Salzburg: Schutz für geologische Naturdenkmäler verlangt

josef

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Schutz für geologische Naturdenkmäler verlangt

Geotope - in Analogie zu Biotopen - sind besondere Landschaftsformen, die der Salzach-Gletscher in Salzburg vor Jahrtausenden geformt hat. Geographen wollen jetzt diese Naturdenkmäler aus der letzten Eiszeit schützen.

Mächtige Gletscher, wie der Salzach-Gletscher, formten während der letzten zwei Millionen Jahre die Landschaft Salzburgs. Die Gletscher wuchsen und zogen sich immer wieder zurück. Am Gipfel des Nocksteins zeigen die Geografen Horst Ibetsberger und Markus Häupl heute, ein kreisrundes Loch im Fels, einen sogenannten Gletschertopf.

Gletscherrelikte am Nockstein zu sehen
Der Gletschertopf ist ungefähr 400.000 Jahre alt, stammt aus der vorvorletzten Eiszeit, der Mindeleiszeit, erklärt Ibetsberger. „Damals war der Nockstein ungefähr 30 Meter mit Eis überdeckt. Durch eine Gletscherspalte konnte Wasser hier hereinschießen und diesen Gletschertopf schaffen“, sagt Ibetsberger.

„Geotope weniger geläufig als Biotope“
In Eugendorf kann man heute noch hausgroße Konglomeratfelsen sehen, die der Gletscher vom Mönchsberg in den nördlichen Flachgau transportiert hat. Die Salzburger Geografen wünschen sich jetzt einen besseren Schutz dieser geologischen Besonderheiten, der sogenannten Geotope. „Biotope kennt jeder, Geotope sind aber nicht so geläufig und stehen nur zum Teil unter Schutz. Sie sind so einzig, dass sie ein Naturerbe darstellen und der Nachwelt erhalten bleiben sollen“, sagt Ibetsberger.

Naturschutz kann sich Ausweitung vorstellen
Hermann Hinterstoisser von der Naturschutz-Abteilung des Landes Salzburg unterstützt diese Idee: „Wir haben im Land Salzburg einen Großteil, der uns bekannten Besonderheiten bereits unter Schutz gestellt. Wenn aber neue Entdeckungen bekannt werden, können solche Wünsche an die Behörde herangetragen werden“, sagt Hinterstoisser.
Text u. Bilder: http://salzburg.orf.at/news/stories/2769282/

Bildtexte:

1. Der Gletschertopf heute
2. Wasser formt den Gletschertopf
3. Obertrum zur Eiszeit
4. Umgebung der Stadt Salzburg heute
5. Umgebung der Stadt Salzburg vor 20.000 Jahren
 

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#2


„Gletscherknechte“: Ehrenamtliche Vermesser

„Gletscherknechte“ nennen sich jene Frauen und Männer, die jedes Jahr ehrenamtlich Österreichs 82 Gletscher für den Alpenverein vermessen. Die Veränderungen der letzten Jahre seien besonders dramatisch, die Gletscher schmelzen weiter.

Die Veränderungen an Östereichs Gletschern bringen - zumindest was die Vermessung anbelangt - auch Probleme mit sich. Deshalb treffen sich alle 22 österreichischen Gletscherknechte alljährlich zum Erfahrungsaustausch in Innsbruck.


ORF/Petra Haas

Gletscherzungen nun häufig in steilem Gelände
Ein Kärntner, Gerhard Hohenwarter Junior, war auch heuer dabei. "Im Moment ist die Situation oft so: Der Gletscher zieht sich über eine Felsschwelle hinauf. Jetzt endet die Gletscherzunge in so steilem Gelände, dass ich dort ohne gute Klettertechnik kaum mehr hinkomme. Manchmal besteht große Steinschlaggefahr, weil sich der Permafrost auflöst. Manchmal sind die Gletscherzungen komplett abgerissen, wobei die Frage zu klären ist, wie Veränderungen weiter zu dokumentieren sind. Es gibt jedes Jahr individuell verschiedene Probleme – manchmal sind es auch die Zustiegswege, über die ein Hinkommen kaum mehr möglich ist.“

127 Jahre kontinuierliche Messarbeit
Seit 127 Jahren sind die Gletscherknechte in den österreichischen Bergen unterwegs, um die Veränderungen an den Gletschern zu dokumentieren. Sie messen mehrmals pro Jahr deren Länge. Was augenscheinlich ist, wird in Zahlen gefasst. Die Stimmung ist – je nach Gletschermesser – sehr unterschiedlich.#

Hohenwarter sagte dazu: „Manche sagen: Sie sind Zeuge einer wahnsinnigen Veränderung und sie können diese messen. Denn was ist langweiliger, als wenn sich nichts tut? Die Spannung ist dann bescheiden. Natürlich schwingt bei dem einen oder anderen auch die Wehmut mit, dass der Gletscher, den man vielleicht seit Jahrzehnten vermisst, nur mehr ein Schatten seiner selbst ist. Andererseits ist es sehr spannend, diese Veränderungen auch zu sehen.“

Pasterze - extrem zerfranst aber halbwegs stabil
Sehr markant, weil auch von Touristen gut einsehbar, ist die Pasterze unter dem Großglockner. Jedes Jahr hat sie ein anderes Aussehen. Gerhard Hohenwarter: „Noch gibt es eine durchgehende Eisverbindung vom Johannesberg zur Zunge der Pasterze. Dort haben wir aber das Problem, dass die Zunge extrem zerfranst endet – auf dem sonnigen Hang, wo früher die Hoffmannshütte gestanden ist".


