Obersalzberg

josef

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Großes Interesse an „neuem“ Obersalzberg
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Seit nicht ganz zwei Wochen ist das um 30 Millionen Euro neugebaute Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden (Bayern) in Betrieb. Die Ausstellung „Idyll und Verbrechen“ zeigt die zweite Machtzentrale des NS-Regimes – und das Interesse ist groß.
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Adolf Hitler mietete den Berghof auf dem Obersalzberg zunächst als Ferienquartier. Ab 1933 wurde der Hof aber nach und nach zum zweiten Regierungssitz des Naziregimes. Seit 25 Jahren betreibt deshalb der Freistaat Bayern ein Dokumentationzentrum auf dem Berg. Das wurde aber derart von Besuchern überlaufen, dass es sechs Jahre lang neu gebaut wurde. Am 27. September war die Eröffnung.

Die neue, moderne Dokumentationsstätte auf dem Obersalzberg hat als Dauerausstellung „Idyll und Verbrechen“. Gleich zu Beginn sind Hitlers Verbrechen gemeinsam mit Bildern seines Berghofs zu sehen: „Der Obersalzberg wird oft verstanden als der Urlaubsort von Adolf Hitler. Auch bis in die Nachkriegszeit, bis in die heutige Zeit hält sich dieses Gerücht, kann man schon sagen“, sagt die Historikerin Nadine Tauchner von der Dokumentation Obersalzberg.

Fotostrecke
Dokumentation Obersalzberg
Der Berghof war viel mehr als ein „Urlaubsquartier“ für Adolf Hitler – das versucht die Ausstellung zu zeigen
ORF
Aufnahme des alten Berghofs – vor dem Umbau – auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden

Dokumentation Obersalzberg
Benito Mussolini und Adolf Hitler bei Treffen auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden

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Adolf Hitler im August 1939 in einer Loge des Salzburger Landestheaters – bei einer Aufführung der Salzburger Festspiele

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Salzburger jubelten damals Adolf Hitler auf dem Balkon des Salzburger Landestheaters zu

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Nur wenige Tage nach der Aufführung lud Hitler die deutscher Wehrmachtführung zu einem Geheimtreffen (in zivil) auf den Obersalzberg, um den Angriff auf Polen zu besprechen

Dokumentation Obersalzberg
Der Berghof wurde 1945 von US-Bombern zerstört, dann abgefackelt und schließlich 1952 gesprengt

ORF
Nur noch einige Ruinen von alten Stützmauern sind erhalten

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Mehr als 2.000 Besucher kamen in den ersten Tagen in die Ausstellung im neuen Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden

Dokumentation Obersalzberg
Des neue Gebäude wurde am 27. September offiziell eröffnet

Viele Verbrechen hier beschlossen – so der Überfall auf Polen
Von den vielen Massenverbrechen des Nazi-Terrors gebe es kaum eines, das nicht mit dem Obersalzberg verknüpft sei, schildert die Historikerin: „Wir haben 125 Erlässe, Gesetze, die hier auch geplant und durchgesetzt wurden. Beispielhaft kann man nennen, zu Beginn der Diktatur schon, die Zerschlagung der Gewerkschaften. Dann aber auch hier wird der Zweite Weltkrieg de facto beschlossen, der Befehl, der Angriff auf Polen. Dann wird hier auch der Angriff auf die Sowjetunion geplant. Einschlägige Gesetze, Erlässe, die auch den Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung schon mit reinplanen. Aber auch Dinge wie zum Beispiel die sogenannte ‚NS-Euthanasie‘, ein Mordprogramm gegen Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung."

August 1939: Jubel für Hitler beim Salzburger Landestheater
Mehrere Stationen der Ausstellung führen auch nach Salzburg. So besuchte Hitler im August 1939 die Salzburger Festspiele, „lässt sich dort fotografieren, lässt sich auch bejubeln am Balkon von den Salzburgern und Salzburgerinnen“, so die Historikerin. „Ein paar Tage später ist das Treffen mit den Wehrmachtsoffizieren, also der Führung der Wehrmacht, in der eben Adolf Hitler verkündet, jetzt diesen Angriffskrieg auf Polen zu starten.“

Der Berghof selbst steht nicht mehr. Er wurde bei einem US-Bombenangriff zerstört und dann von den fliehenden SS-Truppen noch abgefackelt. 1952 mussten die Ruinen gesprengt werden. Heute sind nur noch dahinterliegende Stützmauern zu sehen.

