Militärtechnik
Riesiges Kriegsschiff aus China wurde nur durch Zufall entdeckt
Ein neuer, nie zuvor gesehener Träger wurde auf Satellitenaufnahmen gesehen. Er muss in Rekordzeit gebaut worden sein
Die Marine der chinesischen Volksbefreiungsarmee rüstet in Rekordzeit auf.
REUTERS/Florence Lo
Riesiges Kriegsschiff aus China wurde nur durch Zufall entdeckt
Riesiges Kriegsschiff aus China wurde nur durch Zufall entdeckt
Ein neuer, nie zuvor gesehener Träger wurde auf Satellitenaufnahmen gesehen. Er muss in Rekordzeit gebaut worden sein
Die Marine der chinesischen Volksbefreiungsarmee rüstet in Rekordzeit auf.
REUTERS/Florence Lo
Ein geheimnisvolles neues Trägerschiff der chinesischen Marine gibt der Fachwelt aktuell Rätsel auf: Ist es ein vollwertiger Flugzeugträger? Eine mobile Seebasis für Drohnen? Oder doch nur ein Forschungsschiff von dem aus Flugzeuge zur Meeresforschung gestartet werden? Oder gar möglicherweise alle drei Möglichkeiten gleichzeitig?
Dass China aktuell mit allen Kräften aufrüstet, ist nicht neu. Das Tempo, mit dem aktuell neues Kriegsmaterial gebaut wird, erstaunt aber dennoch. Nun wurde auf Satellitenbildern eine komplett neue Schiffsklasse mit einem großen flachen Flugdeck ausgemacht. Allzu viel ist über das 200 Meter lange und rund 40 Meter breite Schiff nicht bekannt. Aber so viel ist klar: Es muss in Rekordzeit gebaut worden sein.
Plötzlich war der Träger da
Der Militärberater und ehemalige U-Boot-Offizier Tom Shugart hat das mysteriöse Schiff auf Satellitenfotos in einer auf einer Insel gelegenen Werft in der Nähe von Guangzhou im Südosten Chinas entdeckt. Eigentlich wollte sich Shugart ein anderes mysteriöses Schiff ansehen. Denn in der Werft befindet sich auch eine Seedrohne, die mit ihrem Aufbau an einen Hochgeschwindigkeits-Trimaran erinnert. An dieser Drohne wird dort seit 2022 gearbeitet, und der Analyst wollte den Baufortschritt beobachten. Plötzlich war neben der Drohne ein gewaltiges Schiff mit einem Flugdeck aufgetaucht.
Es scheint sich um ein Schiff mit zwei Inseln, also zwei Deckaufbauten, zu handeln. Eine dieser Inseln befindet sich in der Mitte der Steuerbordseite, also rechts, die zweite kleinere Insel ist in Richtung Bug vorgeschoben. Bleibt die Frage: Was ist das für ein Schiff? Die Konfiguration erinnert stark an leichte Flugzeugträger. Es könnte sich aber auch um einen Helikopterträger handeln. Jedoch teilt sich das mysteriöse Schiff auch Designelemente mit einem schweren Landungsfahrzeug. Diese Schiffe sind in der Lage, Truppen und Material anzulanden, und sind dabei nicht auf Hafeninfrastruktur angewiesen.
Dass das Schiff extrem schnell gebaut worden sein muss, belegen Satellitenaufnahmen. Auf hochauflösenden Bildern vom Mai ist noch kein Hinweis auf ein solches Großprojekt zu sehen. Im August ist das Schiff in einem Trockendock zu erkennen. Zwischen dem 10. September und dem 9. Oktober muss es irgendwann zu Wasser gelassen worden sein. Ein Satellitenbild vom 23. Oktober zeigt weitere Baufortschritte. Offenbar steht das Flugdeck kurz vor der Fertigstellung.
Werft baut eigentlich zivile Schiffe
Der Schiffsbauer, Guangzhou Shipyard International, ist eigentlich nicht für den Bau militärischer Wasserfahrzeuge bekannt. Zumindest in der Öffentlichkeit wird das Unternehmen als ziviler Betrieb dargestellt. So wurden in der Vergangenheit Öltanker, Frachtschiffe oder schwimmende Kräne gebaut, wie The War Zone berichtet.
