Millionen Menschen, deren Heimat das schmale Küstengebiet derzeit ist, dieses freiwillig verlassen, gibt es offenbar nicht. Ebenso unklar ist, ob sie zurückkehren könnten. Und auch dazu, wie die Umsetzung sicherheitspolitisch möglich wäre, sind die Ideen rar gesät.

Trumps Ideenspender?
Wie kommt Trump aber überhaupt auf die offenbar fixe Idee? Ganz neu ist die grundsätzliche Überlegung nicht, Versatzstücke gibt es in mehreren geistigen Biotopen. Unter anderem finden sie sich bei rechtsextremen Parteien in Israel, die den "freiwilligen" Auszug der Bevölkerung und den Bau von israelischen Siedlungen fordern. Trump sprach in seiner ersten Amtszeit immer wieder über die schönen Grundstücke, die der Gazastreifen biete (ebenso, übrigens, wie laut Trump die Küste Nordkoreas). Sein einflussreicher Schwiegersohn Jared Kushner, in der ersten Amtszeit Nahost-Berater, sprach vor rund einem Jahr von den Immobilien-Möglichkeiten in Gaza.

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Auf einen sehr konkreten Plan wies aber nun die Zeitung Times of Israel hin. Sie berichtete über ein Forschungskonzept des an der George Washington University (Washington, D.C.) tätigen Wirtschafts- und Politik-Professors Joseph Pelzman, das dieser schon im Sommer an die Trump-Kampagne übermittelt haben will. Was Pelzman in dem Paper, das auch online als 50-seitiges Dokument verfügbar ist, vorschlägt, deckt sich tatsächlich ziemlich deutlich mit dem, was auch Trump nun vorzuschweben scheint. Das skizzierte Vorhaben bleibt aber ebenfalls in vielen Bereichen vage. Etwas mehr hat Pelzman dem israelischen Podcast America, Baby! im August zu den Plänen verraten.

Tabula Rasa, dann Hotels
Das Paper, das teils in einer für wissenschaftliche Publikationen ungewöhnlichen, parteipolitisch punzierten Sprache gehalten ist, geht vom gleichen Ausgangspunkt aus wie nun der US-Präsident: Gaza sei zerstört und unbewohnbar, auch vor dem Krieg sei die Wirtschaft schon in einer Talsohle angekommen gewesen. Daher müsse man nun Tabula Rasa machen. Konkret gemeint ist: Große Baumaschinen sollten alle 360 Quadratkilometer (zum Vergleich: Wien 414,6 km²) in dem Gebiet umgraben, dabei die Tunnel der Hamas zerstören. Den Zement könne man dann, meint Pelzman im Podcast, für Neubauten wiederverwenden. Die Bevölkerung müsse in dieser Zeit freilich abgesiedelt werden. Wie auch Trump bringt der Professor dafür Ägypten ins Spiel, auf das man wirtschaftlichen Druck ausüben könne. Wie mit jenen umgegangen werden soll, die nicht wegwollen? Das bleibt offen.


Elendslager für Vertriebene in Khan Younis an den klaren Wassern des Mittelmeeres, wo Trump eines Tages Hotels errichten lassen will.
Foto: EPA/HAITHAM IMAD

Als wichtigster Schritt für den Wiederaufbau wird in dem Konzept der Bau einer Hotelstadt im Westen des Gazastreifens, also an der Mittelmeerküste, gesehen. Dem vorangehen müsste nur der Aufbau einer grundlegenden Infrastruktur, also einer Entsalzungsanlage für Wasser und eines Solarkraftwerks, um Strom erzeugen zu können, sowie eines Flughafens, über den die Touristen anreisen können. Die Hotels sollen dann als Grundstein für die Wirtschaftsentwicklung dienen. Dort könnten auch, nach ihrer Rückkehr und einer Sicherheits-Überprüfung, die bisherigen Bewohner des Gazastreifens als Arbeiter infrage kommen, sagt Pelzman im Podcast.

Chinesische Wohnblocks
Wie das alles konkret gehen soll, bleibt aber offen – immerhin ist der Besitz des Landes nicht nur eine politische, sondern auch eine individuelle Frage, auf die es im Falle Gazas oft viele und komplizierte Antworten gibt. Würden Landbesitzer, deren Grund umgegraben wird, nach diesem Modell entschädigt? Eine Antwort gibt es nicht, ob daran überhaupt gedacht wurde, ist offen. Im Paper wird nur sehr ausführlich betont, dass nicht die Hamas über das Land entscheiden könne, sondern nur Israel und, teils, die Palästinensische Autonomiebehörde infrage kämen.