Täglich mehr als 2.000 Besucherinnen und Besucher
Seit der Eröffnung vor zehn Tagen besuchen täglich mehr als 2.000 Interessierte die Dauerausstellung auf dem Obersalzberg. Das ist für Historikerin Tauchner ein Auftrag: „Also einer der Gründe dafür, dass solche Propagandabilder heute in unserer Ausstellung nur noch im Zusammenhang mit den Verbrechensbildern gezeigt werden, ist, um zu verhindern, dass unter anderem auch Ewiggestrige sich davor hinstellen können und sozusagen mit einem Propagandabild posieren. Die Verbrechen scheinen immer durch, die Propaganda steht nicht ohne die Verbrechen.“
Die erhaltene Bunkeranlage ist der größte Teil der neuen Dokumentation. Und genau dort haben die letzten Überlebenden des Nazi-Terrors das letzte Wort: „Zu wissen, was geschehen ist, und dafür Sorge zu tragen, dass es sich niemals, niemals wiederholt.“
11.10.2023, red, salzburg.ORF.at

Link:
Obersalzberg: Neue Ausstellung über Hitlers Zentrale

Großes Interesse an „neuem“ Obersalzberg
 

josef

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Initiative gegen „Nazi“-Tourismus in Berchtesgaden
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Die aktuelle Lage im Nahen Osten und der Vormarsch des Rechtspopulismus bereiten den Nachbarn in Berchtesgaden (Bayern) große Sorgen. Man befürchtet eine Zunahme rechtsextremer Besucher beim einstigen Hitler-Domizil auf dem Obersalzberg. Eine Bürgerinitiative will das verhindern.
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Ende August wurde ein Mann in einer Bar in Berchtesgaden von einer Gruppe aus der rechten Szene angegriffen und verletzt. Zwei Tage später bildete sich die Gruppe „Berchtesgaden gegen Rechts“. Michael Gruber ist einer der Gründer der Initiative.

„Es ist eigentlich nur die Spitze des Eisbergs hier bei uns. Wir erleben zurzeit einen massiven Rechtsruck in Deutschland und in Europa. Wir haben dann beschlossen, wir wollen etwas dagegen tun“, so Gruber. Einmal im Monat kommen die Aktivisten zu einem Stammtisch zusammen. Es werden Kundgebungen und Gedenkfeiern geplant.

Dokumentation Obersalzberg
Jährlich kommen tausende Besucher in das Dokumentationszentrum am Obersalzberg

„Sehen es an Kleidung und Tätowierungen“
Dabei arbeitet die Initiative auch eng mit dem Dokumentationszentrum am Obersalzberg zusammen. Vor allem dort zeige sich das Problem des „Nazi“-Tourismus, sagt Mathias Irlinger vom Institut für Zeitgeschichte.

„Wir sehen es an der Kleidung, an Tätowierungen oder diversen Hinterlassenschaften der Besucher. Insgesamt sind es im Vergleich natürlich wenige zu den vielen anderen Touristen, die wir hier haben. Aber sie sind auf jeden Fall da – das ist nicht zu übersehen“, sagt Irlinger. In Zukunft könnte sich der Trend noch verstärken. Mit der neuen Ausstellung am Obersalzberg soll zum Beispiel entgegengewirkt werden.
20.11.2023, red, salzburg.ORF.at

Link:
Initiative gegen „Nazi“-Tourismus in Berchtesgaden
 

kallepirna

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Was ist eigentlich aus dem Hotel zum Türken geworden? Ist es nach dem Verkauf ein Hotel geblieben und sind die Bunkeranlagen noch zu betreten? Man hört davon gar nichts mehr.
 

kallepirna

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Schade drum, nun hat das Doko-Zentrum keine Konkurrenz mehr. Oder war es so gewollt? So ein schönes Gebäude ungenutzt stehenzulassen, da ist dann der Verfall nicht weit.
 

josef

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Archäologie bei Erforschung der NS-Zeit wichtiger
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Für die Erforschung der Geschichte der NS-Zeit gibt es nur mehr wenige Zeitzeugen. Historiker greifen deshalb neben schriftlichen Dokumenten vermehrt auf archäologische Grabungsfunde als Quellen zurück. Zur Auswertung solcher Funde arbeiten österreichische und deutsche Fachleute jetzt zusammen.
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Je weniger Menschen über die Nazizeit noch erzählen können, desto wichtiger werden Funde, die aus der Zeit des NS-Terrorregimes geblieben sind. Es wird geschätzt, dass es im Dritten Reich bis zu 40.000 Lager gegeben hat. Um die Verbrechen zu dokumentieren, laufen Ausgrabungen in vielen Staaten. Im Dokumentationsarchiv auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden (Bayern) unterzeichneten führende Archäologen aus Bayern und Österreich am Mittwoch ein Positionspapier für den Umgang mit materiellen Zeugnissen aus der NS-Zeit.

