Peggau - Stollenanlage Marmor

#1
Eigentlich dürfte das nicht möglich sein , aber scheinbar gibt es bei Leipzig ein Pegau mit einer U-Fertigung mit dem Decknamen „ Marmor“ , und in Peggau in Österreich gibt es nochmals eine U-Fertigung ebenfalls mit dem Decknamen „ Marmor“ !!!
Was stimmt nun und was nicht ???!!!

Gruß Henry
 
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#2
Hallo!

Vielleicht stimmt beides? Wäre mal was neues :D
Das in Österreich stimmt meines Wissens nach - ich hab noch wie was gegenteiliges gelesen...

Liebe Grüße,
Markus
 
N

north

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#3
Hallo,

als ehemals "Pegau-Nachbarstadt-Bewohner-und-sehr-oft-dort-gewesen" muss ich dieses leider verneinen. Es gab dort - in Pegau bei Leipzig - definitiv keine U-Verlagerung. Sorry Leute....wird wohl eher Peggau in Österreich sein. Hoffe, durch Ausschluß vielleicht geholfen zu haben ;o)

Grüße
north
 
#4
Da stellt sich die Frage wer nun Urheber dieser Liste ist und wer vom anderen abgeschrieben hat ?! Kurt vom Henry Hatt der wiederum vom Wichert, oder andersrum, und keiner hat es nachgeprüft ? „Marmor Höhle Pegau 10000qm Kurbelwellen“ ?? Warscheinlich hat da jemand ein „g“ vergessen !

Gruß Henry
 
K

krati

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#5
Projekt Marmor

Meines Wissens nach gibt es in Peggau in Österreioch eine Bunkeranlage!

War schon selber dort! Jedoch ohne Ausrüstung so das Ich es auf nächste Woche verschieben muss und mich dann erst in das Inere der Bunkeranlage wagen kann!

Meine Frage jetzt: Wie sieht der Bunker innen aus! Gibt es dort was besonderes zu entdecken oder nicht so?

Lg Jürgen
 
#6
Noch eine Frage zur Anlage "Marmor" in Peggau:

Hat jemand von Euch Hinweise darauf, dass hier nicht Kolbenmotoren, sondern Strahlturbinen hergestellt werden sollten? Ich bekam eine derartige mündliche Auskunft - allerdings ohne Beweise.

LG,
Markus
 
H

Harald 41

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#7
Hallo Markus;
Ich glaube ich habe gefunden was Du gesucht hast.
In den Stollen wurden Flugzeug LKW und Panzerteile hergestellt.
Anbei den link dazu,ging leider nicht andres.

LG Harry

Kommentar des Beitrags:

Kooperationstagung von Gedenkstätten in Deutschland und Österreich vom 19. -22. März 2003 C8.) Anita Farkas: Bildungsarbeit an historischen Orten - Politisches Lernen am Beispiel des Konzentrationslagers Peggau.


Anita Farkas, 19. 3. 2003

Bildungsarbeit an historischen Orten. Politisches Lernen am Beispiel des Konzentrationslagers Peggau.