Auffällig oft kommt Pelzman auf China als Modell zu sprechen. So schwebt ihm vor, auf der küstenabgewandten Seite des Gazastreifens, also näher an der Grenze zu Israel, Wohntürme "nach chinesischem Vorbild" zu bauen, die 30 bis 50 Stockwerke haben könnten. Die dort "sehr kostengünstig" entstehenden Wohnungen, könne man, wie Pelzman explizit sagt, "als Bestechung" an die bisherigen Bewohner des Gazastreifens vergeben – finanziert mit den Gewinnen der Hotelindustrie: "Schieße nicht auf mich, lass mich dein Hirn recyceln", beschreibt Pelzman die Idee im Podcast. Gemeint ist damit offenbar, dass die Arbeitskraft der Gaza-Bewohner in den Hotels zum Einsatz kommen solle.

Eine Stadt, betrieben von Firmen
Davor aber müsse man alle mit biometrischen Merkmalen registrieren, die man auch etwa mit Bildern bekannter Terroristen abgleichen könne. "Machen wir Fingerabdrücke vom ganzen verdammten Ort", sagt Pelzman. Wen das alles ein wenig an Chinas Vorgehen in der mehrheitlich muslimischen Provinz Xinjiang erinnert, wo China in "Umerziehungslagern" beträchtliche Teile der Bevölkerung drangsaliert, ist mit Pelzman in Gesellschaft: Dieser hat selbst in der Region Zeit verbracht, die ihm in schlechter Erinnerung ist. "Ich würde meine Zeit dort keinen Feinden wünschen, es gibt dort die chinesische Version von Konzentrationslagern und staatliche Umerziehung". Aber: Man müsse auch sehen, dass es für die Bevölkerung Gazas so etwas "wie die Denazifizierung in Deutschland" oder in Japan geben müsse.


Ganz Gaza sei eine Abrisszone, meint US-Präsident Donald Trump, weshalb dort derzeit auch niemand wohnen könne.
Foto: EPA/MOHAMMED SABER

Wer das alles umsetzen und zum Beispiel auch für Sicherheit und Rechtsstaat sorgen soll? Das bleibt unklar. Pelzman schwebt ein Modell nach dem Konzept "Build, Operate, Transfer" (oder auch BOT) vor. Die eigentlich aus dem Infrastruktur-Bau kommende Idee sieht vor, dass private Firmen mit öffentlichen Bauprojekten beauftragt werden, und diese anschließend für einen gewissen Zeitraum bewirtschaften und die Gewinne einbehalten dürfen. Beispiele wären etwa der Bau von Tunnels oder Brücken, auf deren Benützung dann Maut eingehoben wird.

Auf Gaza umgelegt heißt das: Firmen bauen auf eigene Kosten (geschätzt insgesamt zwei bis drei Billionen US-Dollar) Hotels, Wohnblocks, Flughäfen und eine Straßenbahn, die den gesamten Individualverkehr ersetzen soll. Und sie betreiben diese dann für einen Zeitraum von 50 Jahren. Personal für Schule und Verwaltung solle dafür aus dem Ausland importiert werden, so Pelzman. Beamte müssten "von den Arabern kommen", womit er offenbar vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien meint. Eine Übergabe an eine lokale Verwaltung könne es dann erst nach dem Ablauf der 50 Jahre geben.
(Manuel Escher, 8.2.2025)

Mehr dazu:
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#2
Trumps Gaza-Plan
Arabische Staaten suchen Alternative
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In Riad kommen am Freitag mehrere arabische Staaten zusammen, um über die Zukunft des Gazastreifens zu beraten. Das Treffen in der saudi-arabischen Hauptstadt ist vor allem eine Reaktion auf die Pläne von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte zuletzt vorgeschlagen, den Gazastreifen unter US-Kontrolle zu stellen und die dortige Bevölkerung umzusiedeln. In der arabischen Welt, aber auch bei westlichen Verbündeten, stieß das auf klare Ablehnung.
Online seit heute, 6.13 Uhr
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An dem ursprünglich bereits für Donnerstag angesetzten Treffen nehmen führende Politikerinnen und Politiker aus Saudi-Arabien, Ägypten, Katar, der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Jordanien teil. Dazu hat der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman geladen. Auch Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas wird erwartet.

