Römische Palastanlage "Kaiservilla Bruckneudorf"

Bunker Ratte

Well-Known Member
#1
Bei meiner letzten Reise ins Burgenland besuchte ich auch die römische Palastanlage in der Nähe von Parndorf. In der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts entstand hier eine Anlage in Holzbautechnik. Diese wurde in ein Fachwerkgebäude mit vielen Wandmalereien umgebaut. Das Hauptgebäude wurde 350 nach Christus palastartig ausgebaut. Außerdem wurden viele Räume mit Mosaikböden ausgestattet. Viele der Bodenmosaike sind im Landesmuseum Eisenstadt ausgestellt. Von den Nebengebäuden wurden hauptsächlich die Grundrisse erfasst. Man nimmt an, dass die römische Palastvilla im Herbst 375 n. Chr. auch Residenz der kaiserlichen Familie gewesen sein könnte. Einige der Kleinfunde sind von hohem kulturhistorischem Wert.

Geschichte und Lage des Platzes
Das römische Reich hatte seinen Machtbereich in den Jahrzehnten um Christi Geburt bis an die Donau ausgedehnt. Im Gebiet des Leithagebirges, am Neusiedler See, aber auch nördlich der Donau lebte damals der Stamm der keltischen Boier, wohl als relativ kleine Gemeinschaft. In der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. begannen auch germanische Stämme aus Böhmen sich nördlich der Donau anzusiedeln. Als bei diesen Germanen pro- und antirömische Gruppen entstanden und in Konflikt gerieten, bot das Imperium auf seinem Boden, also südlich der Donau, Schutz und Ansiedlungsmöglichkeit.

Es verlegte aber auch die 15. Legion als starke Grenztruppe von ca. 6.000 Mann nach Carnuntum. Damit war die Grenze an der Stelle gesichert, wo ein alter Handelsweg, die „Bernsteinstraße“, auf die Donaugrenze traf. Auf dem Reichsgebiet verlief die Bernsteinstraße weiter über Scarbantia/Sopron, Savaria/Szombathely, Celeia/Celje, und Emona/Ljubljana nach Aquileia an der oberen Adria. Die Soldaten, die ja selbst kaum Landwirtschaft betrieben, mussten nun von den Boiern und den angesiedelten Germanen versorgt werden. Dafür boten gerade die hervorragenden Böden zwischen der Parndorfer Platte und der Leitha die beste Voraussetzung. Schon in der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. war diese Stelle der Platz, wo die Ernte für die Lieferung an das Militär gesammelt wurde.

In der ersten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. hat hier ein führendes Mitglied des Boierstammes residiert, dessen Grabstein in der Villa gefunden wurde. Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt, gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. ging die Anlage aus privatem in kaiserlichen Besitz über. Der großartige Ausbau um die Mitte des 4. Jh. n. Chr. kann mehrere Gründe haben. Denkbar ist die Zerstörung des Statthalterpalastes in Carnuntum durch ein Erdbeben, für den ein „Ausweichquartier“ errichtet werden musste. Nach einer Vermutung des Althistorikers András Mócsy war die Familie des Kaisers Valentinian I. im Jahr 375 n. Chr. während einer militärischen Kampagne hier untergebracht. Auch diese Anwesenheit der kaiserlichen Familie konnte der Grund für die ganz außerordentliche Ausstattung gewesen sein. Nach diesem Ausbau sind noch einige kleinere Umbauten festzustellen, die wohl in das 5. Jh. n. Chr. gehören. Zumindest Teile der Villa sind durch Brand zu grunde gegangen und damit endet die Bautätigkeit an dieser Stelle.
Verfasst von Christian Zenger am 13. März 2016

Eine Römische Villa
Diese Bezeichnung bedeutet nicht, wie im heutigen Sprachgebrauch, ein luxuriöses Wohnhaus, sondern einen kleineren oder größeren Gutshof, der neben dem Wohngebäude alle notwendigen Einrichtungen besaß, die ein nahezu autarkes Wirtschaften ermöglicht haben.


Das Areal von 12,5 ha war in Bruckneudorf mit einer Mauer umgeben. Sie hatte nicht nur die Aufgabe, den Zugang zur Villa durch ein Tor kontrollierbar zu machen und einen Schutz vor Dieben und Räubern zu bieten, es sollten auch das Vieh und vielleicht die Sklaven daran gehindert werden, sich zu verlaufen oder zu fliehen. Die Mauer umgibt außer dem Wohnbau noch andere Gebäude: einen Getreidespeicher, einen Wirtschaftshof mit einer Schmiedewerkstatt, ein Badegebäude, Tore mit daneben liegenden Wächterwohnhäusern sowie weitere Wohnbauten für das Gesinde und andere Wirtschaftsbauten. Aus der Villa von Winden am See ist eine Weinpresse bekannt und häufig gehörte wohl auch ein Töpferofen zur Ausstattung einer solchen Villa.