ORF/Petra Haas
Die Pasterze - extrem zerfranst. Es sind riesige Seen entstanden, die keine Messungen mehr zulassen, "weil überall nur mehr Wasser, Sand und Schutt ist.“

Dort sei die Zunge mit Einbruchstrichtern regelrecht „zerfallen“, während sich der Gletscher auf der Schattseite, zum Glockner hin, durch die starke Schuttbedeckung, noch etwas besser gehalten habe. „Mittlerweile kann man dort kaum mehr an einzelnen Messmarken die Längenänderungen messen, deshalb haben die Kollegen in Graz, die diesen Gletscher betreuen, es seit einigen Jahren so gemacht, dass sie mit einer GPS-Sonde den Gletscherrand abmarschieren und dann eine Differenz vom heurigen Jahr zum vorigen Jahr errechnen.“

Seit der Kindheit im Dienst der Berge unterwegs
Der Schwund der Gletscher - er wird jedes Jahr mehrmals untersucht. Gerhard Hohenwarter macht das von Kindheit an und ist damit in die Fußstapfen seines Vaters getreten. In den letzten Jahren war die Veränderung besonders stark.

Hohenwarter: „Bei der Pasterze sind es mehrere Zehnermeter pro Jahr, das heißt die Gletscherzunge hat in den letzten Jahren mehrere hundert Meter an Länge verloren. Am Eiskar-Gletscher in den Karnischen Alpen waren es eher nur um die zehn bis 15 Meter über die letzten zehn Jahre, hier hat sich also nicht viel getan. Aber im Mittel bewegen wir uns meist bei zehn bis zwanzig Meter pro Jahr, die die Gletscher an Länge einbüßen.“


ORF/Peter Matha
Experten schätzen, dass die Pasterze in 40 Jahren verschwunden sei wird

Maßbänder tun noch heute gute Dienste
Meist sind die Vermesser noch mit Maßbändern unterwegs, das GPS hat aber auch hier schon lange Einzug gehalten. Drohnen kommen dagegen selten zum Einsatz: „Hier brauche ich sehr aufwändige Auswertungsverfahren, ich brauche die Software und die Drohne dazu, auch einen Piloten. Außerdem bräuchte ich zahlreiche Drohnen, weil alle Gletscher in einem ähnlichen Zeitraum, also von Ende August bis spätestens Ende September, nachgemessen werden."

Der Eiskargletscher in den Karnischen Alpen ist Familienangelegenheit bei Hohenwarters - auch wenn nur noch wenig davon zu sehen ist. Es wird zunehmend schwerer, zu messen. „Wir hatten in den letzten zehn Jahren extreme Veränderungen – einerseits gab es durch die schneereichen Winter 2008/9 und 2013/14 sogar einen kurzfristigen Gletschervorstoß. Aber in den letzten Jahren wurde dieser kleine Vorstoß wieder zunichte gemacht.“

Schneearme Winter und heiße Sommer haben dazu geführt, dass sich der Gletscher zurückgezogen hat. Gerade im letzten Jahr konnten richtige Zerfallserscheinungen festgestellen und gemessen werden. „Es sind richtige Felsfenster aus dem Eis freigeapert. Die Gletscherzunge steht kurz davor, abzureißen – also auch wir sind von diesem Problem betroffen“, so Hohenwarter.

Schutt und Geröll konservieren einen Gletscher
Der Gletscher verschwindet unter Geröll, was ihn konserviert. Von der weißlich bis blauschimmernden Pracht wird bald nichts mehr zu sehen sein, so Hohenwarter: „Nur weil Schutt am Gletscher ist, heißt das nicht, dass er nicht mehr existiert – zum Messen ist es schwieriger, aber in den nächsten Jahren wird das wohl noch möglich sein. Wir haben einen Großteil der Messpunkte in Bereichen des Gletschers, wo er noch nicht ganz so stark mit Schutt bedeckt ist. Ich denke, er ist jetzt schon zu 75 Prozent zu Schutt bedeckt und auch in den nächsten Jahren wird die Bedeckung weiter zunehmen. Eine Messung wird in den nächsten zehn bis 20 Jahren noch ohne weiteres möglich sein.“

Auch heuer gehen die Hohenwarters wieder mehrmals im Jahr hinauf und messen, was der Sommer vom Gletscher übriglässt.

Links:
Publiziert am 15.05.2018
http://kaernten.orf.at/news/stories/2912467/
 
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