Die Teilnehmer haben sich verpflichtet, an einem Nachkriegsplan für den Wiederaufbau des Gazastreifens zu arbeiten. Vor allem aber wolle man mit dem Treffen den Gaza-Plan von Trump „in der Tiefe prüfen“ und „eine arabische Antwort“ ausarbeiten, hieß es zuletzt aus saudi-arabischen Kreisen. Für die kommende Woche sei zudem ein Treffen der Arabischen Liga zu demselben Thema geplant.

„Inoffizielles“ Treffen
Laut saudischen Angaben werde das Treffen in Riad am Freitag jedoch einen eher „inoffiziellen“ Charakter haben. „Was das gemeinsame arabische Vorgehen und die diesbezüglichen Beschlüsse betrifft, so werden diese auf der Tagesordnung des bevorstehenden arabischen Gipfels in Ägypten stehen“, verlautete die staatliche Nachrichtenagentur SPA. Dabei bezog sie sich auf die Pläne für einen arabischen Gipfel am 4. März zur Erörterung des israelisch-palästinensischen Konflikts in Ägypten.

AP/Evan Vucci
Trump (hier zuletzt bei einem Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu) sorgte mit seinem Plan für Gaza für viel Aufregung

Ägyptischer Plan mit mehreren Phasen kolportiert
Ein zentrales Thema bei dem Treffen am Freitag soll der Wiederaufbau in Gaza sein. Dabei soll auch ein Plan Ägyptens dazu präsentiert werden. Die Times of Israel beruft sich dabei auf den ehemaligen ägyptischen Diplomaten Mohammed Hegasi, der einen Plan „in drei technischen Phasen über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren“ nennt. Laut einer Schätzung der Vereinten Nationen würden sich die Kosten auf mehr als 53 Mrd. Dollar (50,7 Mrd. Euro) belaufen, heißt es.

Die erste Phase wäre eine sechsmonatige „frühe Wiederaufbauphase“, so Hegasi, der auch Mitglied des ägyptischen Rates für auswärtige Angelegenheiten, einer Denkfabrik mit engen Verbindungen zu Entscheidungsgremien in Kairo, ist. Dabei würden „schwere Maschinen“ eingesetzt, um die Trümmer zu beseitigen und innerhalb des Gazastreifens sichere Zonen ausgewiesen, in die die Bevölkerung vorübergehend umgesiedelt würde.
Die zweite Phase würde eine internationale Konferenz erfordern, um die Einzelheiten des Wiederaufbaus festzulegen und sich auf den Wiederaufbau der Versorgungsinfrastruktur zu konzentrieren, so Hegasi. In der letzten Phase würden dann die Stadtplanung des Gazastreifens, der Bau von Wohngebäuden und die Bereitstellung von Bildungs- und Gesundheitsdiensten überwacht, heißt es. An diesem Punkt solle dann ein „politischer Weg“ eingeschlagen werden, um eine Zweistaatenlösung umzusetzen und einen Anreiz für einen dauerhaften Waffenstillstand zu schaffen, sagt Hegasi.

„Riviera des Nahen Ostens“
Diese kolportierten Vorschläge seien vor allem als Antwort auf den Plan von Trump zu verstehen. Dieser sieht vor, den vom Krieg zerstörten Gazastreifen komplett zu räumen und nach eigenem Bekunden zu einer „Riviera des Nahen Ostens“ umzubauen. Die dort lebenden 2,4 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser sollen demnach nach Jordanien und Ägypten umgesiedelt werden. Der Vorstoß stieß in der arabischen Welt, aber auch bei westlichen Verbündeten der USA wie etwa Deutschland und Frankreich auf Ablehnung.

Beim israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu hingegen stieß Trumps Vorschlag auf offene Ohren. Nach einem Treffen mit dem neuen US-Außenminister Marco Rubio verkündete er eine „gemeinsame Strategie“ beider Länder für den Gazastreifen. „Wir haben Trumps mutige Vision für die Zukunft des Gazastreifens diskutiert und werden daran arbeiten, dass diese Vision Realität wird“, so Netanjahu zuletzt nach seinem Gespräch mit Rubio vor Journalistinnen und Journalisten in Jerusalem.