Der gesellschaftspolitische Umgang mit der jüngeren Geschichte an einem historisch belasteten Ort kann am Beispiel eines steirischen Nebenlagers von Mauthausen dargestellt werden. Mit einem Überblick zur Situation des Konzentrationslagers Peggau soll die jüngere Geschichte gezeigt werden.
Im Sommer 1944 bestanden in der Steiermark bereits 5 Nebenlager von Mauthausen: Aflenz, Eisenerz, St. Lambrecht/ Männer, St. Lambrecht/Frauen und Schloss Lind. Ein weiteres Konzentrationslager, das dem Gründungsdatum nach älteste Außenlager von Mauthausen - Bretstein - war Ende September 1943 bereits aufgelöst worden.
In Peggau ging das größte der steirischen Nebenlager Mitte August 1944 in Betrieb.1 Der Ort Peggau befindet sich etwa 20 Kilometer nördlich von Graz. Er liegt an der linken Muruferseite, dicht an den felsigen Berg gedrängt. Der Grund für die Standortwahl lag in den Gegebenheiten des Ortes, denn dieser befand sich bereits damals durch eine Zuganbindung günstig am Verkehrsnetz. Wesentliches Kriterium, das für den Standort sprach, waren jedoch die Höhlen der Peggauer Wand. In diese bombensicheren Gewölbe sollte in der Endphase des sog. Dritten Reiches noch ein Teil der steirischen Kriegsindustrie verlegt werden.2
Zwei Kilometer vom Ortskern und den dahinter liegenden Peggauer Höhlen entfernt, musste im August 1944 ein etwa 400 Männer starkes Häftlingskommando des Konzentrationslagers Mauthausen ungefähr zehn Häftlingsbaracken und einige Kommandanturgebäude für das Konzentrationslager Peggau errichten.3 Das Barackenlager wurde auf dem Boden der enteigneten Chorherrn von Vorau aufgebaut. Im Stift Vorau war der Konvent längst vertrieben und eine Napola4 durch die Nationalsozialisten eingerichtet worden.
Das Konzentrationslager Peggau lag etwas abgeschieden, und damit gut vor neugierigen Blicken geschützt, am Fuße eines Bergeinschnittes. Die einzige offene Seite, die nicht von Wald und einer Hügelkette umgeben war, richtete sich gegen Westen hin zum Murtal. Das Konzentrationslager wurde mit einem drei Meter hohen Stacheldraht5 gesichert. Der elektrisch geladene Zaun und vier besetzte Wachtürme sollten Fluchten von Häftlingen verhindern.
Die Häftlinge des Konzentrationslagers Peggau stammten aus verschiedenen Nationen. Den überwiegenden Teil bildeten sog. politische Gefangene aus Polen und der Sowjetunion. Franzosen, Italiener, Deutsche und Verfolgte aus den Gebieten des damaligen Jugoslawien stellten eine Minderheit dar.6
Neben den politischen Gefangenen und sog. Schutzhäftlingen fanden sich in dem durchschnittlich 700 Häftlinge zählenden Konzentrationslager auch eine kleine Gruppe polnischer Juden, einige sog. Asoziale und ein paar Bibelforscher.7
Die Belegung dieses Nebenlagers nahm in der kurzen Zeit seines Bestehens, das nur knapp 8 Monate dauerte, ständig zu. Gegen Kriegsende wurde der höchste Häftlingsstand von fast 900 Personen erreicht.8
In Dreier- bzw. Viererkolonnen mussten die Häftlinge täglich zweimal durch den Ort Peggau marschieren, um vom Barackenlager in Hinterberg zum Ort ihres Arbeitseinsatzes zu gelangen.9
Die Höhlen der Peggauer Wand, in der die Häftlinge Zwangsarbeit verrichten mussten, befinden sich nach wie vor in dieser Felswand.
So manche Bewohnerin des Ortes erinnert sich an ein menschenleeres Dorf, wenn durch das klappernde Geräusche der Holzpantinen das Herannahen der Häftlinge ankündigt wurde. Die Einwohner verbargen sich dann in ihren Häusern und vermieden jeden Kontakt zu den Häftlingen, der strengstens verboten war und nur in Einzelfällen vorkam. Dennoch sind die ausgemergelten gestreiften Gestalten im Gedächtnis der Bevölkerung präsent geblieben.10
Dieses sog. Arbeitslager der Waffen-SS erhielt die Tarnbezeichnung "Marmor".11 Es bildete eine Mischform aus Bau- und Produktionslager. Die Häftlinge mussten Steinbrucharbeiten zur Erweiterung der Stollenanlagen leisten und wurden außerdem zu Produktionsarbeiten eingesetzt.
In den Stollen erzeugten die Häftlinge Flugzeug-, LKW- und Panzerteile. Produziert wurde im Auftrag der Steyr-Daimler Puch AG und der DEST, den Nutznießern des ausbeuterischen NS-Regimes.12
Der Arbeitsbetrieb lief ununterbrochen. In den Stollen arbeiteten die Häftlinge in Zwölf-Stunden-Schichten, Tag und Nacht. Jedes Häftlingskommando für den Arbeitseinsatz bestand aus etwa 350 bis 400 Männern.13
Der ununterbrochene Einsatz der jeweils halben Lagerbelegschaft erklärt auch die relativ kleine Konzentrationslagergröße und den geringen Barackenbedarf. Während ein Teil der Häftlinge in den Stollen über den Arbeitseinsatz ausgebeutet wurde, verbrachte die andere Gruppe eine sog. Ruhezeit in den Baracken.
Im Jahr 1944 - als dieses Nebenlager errichtet wurde - kämpfte die SS bereits mit immer größer werdenden Personalproblemen. Dies spiegelt sich auch am Bild der Bewachung des Konzentrationslagers Peggau wieder. Die SS-Mannschaft bestand aus etwa 15 Männern, welche der Kommandant SS-Untersturmführer Miroff befahl. Ab Juni 1944 hatte dieser bereits auch das Konzentrationslager Aflenz geleitet und kommandierte mit Peggau zwei Nebenlager von Mauthausen. Ihm standen neben etwa 50 ukraninischen Kollaboratören in Wehrmachtsuniform drei Polizisten zu Seite: Weber, Lammer und Neuhold. Diese waren brutale Mörder, deren Handlungen und Verhaltensweisen blutig in die Geschichte eingeschrieben sind. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Lagerkommandant Miroff 1947 in Dachau zum Tode verurteilt wurde. Weber verurteilte das Gericht zu zwanzig Jahren Haft. Sein Urteil wurde allerdings drei Jahre später aufgehoben und das Verfahren eingestellt.14
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wurden Häftlinge erschossen, denen man sich entledigen wollten. Viele von ihnen erhielten vorher die Kennzeichnung des sog. roten Fluchtpunktes an ihrer Kleidung, die einen Hinweis auf das bereits festgelegte Todesurteil darstellte.