Dass die Werft allerdings auch militärisch genutzt wird, legen Satellitenaufnahmen aus der Vergangenheit nahe. So wurden hier schon Hovercrafts der Zubr-Klasse aus der Sowjet-Ära unter Lizenz gefertigt. Außerdem wurden hier bereits Hilfs- und Versorgungsschiffe der chinesischen Armee gebaut sowie der eingangs erwähnte Trimaran. Dass ein kleiner Flugzeugträger oder ein großes Landungsfahrzeug gebaut wird, ist hingegen weniger überraschend: Die Marine der Volksbefreiungsarmee rüstet aktuell massiv auf. Die Aufrüstungspläne umfassen Flugzeugträger, große Landungsfahrzeuge, fortschrittliche U-Boote und andere Kampfschiffe. Prominentestes Beispiel ist das Type 076. Dabei handelt es sich im Grunde um einen gewaltigen Drohnenträger, der in der Fachliteratur auch schon als "Monster" bezeichnet wurde. Das neu aufgetauchte Schiff ist nur unwesentlich kleiner.
Die Liaoning basiert auf der Admiral-Kusnezow-Klasse.
REUTERS
Dieses möglicherweise als Type 077 bezeichnete Schiff, dürfte jedenfalls die operativen Möglichkeiten der chinesischen Marine deutlich erweitern. Bislang verfügt diese über drei Flugzeugträger: Die relativ neue Fujian ist ein moderner Flugzeugträger, die in ihrer Größe nur den US-Supercarriern nachsteht. Der zweite Flugzeugträger im Arsenal der Chinesen ist die Shandong, ein Träger, der auf der Admiral-Kusnezow-Klasse basiert, aber deutlich leistungsfähiger und besser in Schuss ist als Russlands Katastrophen-Träger. Der Rumpf der Liaoning wurde als Schwesterschiff der Admiral-Kusnezow konzipiert. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde er von der Ukraine aber an China verkauft.
Ein angebliches Forschungsschiff
Wie das neue Schiff so schnell gebaut werden konnte, lässt sich laut dem Analytiker Shugart möglicherweise damit erklären, dass es sich auch um ein umgebautes Zivilschiff handeln könnte. Es besteht nämlich durchaus die Möglichkeit, dass es sich um ein adaptiertes mutmaßliches Forschungsschiff handelt. Im Jahr 2022 wurden Pläne öffentlich, wonach die chinesische Regierung den Bau von Schiffen mit großen Flugdecks angeordnet hat. Deren offizieller Zweck: die Ozeanforschung.
Unabhängig überprüfen lässt sich das freilich nicht. Wie man bei TWZ betont, ist gerade in China die Grenze zwischen zivilem und militärischem Gerät oft fließend, und der eigentliche Zweck von Neuentwicklungen wird oft verschleiert.
Ein ziviles Schiff, das zufällig der Konfiguration eines großen militärischen Landungsfahrzeuges entspricht, wäre zumindest weltweit einzigartig. Dass es sich bei dem neuen Schiff um einen Test oder Versuchsaufbau handelt, schließt Shugart jedoch aus: Dafür ist es seiner Meinung nach zu groß.
(Peter Zellinger, 31.10.2024)
Dass China aktuell mit allen Kräften aufrüstet, ist nicht neu. Das Tempo, mit dem aktuell neues Kriegsmaterial gebaut wird, erstaunt aber dennoch. Nun wurde auf Satellitenbildern eine komplett neue Schiffsklasse mit einem großen flachen Flugdeck ausgemacht. Allzu viel ist über das 200 Meter lange und rund 40 Meter breite Schiff nicht bekannt. Aber so viel ist klar: Es muss in Rekordzeit gebaut worden sein.
Plötzlich war der Träger da
Der Militärberater und ehemalige U-Boot-Offizier Tom Shugart hat das mysteriöse Schiff auf Satellitenfotos in einer auf einer Insel gelegenen Werft in der Nähe von Guangzhou im Südosten Chinas entdeckt. Eigentlich wollte sich Shugart ein anderes mysteriöses Schiff ansehen. Denn in der Werft befindet sich auch eine Seedrohne, die mit ihrem Aufbau an einen Hochgeschwindigkeits-Trimaran erinnert. An dieser Drohne wird dort seit 2022 gearbeitet, und der Analyst wollte den Baufortschritt beobachten. Plötzlich war neben der Drohne ein gewaltiges Schiff mit einem Flugdeck aufgetaucht.
Es scheint sich um ein Schiff mit zwei Inseln, also zwei Deckaufbauten, zu handeln. Eine dieser Inseln befindet sich in der Mitte der Steuerbordseite, also rechts, die zweite kleinere Insel ist in Richtung Bug vorgeschoben. Bleibt die Frage: Was ist das für ein Schiff? Die Konfiguration erinnert stark an leichte Flugzeugträger. Es könnte sich aber auch um einen Helikopterträger handeln. Jedoch teilt sich das mysteriöse Schiff auch Designelemente mit einem schweren Landungsfahrzeug. Diese Schiffe sind in der Lage, Truppen und Material anzulanden, und sind dabei nicht auf Hafeninfrastruktur angewiesen.
