Propaganda als Machtinstrument

josef

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Wie wirkt Propaganda? Was sind Fake News...

Wie ich finde, ein guter Artikel einer Kärntner Kulturhistorikerin über uns tagtäglich in irgend einer Form tangierende Themen:

(Zum Nach- und Mitdenken...)

Propaganda als Machtinstrument
Wie wirkt Propaganda? Was sind Fake News und alternative Fakten und wie erkennt man sie? Die Oberkärntner Kulturhistorikerin Alexandra Bleyer gibt in Vorträgen und Workshops Einblick in diese Machenschaften, die in Zeiten der (neuen) Medien immer häufiger stattfinden.

Die Historikerin und Autorin befasst sich seit Jahren - ausgehend von ihrer Dissertation zur antinapoleonischen Propaganda in Sachbüchern und Zeitungsbeiträgen - intensiv mit diesem Thema. Im Vorjahr veröffentlichte sie ein Buch darüber, in dem sie Fakten, Fakes und Strategien beleuchtet, derer sich die Propaganda bedient.

Sie sagt, das Thema sei aktueller denn je: Die Wahlkämpfe würden hoch emotional und polarisierend geführt; ‚dirty‘ und ‚negative campaigning‘ (Schmutzkübelkampagnen, Anm. d. Red.) würden dazugehören: „Populisten punkten mit aggressiver Rhetorik der Ab- und Ausgrenzung und heften sich den Kampf für ‚das Volk‘ und gegen ‚die anderen‘, wie beispielsweise das ‚establishment‘ (die Machtelite in einem Land, Anm. d. Red.), auf die Fahnen.“

Neue Dimensionen würden sich durch das Internet und die sozialen Medien ergeben. Dort könne jeder Nutzer als Sender und durch die Funktion „Teilen“ als Multiplikator agieren. Es zeige sich zum Beispiel auf Facebook in den Kommentaren, wie sich Wut und Hass rasch aufschaukeln können.

„Der Ton wird schärfer“
Auch in internationalen Beziehungen werde der Ton deutlich schärfer, sagt die Expertin. Drohungen und wechselseitige Beleidigungen gegenwärtiger Staatsoberhäupter würden eine verhängnisvolle Spirale der verbalen Gewalt in Gang setzen. Im Unterschied dazu komme die eigentliche Kriegspropaganda komme oft zur Rechtfertigung des Krieges selbst und der Deutungshoheit zum Einsatz. Letztere lege laut Leyer fest, wer zum Beispiel Schuld an einem Giftgasangriff sei oder ob es sich bei einem Angriff um ein Massaker oder um Selbstverteidigung handle.

„Gefühlte Wahrheit“ wird oft zum Maßstab
Ein großes Thema seien auch „Fake News“, also Nachrichten, deren Informationsgehalt fragwürdig sei. Bleyer räumt ein, dass es Unwahrheiten und gezielte Desinformation in der politischen Kommunikation schon immer gegeben habe. Durch die Möglichkeiten, die das Internet biete, hätte sich jedoch das Ausmaß geändert. Außerdem seien sowohl Sender, als auch Empfänger heutzutage eher dazu bereit, Lügen einzusetzen bzw. diese hinzunehmen.

Dass „postfaktisch“ von der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ zum Wort des Jahres 2016 gewählt wurde, trage laut der Kärntner Autorin der weltweiten Entwicklung Rechnung.

Immer größere Bevölkerungsschichten seien in ihrem Widerwillen gegen ‚die da oben‘ dazu bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren: „Nicht der Anspruch auf Wahrheit, sondern das Aussprechen der ‚gefühlten Wahrheit‘ führt zum Erfolg“, hieß es in der entsprechenden Presseaussendung zum Wort des Jahres. Emotionen und Wahrnehmung wirken stärker als reine Fakten.“

„Es gibt keine übermächtigen Verführer“
Propaganda funktioniere laut Bleyer nur, solange sie nicht als Propaganda erkannt werde: „Manipulationsversuche und Fake News verlieren in dem Augenblick viel an Wirkung, in dem sie durchschaut werden.“

Sie selbst möchte jeden dazu ermutigen, Fake News & Co eine Absage zu erteilen, eine angemessene politische Kommunikation einzufordern und zum Gelingen der Demokratie beizutragen. Die Autorin gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Wähler politischer Propaganda keineswegs hilflos ausgeliefert seien: „Es gibt keine übermächtigen Verführer, die uns wie Marionetten gegen unseren Willen steuern können.“

System entscheidet: „Maulkorb“ oder Pressefreiheit
Das jeweilige politische System setze den politischen Akteuren Grenzen oder nicht, erklärt Bleyer: In Diktaturen werde seitens der Machthaber oft durch Zensur und „Gleichschaltung“ der Medien eine restriktive Pressepolitik ausgeübt. In Demokratien bilden sowohl konkurrierende Parteien, wie auch die Medien, die aufgrund der Pressefreiheit als „vierte Gewalt“ auftreten können, Gegengewichte. Regierende, die ihre Macht in Richtung Autokratie ausdehnen wollen, würden versuchen, die Opposition zu unterdrücken, um die Kontrolle über die Medien zu gewinnen und kritische Journalisten ‚mundtot‘ zu machen, so Bleyer.