Die Bewachung erschlug oder erschoss die hilflosen Opfer meist an der Arbeitsstelle, in den Stollen der Peggauer Wand. Ein Frächter, der die Nahrungsverpflegung zu den Höhlen brachte, musste die Toten auf seinem Fuhrwerk zurück zum Konzentrationslager bringen.15 Anfangs wurden die Ermordeten nach Graz gebracht und dort im Krematorium verbrannt. Mit steigendem Benzinmangel stellte man diese Transporte ein und verscharrte die Toten in verschiedenen Massengräbern in der Nähe des Konzentrationslagers und der Stollen.
Mitte März 1945 wurde das Konzentrationslager Eisenerz in der Obersteiermark aufgelöst. Die Häftlinge dieses Kommandos überstellte man in das KZ Peggau.16
Mit diesem Transport kam auch der polnische Zeuge Jehovas Jan Otrebski in das Konzentrationslager Peggau.17 Seine Erinnerungen bilden Zeugnisse der blutigen Spur, die die NS-Schergen in Peggau hinterlassen haben.
Mit dem Häftlingskommando aus Eisenerz erreichte auch der serbische Häftlingsarzt Ceda Jankowitz das KZ Peggau. Er hatte in Eisenerz die SS-Mannschaft zu behandeln gehabt und war zudem für die medizinische Versorgung der Häftlinge zuständig.18 Ob es im Konzentrationslager Peggau einen SS-Arzt gegeben hat, lässt sich nicht mit Sicherheit rekonstruieren.
In einem Protokoll des Gendarmeriepostens Deutschfeistritz wird ein solcher bei einer Anzeige eines Massengrabes erwähnt. Anfang April 1945, kurz vor der Auflösung des Konzentrationslager, sollen vom Volkssturm zwei Juden in das KZ gebracht worden sein. Einer der beiden, ein etwa 15jährige Junge19 wurde nach Angaben des Mannes, der die Anzeige erstattete, vom SS-Lagerarzt durch eine Injektion getötet.20
Das erwähnte Gendarmerieprotokoll lieferte wesentliche Hinweise zu weiteren Recherchen, die ich in Bezug auf die Toten in den Massengräbern von Peggau und der Umgebung anstellte.
Am 2. April wurde die Auflösung des Nebenlagers Peggau angeordnet. Die SS tötete die Häftlinge, die sich auf der Krankenstation befanden.21
Etwa 15 Marschunfähige wurden in eine nahe gelegene Höhle beim Konzentrationslager getrieben. Dort metzelte sie die Wachmannschaft brutal nieder. Nach der Bluttat wurde eine Gruppe von Häftlingen bestimmt, die die Ermordeten am Waldrand des Lagers begraben mussten.22 Dieser "Tatort", der durch eine gnadenlose Geschichte gezeichnet ist, blieb lange Zeit im Verborgenen. Die grausame Geschichte der historischen Stätte war in Vergessenheit geraten, der Höhleneingang eingestürzt und zunehmend von der Natur durch Überwachsen zurückerobert. Oder sollte man vielleicht eher sagen, sie war aktiven Prozessen des Unerinnerbar-Machens und der Verdrängung preisgegeben worden?
Im August 2001 legte das österreichische Bundesheer plötzlich den Höhleneingang frei und verschloss ihn rasch durch ein Gitter vor allzu neugierigen Sozialwissenschaftlerinnen. Weder die zuständigen Vertreter der Gemeinde Peggau noch die Grundbesitzer in Vorau wollten mir Auskunft erteilen, mit welchem Erkenntnisinteresse Bundesheer und Denkmalamt diesen geschichtsträchtigen Ort freigelegt hatten und nun erforschten.23 Dieses Nicht-Wissen hat symbolische Bedeutung. Der Ort, dessen belastete Geschichte dadurch dem Vergessen obheim fällt, wird zu einer Tabuzone. Aktivitäten in diesem Bereich werden auch weiter beschwiegen, wie man gesehen hat. Das soll verhindern, dass die Vergangenheit wiederkehrt und nach einer Auseinandersetzung mit den Geschehnissen verlangt.
Von 850 Häftlingen aus dem Konzentrationslager Peggau kamen am 7. April 1945 820 im Stammlager Mauthausen an.24 Auch während des Rücktransportes wurden noch Häftlinge erschossen, die man einfach aus dem Zug warf. Einigen soll auf der Strecke zwischen Peggau und Bruck an der Mur, welche die Häftlinge zu Fuß zurücklegen mussten, die Flucht gelungen sein.25
Nach Kriegsende wurde das ehemalige Lagergelände den rechtmäßigen Besitzern samt Baracken, die sich darauf befanden, zurückgegeben. Man riss diese nur zum Teil sofort ab.26 Eine Barackenzeile blieb bestehen und wurde in verschiedener Weise nachgenutzt.
Im Dezember 1945 diente sie den Gerichtsmedizinern als Obduktionsstätte zur Beschau der exhumierten Leichen aus einem Massengrab am ehemaligen Konzentrationslagergelände. Nachdem diese Baracke in Brand gesetzt worden war, verlegte man die Obduktionen in die Leichenhalle des Ortsfriedhofes.27
1956 bezog eine junge Familie eine dieser Baracken. Ende der 50er Jahre kam dort sogar ein Kind zur Welt. Auf den restlichen, abgetragenen Barackenfundamenten war in der Zwischenzeit eine Ziegelfabrik entstanden. Diese wurde etwa zur selben Zeit wie die letzte Barackenzeile abgetragen.28 1960 ließen die Chorherren von Vorau die letzten Fundamente des Konzentrationslagers einebnen. Damit waren alle Spuren beseitigt, die an die Existenz eines Konzentrationslagers Peggau erinnern hätten können.
Unmittelbar am Rand des ehemaligen Lagergeländes errichtete die Gemeinde Peggau 1946 ein Sammelgrab für 82 exhumierte Tote, die aus verschiedenen Massengräbern am ehemaligen Konzentrationslagergelände und der näheren Umgebung von Peggau geborgen worden waren.
Dieser historische Ort stellt einen realen Friedhof dar. Eine "heilige Aura", die durch eine Präsenz der Toten zustande kommt, ist an diesem jedoch nicht auszumachen.29 Der Grabhügel als Beisetzungsort von 82 Menschen ist als solcher nämlich nur zu erkennen, wenn man seine Geschichte kennt. Und die Geschichte des Sammelgrabes sowie die Geschichte der Toten, die sich in diesem befinden, ist an dem Ort nicht erfahrbar.
Neun Jahre lang wurden keine öffentlichen Zeichen der Erinnerung an die in Peggau ermordeten Konzentrationshäftlinge gesetzt. Erst im Jahr 1955 - zehn Jahre nach der Auflösung des örtlichen Konzentrationslagers - errichtete die Gemeinde Peggau in Zusammenarbeit mit dem KZ-Verband Steiermark ein Denkmal auf dem Hügel des Sammelgrabes.30
Der Gedenkstein, der sich auch heute noch auf dem Grabhügel befindet, trägt folgende Inschrift:

