Regionale- und weltwirtschaftliche Auswirkungen des Krieges in der Ukraine

josef

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#41
ANGRIFFE AUF HÄFEN
Russland will Schiffswege auf Donau kappen
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Moskau belässt es offensichtlich nicht bei der Blockade ukrainischer Seehäfen am Schwarzen Meer. Vor mittlerweile mehr als zwei Wochen kündigte der Kreml das Getreideabkommen mit der Ukraine auf und erklärte Schiffe zu militärischen Zielen. Nun hat die russische Armee offenbar die einzige Alternativroute im Visier und zerstört gezielt Hafeninfrastruktur an der Donau.
Online seit heute, 18.28 Uhr
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In den letzten Tagen kam es vermehrt zu Angriffen in der Region Odessa, am Mittwoch beschossen russische Truppen den Hafen Ismajil im Donau-Delta. Ein Getreideterminal wurde beschädigt. Der Betrieb im Hafen soll vorübergehend eingestellt worden sein. Auch in der wichtigen Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa selbst wurde laut Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums Hafeninfrastruktur mit Drohnen angegriffen.

Das Abkommen über die Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer war am 17. Juli nach knapp einem Jahr ausgelaufen. Der Kreml hatte sich unter Verweis auf die westlichen Sanktionen gegen Russland geweigert, es zu verlängern. Nach dem Ausstieg drohte Russland mit Angriffen auf Schiffe im Schwarzen Meer. Mit dem Abkommen erloschen auch Sicherheitsgarantien.

Gefährlich nahe an Grenze zu Rumänien
Die Ukraine kündigte daraufhin an, mehr Getreide über die Donau und den Landweg per Zug und Straßentransport über Rumänien ausführen zu wollen. Laut Angaben aus Kiew wurden zuletzt rund zwei Millionen Tonnen pro Monat über die Donau-Häfen verschifft.

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ISW/OpenStreetMap

Praktisch gleichzeitig begannen Angriffe auf Ziele entlang der Donau, Agrar- und Hafeninfrastruktur, erst etwa in Reni nahe der rumänischen Staatsgrenze und am Mittwoch auf Ismajil. Das Donau-Delta gehört zum größten Teil zum EU- und NATO-Mitgliedsland Rumänien, ein Teil zur Ukraine.
Brennende Silos
Mittwochfrüh meldete das Verteidigungsministerium in Kiew einen russischen Angriff auf den Hafen in Ismajil. Bilder auf Twitter zeigten einen Brand an einem Silo bzw. einer Förderanlage. Zusatz: Ukrainisches Getreide habe das Potenzial, Millionen Menschen zu ernähren, schrieb das Ministerium. „Aber Russland hat den Weg des Tötens, des Hungers und Terrors gewählt.“

Außerdem meldete die Ukraine auch einen Angriff mittels Drohnen auf Hafenanlagen und Getreidelager in Odessa. Auch dort seien Brände ausgebrochen, schrieb der Gouverneur der Region, Oleh Kiper, auf Telegram. Ziele im Raum Odessa waren in den letzten Tagen mehrfach von der russischen Armee beschossen worden.

Exporte werden deutlich schwieriger
Die Angriffe auf die Donau-Häfen beeinträchtigen die ukrainischen Exporte erheblich, insbesondere, als Kiew zuletzt angekündigt hatte, sie deutlich ausweiten zu wollen. Vor dem russischen Überfall auf das Nachbarland im Februar 2022 und einer anschließenden monatelangen Schiffsblockade hatte die Ukraine den weitaus größten Teil ihrer Getreideexporte über das Schwarze Meer verschifft.

Reuters/Ukraine’s Operational Command „South“
Zerstörte Hafengebäude nach russischen Drohnenangriffen

Mit dem im Juli 2022 unterzeichneten Getreideabkommen konnte die Ukraine mehr 30 Millionen Tonnen ausführen. 75 Prozent der Exporte gingen über die Schwarzmeer-Häfen und die Donau, der Rest via Straße und Schiene ins Ausland. Gegenüber 2021 ging der Seeexport um fast ein Viertel zurück.