Die Villa wurde von A. Mocsy auch als Residenz der kaiserlichen Familie im Herbst 375 vermutet, womit die außerordentliche Ausstattung gut erklärt wäre: Hier hätte sich die Kaiserin Justina mit ihrem vierjährigen Sohn aufgehalten, als Valentinian I. bei Verhandlungen mit den Quaden in Brigetio starb und von hier hätte man den Knaben geholt, damit er als Valentinian II. in die Herrschaft einträte. Nicht nur die Datierung dieser Periode in die Zeit nach 350 sondern auch einige Baudetails, die auf eine hastige, von Planänderungen und Provisorien bestimmte Errichtung hinweisen, sprechen für diese Hypothese, ohne sie allerdings zu beweisen.
Verfasst von Christian Zenger am 13. März 2016

Die Geschichte der Grabung
Die „Heidwiesen“ sind seit dem 19. Jahrhundert als Fundstelle bekannt. 1899 hat Ágost Sotér aus Moson/Wieselburg als Vorsitzender des dortigen Historisch-Archäologischen Vereins etwa 50 Körpergräber des 4. bis 5. Jh. n. Chr. freigelegt. Die Funde, darunter Grabsteine, kamen in das Museum in Mosonmagyaróvár . Das Hauptgebäude der Villenanlage wurde auf Anregung von Bürgern aus Bruck an der Leitha 1931 durch den kundigen Privatforscher, Alexander Seracsin, angegraben. Balduin Saria hat dann in den Jahren 1949- 1955 das Hauptgebäude sowie Wirtschaftsbauten und die Umfassungsmauern der Villa ergraben. Dabei wurden in erster Linie die Grundrisse erfasst, die Mosaikböden des Hauptgebäudes wurden freigelegt und und ein Fragment in die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gebracht. Die übrigen Mosaiken wurden wie das ganze Gebäude wieder zugeschüttet Erst 1975-1977 wurden die restlichen Mosaiken durch Gerhard Langmann (Österreichisches Archäologisches Institut) wieder freigelegt und gehoben heute sind sie mit Ausnahme des größten Raumes 1 im Burgenländischen Landesmuseum ausgestellt.
1575741724585.png


1575741749493.png
Verfasst von Christian Zenger am 13. März 2016
Quelle: Kaiservilla Bruckneudorf

Ein kleiner Überblick von der Ausgrabungsstätte:
233.jpg


235.jpg
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#4
NÖN-Ausgabe Bruck an der Leitha:

Bruckneudorf: Archäologen graben neben der Autobahn
Auf der Trasse, wo die A4 erweitert werden soll, wird derzeit nach Relikten aus der Römerzeit gesucht.
Von Otto Havelka. Erstellt am 16. Mai 2020

Grabungsleiter Maciej Karwowski (re.) sucht mit seinem Team nach historischen Funden neben der Autobahn.
Foto Schmitzhofer

Bevor die Baumaschinen anrollen, um die A4 zu einer dreispurigen Autobahn auszubauen, buddeln derzeit die Archäologen in der Erde der Erweiterungstrasse. Sie suchen nach Überresten aus der römischen Kaiserzeit. Denn die Ostautobahn verläuft im Bereich von Bruckneudorf über ein ausgedehntes Fund-Hoffnungsgebiet.

Bereits vor der Errichtung der A4 sowie der A6 erbrachten umfassende Grabungen zahlreiche Beweise einer Jahrtausende alten Besiedelung. So wurde etwa ein awarisches Gräberfeld entdeckt. Nun werden auf der künftigen Erweiterungstrasse der A4 in Abstimmung mit der Asfinag wieder archäologische Grabungen durchgeführt.

Wie Landesarchäologe Franz Sauer gegenüber der NÖN bestätigte, sind gleich zu Beginn der Grabungen Reste einer römischen Siedlung entdeckt worden.

Fundstellen werden wieder zugeschüttet
Nun werden die Fundstellen für eine Dokumentation vermessen und fotografiert. Historische Fundstücke werden gereinigt und vorerst „in ein Depot in Bruckneudorf gebracht, wo sie wissenschaftlich bearbeitet werden“, erklärt Sauer.
Haben die Archäologen das Gelände durchkämmt und dokumentiert, wird es wieder zugeschüttet und verschwindet unter der dann verbreiterten Ostautobahn.