"Hier ruhen 82 Tote. 1944 - 1945
Man kennt nicht ihre Namen, nicht ihre Heimat. Wir wissen nur: Sie haben Namenloses erlitten. Sie waren aus dem Konzentrationslager Mauthausen gekommen. Gedenkt ihrer in Ehrfurcht! Schaudert vor dem Entsetzlichen, das Menschen einander antun; sät in die Herzen euer Kinder die Saat einer besseren Zukunft. Möge dieser Gedenkstein kommende Generationen mahnen, dass nicht Hass sondern Liebe, nicht Unrecht sondern Gerechtigkeit, nicht Schwäche sondern edler Charakter die ewigen Fundamente einer gesitteten Menschheit sind."

Das lokale Konzentrationslager wird auf dem Gedenkstein nicht erwähnt. Es wird damit dem Vergessen preisgegeben. somit kann kein Bezug zwischen dem regionalen KZ - das verschwiegen wird - und den Toten hergestellt werden. Dass es sich bei den Toten um Konzentrationshäftlinge handelt, kann lediglich über das symbolträchtige Wort "Mauthausen" erahnt werden.
Im Besonderen wird auf "Namenlosigkeit" verwiesen. Zum einen auf die namenlosen Toten - die damit ohne Identität, ohne individuelle Geschichte in dem Sammelgrab begraben liegen. Zum anderen drückt die Inschrift aus, dass man auch die Namen der Täter nicht kennen will. Die Tatsache, dass es sich bei den Toten um Mordopfer handelt, findet ebenfalls keine Erwähnung auf dem Gedenkstein.
Die Inschrift des Mahnmals drückt damit den Umgang mit der Geschichte in spezifischer Form aus, bei welchen Spuren verwischt wurden und eine gesellschaftliche Gedächtnislosigkeit intendiert wurde. Die Toten verschwinden dabei als Individuen ohne Lebensgeschichte im Grab des Vergessens. Zudem verhindert die Auslagerung der fremden Toten, die ja aus verschiedenen Ländern kamen, die Integration der jüngeren regionalen Geschichte im national-gesellschaftlichen Bewusstsein. Von einer Auslagerung kann deswegen gesprochen werden, weil ursprünglich geplant war, die exhumierten Toten im Ortsfriedhof beizusetzen.31
Am 1. November 1959 veranstaltete der KZ-Verband gemeinsam mit Vertretern der Gemeinde Peggau die erste Gedenkveranstaltung für die Opfer der Nazi-Konzentrationslager.32 Damals übernahm noch ein Überlebender - Johann Tajek - eine Ansprache. In den letzten Jahren waren keine NS-Opfer bei den Gedenkveranstaltungen mehr zugegen.
Im Jahr 1983 zerstörten Neo-Nazis den Peggauer Gedenkstein. Den Tätern wurde in Graz der Prozess gemacht und diese wurden verurteilt. Die Gemeinde Peggau ließ das Denkmal wieder herstellen - mit genau dem selben Aussehen, wie man es 1955 errichtet hatte.33 Die Gestaltung des Peggauer Mahnmals, das einem Produkt der gesellschaftlichen "Arbeit am Vergessen" (Aleida Assmann) entspricht, wurde auch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts immer noch nicht in Frage gestellt.
Das regionale Erinnern drückt sich anhand der Peggauer Gedenkveranstaltungen aus. Die Gedenkfeiern, die nach wie vor Initiativen der Gemeindevertretung und dem steirischen KZ-Verband darstellen, zeichnen sich dabei durch eine gewisse regionale Spezifität aus.
Im Jahr 2000 wurde die Gedenkfeier zum ersten Mal im April - zeitlich im Bezugsraum der Befreiung vom Nationalsozialismus - abgehalten. In Peggau bettete man damals die Erinnerung an die NS-Opfer in die Form einer Prozession. In fünf gebeteten Kreuzweg-Stationen des Leiden Jesu Christi gedenkend, setzte man dadurch die Leiden der Konzentrationshäftlinge in Beziehung.34 Bei dieser "Katholifizierung" des Gedenkens drückte sich ein unbewusster Versuch einer Sinngebung des sog. Schicksals der KZ-Opfer aus. So wie Christus für gläubige Menschen die Welt durch seinen Tod (und seine Auferstehung) von aller Schuld erlöst hat, sollen die Nachkommen einer Täter-Mitläufer- und Wegschauergesellschaft von unbewussten Schuldgefühlen, die die KZ-Opfer auslösen, befreit werden.
Das politische Gedenken zeichnete sich in den letzten Jahren durch ein konstantes Fehlen von Landes- und Bundespolitikern aus. Damit kommt eine politische Bedeutungslosigkeit von Erinnerungsarbeit dieser Art für die Gesellschaft zustande.
Die Worte des Bürgermeisters bei der Gedenkfeier 2000, "dass die Grausamkeiten und Exzesse in der heutigen Zeit die damaligen übertreffen",35 verrieten eine nicht adäquate Einschätzung des menschenverachtenden NS-Regimes. Die regionale Konzentrationslagergeschichte wurde damit als Teil der ungeheuren Vernichtungspolitik der Nazi-Herrschaft aus dem Bewusstsein ausgeklammert.
Ein Spezifikum besonderer Art stellt die alljährliche Teilnahme von Vertretern des Kameradschaftsbundes bei der Gedenkveranstaltung dar. Die symbolische Bedeutung ist schwer auszumachen: Mitglieder der Gruppe, die für die Ziele des Nationalsozialismus gekämpft haben, gedenken der Opfer des von ihnen unterstützten Regimes. In Verbindung zum Text auf dem Mahnmal verstehe ich dieses Gedenken als Ausdruck der Pflege einer gespaltenen Geschichte, in der die Opfer der Nazi-Herrschaft in Unerinnerbarkeit des namenlosen Vergessens gehalten werden sollen.
Zeitgemäße Bildungsarbeit und politisches Lernen über instrumentalisierte Gedenkformen, um welche es sich bei vielen politischen Erinnerungsveranstaltungen handelt, halte ich für unmöglich. Adäquates Gedenken an die Opfer muss ein zweckfreies Erinnern um ihrer selbst Willen sein. Damit schließe ich mich dem Verständnis Brumliks an.36 Opfergedenken kann demnach nur stattfinden, wenn Tote Namen haben. Durch den Namen bekommt der Tote eine Identität, eine individuelle persönliche erinnerbare Geschichte.
Diese bedrückende Namenlosigkeit der NS-Opfer von Peggau motivierte mich zu weiteren Recherchen.