Hafen Ismajil ein Hauptziel
Ismajil hat eine lange Geschichte, es gehörte früher zum Fürstentum Moldau, dem Osmanischen Reich, zu Russland und später zu Rumänien und liegt am nördlichsten Mündungsarm der Donau auf ukrainischer Seite. Der Hafen der Stadt sei eines der Hauptziele der russischen Armee in der Region, hieß es nach dem Angriff am Mittwoch.

AP/Andrew Kravchenko
Ismajil (Archivbild) ist der wichtigste ukrainische Frachthafen an der Donau

„Leider gibt es Schäden“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach den Drohnenangriffen am Mittwoch via Telegram. „Die bedeutendsten befinden sich im Süden des Landes. Russische Terroristen haben erneut Häfen, Getreide und die globale Ernährungssicherheit angegriffen.“

Weitere mögliche Alternativroute durch Kroatien
Der rumänische Präsident Klaus Johannis bezeichnete die „anhaltenden Angriffe auf die ukrainische zivile Infrastruktur an der Donau“ in der Nähe Rumäniens als „inakzeptabel“. Das seien „Kriegsverbrechen und sie beeinträchtigen die Fähigkeit der Ukraine, Nahrungsmittel an Bedürftige in der Welt zu befördern“, so Johannis am Mittwoch.

AP/Andrew Kravchenko
Verladen auf Donau-Frachter in Ismajil (Archivbild)

Mit Kroatien hat die Ukraine laut eigenen Angaben von Anfang der Woche eine Einigung auf die Ausfuhr ihres Getreides über Häfen an der Adria erzielt. Die Agrargüter sollen über die Donau nach Kroatien verschifft werden, teilte das Außenministerium in Kiew mit. Anschließend soll die Fracht per Eisenbahn an die Adria-Küste gebracht werden. Welche Exportmengen damit erreicht werden können, wurde nicht mitgeteilt.

Moskau stellt Bedingungen
Aktuell, mehr als zwei Wochen nach dem Auslaufen des Getreideabkommens, ist völlig unklar, ob dieses wieder aufgenommen wird. Russland sendet widersprüchliche Signale. Jedenfalls fordert Moskau bessere Konditionen für seine eigenen Lebensmittel- und Düngemittelexporte, die bereits von internationalen Finanzsanktionen ausgenommen sind.

picturedesk.com/Sergei Supinsky
Alternativrouten zum Schwarzen Meer sind rar, Angriffe auf die Donauhäfen machen den Export noch schwieriger

Zuletzt hieß es aus dem Präsidialamt, eine Rückkehr zu dem Abkommen sei möglich, sobald diese Bedingungen seitens des Westens erfüllt seien. Mehrere Länder machen Druck auf Staatschef Wladimir Putin. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der schon im letzten Jahr vermittelte, steht offenbar in regelmäßigem Telefonkontakt mit Putin. Er nannte das Abkommen zuletzt eine mögliche „Brücke des Friedens“. Russland und die Ukraine gehören zu den weltweit größten Getreideproduzenten mit entsprechendem Gewicht für Weltmarkt und Ernährungssicherheit.

Laut Angaben aus Kiew griff Russland seit seinem Ausstieg aus dem Getreideabkommen am 17. Juli insgesamt 26 Hafenanlagen und fünf zivile Schiffe an. Die Regierung in Moskau sprach von Vergeltung für einen ukrainischen Angriff auf die Krim-Brücke, die Russland zur Versorgung seiner Besatzungsarmee in der Südukraine nutzt.
02.08.2023, red, ORF.at/Agenturen

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Angriffe auf Häfen: Russland will Schiffswege auf Donau kappen
 

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#42
GETREIDETRANSPORTE
Wie die Donau zur wichtigen Exportroute der Ukraine wurde
Die russische Blockade des Schwarzen Meers konnte die Ukraine bisher weitgehend durch den verstärkten Einsatz ihrer Donauhäfen wettmachen. Wie lange diese Rechnung noch aufgeht, ist aber unsicher.
Ein Bericht aus Odessa
Sich an die Stille gewöhnen – das fällt vielen Bewohnern der Stadt noch immer schwer. An den Sommerwochenenden gehört der nach dem ukrainischen Nationaldichter benannte Taras-Schewtschenko-Park zu den beliebtesten Ausflugszielen der Odessiter. An seinem Südrand bietet er an vielen Stellen einen Panoramablick auf das industrielle Herz der Stadt, auf dessen Erträgen ihr Ruf als "Perle des Schwarzen Meers" gründet.


