Rumänische Kriegsgefangene Pulverfabrik Moosbierbaum

M

mammut2

Nicht mehr aktiv
#1
Ich bin auf folgenden Bericht wohlgemerkt 1. Weltkrieg gestoßen. Mich würde interessieren ob das Schicksal der rumänischen Kriegsgefangenen in Moosbierbaum erforscht ist, weiß jemand ob es Material/Archive dazu gibt?

Zitat aus "Kinder im Ersten Weltkrieg" S66 http://www.boehlau-verlag.com/978-3-205-05498-6.html
Es ist eine Erinnerung von Hermine Kominek (geb. Brunner).

In der Nähe unseres Dorfes gab es die Pulverfabrik Moosbierbaum (heute steht ein Dampfkraftwerk dort), dahin wurden einige hundert rumänische Kriegsgefangene gebracht. Die Behandlung diser Menschen war unbeschreiblich. Sie bekamen nur schwarzen "Kafee" und gekochte Rübenblätter, wahrscheinlich auch ein Stück Brot zu essen. Die meisten starben an Hunger oder Ruhr. Außerdem konnte sich jeder Sadist an ihnen austoben. Ohne ersichtliche Ursache, wegen einer Kleinigkeit, wurden sie geschlagen, viele zu Tode geprügelt, kein Mensch frage nach ihnen. Ja da wurden wir Kinder auf dem Schulweg mit den schrecklichsten Bildern konfrontiert. Da sahen wir die Toten in den Straßengräben liegen. Täglich fuhr ein Pferdewagen durch die Gegend und sammelte die Toten ein. Die paar Überlebenden strömten sonntags in die Dörfer und bettelten um ein Stück Brot oder ein paar gekochte Erdäpfel. Einige barmherzige Menschen gab es ja. Auch meine Mutter gab, was sie nur konnte. Wir hatten schon unsere "Stammkunden", die unendlich dankbar waren, wenn sie oft eine heiße Suppe bekamen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
Rumänische Kriegsgefangene im WKI in Moosbierbaum

Ich bin auf folgenden Bericht wohlgemerkt 1. Weltkrieg gestoßen. Mich würde interessieren ob das Schicksal der rumänischen Kriegsgefangenen in Moosbierbaum erforscht ist, weiß jemand ob es Material/Archive dazu gibt?
Den Einsatz, die katastrophalen Lebensumstände usw. der rumänischen Kriegsgefangenen bei den "Skodawerken Wetzler AG" beschreibt Richard Richter im Buch

"Das Werden der Donau Chemie AG";
Eigenverlag "Richter KEG";
Zwentendorf 2002
lg
josef
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Rumänenfriedhof Zwentendorf

Auf der Geocacheseite http://www.geocaching.com/geocache/GC23TBP_rumanenfriedhof?guid=cc1a1e7b-e17f-4b5c-8e7e-6fcd0ed8ad58 ist ein Auszug der Seite 117 des vorgenannten Buches und ein Foto des Eingangsportales zum Friedhof zu finden:
Der Rumänenfriedhof in Zwentendorf

Rumänien hatte am 27. 08. 1916 Österreich bzw. den Mittelmächten den Krieg erklärt.

Die Rumänischen Kriegsgefangenen wurden zum Aufbau der Pulverfabrik herangezogen, sämtliche Transporte gingen über das ungarische Ostffyasszonyfa. Es wurden nördlich und südlich der Zufahrt zum Tor 2 ein Barackenlager für die Kriegsgefangenen errichtet. Ihre hauptsächliche Tätigkeit beim Bau der Pulverfabrik war, den Erdaushub zu besorgen.

Durch die im vorhergegangenen Bericht geschilderten hygienischen Unzulänglichkeiten und den Auszehrungen durch Kriegseinsatz, Gefangenenlager und transport und der damit verbundenen schlechten Ernährung, starben viele der Kriegsgefangenen fern ihrer Heimat.

Die ersten toten Rumänen, die in Zwentendorf begraben wurden, waren 5 Mann, welche am 16. 3. 1917 verstarben, dann ging es pausenlos weiter.