Die protokollierte Feststellung, dass die Häftlingsbaracken als Obduktionsstätte nachgenutzt worden waren, lenkte meine Suche nach den Namen der Ermordeten zum Archiv der Gerichtsmedizin Graz. Dort wurde ich auch teilweise fündig. Auf den Obduktionsprotokollen waren zum Teil die Häftlingsnummern der Toten verzeichnet, welche der Gerichtsmediziner anhand der Blechmarken an den Ermordeten festgestellt hatte. Über die Häftlingsnummer konnten die Toten namentlich den Identitätslisten des Archiv-Museums Mauthausen zugeordnet werden. Die genaue Beschreibung der Gerichtsmediziner hinterließ außerdem Angaben zu persönlichen Gegenständen, welche einige Toten bei sich trugen.37 Utensilien, wie Taschentücher, Schnürsenkel oder Rasiermesser zeugen von den Kulturbedürfnissen der Toten.38
Durch ein Wissen um deren Leben mit spezifischen, menschlichen Bedürfnissen werden aus toten Individuen Personen, die lebten, und in die man sich in empathischer Weise hineinversetzen kann.
In vielen Fällen konnten die Todesursachen - meist Kopf- oder Genickschüsse und Schädelzertrümmerungen - durch die Pathologen festgestellt werden. Nach dem Brand in der als Prosektur genützten Häftlingsbaracke wurden die Obduktionen in der Leichenhalle am Friedhof durchgeführt.39 Prominente Nazis mussten im Frühjahr 1946 die bereits stark verwesten Leichen der ermordeten Häftlinge exhumieren. Der Schock, dass diese fremden Toten nun wieder auf der Bildfläche erschienen, ist im Gedächtnis der Bevölkerung besonders präsent geblieben. Bei den Obduktionen war auch die russische Besatzungsmacht zugegen. Sie übersetzte für die Gerichtsmediziner aus dem Cyrillischen, wenn etwa auf der Rückseite der Blechmarken Schrift eingraviert war. Auf den Obduktionsprotokollen wurden zudem die Fundstellen der Massengräber festgehalten. Drei befanden sich am nördlichen Waldrand des ehemaligen Konzentrationslagergeländes. In einem von diesen waren auch die Leichen der vor der Auflösung des Konzentrationslagers ermordeten 15 Häftlinge verscharrt worden.40
Ein weiteres großes Massengrab fand man an der Friedhofsmauer von Peggau in einem Obstgarten. Dieser Obstgarten, der heute noch existiert, war Grab für 16 Konzentrationshäftlinge, die alle unbekleidet aufgefunden wurden. Ihre Kleidung ist vermutlich weiter verwendet worden. Die Identität dieser Toten wird wohl auch weiterhin im Verborgenen bleiben, da bei diesen keine Hinweise auf ihre Herkunft zu finden waren. Jene Opfer wurden vermutlich an der Arbeitsstelle ermordet. Das Terrain, auf dem sich das Massengrab befand, erstreckt sich nämlich unmittelbar am Fuße des Berges bei den ehemaligen Arbeitsstollen.41
Von den exakt 82 protokollierten Leichen, die in Peggau obduziert wurden und im Sammelgrab am ehemaligen KZ-Lagergelände ein zweites Mal in ein Massengrab gelegt wurden, stammen nicht alle von Konzentrationshäftlingen. Mindestens 15 Tote waren ungarische Juden. Sie wurden kurz vor Kriegsende in der Umgebung von Peggau erschossen, als sie sich auf der Flucht oder dem Todesmarsch befanden. Im Zuge der Exhumierungen stieß man auf mehrere Massengräber, in welchen die ermordeten Juden notdürftig verscharrt worden waren. Bei 7 agnoszierten die Gerichtsmediziner anhand von mitgeführten Dokumenten deren namentliche Identität. Dass alle Ermordeten der jüdischen Bevölkerung zuzurechnen waren, ergab sich aufgrund von religiösen Gegenständen, die die Toten bei sich hatten.42 Diese 15 ungarischen Juden wurden gemeinsam mit den ermordeten Konzentrationshäftlingen im Peggauer Sammelgrab beerdigt. In der Gendarmeriechronik findet sich dazu eine Eintragung vom 17. April 1946.43 Damit steht fest, dass auch dies bekannt war.
Damit kann festgestellt werden, dass zumindest etliche Namen der Opfer zum Zeitpunkt ihrer zweiten Beerdigung bekannt waren und weitere leicht zu eruieren gewesen wären. Im Frühjahr 1946 zog die steirische Gesellschaft es allerdings vor, sich möglichst rasch und weit weg von der Ruhestätte der Ortsbevölkerung, der Ermordeten und damit der Geschichte zu entledigen - ohne auf die Namen und Herkunft und das sog. Schicksal der Toten zu verweisen. Dass es jedoch ein kollektives Wissen zu diesen gibt, drückt sich darin aus, dass das Sammelgrab im Volksmund häufig "Judenfriedhof"44 genannt wird. Die ermordeten ungarischen Juden bilden zusammen mit den ermordeten Konzentrationshäftlingen einen Teil der Toten und lassen aus dem sog. KZ-Friedhof Peggau eine interreligiöse Grabstätte werden.
Ob die Gedenkstätte Peggau auch in Zukunft ein leeres Feld der Erinnerung bleiben wird - das, wie das ehemalige Konzentrationslagergelände von allen authentischen Spuren gereinigt ist - wird sich zeigen. Letztlich hängt dies von der gesellschaftspolitischen Bedeutung ab, die personalisierendem Opfergedenken beigemessen wird. Erst wenn öffentlich-politisches Interesse geweckt wird, kann zeitgemäße Gedenkstättenarbeit anknüpfen. Ihr Ziel ist es, an solch historischen Orten Angebote zu entwickeln, die angemessenes Erinnern an die Opfer des NS-Regimes zu intendieren vermögen. Dann werden solche "Nicht-Orte" zu Orten der Erinnerung, die zu einem neuen nationalen Bewusstsein beitragen können. Und das damit verbundene neue kollektive Gedächtnis würde sich durch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte auszeichnen. Auch in Peggau sollte es möglich sein, ein Denkmal zu errichten, auf dem jene 44 Namen der Opfer stehen, die wir bis jetzt kennen. Dies wäre ein Beitrag, der Gesellschaft zu einem personalisierten, kulturellen Gedächtnis zu verhelfen. Zeitgemäße Bildungsarbeit setzt sichtbare Erinnerungszeichen an authentischen Orten, indem sie den Opfern ihre Namen zurück gibt.
