Dass das Schiff extrem schnell gebaut worden sein muss, belegen Satellitenaufnahmen. Auf hochauflösenden Bildern vom Mai ist noch kein Hinweis auf ein solches Großprojekt zu sehen. Im August ist das Schiff in einem Trockendock zu erkennen. Zwischen dem 10. September und dem 9. Oktober muss es irgendwann zu Wasser gelassen worden sein. Ein Satellitenbild vom 23. Oktober zeigt weitere Baufortschritte. Offenbar steht das Flugdeck kurz vor der Fertigstellung.
Werft baut eigentlich zivile Schiffe
Der Schiffsbauer, Guangzhou Shipyard International, ist eigentlich nicht für den Bau militärischer Wasserfahrzeuge bekannt. Zumindest in der Öffentlichkeit wird das Unternehmen als ziviler Betrieb dargestellt. So wurden in der Vergangenheit Öltanker, Frachtschiffe oder schwimmende Kräne gebaut, wie The War Zone berichtet.
Dass die Werft allerdings auch militärisch genutzt wird, legen Satellitenaufnahmen aus der Vergangenheit nahe. So wurden hier schon Hovercrafts der Zubr-Klasse aus der Sowjet-Ära unter Lizenz gefertigt. Außerdem wurden hier bereits Hilfs- und Versorgungsschiffe der chinesischen Armee gebaut sowie der eingangs erwähnte Trimaran. Dass ein kleiner Flugzeugträger oder ein großes Landungsfahrzeug gebaut wird, ist hingegen weniger überraschend: Die Marine der Volksbefreiungsarmee rüstet aktuell massiv auf. Die Aufrüstungspläne umfassen Flugzeugträger, große Landungsfahrzeuge, fortschrittliche U-Boote und andere Kampfschiffe. Prominentestes Beispiel ist das Type 076. Dabei handelt es sich im Grunde um einen gewaltigen Drohnenträger, der in der Fachliteratur auch schon als "Monster" bezeichnet wurde. Das neu aufgetauchte Schiff ist nur unwesentlich kleiner.
Die Liaoning basiert auf der Admiral-Kusnezow-Klasse.
REUTERS
Dieses möglicherweise als Type 077 bezeichnete Schiff, dürfte jedenfalls die operativen Möglichkeiten der chinesischen Marine deutlich erweitern. Bislang verfügt diese über drei Flugzeugträger: Die relativ neue Fujian ist ein moderner Flugzeugträger, die in ihrer Größe nur den US-Supercarriern nachsteht. Der zweite Flugzeugträger im Arsenal der Chinesen ist die Shandong, ein Träger, der auf der Admiral-Kusnezow-Klasse basiert, aber deutlich leistungsfähiger und besser in Schuss ist als Russlands Katastrophen-Träger. Der Rumpf der Liaoning wurde als Schwesterschiff der Admiral-Kusnezow konzipiert. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde er von der Ukraine aber an China verkauft.
Ein angebliches Forschungsschiff
Wie das neue Schiff so schnell gebaut werden konnte, lässt sich laut dem Analytiker Shugart möglicherweise damit erklären, dass es sich auch um ein umgebautes Zivilschiff handeln könnte. Es besteht nämlich durchaus die Möglichkeit, dass es sich um ein adaptiertes mutmaßliches Forschungsschiff handelt. Im Jahr 2022 wurden Pläne öffentlich, wonach die chinesische Regierung den Bau von Schiffen mit großen Flugdecks angeordnet hat. Deren offizieller Zweck: die Ozeanforschung.
Unabhängig überprüfen lässt sich das freilich nicht. Wie man bei TWZ betont, ist gerade in China die Grenze zwischen zivilem und militärischem Gerät oft fließend, und der eigentliche Zweck von Neuentwicklungen wird oft verschleiert.
Ein ziviles Schiff, das zufällig der Konfiguration eines großen militärischen Landungsfahrzeuges entspricht, wäre zumindest weltweit einzigartig. Dass es sich bei dem neuen Schiff um einen Test oder Versuchsaufbau handelt, schließt Shugart jedoch aus: Dafür ist es seiner Meinung nach zu groß.
(Peter Zellinger, 31.10.2024)