Neues von Kammler (und Karlsch)

SuR

... wie immer keine Zeit ...
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#1
Dr. Rainer Karlsch, der 2005 ja für ziemliche Aufregung mit seinem Buch "Hilters Bombe" gesorgt hatte, hat mal wieder eine neue These in den Raum gestellt:

Hans Kammler sei nicht Anfang Mai 1945 ums Leben gekommen (wie auch immer), sondern habe den Krieg überlebt und sei vom amerikanischen Geheimdienst in die USA verbracht worden, wo er gut zwei Jahre später starb

Nun gibt es ja ungefähr 73.000 verschiedene Versionen zu Kammlers Verbleib nach Mai 1945. Karlsch hat aber anscheinend einige neue Dokumente und einen "Ohrenzeugen 2. Hand" auftrieben, die die oben genannte These untermauern sollen.

Das Ganze kam vor ein paar Tagen bei ZDF History, anzusehen hier: http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2169446/Hitlers-Geheimwaffenchef

Um es gleich vorweg zu nehmen: mich persönlich überzeugt das, was ich da gesehen habe, nicht vollends bzw. nicht wirklich.

- Ein Dokument wird gezeigt, demzufolge Kammler wohl in Oberammergau festgesetzt worden sein soll, aber danach entkommen konnte. Das könnte tatsächlich echt sein.

- Ein weiteres Dokument soll aber zeigen, dass sich Kammler Wochen später in Ebensee freiwillig!!! gemeldet haben soll, um irgendwelche unklaren Kontenbuchungen zu erklären. Das halte ich schlicht für abwegig. Vielleicht war dieser "Kammler" ja ein Scherzkeks, der eine Chance, auf einfache Weise an viel Geld zu kommen, witterte?.

Den Geheimdienstoffizier Donald Richardson, der Kammler angeblich in die USA gebracht haben soll, gab es wohl tatsächlich.
Donald Richardson bestätigt Karlschs Kammmler-These aber nicht selbst (da inzwischen anscheinend verstorben), sondern das wird von einem seiner Söhne behauptet, der zugleich sagt, dass sein Vater ein Leben lang nicht über seine Tätigkeit gesprochen hat. Ich habe gerade beim Thema Kammler leider schon viele zu viele angebliche Ohren-/Augenzeugen erlebt, deren Erzählungen sich hinterher als nicht belastbar erwiesen, als das ich das ungeprüft einfach schlucken würde.

.. und so weiter und so weiter ...

Sven Felix Kellerhoff hat heute in der "Welt" einen Artikel drin, der sich mit meiner Meinung zu fast 100% deckt. Nachzulesen hier: http://www.welt.de/geschichte/article128873148/Versteckten-die-USA-den-Chef-Ingenieur-der-SS.html

Vor allem will mir nicht in den Sinn, warum Alix zu Schaumburg-Lippe Kammler zuerst in Prag und dann in der Wagenkolonne von Pückler-Burkhaus verortet, wenn er doch zur gleichen Zeit schon in Oberammergau von den Amis kassiert worden sein soll.

Bin auf Eure Meinungen gespannt. Feuer frei! :)
 

otto

... nicht mehr im Dienst.
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#2
Neues von Kammler ...

Ich überlege gerade, ob ich mir den Streß gönne den Film zu kommentieren (@SuR: analog zum 'Bombenbuch').

Vorab, so obergeheim und schon gar nicht als Neufund zu bezeichnen sind die im Filmbeitrag gezeigten Dokumente nicht.
Griff ins Archiv (analog zum Film ab 1':23")
140610-26_kammler-TV.jpg

Später mehr ...

Gerd
 
#3
Ich stelle jetzt eine einfache These auf: Es handelt sich um eine Verwechslung.

Es gab zwei Hans Kammlers (aber nicht im Sinne von Doppelgängern analog zu Saddam Hussein), Namensvetter, dreister Betrüger usw.

Kann das so gut wie ausgeschlossen werden?
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
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#4
#6
Deshalb muss die Behauptung ja auch bewiesen werden und nicht umgedreht widerlegt werden... :D
Desweiteren gilt: "Das nichtvorhandensein von Beweisen , gilt NICHT als Beweis!"
 

SuR

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#7
Sooooo ... inwischen liegt mir die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft – Heft 6 / 2014 mit dem Artikel von Hr. Karlsch vor.

Erster Eindruck:

- Hier wird mal wieder - wie damals bei "Hitlers Bombe" - eine Theorie als Fakt präsentiert. Denn es fehlt jeder nachprüfbare Beweis, dass es sich tatsächlich so zugetragen hat wie Karlsch vorgibt.
"Ohrenzeuge-über-Bande" zählt für mich bei solch einer strittigen und komplizierten Frage nicht - zumindest nicht mehr als einige Eidesstattlichen Versicherungen ehem. Kammler-Untergebenen.

Zudem gibt zahlreiche Stellen im Text, bei denen ich mir ernsthaft die Frage stelle, ob sich Karlsch wirklich mit dem Thema Kammler auskennt.


Mal sehen, ob ich die Zeit und Lust finde, das Ganze näher auseinanderzunehmen. :Biene:
 

Kracher

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#11
Ja, ich meinte

die Aufnahmen des ZDF. Wobei mich da insbesondere der Fundzusammenhang interessieren würde.