Quellen:
Archiv der Gerichtsmedizin Graz
Archiv Museum Mauthausen (AMM)
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Steirisches Landesarchiv (StLA)
Privatarchiv Anita Farkas (PA)
Stiftsarchiv Vorau
Wachtturmgesellschaftsarchiv der Zeugen Jehovas Wien (WTA Wien)
Wachtturmgesellschaftsarchiv der Zeugen Jehovas Warschau (WTA Warschau)

Literatur:
Assmann, Aleida: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München 1999
Brumlik, Micha: Trauer und Solidarität. Zu einer Theorie öffentlichen Gedenkens, in: Reichsprogromnacht. Vergangenheitsbewältigung aus jüdischer Sicht. Hrsg: Brumlik, Micha/ Kkunik, Petra. Frankfurt/ Main 1988. S. 111 - 119
Der Neue Mahnruf. Nr. 12, Jahrgang 12. Dez. 1959, S. 6
Farkas, Anita: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungsbedarf in der Steiermark. Auf den Spuren der Konzentrationslager Aflenz, Peggau und Schloß Lind. Phil. Diplomarbeit. Klagenfurt/ Celovec 2001
Farkas, Anita: Sag mir, wer die Toten sind! Personalisierung des Opfergedenkens am Beispiel der NS-Opfer von Peggau. Klagenfurt/ Celovec 2002
Germaneau, Jean: Konzentrationslager Peggau (Übersetzung Sommer/ Behn) als Beilage in: Bulletin de l` Amicale de Mauthausen Nr. 210. Paris 1982
Halbrainer, Heimo: "In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet." Briefe steirischer WiderstandskämpferInnen aus Todeszelle und KZ. Graz 2000
Karner, Stefan: Die Steiermark im Dritten Reich 1938 - 1945. Graz 1986
Lauritsch, Andrea: "Mauthausen Süd". Die Außenlager des KZ Mauthausen in Kärnten und in der Steiermark. Mit der Berücksichtigung der Todesmärsche ungarischer Juden durch die Steiermark. Projektarbeit unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner. Klagenfurt 1998. S. 16 - 19
Mar(álek, Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien 1974
Mar(álek, Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien 1995
Rabitsch, Gisela: Konzentrationslager in Österreich (1938 - 1945). Überblick und Geschehen. Phil. Diss., Wien 1967

1 Das Konzentrationslager Peggau wurde am 17 . 8. 1944 im Ortsteil Hinterberg in der Gemeinde Peggau errichtet. (Vgl. Mar(álek 1995, S. 76)
2 Vgl. Karner 1986, S. 187
3 Vgl. Germaneau 1982, S. 4
4 Abkürzung für "Nationalpolitische Erziehungsanstalt"
5 Vgl. Germaneau 1982, S. 4 und PA, Interview, Sauer Amalie, 16. 7. 2001 (anonymisiert)
6 AMM, Häftlingserfassungsprojekt; Vgl. Farkas 2001, S. 84
7 AMM, Häftlingserfassungsprojekt
8 Nach Mar(álek betrug der höchste Häftlingsstand 888 Personen. (Vgl. Mar(álek 1995, S. 76)
9 Vgl. Germaneau 1982, S. 6; PA, Interview, Rossmann, Rosina, 9. 7. 2001 (anonymisiert)
10 PA, Interview Rossmann, Rosina, 9. 7. 2001; Interview Sauer, Amalie, 16. 7. 2002 (bd. anonymisiert)
11 Vgl. Mar(álek 1995, S. 76
12 Vgl. Karner 1986, S. 187f
13 Vgl. Germaneau 1982, S. 10
14 Vgl. Halbrainer 2000, S. 219f
15 PA, Interview Rossmann, Rosina, 9. 7. 2001; Interview Sauer, Amalie, 16. 7. 2002 (bd. anonymisiert)
16 Vgl. Karner 1986, S. 188; Germaneau 1982, S. 23
17 WTA Wien, Sammlung zu Jan Otrebski
18 WTA Warschau, Brief von Jan Otrebski, 15. 7. 2002
19 Dazu gibt es im Archiv der Gerichtsmedizin Graz ein Obduktionsprotokoll, das sich auf eine unbekannte Leiche mit dem geschätzten Alter von 16 - 20 Jahre bezieht. Die Todesursache konnte vom Gerichtsmediziner nicht festgestellt werden. (Archiv der Gerichtsmedizin Graz, LÖ 145/45)
20 StLA, BH Graz-Umgebung, 14 N-Z, 1945
21 Vgl. Karner 1986, S. 188; Germaneau 1982, S. 23
22 Vgl. Germaneau 1982, S. 23
23 Telefonische Auskünfte von Prälat Mag. Rechberger, 3. 6. 2002 und Oberförster Kirchmaier, 7. 6. 2002
24 Vgl. Mar(álek 191974, S. 229 und 231
25 Vgl. Rabitsch 1967, S. 105; Karner 1986, S. 188; Germaneau 1982, S. 25
26 Mündliche Auskunft 2001, Chorherrnstift Vorau
27 StLA, BH Graz-Umgebung, 14 N-Z, 1945
28 PA, Interview, Sauer, Amalie, 16. 7. 2001 (anonymisiert)
29 Vgl. Farkas 2002, S. 14
30 Vgl. Farkas 2001, S. 10
31 StLA, BH Graz-Umgebung, 14 N-Z, 1945
32 Vgl. Der Mahnruf 3/1960, S. 5
33 Vgl. Lauritsch 1988
34 Dazu sprachen die Organisatoren Texte des Psychiaters und KZ-Überlebenden Viktor Frankl.
35 Vgl. Farkas 2001, S. 201
36 Vgl Brumlik 1988, S. 111 - 119
37 Archiv der Gerichtsmedizin Graz, Obduktionsprotokolle LÖ 145/45 - 166/46
38 Vgl. Farkas 2002, S. 40f
39 Vgl. Farkas 2002, S.23
40 Archiv der Gerichtsmedizin Graz, Obduktionsprotokolle LÖ 145/45 - 126/46
41 Vgl. Farkas 2002, S.42ff
42 Vgl. Farkas 2002, S. 45 - 49
43 DÖW, 13028, Abschrift der Chronik des Gendarmeriepostens Deutschfeistriz
44 PA, Interview, Sauer, Amalie, 16. 7. 2001
12







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LG Harry

PS: Die Stollen sind zwar vollkomen erhalten,aber nicht mehr zu betreten da sie ein Fledermausschutzgebiet sind und mit Gittern versperrt.
 