17. 3. 1917 3 Mann
18. 3. 1917 2 Mann
19. 3. 1917 1 Mann
21. 3. 1917 2 Mann
22. 3. 1917 4 Mann
23. 3. 1917 1 Mann
24. 3. 1917 1 Mann
25. 3. 1917 2 Mann
26. 3. 1917 1 Mann
27. 3. 1917 1 Mann
28. 3. 1917 2 Mann
30. 3. 1917 4 Mann
31. 3. 1917 1 Mann
01. 4. 1917 2 Mann
02. 4. 1917 5 Mann
03. 4. 1917 4 Mann
04. 4. 1917 3 Mann
05. 4. 1917 1 Mann
06. 4. 1917 2 Mann
07. 4. 1917 2 Mann
08. 4. 1917 5 Mann
09. 4. 1917 3 Mann
10. 4. 1917 7 Mann
11. 4. 1917 3 Mann
12. 4. 1917 4 Mann
13. 4. 1917 8 Mann
14. 4. 1917 4 Mann
15. 4. 1917 3 Mann
16. 4. 1917 1 Mann
17. 4. 1917 2 Mann
18. 4. 1917 4 Mann
19. 4. 1917 5 Mann
20. 4. 1917 5 Mann
21. 4. 1917 2 Mann
22. 4. 1917 4 Mann
23. 4. 1917 2 Mann
24. 4. 1917 9 Mann

Das sind innerhalb von 40 Tagen 120 Tote!

Als Todesursache wurde stets „Erschöpfung“ angegeben. Die Beerdigung erfolgte nach orthodoxem Ritus und wurde von einem Feldkurat namens Johann IMBROANE vorgenommen.

Die bis 24. 04. 1917 im Lager verstorbenen Rumänen wurden vorerst zu zweit in einem Grab auf dem Ortsfriedhof von Zwentendorf beigesetzt. Die Toten, der nach Tulln ins Kriegsspital verlegten Rumänen (über 60 Mann), wurden in einer Abteilung des dortigen Stadtfriedhofes beerdigt.

Der damalige Pfarrer von Zwentendorf (Engelbert Hetzendorfer, 1913 1933) war durch die Platznot auf dem kircheneigenen Friedhof genötigt, an die Leitung der Pulverfabrik, wegen der Neuanlage eines Rumänenfriedhofes heranzutreten.

Die Pfarre Zwentendorf verkaufte am 22. 04. 1917 an die Pulverfabrik ein ihr eigenes Grundstück in der Größe von 200 Quadratklafter = ca. 720 m2 (Ackerparzelle EZ 415) im SO von Zwentendorf. Kaufpreis 450 Kronen. Das Grundstück ging 1925 in den Besitz der Repuplik Österreich über.

All die später verstorbenen rumänischen Kriegsgefangenen wurden schon auf dem neugeschaffenen Rumänenfriedhof beerdigt. Bis Ende 1917 waren dies 35 verstorbene Rumänen. Die bis zum 24. 04. 1917 verstorbenen rumänischen Kriegsgefangenen, 120 Mann, welche am Ortsfriedhof beerdigt worden waren, wurden im Jahr 1929 exhumiert und auf dem neu geschaffenen RUMÄNENFRIEDHOF zur letzten Ruhe gelegt.

Die Gräber der Rumänen befanden sich im NW des Ortsfriedhofes und wurden nach der Exhumierung in späterer Folge als Kinderfriedhof benutzt. (Heute nicht mehr erkennbar)

Es wirft sich die Frage auf, was bewog den Pfarrer den Platz der Rumänenbeerdigungen als Kinderfriedhof zu nutzen, war die heilige Erde durch den orthotoxen Ritus entweiht?

Am 30. Mai 1930 wurde der Rumänenfriedhof im Beisein des Rumänischen Gesandten Dr. Gaius BREDICEANU nach russisch-orthotoxem Ritus eingeweiht.

Am 1. September 1932 kam die Königsmutter Maria von Rumänien und ihre Tochter, Exkönigin Helene von Griechenland den Friedhof besuchen.