Ein Frachtschiff im Bystre-Kanal, der das ukrainisch-rumänische Donaudelta mit dem Schwarzen Meer verbindet.
REUTERS / Operational Command South press service

Mit einer Kapazität zur Auslieferung von bis zu 50 Millionen Tonnen pro Jahr bildete der Hafen von Odessa – gemeinsam mit seinen Satelliten Tschornomorsk, Pivdennyi und Bilhorod-Dnistrowskyj – in Friedenszeiten den mit Abstand wichtigsten Umschlagplatz der Ukraine für Waren aller Art.

Heute herrscht im Hafenbecken wieder ebenso gähnende Leere wie am Horizont. Seit rund drei Wochen ist das sogenannte Getreideabkommen Geschichte, das die Ausfuhr von ukrainischen Landwirtschaftsgütern übers Schwarze Meer sicherte. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hatte die im Juli 2022 von der Uno und der Türkei arrangierte Einigung zwischen den Kriegsparteien einen der wenigen diplomatischen Vermittlungserfolge dargestellt.

Nichts geht mehr ...
Heute liegt sie in Trümmern. Ebenso wie hunderte Lagerhäuser, Lastenkräne, Stege und Schiffe in den größten Häfen der Südukraine: Mariupol, Berdyansk, Cherson, Mykolajiw und Odessa. Seit Mitte Juli geht auch an den Häfen nichts mehr, die die Russen nicht besetzt halten. Wie sich jüngst zeigte, begnügen sich die Invasoren aber längst nicht mehr mit einer mittels regelmäßiger Raketen- und Drohnenangriffe vollzogenen Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen: Ins Visier gerieten zuletzt auch jene, die bis Anfang vergangenen Jahres eine nach allen herkömmlichen Maßstäben vernachlässigbare Größe darstellten.

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Das weitverzweigte Donaudelta liegt zum Teil auch in der Ukraine – ebenso wie einige Häfen, die jetzt Bedeutung erlangen.
Karte des Donaudeltas

Sie tragen die Namen Ismajil (Izmail), Reni und Ust-Dunaisk, und sie liegen an dem Wasserlauf, der heute de facto die letzte Lebensader für die Exporte der Ukraine auf dem Seeweg darstellt: an der Donau, die sie mit neun anderen europäischen Ländern verbindet. Bis zu Kriegsbeginn lagen die Donauhäfen quasi im Dornröschenschlaf. Selbst Ismajil, der größte von ihnen, am linken Donauufer direkt an der Grenze zu Rumänien gelegen, war vor der Invasion nur wenigen ein Begriff. Die gleichnamige Kleinstadt zählt rund 70.000 Einwohner. Ihre relative Bekanntheit verdankt sie seit jeher weniger ihrem Ruf als Hafenstadt denn als Zentrum der Lebensmittelindustrie und als lokales Ausflugsziel für Touristen, die Entspannung in dem unter Naturschutz stehenden WWF-Park "Isles of Izmail" suchen.

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Laut dem lokalen Branchenanalysten Andrey Sizov zeichnen Ismajil und die zwei anderen Donauhäfen heute für ein rundes Drittel aller ukrainischen Ausfuhren von Landwirtschaftsprodukten verantwortlich. Eine Einschätzung, die von einem Sprecher der Ukrainian Sea Ports Authority (USPA) bestätigt wird. Laut Letzterer setzten die drei Donauhäfen allein im Mai drei Millionen Tonnen Waren um – die Hälfte des Volumens, das sie bis vor der Invasion jährlich umschlugen.