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#8
Quelle: Walter Brunner, "Bomben auf Graz" - Die Dokumentation Weissmann, ISBN 3-7011-7201-3

Seite 116ff:
"Seit die Fliegerangriffe auf Graz ab 1944 in voller Stärke eingesetzt und immer mehr zugenommen hatten, mussten weitere Betriebsstätten der Steyr-Daimler-Puch AG im bombensicheren Stollen verlegt werden. Dafür wurden 16 je 80 bis 100 m lange Stollen in die Peggauer Wand getrieben. Mit dem Bau dieser Werksstollen ist am 14. August 1944 begonnen worden. Auch diese Arbeiten Führten KZ-Häftlinge des Lagers Mauthausen in jeweils zwei Schichten zu zwölf Stunden durch. Der Betrieb in diesen Werkstollen war mit Kriegsende zwar noch nicht aufgenommen, doch lagerten in drei dieser Stollen bereits die entsprechenden Maschinen. Die etwa 800 KZ-Häftlinge des Arbeitslagers waren in einem aus zehn oder zwölf Baracken bestehenden Lager in Hinterberg bei Peggau untergebracht. Die ersten Häftlinge sind am 30. Juli 1944 aus dem KZ Mauthausen nach Hinterberg gebracht worden, dessen Kommandant der SS-Untersturmführer Miroff war. Die Bewachung des Lagers sowie die Aufsicht am Arbeitsplatz besorgte eine 50 Mann starke Lagerwache, die hauptsächlich aus volksdeutschen Hilfspolizisten aus der Ukraine bestand.

Zwischen 15 und 18 Häftlinge, die bei Fluchtversuchen festgenommen worden waren, wurden später erschossen. Andere Häftlinge sollen auf dem Weg zu oder von den Stollen aus oft nichtigen Gründe, mitunter sogar vollkommen grundlos, erschossen worden sein. Derartige Erschießungen ordnete der Lagerleiter Miroff an, die Exekution wurde von der ukrainischen Schutzmannschaft vollzogen. Bis kurz vor Weihnachten 1944 sind die erschossenen oder an Erschöpfung verstorbenen Häftlinge in das Krematorium in Graz überführt, später einfach auf dem Grund einer Bäurin in der Nähe des Lagers beerdigt worden. Erst auf die Beschwerde der Besitzerin hin wurde im Lager ein Massengrab angelegt, in dem im Laufe der folgenden Wochen an die 100 Häftlinge verscharrt wurden.

Am 3. April 1945, als das Lager Hinterberg wegen des Näherrückens der russischen Truppen geräumt werden musste, wurden 40 Häftlinge, die nicht gehfähig waren, aus dem Krankenrevier herausgeholt und im Luftschutzstollen des Lagers durch den SS-Oberscharführer Nocke und den SS-Unterscharführer Gliessmann durch Genickschüsse getötet. Am gleichen Tag kamen Häftlinge des KZ-Lagers Mauthausen, die beim bau des Südost-Walles eingesetzt waren, in das Lager Hinterberg, um gemeinsam mit den Häftlingen dieses Lagers nach Mauthausen zurückgebracht zu werden. Von diesen kamen 80 in der Umgebung von Peggau ums Leben; zum Teil sind sie an Erschöpfung nach dem marsch gestorben, zum Teil erschoss man sie. Auch diese wurden im Massengrab des Lagers Hinterberg verscharrt, in dem man bei Kriegsende insgesamt 220 Leichen zählte. Im jahr 1945 wurden aus dem Massengrab Hinterberg von der Besatzungsmacht insgesamt 138 Leichen exhumiert, und zwar 45 von den Russen, 45 von den Engländern und 48 von den Franzosen. Sie wurden mit unbekanntem Ziel abtransportiert. Im Massengrab verblieben 82 Tote, denen im Jahr 1955 ein Denkmal gesetzt wurde."
ich hoffe, da ist was neues dabei.

lg
 

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josef

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#9
Peggau - U-Anlage "Marmor"

Danke @17 für den Buchauszug!

Habe damals anscheinend die Einträge übersehen, sonst hätte ich sicher meinen "Senf" dazu beigetragen :) ... Hole dies nun nach:

1. Der gute "Wichert" schreibt:

S. 13: "Marmor" => Peggauer Wand

S. 110:
Name und Ort:
Große Peggauer Höhle(XVIII) - Marmor -
Verfügbare Fläche: 9.400 m² (1.200 m²) (11.400 m²) (neu 8.000 m²)]
Firma: Steyr-Daimler-Puch (12.000 m²)
Produkt: Kurbelwellen
Bemerkungen: Sichergestellt 4.9.44

S. 133: "Marmor" Objekt: Peggauer Wand Objekt Nr.: 504

S. 194: Aus alliierten Geheimdienstunterlagen => weitere OT-Untergrundanlagen, noch nicht von "Industriekontor" übernommen (oder noch nicht übergeben?)...
Zeitpunkt ?
OT-Operational Group VIII/Armament Control XVIII(Alpengaue):
(OT)Construction No.
8 Code Name: Marmor
Probleme dürfte es da mit den Flächenangaben geben! Jedenfalls ergeben die 9 Stk. in den Berg getriebenen Stollen (je 75 m L x 8 m B) 5.400 m², unbekannt ist jedoch die Anzahl bzw. Abmessungen der im Berg quer verlaufenden Verbindungsstollen! Sicher ist jedenfalls 1 Quer-(Verbindungs-)stollen.

Die im Buchauszug von @17 (W.Brunner; "Bomben auf Graz") angeführten
16 je 80 bis 100 m lange Stollen in die Peggauer Wand getrieben. Mit dem Bau dieser Werksstollen ist am 14. August 1944 begonnen worden.
dürften das Projektziel gewesen sein, welches bis Kriegsende nie erreicht wurde! Bei meinem Besuch 2006 vor Ort konnte ich 6 Eingänge (gesichert!) entdecken, für weitere Erkundungen fehlte mir leider die Zeit...
Deckname "Marmor" - Peggau

2. Was wurde von SDP dort wirklich produziert?

Wichert: Kurbelwellen
Mauthausen-Homepage/KZ-Ausenlager Peggau: Flugzeugteile
Anita Farkas: Flugzeug-, LKW- und Panzerteile
und zuletzt die Frage von @Markus:
Hat jemand von Euch Hinweise darauf, dass hier nicht Kolbenmotoren, sondern Strahlturbinen hergestellt werden sollten? Ich bekam eine derartige mündliche Auskunft - allerdings ohne Beweise.
lg
josef

Ersuche auf gut österreichisch "die hochwohlgeborene Administration untertänigst" den Thread ins Ösi-Forum zu verschieben :D (Titel "Peggau - Stollenanalage Marmor")
 
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#11
Hallo Leute

Wann man auf der Autobahn von Bruck kommend um diese Jahreszeit nach Graz fährt und nach dem Zuser (Entsorgungsfirma) auf die linke Seite schaut, sieht man ein großes Portal, gehört das auch zu jener Stollenanlage??