Israel plant Behörde für „freiwillige Ausreise“
Zudem plant Israel die Errichtung einer Sonderbehörde für die „freiwillige Ausreise“ der Bevölkerung des Gazastreifens. Die Behörde werde in seinem Ressort angesiedelt sein, erklärte Israels Verteidigungsminister Israel Katz am Montag. Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotritsch hatte angekündigt, Trumps Plan im Kabinett zur Abstimmung zu bringen.

Netanjahu bekräftigte zudem in einer Erklärung, er sei dem Plan Trumps zur „Schaffung eines anderen Gazastreifens verpflichtet“. Er erklärte auch, dass nach dem Krieg „weder die Hamas noch die Palästinensische Autonomiebehörde“ über das Gebiet herrschen würden.
21.02.2025, flam (Text), lenz (Lektorat), beide ORF.at/Agenturen
Trumps Gaza-Plan: Arabische Staaten suchen Alternative
 

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#3
Nahost-Meldungen
USA und Israel wollen wohl Palästinenser nach Ostafrika zwangsumsiedeln
Laut der Nachrichtenagentur AP handelt es sich um Somalia, Somaliland und den Sudan. Die Hamas will eine Geisel freilassen und vier Leichen übergeben
Jerusalem – Die USA und Israel haben sich einem Medienbericht zufolge mit Vertretern dreier ostafrikanischer Länder in Verbindung gesetzt, um eine Zwangsumsiedlung von Palästinensern aus dem Gazastreifen zu erörtern. Dabei handle es sich um den Sudan, Somalia und dessen abtrünnige Region Somaliland, meldete die Nachrichtenagentur AP am Freitag unter Berufung auf Regierungskreise aus den USA und Israel.

Sudan lehnte ab
Vertreter des Sudan erklärten demnach, sie hätten den US-Vorschlag abgelehnt. Vertreter Somalias und von Somaliland erklärten laut AP, ihnen seien solche Anfragen nicht bekannt. Das US-Präsidialamt und das Außenministerium reagierten zunächst nicht auf Anfragen.


Der zerstörte Gazastreifen soll laut US-Präsident Donald Trump zu einer "Riviera des Nahen Ostens" werden.
Foto: REUTERS/Hatem Khaled

US-Präsident Donald Trump hat Anfang Februar eine Übernahme des Gazastreifens durch sein Land vorgeschlagen, um das im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas zerstörte Küstengebiet zu einer "Riviera des Nahen Ostens" umzubauen. Demnach sollen die Palästinenser für die Realisierung der Pläne dauerhaft in andere Länder ziehen – das würde einer Vertreibung entsprechen, auch wenn Trump den Terminus ablehnt.

Die Palästinenser und die arabischen Staaten in der Nahostregion lehnen Trumps Pläne ab und unterstützen einen ägyptischen Plan zum Wiederaufbau des Gazastreifens ohne eine Umsiedlung von Palästinensern. Massive Kritik an Trumps Vorhaben kam auch aus Österreich, China, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und von Uno-Experten. Demnach würde eine Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Vereinten Nationen warnen vor einer "ethnischen Säuberung".

Geisel soll freikommen
Wenige Stunden später hat die Hamas nach eigenen Angaben einem neuen Vorschlag internationaler Vermittler zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über eine Fortsetzung der Waffenruhe im Gazastreifen zugestimmt. Außerdem will die radikalislamische Palästinenserorganisation offenbar einen israelisch-amerikanischen Doppelstaatsbürger aus ihrer Gewalt freilassen. Neben dem Mann sollen auch die Leichen von vier Geiseln übergeben werden, bei denen es sich um Doppelstaatsbürger handeln soll, hieß es am Freitag. Sie habe einem entsprechenden Vorschlag der Vermittler zugestimmt, teilte die Islamistenorganisation mit. Unklar war zunächst, wann die Freilassung sowie die Übergaben der Leichen stattfinden sollen.

Islamisten im Gazastreifen haben nach israelischen Informationen noch 24 Geiseln und 35 Leichen von Verschleppten in ihrer Gewalt. Insgesamt fünf von ihnen haben auch die US-Staatsbürgerschaft – nur einer von ihnen, ein junger Mann, ist israelischen Angaben zufolge noch am Leben.