... oder doch?
Eine kaum zu unterschätzende Leistung, weil Ismajil, Reni und Ust-Dunaisk keine Tiefseehäfen sind und die meisten Arbeiten dort entsprechend von Lastkähnen bewältigt werden müssen. Um Abhilfe zu schaffen, machte sich die Ukraine seit Kriegsbeginn deshalb unter anderem daran, den Bystre-Kanal weiter zu vertiefen. Der zum Schifffahrtskanal ausgebaute Flussarm im Norden des ukrainischen Donaudeltas verbindet den längsten Fluss der EU mit dem Schwarzen Meer. Der größte Teil der Waren wird flussabwärts geschifft, ins rumänische Constanța. Erst dort werden sie auf größere Frachtschiffe beziehungsweise auf Lkws und Eisenbahnwaggons geladen.


Das Schifffahrtsterminal am ukrainischen Donauhafen Ismajil (Izmail) wurde bereits zum Ziel russischer Drohnenangriffe.
IMAGO/Nina Liashonok

Eine bisher relativ sichere Route, die mit dem Fortgang des Kriegs aber zunehmend gefährdet ist. Zuletzt schlugen in dem an der rumänischen Grenze liegenden Nadelöhr Drohnen ein, die den Boden des Nato-Mitglieds um nur knapp 200 Meter verfehlten und vier teils schwer Verletzte forderten. Der Kreml hatte zuvor gewarnt, dass "alle Schiffe, die in den Gewässern des Schwarzen Meeres ukrainische Häfen anfahren, als potenzielle Träger militärischer Fracht angesehen werden".

Rumänien protestiert
Rumäniens Präsident Klaus Iohannis verurteilte den Angriff auf Twitter so umgehend wie scharf: "Diese jüngste Eskalation birgt ernsthafte Risiken für die Sicherheit im Schwarzen Meer. Sie wirkt sich auch auf den weiteren Getreidetransit in die Ukraine und damit auf die globale Ernährungssicherheit aus."

Als Ergebnis der russischen Angriffe begannen sich in den Donauhäfen umgehend die Frachter zu stauen. Auch wenn sich die Schlange relativ schnell wieder auflöste: Sollten die Russen ihre Angriffe auf Ismajil, Reni und Ust-Dunaisk verstärken, wäre das für die Ukraine eine Katastrophe – darüber herrscht unter lokalen wie internationalen Analysten mittlerweile Einigkeit. Eine Katastrophe, von der manche Landwirte in den EU-Nachbarländern der Ukraine freilich profitieren würden.

In Rumänien und Polen sorgen die ukrainischen Getreideexporte schon seit längerem für Ärger. Die Vertreter der dortigen Agrarlobbys argumentieren, dass ukrainisches Getreide ihre Märkte überschwemme und die Preise drücke. Eine Klage, die nicht nur in Bukarest und Warschau, sondern offenbar auch im Kreml Gehör findet.
(Klaus Stimeder aus Odessa, 9.8.2023)
Wie die Donau zur wichtigen Exportroute der Ukraine wurde
 

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#43
NICHT FÜR EIS GEBAUT
Russische Öltanker fahren nun über Arktis
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Erstmals hat Russland Öltankern die Erlaubnis erteilt, über die Nordroute, also die Arktis, nach China zu fahren. Das Ungewöhnliche daran: Die Schiffe haben keinen verstärkten Rumpf, wie auf vereisten Routen üblich. Umweltschutzorganisationen werfen Moskau vor, das Risiko einer Umweltkatastrophe wissentlich in Kauf zu nehmen, um sein mit westlichen Sanktionen belegtes Rohöl rascher nach China bringen zu können.
Online seit gestern, 23.21 Uhr
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Zwei Öltanker erhielten laut „Financial Times“ bereits im August die Genehmigung, die rund 5.600 Kilometer lange Strecke entlang der nördlichen Küste Russlands zu fahren, obwohl es sich nicht um Eisklasse-Schiffe handelt, deren Rumpf verstärkt ist, um Eismassen brechen und diesen standhalten zu können.

Laut „Financial Times“ („FT“) brachen die beiden Öltanker Anfang September Richtung China auf. Den Nördlichen Seeweg, Teil der Nordostpassage, bezeichnete die Zeitung als „eine der gefährlichsten Eispassagen“. Zudem gibt es entlang der Küste keinerlei Infrastruktur, um im Falle eines Ölaustritts reagieren zu können.