In den Angaben steht was von 6 Stollen, ich bin mal mit dem Auto hinten herum gefahren, habe aber nur den einen gesehen. Oder befinden sich diese wo anders?

Übrigens wenn man nach dem Baumit Werk nach links fährt kommt man am Fuße der Wand an einigen alten Betonfundamenten vorbei. Stand da früher ein Teil der Firma Baumit (oder wie sie auch immer geheißen hat)?

mfg
imei
 

Geist

Worte im Dunkel
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#13
Könnte man dann vielleicht auch gleich aus der Analage eine Anlage machen? :D

Dein Wunsch wurde trotz "Verjährung" des Ursprungbeitrages erfüllt :):):)
lg
josef
 
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#14
Neues aus Peggau

Hallo Leute
Bin am Wochenende endlich mal nach Peggau gekommen und habe durch ein paar super Infos vom Josef super schnell die Stollen gefunden. Also so wie es im Forum geheißen hat das es nicht bekannt ist ob zwischen decken Eingezogen wurden habe ich ein paar Fotos gemacht in den ersten zwei Stollen sind zwischen Decken Eingezogen worden, und die ersten drei Stollen sind mit zwei Verbindungsstollen gebaut der 4.bis 6. mit drei Verbindungsstollen.Der 7. Stollen ist so wie wir es gesehen haben Zugeschüttet und der 8. ist nicht fertig ausgebaut hat zwar die volle Länge aber ist meines Erachtens nicht fertig gestellt es ist zwar ein Verbindungsstollen in Richtung 9. Stollen gegraben aber der ist Zugemacht worden gleich wie die Verbindungen zwischen 3 und 4.
Die Stollen sind teilweise privat genutzt worden als Championzucht den man sieht noch die Überreste in den Stollen 4 und 5 aber der Rest ist echt super zum Anschauen . Auch die Anlagen vor den Stollen sind Sehenswert !
Werde ein paar Fotos einstellen und auch eine Übersicht die wir schnell gezeichnet habe. Ach ja und noch einmal danke an den Josef
GrüßeTom
 

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josef

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#16
U-Anlage "Marmor" - Peggau

:danke @Berg45 für die Fotos bzw. die Skizze!

Mit den Zwischendecken wäre die von @Markus im Bericht Deckname "Marmor" - Peggau angegebene Produktionsfläche von 9.400 m² schon hingekommen. Könnten ja auch in Querstollen Fertigungsflächen eingeplant gewesen sein...

Interessant ist, dass einige Stollen mit aufwendigen Ziegelgewölben ausgekleidet sind, statt mit Beton.

lg
josef
 
#18
JA das kommt sicher hin den die ersten 3 Stollen haben die angegebene Länge von75 Meter , aber die restlichen Stollen sind alle fast 100 Meter.Die Zwischengänge sind auch alle gut 20 Meter.Und Wie du auf den Bildern siehst sind die ersten sechs Stollen mit Ziegelgewölbe bei den siebten weiß ich es leider nicht weil der komplett zugemacht wurde und der achte ist nur aus den Fels gehauen da ist auch der Boden nicht Betoniert .
Werde dir noch ein Foto zeigen wo ein Schacht im Zweiten Stollen etwa in der Mitte der Decke nach oben geht vielleicht weißt Du was der für eine Bedeutung gehabt hat so weit wie wir den Schacht ausleuchten haben können ist er in etwa 10 Meter Betoniert und danach Naturstein und er befindet sich in etwas bei 30 Meter im Stollen.
Grüße Tom
 

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M

Mortar

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#19
Schacht

Hallo,

wir haben nun auch mal diese Peggauer Wand besucht.
Anbei auch ein paar Fotos. Den Schacht haben wir uns auch genauer angesehen. Zuerst hatten wir mit "Spezialwerkzeug" (siehe Bild:) ein Seil um den Rahmen gelegt und uns den Schacht dann zumindest auf Deckenhöhe angesehen. Da man diesen nicht ohne Hilfe nach oben klettern kann, haben wir ein fixes Seil befestigt um den Schacht später mal in Angriff zu nehmen.
Nach Besichtigung aller offenen Stollen, folgten wir einen verdächtigen Pfad den Berg rauf. Dort gab es plötzlich einen weiteren, höhergelegenen Stollen.
Und siehe da, von dort zweigt steil nach unten dieser Schacht weg. Somit haben wir unser Seil von oben wieder zurück geholt. Der Schacht ist also eine Verbindung zu einem weiteren Stollen, weiter oben in der Wand. Dürfte trotzdem nicht viel mehr als ein Lüftungsschacht gewesen sein, wobei der Querschnitt sehr groß ist.

Habe auch ein paar Fotos vom Inneren des Stollens angehängt.
Gruß, Gerd
 

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josef

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#20
Hallo Gerd,
willkommen im Forum und besten Dank für die Fotos!

Anscheinend erfolgt derzeit keine Nutzung der Stollenanlage? (Seismolgische Station der Uni Graz, Champignonzucht...?).

Anscheinend seid ihr eine Gruppe mit professioneller Ausrüstung!

Will nur ALLE "möchtegern Stollenforscher" vor einer Befahrung solcher Anlagen ohne ausreichende Kenntnisse und Ausstattung warnen! Außerdem ist die Erlaubnis des Eigentümers erforderlich, da widerrechtliches Betreten als Grundbesitzstörung/Hausfriedensbruch geahndet wird!

lg
josef
 
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