Im Rahmen der finanziellen Abwicklung der Objekte ist mir damals in Zusammenhang mit Eirenschmalz zwar einiges untergekommen, aber eben mehr Zahlen als Text.

Ich hatte hinsichtlich der Absicht Kammlers finanzielle Dinge zu klären gehofft vielleicht noch unentdeckte Bereiche der NARA Akten benennen zu können.

Was die Funktion Kammlers angeht ist mir auch nicht ganz klar, worin der Nutzen des Kammlers für die USA gelegen haben soll.
 

SuR

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#12
Es waren ja keine Signaturen zu sehen, daher kann ich Dir ledier auch nicht viel mehr dazu sagen.

- Auf einem Dokument stand dick und fett OMGUS drauf. Diese Unterlagen liegen meines Wissens im IfZ in München.
- Die Abrechnungsunterlagen zu Ebensee sind schon "seit Jahren" bei Fold3 zu finden.
 

otto

... nicht mehr im Dienst.
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#13
Kammler ...

...
- Ein weiteres Dokument soll aber zeigen, dass sich Kammler ... um irgendwelche unklaren Kontenbuchungen zu erklären. Das halte ich schlicht für abwegig.
...
Jedenfalls verfügte Kammler, ob nun tot, untot oder sonst was, mit Stichtag zum 24.06.1947 seit 11/1944 über mindestens ein privates Guthaben i.H.v. 6516,- Reichsmark bei einer Linzer Bank in Oesterreich.
Konkret geht der Sachverhalt aus der list 45 (Country: Austria) zum 24.06.47 hervor. (NARA M1928. Records of the German External Assets Branch of the U.S.Allied Commission for Austria).

Nur zwei Fragen:
  • Wieso steht das Guthaben in '47 noch wenn doch Kammler, so der O-Ton in dem TV-Beitrag, wegen unklarer Kontenbuchungen bereits in '45 vernommen wurde?
  • Wo sind die sechseinhalb Tausend Reichsmärker abgeblieben?
Wenn die ganze Kammler-Aktion (Richardson) in den USA so obergeheim ablief, ist es für mich um so unverständlicher, das er im Zusammenhang mit den Ebensee-Konten nicht gleich noch eine private 'Kontenklärung' durchgezogen hat.
Hier passen mir einfach zu viele (widersprüchliche) Aussagen nicht zueinander.

Gerd
 
#14
Gibt es in den USA, UK, Frankreich und der UdSSR ähnliche Fälle, wie der behauptete Fall Kammler, dass also eine Person des Dritten Reiches nach Kriegsende so konsequent abgeschirmt worden ist?

- Rudolf Hess muß man ausschließen, der schwieg in Spandau.
- von den deutschen Forschern in der UdSSR sickerte nach 1945 bald etwas durch.
- Personen, die über die "Rattenlinie" (unter den Augen der Amerikaner) sich ihrem Schicksal entzogen, standen mit Billigung der Alliierten in Diensten von Diktaturen der Dritten Welt oder arbeiteten für diese.

Gibt es etwas vergleichbares?

Man hätte Kammler einfacher über die "Rattenlinie" entkommen lassen können!!


Diesem Beitrag folgte ien unergiebiger Exkurs des users Claudius. Zur besseren Lesbarkeit dieses Threads hierher vorschoben. SuR
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
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#15
... und es wird immer besser ...

Auf der Website von Dr. Karlsch ist ein "Gastbeitrag von Kristian Knaack" eingestellt: http://www.rainer-karlsch.de/#!hans-kammler/c1s6u

So einen Quatsch habe ich schon lange nicht mehr gelesen. :staun

Um einen (pseudo-)wissenschaflichen Anspruch zu suggerieren, strotzt dieser Beitrag vor lauter Fußnoten - die aber natürlich mal wieder zu 95% nicht nachprüfbar sind (Grüße an das "Telefonbuch von Mumbai"). Und dann sprigen noch eine ganze Latte teils haarsträubender Fehler ins Auge, auch wenn man die Quelllen nicht kennt.

Auch wenn es "nur ein Gastbeitrag" ist - ein Mindestmaß an Sorgfalt kann man eigentlich von einem angeblich rennommierten Wissenschaftler schon erwarten, wenn er "etwas" auf seiner eigenen Website veröffentlicht.
 
C

Claudius

Nicht mehr aktiv
#16
Am interessantesten finde ich die Fussnoten 54 und 55.Der Hinweiss in der Vernehmung, dass er mit Kammler auch of in Holland gewesen ist wegen der V-Waffen, haette eigentlich fuer das Gericht wie dem Landeskriminalamt NRW dazu fuehren muessen nachzuforschen, ob Kammler nicht auch am 20.03.1945 in Holland war.Dann haette man moeglicherweise schon zu diesem Zeitpunkt die Einlassung Zeuners als nicht glaubhaft abgetan, was in der Konsequenz bedeuten musste, dass auch die Todesversion vom 09.05.1945 gelogen war.

Im Ergebnis zu dem Gastbeitrag stimme ich Sur zu, dieser traegt noch mehr zur Verwirrung bei..
 
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