Die israelische Regierung bezeichnete das Angebot als ungenügend und manipulativ. Während Israel den weiter reichenden Vorschlag des US-Sondergesandten Steven Wittkoff akzeptiert habe, "bleibt die Hamas auf einem Verweigerungskurs und fährt fort, einen psychologischen Krieg gegen die Geiselfamilien zu führen", hieß es in einer Stellungnahme des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Siedlergewalt gemeldet
Indes haben radikale israelische Siedler laut Medienberichten in einem palästinensischen Dorf im Norden des besetzten Westjordanlands palästinensisches Eigentum in Brand gesetzt. Sie hätten in der Nacht in dem Ort Duma drei Häuser sowie zwei Autos angezündet, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf Bewohner. Die israelische Zeitung Haaretz meldete unter Berufung auf Sicherheitskreise, insgesamt seien fünf Häuser in Brand gesteckt worden. Israels Armee teilte auf Anfrage mit, dass maskierte Siedler in das Dorf eingedrungen seien und dort Eigentum in Brand gesteckt hätten. Es seien israelische Einsatzkräfte eingerückt, um die Beteiligten auseinanderzutreiben. Verletzte gab es den Angaben zufolge nicht. Die Armee meldete keine Festnahmen.

Die Siedler würden in einem nahegelegenen sogenannten Außenposten wohnen, berichtete Haaretz. Das sind improvisierte Siedlungen, die etwa aus Wohnwagen bestehen. Die Bewohner beschuldigten Palästinenser dem Bericht zufolge, zuvor versucht zu haben, Schafe von dem Außenposten zu stehlen. Diese Vorwürfe ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Israels Armee gab an, den Bericht über die Brandstiftung zu prüfen. Laut Wafa sollen israelische Soldaten die Bewohner gewaltsam daran gehindert haben, Feuer zu löschen. Auch diese Angaben konnten nicht unabhängig verifiziert werden.
(APA, red, 14.3.2025)

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#5
Nahostkonflikt
Trumps "Riviera"-Vision für den Gazastreifen ist auf Geröll gebaut
Während in Ägypten über den Vorschlag von US-Präsident Donald Trump für einen Weg zur Beendigung des Kriegs in Gaza verhandelt wird, steht dabei auch schon der Tag danach zur Debatte
Punkt 2 des Trump-Plans besagt: "Gaza wird wiederaufgebaut werden – zum Vorteil der Menschen in Gaza, die mehr als genug gelitten haben." Profitieren sollen aber nicht nur die Menschen vor Ort, das wird bald klar, wenn man im Trump-Plan ein paar Absätze nach unten scrollt.

"Trumps Wirtschaftsentwicklungsplan zum Wiederaufbau und zur Stärkung des Gazastreifens wird von einem Expertengremium ausgearbeitet, das an der Entstehung einiger der florierenden, modernen Wunderstädte im Nahen Osten beteiligt war", heißt es hier. "Durchdachte Investitionsvorschläge und spannende Entwicklungsideen" lägen bereits vor.


"Durchdachte Investitionsvorschläge und spannende Entwicklungsideen" für den Gazastreifen liegen laut Trump-Plan bereits vor. Es wird mehr als genug zu tun geben.
IMAGO/Stringer

Jared Kushner, der derzeit in Sharm El Sheikh weilt, um im Auftrag Trumps alles zu tun, dass die Verhandlungen für den Deal glücken, ist nicht nur Sondergesandter des Präsidenten. Er ist auch Finanzinvestor und Immobilienentwickler. Zeitgleich als Trump vom Gazastreifen als einer "Riviera des Nahen Ostens" sprach, ventilierte auch Kushner diese Idee. Legt er in Ägypten nun den Grundstein dafür?

Experten bezweifeln das. Laut einem UN-Bericht wird der Wiederaufbau des fast völlig zerstörten Gazastreifens mindestens 80 Jahre lang dauern.

"Das gab es fast noch nie"
Man könnte den Wiederaufbau in Gaza nicht mit dem Aufbau in anderen Gegenden vergleichen, sagt Joel Roskin, Experte für militärische Erdkunde und Professor an der geologischen Abteilung der Universität Bar Ilan nahe Tel Aviv. "Das gab es fast noch nie."