„Zeigt Verzweiflung Russlands“
Fachleute betonten demnach, dass die nicht verstärkten Öltanker im September und Oktober, wenn das Eis am dünnsten ist, weniger gefährdet seien. Aber auch in diesem Zeitfenster bestehe die Gefahr eines Unfalls im Eis.

Laut dem norwegischen Journalisten Malte Humpert, der für „High North News“ als erster über die gefährliche Fahrt eines der beiden Tanker, „Leonid Loza“, berichtete, meinte, das zeige die „Verzweiflung“ Russlands beim Verkauf von Öl. Der Gewinn aus dem Verkauf sei Russland eindeutig wichtiger als die Umwelt. Russland werfe dafür lange befolgte Schutzmaßnahmen gegen das arktische Eis über Bord, um möglichst viel Öl nach China exportieren zu können. Auch Greenpeace Großbritannien spricht von einem unberechenbaren Risiko für die Umwelt, das Moskau damit in Kauf nehme.

IMAGO/TASS/Yuri Smityuk
Blick von einem Eisbrecher auf einen Öltanker, auf dem Weg von Wladiwostok nach Anadyr

Rosatom: Tanker genau untersucht
Auf Anfrage der „Financial Times“ teilte die russische Behörde Rosatom, die die Aufsicht über die Meeresroute innehat, mit, die Tanker seien genauestens untersucht worden, und Umweltüberlegungen hätten eine hohe Priorität. „Die verbesserten Fahrbedingungen im Sommer und Herbst machen eine sichere Fahrt für Nicht-Eisklasse-Schiffe möglich.“

Russland verwendet seit dem Inkrafttreten westlicher Sanktionen im Gefolge des russischen Überfalls auf die Ukraine den Nördlichen Seeweg häufiger. Die Fahrt auf der klassischen Route über den Suezkanal dauert 45 Tage. Gibt es keine Komplikationen, so ist die Fahrt über die Arktisroute um zehn Tage kürzer – und deutlich billiger.

Eis nicht berechenbar
Doch die Fahrt ist – ohne entsprechende Verstärkung des Rumpfs – das ganze Jahr über gefährlich. Denn die Bewegungen des Eises, ausgelöst durch Wellen, Strömungen und Wind, sind schwer vorhersehbar. Und wenn das Eis dünner ist, können die Wellen höher sein, was wiederum eigene Risiken mit sich bringt. Ende Juni mussten laut dem Onlinemagazin Barents Observer selbst mehrere verstärkte russische Öltanker anhalten, weil das Eis stärker war als ihre Eisklasse zuließ. Sie mussten demnach warten, bis Eisbrecher-Eskorten kamen und den Weg freimachten.

Die „Loenid Loza“ ist zwölf, die „NS Bravo“ 13 Jahre alt. Jede hat eine Million Fass Rohöl geladen. Die Zielhäfen sind in China. 2020 beanstandeten russische Behörden Mängel bei der „NS Bravo“ – unter anderem bezüglich Sicherheitsmaßnahmen und Rostschäden am Deck. Grundsätzlich haben alle Öltanker, die seit 1995 gebaut werden, einen doppelten Rumpf, um das Risiko von Ölaustritt zu reduzieren. Wenn beide Rumpfwände beschädigt werden, ist aber weiterhin Ölaustritt möglich.
18.09.2023, guti, ORF.at

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Nicht für Eis gebaut: Russische Öltanker fahren nun über Arktis
 