Am 8. Mai 1960 kam eine Delegation der rumänisch katholischen Mission zu einer Ehrung der Verstorbenen nach Zwentendorf und legte einen Kranz nieder.
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#4
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#5
Rumänische Kriegsgefangene im WKI bei der "Pulverfabrik Skodawerke -Wetzler AG" in Moosbierbaum und Rumänenfriedhof Zwentendorf (Teil 1)

Da dieses Thema wieder aus der "Versenkung" auftauchte, 2 Textpassagen dazu aus dem Buch von
Richard Richter; "Das Werden der Donau Chemie AG"; Eigenverlag "Richter KEG"; Zwentendorf 2002:


1. Rumänische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter beim Aufbau der Pulverfabrik
(Textauszug S. 51 - 53)
1531032531515.png
1531032598158.png
1531032664811.png
1531032729158.png

1531032811349.png
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#6
Rumänische Kriegsgefangene im WKI bei der "Pulverfabrik Skodawerke -Wetzler AG" in Moosbierbaum und Rumänenfriedhof Zwentendorf (Teil 2)

2. Rumänenfriedhof Zwentendorf
(Seiten 117 - 121)

1531033403182.png
1531033472253.png
1531033536411.png
1531033587194.png
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#7
GEDENKVERANSTALTUNG
„Vergessene Opfer“: Friedhofssegnung in Zwentendorf
NÖN Tulln, 19. NOVEMBER 2022
Lena Grolig

Rund 40 Personen nahmen an der Gedenkfeier mit Friedhofssegnung in Zwentendorf teil.
FOTO: BMI/Jürgen Makowecz

Zum Jahrestag der Beendigung des 1. Weltkrieges lud Innenministerium zu einer Andacht auf Rumänenfriedhof.

Aus diesem Anlass wurde der Rumänenfriedhof saniert. Zu dessen Segnung lud die „Historische Abteilung“ des Innenministeriums zahlreiche Ehren- und Festgäste. Unter Teilnahme des rumänischen Botschafters in Österreich, Emil Hurezeanu, wurde gemeinsam mit rund 40 Personen seitens der Gemeinde, des Landes NÖ, des Bundesheeres, der Landespolizeidirektion, der katholischen und der rumänisch-orthodoxen Kirche sowie des Kameradschaftsbundes und des Österreichischen Schwarzen Kreuzes den Opfern des Ersten gedacht.

„Der Erste Weltkrieg ist weitgehend aus unserer Erinnerung verschwunden. Mit ihm nicht nur die Millionen Opfer, sondern auch die vielen Kriegsgefangenen. Dieser Opfergruppe möchten wir exemplarisch ein würdiges Gedenken ermöglichen“, sagte Stephan Mlczoch, Abteilungsleiter für historische Angelegenheiten, im Rahmen der Veranstaltung.

Der Landtagsabgeordnete Bernhard Heinreichsberger betonte, mit Bezug auf die gegenwärtigen kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa, die Fragilität von Frieden und Freiheit: „Der Einsatz für Frieden auf unserem Kontinent ist nie abgeschlossen, sondern bedarf permanenter gemeinsamer Anstrengung.“.

Höhepunkt des durch die Polizeimusik Niederösterreich musikalisch umrahmten Festakts war eine ökumenische Andacht, die der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Dura und der katholische Pfarrer Sanocki gemeinsam zelebrierten. Für das Innenministerium erwiesen der Landespolizeidirektor-Stellvertreter Johannes Peham und Abteilungsleiter Stephan Mlczoch den Opfern die Ehre.

Zum Rumänenfriedhof Zwentendorf
In den Jahren 1916 bis 1918 wurden rumänische Kriegsgefangene zur Errichtung der Pulverfabrik „Skodawerke-Wetzler AG“ in Moosbierbaum – Pischeldorf herangezogen. Durch die Folgen des Kriegseinsatzes, Transports, Auszehrung, wie auch aufgrund der hygienischen Unzulänglichkeiten im Gefangenenlager, schlechter Ernährung und Behandlung verstarben viele von ihnen. Seit 1930 sind dort insgesamt 155 rumänische Kriegsgefangene auf dem sogenannten „Rumänenfriedhof“ bestattet, für dessen Erhalt das Bundesministerium für Inneres im Rahmen der Kriegs- und Opfergräberfürsorge zuständig ist.
„Vergessene Opfer“: Friedhofssegnung in Zwentendorf
 
Oben