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Machtstrategien funktionierten schon bei Napoleon

Ähnliche Stratgien von Napoleon bis Haider
Sie bringt ein berühmtes Beispiel: Napoleon, ein Meister der Propaganda, habe die in der Französischen Revolution 1789 eingeführte Pressefreiheit genutzt, um durch eigene Zeitungen für sich und seine Ziele zu werben. "Kaum war er als Konsul an der Macht, führte er die Zensur wieder ein, verbot oppositionelle Zeitungen und setzte den „Moniteur“ als Leitmedium durch. Er war der Meinung: „Wenn ich der Presse die Zügel locker ließe, würde ich keine drei Monate im Besitz der Macht bleiben.“ In Kärnten habe laut Bleyer mit Jörg Haider schon früh ein Populist erfolgreich auf gezielte Provokation und Feindbilder gesetzt. Heutige Populisten würden ähnliche Strategien anwenden.

Schwarze, weiße und graue Propaganda
Heute wird Propaganda vor allem als Vorwurf an den Gegner verwendet, den man der Lüge und der Manipulation bezichtigt. „Der ursprünglich neutrale Begriff ist seit den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts und vor allem seit der nationalsozialistischen Propaganda negativ besetzt“, erklärt die Historikerin.

Je nachdem, ob die Quelle einer Botschaft ersichtlich sei, aber auch auf den Wahrheitsgehalt der Information bezogen, spreche man von weißer und schwarzer Propaganda. Dazwischen gebe es zahlreiche Graustufen. Bei schwarzer Propaganda gebe sich der Propagandist nicht als Sender zu erkennen, sondern agiere im Schutz der Anonymität. Es könne auch vorkommen, dass er vorgibt, jemand anderes zu sein. Bleyer: „Die Informationen selbst können den Fakten entsprechen, zum Beispiel wenn Dokumente ‚geleakt‘ werden, um den Gegner zu kompromittieren. Häufig werden jedoch Gerüchte und Desinformationen verbreitet.“

Was ist Propaganda?
Laut der Definition von Kommunikationswissenschaftler Gerhard Maletzke steht Propaganda für geplante Versuche, durch Kommunikation die Meinung, Attitüden, Verhaltensweisen von Zielgruppen unter politischer Zielsetzung zu beeinflussen.


Die Mechanismen der Propaganda
Propaganda funktioniere oft nach ähnlichem Muster: komplexe Inhalte werden vereinfacht dargestellt und Botschaften werden wiederholt. „Fakten werden einseitig ausgewählt und mittels ‚Framing‘ in den passenden kognitiven Deutungsrahmen gesetzt. Wie Informationen präsentiert werden bestimmt, wie wir Ereignisse wahrnehmen.“ Was heute unter dem Begriff „Kampfrhetorik“ firmierte habe bereits eine lange Tradition. Sie wurde beispielsweise schon von Arthur Schopenhauer im 19. Jahrhundert beschrieben. Propagandisten setzen auf Emotionen wie Angst und Wut, schaffen und verstärken Feindbilder und präsentieren Sündenböcke.

„Wir orientieren uns am Verhalten anderer und vertrauen (unbewusst) darauf, dass das, was viele tun, auch richtig ist. Propaganda will den Eindruck erwecken: Alle denken so oder zumindest die überwältigende Mehrheit.“ Dabei komme der sogenannte Mitläufereffekt zum Tragen. „Heutzutage täuschen beispielsweise auch ‚Social Bots‘, sogenannte Meinungsroboter, und Fake-Profile in den sozialen Medien große Zustimmung vor.“ Die User würden denken: „Tausende „Likes“ - Wenn so viele so denken, muss es wohl richtig sein.“


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Kritisches Denken trotz Informationsflut bewahren
Man solle versuchen, Propagandabotschaften keineswegs 1:1 im Sinne des Senders zu übernehmen, sondern die Inhalte auch bewusst kritisch hinterfragen.

Sich eine eigene Meinung über das politische Geschehen zu bilden sei heutzutage schwerer und leichter zugleich, ist die Expertin überzeugt: „Dank der modernen Massenmedien haben wir heute die Möglichkeit, uns auf vielen Wegen über das politische Geschehen zu informieren. Die andere Seite der Medaille ist die schier unübersehbare Fülle an Informationen, die uns zur Verfügung stehen: Wir können nicht alle aufnehmen, sondern müssen auswählen und bewerten.“

Wichtig sei es, die Herkunft einer Information zu prüfen und sich zu einem Thema möglichst viele Informationen aus unterschiedlichen Quellen zu beschaffen, verschiedene Meinungen einzuholen und zu vergleichen, sowie ganz bewusst auch die andere Seite anzuhören. „Vor allem in sozialen Medien sollte man sich einen Augenblick Zeit nehmen, die Quelle zu hinterfragen und wenn möglich die Information zu prüfen, bevor man einen Beitrag teilt und somit zum Multiplikator wird“, rät Bleyer.

Link:
http://kaernten.orf.at/news/stories/2894833/
 
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