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#44
WIRTSCHAFTSBOOM
Isolation treibt Russland in Arme Chinas
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Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat die internationale Wirtschaftsordnung verändert – und besonders China hat davon profitiert. Der Handel mit Russland erreichte 2023 ein „Allzeithoch“, insbesondere Autos und Lkws exportierte die Volksrepublik in großem Maße. Für Russland schließt sich damit eine wichtige Importlücke – gleichzeitig nimmt die Abhängigkeit von China aber zu.
Online seit heute, 6.02 Uhr
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Dass staatliche chinesische Medien mittlerweile auch russische Propaganda verbreiten, macht sich laut Berichten der „New York Times“ („NYT“) bereits bemerkbar. Russland sei in China mittlerweile so beliebt, dass Influencerinnen und Influencer in Scharen in die Stadt Harbin, die Hauptstadt von Chinas nördlichster Provinz im Osten, reisen würden, um dort in russischer Kleidung vor einer ehemaligen russischen Kathedrale zu posieren. Und auch russische Schokolade und Wurstwaren sind in chinesischen Supermärkten auf dem Vormarsch.

Chinas Staats- und Regierungschef Xi Jinping bezeichnete die engen Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und Russland zuletzt als „strategische Entscheidung“ beider Seiten. Diese basiere auf den „grundlegenden Interessen beider Völker“, sagte Xi dem Staatssender CCTV zufolge dem russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin bei dessen Besuch in Peking.

Reuters/Thomas Peter
Die ehemalige russische Kathedrale in der Stadt Harbin ist ein beliebtes Reiseziel in China

Beziehungen erreichen „Allzeithoch“
Beide Länder sollten „die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Energie, Vernetzung und anderen Gebieten vertiefen“, so Xi weiter. Mischustin sagte Protokollen zufolge bei einem Treffen mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang Mitte Dezember, die Beziehungen zwischen Moskau und Peking hätten inzwischen ein „Allzeithoch“ erreicht.

Tatsächlich ist China derzeit Russlands größter Handelspartner. Chinesische Zolldaten zeigen, dass der Handel zwischen den beiden Ländern im vergangenen Jahr ein Rekordvolumen von 190 Milliarden Dollar (173,33 Mrd. Euro) erreichte. Vor allem die Grenzstadt Heihe sei ein „Mikrokosmos“ der immer engeren wirtschaftlichen Beziehungen Chinas zu Russland, schreibt die „NYT“. Sie liegt an der Grenze zwischen China und Russland und ist nur 750 Meter von Blagoweschtschensk, der nächstgelegenen russischen Stadt, entfernt.

China profitiere von Russlands Einmarsch in der Ukraine, der Russland dazu veranlasst hat, seine Importe von anderen Regionen der Welt zu beziehen, so die „NYT“ weiter. So waren deutsche Hersteller wie Mercedes-Benz und BMW in den letzten Jahren stark in Russland vertreten, zogen sich zuletzt aber im Zuge der Russland-Sanktionen zurück. Das mache den Weg frei für China, das die Lücke vor allem im Fahrzeugbereich nun für sich reklamiert.

IMAGO/ZUMA Press
In der chinesischen Stadt Heihe finden sich in zahlreichen Supermärkten russische Produkte

China weltgrößter Autoexporteur
Laut GlobalData Automotive dominieren chinesische Autohersteller aktuell 55 Prozent des russischen Marktes – 2021 waren es noch acht Prozent. „Niemals zuvor haben wir gesehen, dass Autohersteller aus einem einzigen Land so schnell so viele Marktanteile erobern konnten – die Chinesen haben einen Glücksfall erlebt“, zitiert die „NYT“ den asiatischen Automobilberater Michael Dunne. Die Verkäufe hätten dazu beigetragen, dass China in diesem Jahr Japan als weltgrößten Autoexporteur überholt habe.

China profitiert von der Situation Russlands gleich doppelt – denn die Russen kaufen fast ausschließlich Autos mit Verbrennungsmotor. China will seinerseits einen Überschuss an Verbrennern loswerden, weil dort der E-Auto-Markt boomt. Zudem können die Autos per Zug nach Russland transportiert werden – was der Volksrepublik gelegen komme, da sie über keine eigene Flotte von Transportschiffen für den Export von Fahrzeugen verfügt.

Russische Familien der unteren Mittelklasse und ärmere Familien, deren Angehörige den Großteil der Soldaten stellen, würden zunehmend auf erschwingliche chinesische Autos setzen, so Alexander Gabuew, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, gegenüber der „NYT“. Ein Grund dafür seien die Sterbe- und Invaliditätszahlungen, die die russische Regierung an die Familien der russischen Soldaten leiste und die bis zu 90.000 Dollar betragen könnten.