Über die Funde wird es laut Sauer jedenfalls eine Broschüre geben. Für ihn wäre auch denkbar, in Bruckneudorf ein Museum einzurichten. „Das Denkmalamt wäre dabei sicher behilflich“, verspricht Sauer.

„Schatzsuchern“ sei jedenfalls abgeraten, nun an den Grabungsstellen nach (vermeintlich) wertvollen Münzen und sonstigen Gegenständen zu suchen. „Die Grabungen stehen unter Denkmalschutz“, erklärt Sauer. Privates Buddeln oder gar Mitnehmen von Fundstücken ist strafbar.

Bruckneudorf: Archäologen graben neben der Autobahn
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#5
Römisches Weinfass gefunden
1643963105257.png

In Bruckneudorf (Bezirk Neusiedl am See) ist man vor einigen Jahren bei Grabungsarbeiten auf archäologische Funde gestoßen, die jetzt zum Teil ausgestellt werden.
Online seit gestern, 17.58 Uhr
Teilen
Unter den Funden sind römische Münzen und auch ein römisches Weinfass. Zu sehen sind die Stücke in der Sektkellerei A-Nobis in Zurndorf. Das Weinfass wurde am Donnerstag dem Bundesdenkmalamt übergeben.

Fotostrecke
ORF
ORF

ORF

ORF

Naturwissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das Fass zwischen 22 und 130 nach Christus hergestellt wurde, es soll sich um das älteste römische Weinfass handeln.
04.02.2022, red, burgenland.ORF.at
Römisches Weinfass gefunden
 

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
#6
Das Rätsel um das Brunnenskelett von Bruckneudorf

Im Auftrag des Bundesdenkmalamtes, mit Mitteln der ASFINAG, werden im Zuge des Ausbaus der Autobahn A4 neben der bereits bekannten „Villa Rustica“ archäologische Grabungen durchgeführt. Auf einer Fläche von fast fünf Hektar wurden bereits 6.000 Objekte entdeckt, darunter auch ein menschliches Skelett in einem Brunnen.

Dieses menschliche Skelett im Brunnen sei ein sehr seltener Fund, sagt Grabungsleiter Maciej Karwowski. Er geht davon aus, dass es sich um eine „sekundäre Bestattung“ handelt, also dass der Leichnam in den Brunnen geworfen wurde, als dieser zugechüttet wurde. Genaueres kann man allerdings erst nach einer genauen Analyse sagen.

ORF
Das Skelett im Brunnen wird vorsichtig freigelegt

Skelett wird an der ÖAW analysiert

Diese Analyse wird am Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durchgeführt. Archäologin Estella Weiss-Krejci ist bereits sehr gespannt auf das Brunnenskelett. „Wenn ein Mensch stirbt und in der Erde bestattet wird, dann findet Bioerosion statt, das heißt, die Bakterien zerfressen alles. Es gibt aber bestimmte Umstände, wo das gestoppt wird, zum Beispiel, wenn die Leiche in Salz oder in einem Brunnen gelagert wird. Sie haben dann einen wunderschön erhaltenen Knochen, also innen, und der sieht aus wie von einer frischen Leiche, auch wenn er schon Jahrtausende alt ist“, so die Expertin.

ORF
Estella Weiss-Krejci untersucht mit ihrem Team die Skelette aus Bruckneudorf

Bruckneudorf: Fundort mit viel Potential

Deshalb will Weiss-Krejci auch ein interdisziplinäres Forschungsprojekt an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Gruppenleiter Andreas Heiss etablieren. Dafür müssen allerdings noch genügend Gelder lukriert werden, sagt sie. Bruckneudorf biete als Fundort jedenfalls viele interessante Fragestellungen und habe hohes Potential. Vor allem deshalb, weil die Quantität so „gewaltig“ sei, das habe man zu Beginn der Grabungen nicht erwartet, so Weiss-Krejci.

6.000 Fundstücke sind bei den Grabungen bereits entdeckt worden, bestätigt auch Karwowski. Darunter ein Gräberfeld im Nordteil mit etwa 200 Gräbern. Dieses Gräberfeld sei in der Literatur bereits bekannt, so Karwowski, weil an dieser Stelle bereits zwei Mal gegraben wurde – einmal Ende des 19. Jahrhunderts und ein weiteres Mal, als die Ostautobahn (A4) gebaut wurde. Dennoch hat man jetzt so viele Gräber entdeckt.