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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Grabungen werden für die Erforschung der NS-Zeit wichtiger: Hier legt ein Bagger Nebel Reste eines Gebäudes auf dem Obersalzberg frei
ORF
Gegenstände wie dieser Rosenkranz stammen von Grabungen bei Schloss Hartheim, wo tausende Kranke und Menschen mit Behinderungen ermordet wurden

ORF
Im Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg trafen sich die Archäologen aus Deutschland und Österreich

Funde aus Hartheim zeigen „letzten Besitz der Opfer“
Die Funde würden die Geschichten der Täter und der Opfer erzählen, sagte dabei die Historikerin Claudia Theune von der Universität Wien: „Diese Funde, die wir hier vorgestellt haben aus Hartheim, sind die Dinge, die die kranken Menschen in den Hospitälern und Spitälern hatten, die dann sie mitgenommen haben, als sie nach Hartheim transportiert worden sind und dort ermordet worden sind. Sie zeigen uns sozusagen den letzten Besitz der Opfer.“

Denn ein Forschungsort ist Schloss Hartheim in Oberösterreich. Hier war eine der sechs Tötungsanstalten im Dritten Reich. Psychisch Kranke und Menschen mit Behinderung wurden hier ermordet – unter ihnen viele Kinder. Aus Hartheim wurde etwa die Tasse eines Kindes präsentiert, auch mehr als hundert Rosenkränze wurden gefunden. Manche Gegenstände zeigen Hitzespuren, weil sie mit der Asche der Verstorbenen bedeckt worden sind.

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Flugbild: Gerald Lehner
Obersalzberg mit modernem Luxushotel – genau dort, wo sich früher die Berghäuser von führenden Nationalsozialisten befanden, neben Hitlers „Berghof“
Flugbild: Gerald Lehner
Obersalzberg mit modernem Luxushotel – genau dort, wo sich früher die Berghäuser von führenden Nationalsozialisten befanden, neben Hitlers „Berghof“. Im Vordergrund Wohnhäuser für Bewacher des Areals aus den Reihen der SS
Flugbild: Gerald Lehner

Vor Grabungen „Bevölkerung frühzeitig informieren“
Das Interesse der Menschen an diesen Ausgrabungen nehme zu, bemerken Forscher. Doch man müsse für die Arbeit auch um Verständnis werben, sagte Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt: „Ich glaube, es ist wichtig, dass man bei Grabungen, bei Forschungen, bei Aktionen vor Ort die umliegende Bevölkerung, die Gemeinde wirklich frühzeitig informiert und auch die Angst wegnimmt, wir graben jetzt hier schreckliche Sachen aus der NS-Zeit aus und ihr seid schuld gar dran oder weil das halt hier ist, sondern dass man das einbindet in die Verpflichtung einer Bewältigung dieser Zeit, die wir alle haben und insbesondere auch natürlich die Republik Österreich hat.“

Alltagsgegenstände auch von Tätern gefunden
Auch aus Hitlers Befehlszentrale am Obersalzberg gibt es neue Funde. Hier wohnten nicht nur die Nazi-Größen, sondern auch Mitarbeiter mit ihren Familien. Sie alle – die Täter – hinterließen Spuren ihres Alltags. Die Archäologen fanden beispielsweise eine Milchkanne und einen Kinderschuh im Haus eines Sturmbannführers.

Die Gegenstände werden später im Dokumentationszentrum Obersalzberg gezeigt. Dessen Leiter Sven Keller schränkte aber in einem Punkt ein: „Man muss sich aber natürlich auch darüber im Klaren sein, dass solche Orte wie unserer keine Wunderheilungsfunktion haben. Also wer hier mit einem gefestigten rechten Weltbild zum Obersalzberg kommt, der wird vermutlich ohnehin weniger in unsere Ausstellung kommen, sondern sich vielleicht eher auf Spurensuche begeben. Wir werden niemanden bekehren durch einen Ausstellungsbesuch. Solange es gesamtgesellschaftlich solche Tendenzen gibt, wird das natürlich auch hier am Obersalzberg Thema bleiben.“

Deshalb ist es auch den Fachleuten wichtig, die Schrecken der NS-Herrschaft mit den neuen Funden ins Bewusstsein zu rufen.
11.07.2024, red, salzburg.ORF.at
Archäologie bei Erforschung der NS-Zeit wichtiger
 
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