Billiges Erdöl und Erdgas für China
Und auch die nach den strengen Coronavirus-Maßnahmen strauchelnde chinesische Bauindustrie konnte von den guten Beziehungen zu Russland profitieren. So stelle Russland China als Gegengeschäft günstiges Erdöl und Erdgas zur Verfügung. Das wiederum habe chinesischen Fabriken geholfen, auf den Weltmärkten zu konkurrieren, während andere Länder mit stark gestiegenen Energiekosten kämpfen würden, so die „NYT“.
Der Immobilienmarkt befindet sich in China zudem nach wie vor in der Krise – und einige Arbeiterinnen und Arbeiter finden laut „NYT“-Angaben Jobs an der russischen Grenze. Chinas Exporte seien so stark gestiegen, dass chinesische Bauarbeiter im Sommer an der Grenze Lagerhäuser und 20-stöckige Bürotürme gebaut hätten.

Reuters/Maxim Shemetov
Russland stellt China vergleichsweise günstiges Erdgas und Erdöl zur Verfügung

Balanceakt für China
Die zunehmende Isolierung vom Westen treibe Russland jedenfalls immer stärker in die Arme Chinas, schreibt die „Frankfurter Rundschau“. China nutze zudem Russlands Lage, um die Internationalisierung des in Yuan gezählten Renminbi voranzutreiben. Seit dem Ukraine-Krieg ist Russland vom internationalen SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen und kann keine Kredite in US-Dollar oder Euro aufnehmen oder seinen Außenhandel mit westlichen Währungen abwickeln.

Das Volumen der von China mit Renminbi besicherten Kredite an russische Finanzinstitute hat sich laut „Financial Times“ seit Beginn des Krieges mehr als vervierfacht. Die Regierung in Peking sehe das Renminbi-Angebot als Teil ihres Strebens nach einer multipolaren Welt- und Finanzordnung, damit der US-Dollar nicht alleinige Reservewährung bleibt, so die „Frankfurter Handelsschau“.

Trotz finanziell positiver Aussichten bleibt Chinas Engagement in Russland aber ein Balanceakt. Denn auch mit westlichen Partnern möchte sich China seine Wirtschaftsbeziehungen aufrechterhalten. Peking hat es stets abgelehnt, Moskaus Einmarsch in die Ukraine zu verurteilen. Westliche Staaten haben die Volksrepublik für ihre nach eigenen Angaben neutrale Haltung zum Ukraine-Krieg regelmäßig scharf kritisiert.
22.12.2023, moha, ORF.at

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Wirtschaftsboom: Isolation treibt Russland in Arme Chinas
 

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#45
RUSSLAND
Öl fließt fast gänzlich nach China und Indien
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Das wegen seiner Offensive in der Ukraine mit westlichen Sanktionen belegte Russland hat seine Ölexporte nach eigenen Angaben fast vollständig nach China und Indien umgeleitet. 45 bis 50 Prozent der russischen Erdölausfuhren würden an China geliefert, 40 weitere Prozent an Indien, sagte der für Energie zuständige Vizeministerpräsident Alexander Nowak am Mittwoch dem russischen Fernsehsender Rossia 24.
Online seit heute, 15.43 Uhr
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Während „wir vorher 40 bis 45 Prozent des Exportvolumens an Erdöl und Erdölprodukten an Europa geliefert haben, erwarten wir, dass diese Zahl bis Ende des Jahres nicht mehr als vier der fünf Prozent betragen wird“, fuhr er fort.

Russland wird laut Nowak mit seinen Exporten 2023 Einnahmen von umgerechnet etwa 88 Milliarden Euro erzielen. Damit lägen die Einnahmen auf einem vergleichbaren Niveau wie im Jahr 2021, sagte der Politiker.

Nach Sanktionen: Moskau suchte neue Abnehmer
Die Öl- und Gasindustrie macht laut Nowak 27 Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts sowie 57 Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus. Russland musste angesichts der westlichen Sanktionen neue Märkte für seine Erdgasexporte finden. Die westlichen Länder sahen sich ihrerseits gezwungen, neue Lieferanten zu verpflichten.