ORF

Viele Grabplünderungen

Neben den Skeletten wurden auch viele Grabbeigaben entdeckt. „Die Grabinventare sind interessant. In der römischen Provinz gab es die Tradition, Beigaben bei der Bestattung von Personen zu geben. In fast jedem gut erhaltenen Grab haben wir Glasgefäße, Schmuck und Keramik. Fast alle Gräber, die wir hier ausgegraben haben, wurden geplündert – und zwar schon damals in der römischen Kaiserzeit. Durch anthropologische Analysen kann man bestimmen, wann genau diese Plünderung passiert ist. Wenn das Skelett noch in einer anthropologischen Ordnung liegt, heißt dass, dass es noch Weichteile am Körper gab. Das heißt also, die Plünderung, war ganz kurz nach der Bestattung“, führt Karwowski aus.

ORF
Eines der Gräber, das im Nordtteil der ausgegrabenen Stelle entdeckt wurde

Hohe Quantität war nicht zu erwarten

„Wenn man einmal mehr als 100 Bestattungen hat – und wir sind ja hier bereits bei 200 – dann kann man ganz andere Fragen stellen und man kann Vergleiche anstellen. Man kann etwa herausfinden, woran die Menschen gestorben sind, wie alt sie zum Zeitpunkt ihres Todes waren, was sie gegessen haben, wie die Lebensumstände waren“, so Weiss-Krejci. Diese Quantität sei allerdings auch eine große Herausforderung, vor allem in finanzieller Hinsicht. Denn man braucht ein großes Team, um das zu bewältigen und leider gelingt das oft nicht, bedauert die Archäologin, so landen oft viele Fundstücke, die von den Experten sorgfältig gereinigt und in säurefreien Kisten untergebracht werden, allzu oft für viele Jahre oder sogar Jahrhunderten in Depots.

Zusammenhang mit „villa rustica“

Neben dem Gräberfeld wurden auch gut erhaltene Mauern eines Wirtschaftsgebäudes entdeckt. Die Archäologen gehen davon aus, dass dieser frisch freigelegte Abschnitt mit der bereits seit langem bekannten „villa rustica“ – ein paar hundert Meter nebenan – in Zusammenhang steht. In der römischen Kaiserzeit, zirka im 1. bis zum 4. Jhdt n. Christus, war sie das Zentrum eines landwirtschaftlichen Betriebes.

„Das muss man sich so vorstellen, dass dieser Betrieb einen Versorgungsauftrag für die nahegelegene Großstadt Carnuntum hatte. Dort war auch der Sitz einer Legion mit einer Sollstärke von 5.000 bis 6.000 Mann. Und für die Versorgung war unter anderem auch die villa rustica zuständig“, erklärt Werner Melchart von der Gesellschaft der Freunde Carnuntums.

ORF
Die Mauern der „villa rustica“ sind sehr gut erhalten und sind zu besichtigen

Die „villa rustica“

Man geht davon aus, dass ein gewisser Caupianus, der im ersten Jahrhundert nach Christus, einer der ersten Besitzer des Hauses war. Das weiß man, weil ein Grabstein gefunden wurde mit der Inschrift „PRCB“. Übersetzt bedeutet diese Buchstabenkombination, dass Caupianus ein Fürst des Stammes der Boier war. „Also eine hochstehende Persönlichkeit, die allerdings offensichtlich versklavt worden ist. Weil sein Vorname COCCEIUS lautet. Und das war de Vorname des Kaisers Nerva, der in den 90er-Jahren nach Christus regiert hat. Und es war üblich, dass diese Namen die Freigelassenen angenommen haben“, erklärt Melchart.

ORF
Der Grabstein des Caupianus

Ausstellung geplant

Melchart setzt sich dafür ein, dass die vielen Fundstücke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Gemeinsam mit Gerhard Dreiszker (SPÖ), Bürgermeister von Bruckneudorf, plant er eine Ausstellung, die nächstes Jahr zu Ostern eröffnet werden soll. „Mir ist diese Ausgrabung in Bruckneudorf sehr wichtig. Wir sind eine junge Gemeinde und das ist der Beweis, dass es uns schon länger gibt und dass Bruckneudorf, sowie das ganze Gebiet hier, sehr wichtig waren“, so Dreiszker.

Die vielen Fundstücke werden von der ASFINAG als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Bis zur Eröffnung werden wahrscheinlich noch viele weitere Fundstücke dazu kommen – denn es wird noch bis Herbst gegraben.

ORF
Das sind nur einige der vielen Fundstücke. Sie sollen in einer Ausstellung gezeigt werden.

vargaso
Quelle mit Fotostrecke: Das Rätsel um das Brunnenskelett von Bruckneudorf
 
Oben