Im Zuge des seit zwei Jahren andauernden Kriegs sind enorme Mengen an Schutt entstanden – nicht nur an der Oberfläche, sondern auch im Untergrund. Allein unter der Stadt Rafah im Süden Gazas habe die Hamas rund tausend Tunnel errichtet, von denen ein großer Teil zerstört worden sein könnte. Auch unter Gaza-Stadt und Khan Junis müsse man von einer hohen Zahl an mehrgeschossigen unterirdischen Tunneln ausgehen. Sie dienten der Hamas als Kommandozentren, als Netzwerk zur Mobilisierung der Truppen, aber auch als Munitionslager und Waffenfabriken.

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Diese großflächige Untertunnelung bewirkt, dass auch viele Gebäude im Umkreis, die nicht zerstört wurden, oft nicht mehr benutzbar sind. "Der Luftdruck geht durch die Tunnel und zerstört das Fundament anderer Gebäude", erklärt Roskin. Viele Häuser wurden zudem durch Luftschläge zwar nicht zerstört, aber so stark beschädigt, dass sie nicht mehr bewohnbar sind.

Künstliche Berglandschaft
Laut UN-Berechnungen sind bereits im Lauf der ersten 14 Kriegsmonate fast 40 Millionen Tonnen an Schutt entstanden, die mit Spezialgeräten entfernt werden müssen. Verlässliche Aussagen über die genaue Menge Schutt seien aber erst möglich, wenn der Krieg vorbei ist, sagt Roskin. "Es gibt für diese enormen Mengen an Geröll keine Verwendung", sagt Roskin. Das Einzige, was man damit tun könne: den Schutt zu verwenden, um Gruben aufzufüllen oder künstliche Berge zu bauen.

Für all diese Projekte brauche man aber jede Menge Platz – und den gibt es in Gaza nicht. In der angrenzenden Sinaiwüste in Nordägypten gäbe es zwar Raum dafür. "Aber es ist kaum wahrscheinlich, dass Ägypten dem zustimmen wird", sagt Roskin. Zwar gab es die Idee, den Schutt für den Bau künstlicher Inseln im Mittelmeer zu verwenden. Das Geröll in Gaza ist aber stark kontaminiert. Roskin hält das Konzept des Inselbaus daher für unrealistisch.


Aus dem Schutt des Gazastreifens können nur noch künstliche Berge errichtet werden, für die in Gaza aber der Platz fehlt. Inseln, wie auch überlegt, sind nicht möglich, weil das Material zu kontaminiert ist.
IMAGO/Moiz Salhi \ apaimages

Angst vor Blindgängern
In den Tunneln der Hamas, die bei den israelischen Luftangriffen zerstört wurden, waren auch Chemikalien und Munition gelagert. Außerdem sind in den Trümmern immer noch viele Leichen der bei den Luftangriffen getöteten Menschen vergraben. Sie müssen geborgen und identifiziert werden. Dazu kommt, dass viel nicht explodiertes Material in den Trümmern vergraben ist. Es könnte sich um mehrere Hundert Blindgänger handeln, die vergraben sind und erst entschärft werden müssen, schätzt Roskin.

Laut Schätzungen der Weltbank belaufen sich die Kosten des Wiederaufbaus auf mindestens 50 Milliarden Dollar. Wer das finanzieren soll, ist vorerst unklar. Trump will, so besagt es sein 20-Punkte-Plan, "den Sicherheits- und Regierungsrahmen (…) schaffen, der diese Investitionen anziehen und erleichtern wird".

Für Israel bedeutet das ein Dilemma: Egal wer Benjamin Netanjahu einst an der Macht ablösen wird: Auch die künftigen Regierungen werden sich die Kontrolle über alle Einfuhren in den Gazastreifen vorbehalten wollen – um sicherzustellen, dass nicht auch Material nach Gaza kommt, das der Hamas für die Wiederaufrüstung dienen könnte.

Wenn Investoren für Gaza angelockt werden wollen, müsste Israel diese rigiden Einfuhrkontrollen über den Gazastreifen jedoch aufgeben. Diese Kontrollen erschwerten in der Vergangenheit einen raschen Wiederaufbau, weil sie Baumaterial, aber auch schweres Baugerät blockierten. Die Investoren wiederum werden darauf bestehen, dass die Beseitigung der Trümmer möglichst zügig passieren kann. "Fest steht: Gaza ist eine Desasterzone", sagt Geologe Roskin. Bis daraus wieder bewohnbarer Raum entsteht, werde viel Zeit vergehen.
(Maria Sterkl aus Haifa, 8.10.2025)
Trumps "Riviera"-Vision für den Gazastreifen ist auf Geröll gebaut
 
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