„Viele Leute wollen russisches Erdöl oder Erdölprodukte kaufen“, sagte Nowak weiter. „Es handelt sich um Länder aus Lateinamerika, afrikanische Länder und andere Länder der Asien-Pazifik-Region.“

Indien verkauft raffiniertes Öl an Europa weiter
Indien etwa hatte zuvor fast keine Lieferungen aus Russland bezogen. Das Land profitiert nun aber vom Kauf des stark vergünstigten Rohöls aus Russland, welches es raffiniert und an europäische Kunden weiterverkauft. Diese Käufe sind zwar legal, doch umgehen sie nach Einschätzung von Kritikern und Kritikerinnen die westlichen Sanktionen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte sich angesichts dessen bereits im Mai alarmiert gezeigt. „Wenn Diesel oder Benzin aus Indien nach Europa kommt und mit russischem Öl hergestellt wird, ist das sicherlich eine Umgehung der Sanktionen, und die Mitgliedsstaaten müssen Maßnahmen ergreifen“, forderte der Chefdiplomat gegenüber der „Financial Times“ damals.

APA/AFP/Biju Boro
Der Zugang zu günstigem russischem Rohöl hat Produktion und Gewinne der indischen Raffinerien in die Höhe getrieben

Russlands Rupien-Milliarden
Russlands Außenminister Sergej Lawrow gestand in den vergangenen Monaten allerdings auch ein, dass Russland „Milliarden Rupien angehäuft“ habe, für die es noch keine Verwendung gefunden habe. Indien soll Russland einem Bloomberg-Bericht vom September zufolge angeboten haben, jene Rupien wieder in die eigene indische Wirtschaft zu investieren.

Am Mittwoch wurde nach einem Treffen Lawrows mit seinem indischen Kollegen Subrahmanyam Jaishankar zudem bekannt, dass Russland und Indien bei der Produktion von Rüstungsgütern enger zusammenarbeiten möchten. Es geht laut Lawrow sowohl um die gemeinsame Herstellung moderner Waffentypen als auch um Rüstungsproduktion im Rahmen des indischen Programms „Make in India“ (Produziere in Indien).

China, welches das meiste russische Öl erhalten dürfte, ist derzeit Russlands größter Handelspartner. China profitiere von der russischen Invasion in der Ukraine, schrieb kürzlich auch die „New York Times“. Denn anstatt vom Westen würde Russland Autos wie auch Computerchips fortan aus China beziehen. „Russland wiederum hat Öl und Erdgas mit hohen Preisnachlässen an China verkauft“, hieß es dort weiter.

Russland beschloss Kürzung von Ölfördermengen
Russland hatte Ende November in Übereinstimmung mit anderen Ländern des Ölkartells OPEC+ entschieden, seine Ölfördermengen weiter zu kürzen, um die Preise anzukurbeln. Zur OPEC+ gehören neben der von Saudi-Arabien angeführten Gruppe der Organisation erdölexportierender Länder auch deren zehn Partnerländer, darunter Russland.

Nowak äußerte sich auch zum russischen Flüssiggasprojekt Arctic LNG 2. Das Projekt sei in Gang gesetzt worden, obwohl US-Sanktionen den Start bedroht hätten, sagte er. „Die Anlage Arctic LNG 2 befindet sich derzeit im Bau, und die erste Etappe hat bereits den Betrieb aufgenommen. Wir erwarten, dass die ersten Lieferungen aus diesem Projekt im ersten Quartal des nächsten Jahres zustandekommen“, sagte Nowak.
Russland produziert derzeit acht Prozent des weltweiten Flüssigerdgases. Bis 2035 beabsichtige Moskau, 15 bis 20 Prozent der weltweiten Produktion zu erreichen, fügte Nowak hinzu. Das wären etwa 100 Millionen Tonnen jährlich.
27.12.2023, kale, ORF.at/Agenturen

Russland: Öl fließt fast gänzlich nach China und Indien
 
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