Satellit misst gigantischen Methangasausstoß aus größtem russischen Kohlebergwerk

josef

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TRAURIGER TREIBHAUSGASREKORD
Gigantischer Methanausstoß aus russischem Kohlebergwerk gemessen
Ein kanadischer Umweltsatellit überflog das größte Kohlebergwerk Russlands – und entdeckte dort Methanemissionen von rekordverdächtigen 90 Tonnen pro Stunde
Es sind erschreckende Daten, die ein kanadischer Umweltsatellit über der russischen Oblast Kemerowo im Süden Sibiriens gesammelt hat: Rund 90 Tonnen Methan pro Stunde sind den nun veröffentlichten Messungen zufolge am 22. Jänner aus der Raspadskaja-Mine ausgeströmt, dem größten Kohlebergwerk Russlands. Dabei dürfte es sich um die größte je gemessene Methanquelle aus einem einzigen Industriestandort handeln, wie das auf Emissionsüberwachung spezialisierte kanadische Unternehmen GHGSat mitteilte.


13 große Methanfahnen wurden im Jänner über dem Bergwerk Raspadskaja detektiert.
Foto: AP/GHGSat

Bei einem einzigen Satellitenüberflug seien 13 Fahnen des extrem klimaschädlichen Treibhausgases gemessen worden, die aus der Mine ungehindert in die Atmosphäre strömten. Dem Unternehmen zufolge sei das ein Rekordwert – mehr als 60 Tonnen pro Stunde seien bisher noch nie aus einer einzigen Quelle beobachtet worden. Wie lange derart viel Gas aus dem unterirdischen Kohlebergwerk entwich, sei unklar. "Nachfolgende Beobachtungen deuten aber darauf hin, dass beständig große Methanmengen ausgestoßen werden", heißt es in einer Aussendung des Unternehmens.

Einflussreiche Emissionen
Die Folgen dieser Emissionen für das Klimasystem sind dramatisch: Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) das zweitschädlichste anthropogene Treibhausgas, das die Erderwärmung ankurbelt. Kurzfristig ist Methan sogar rund 80-mal schädlicher als Kohlendioxid. Nach jüngsten Angaben des Weltklimarats ist Methan für rund 0,5 Grad Celsius der bisherigen durchschnittlichen Erderwärmung von etwa 1,1 Grad seit Beginn des industriellen Zeitalters verantwortlich.

Mindestens 600 Millionen Tonnen Methan werden aktuellen Schätzungen zufolge pro Jahr freigesetzt, etwa 60 Prozent dieser Emissionen gehen auf den Menschen zurück: Fossile Brennstoffe, die Landwirtschaft (insbesondere Viehwirtschaft) und Mülldeponien sind dabei die größten Verursacher. Allein durch Gas, Öl und Kohle entweichen jährlich mindestens 120 Millionen Tonnen des Treibhausgases – vielfach mit Absicht: Bei Förderung und Transport der Brennstoffe wird Methan oft gezielt abgelassen, um Arbeiten an Pipelines oder in Minen schneller und billiger durchführen zu können.


Das Gas, das bei der Inkohlung entsteht, wird durch Bergbauaktivitäten freigesetzt. Oft werden große Mengen aus den Minen einfach abgelassen.
Foto: Reuters/Kacper Pempel

Absichtliche Freisetzung
Vieles spreche dafür, dass auch der Rekordausstoß in der Raspadskaja-Mine mit Absicht vonstatten ging, sagte Brody Wight von GHGSat. Beim Steinkohleabbau wird sogenanntes Grubengas freigesetzt, dass bei der Entstehung der Kohle gebildet wurde und zu einem großen Teil aus Methan besteht. 2010 kam es in dem russischen Bergwerk durch große Gasansammlungen zu einer Explosion und zum Einsturz eines Schachts, 66 Bergarbeiter kamen dabei ums Leben. Um derartige Unfälle und Gesundheitsrisiken zu vermeiden, muss Grubengas abgelassen werden. Anstatt das Gas aber einzufangen und energetisch zu nutzen, wird es nach wie vor häufig ungehindert in die Luft geblasen.

Die Daten aus Russland unterstreichen einmal mehr, wie groß die Rolle der fossilen Industrie bei den weltweiten Methanemissionen ist: Erst im Februar veröffentlichte ein internationales Forschungsteam um Thomas Lauvaux von der Universität Paris-Saclay eine umfangreiche Studie zum Methanausstoß durch die Öl- und Gasindustrie. Ebenfalls mithilfe von Erdbeobachtungssatelliten konnten die Forschenden für den Zeitraum von 2019 bis 2020 1.800 Methanquellen identifizieren, aus denen mindestens 25 Tonnen Methan pro Stunde emittiert wurden. Für kleinere Emittenten reichte die Genauigkeit der Satelliteninstrumente nicht aus – die tatsächliche Bilanz dürfte also noch weitaus schlechter ausfallen.

Rekordanstieg im Vorjahr
Eine schnelle Reduktion der weltweiten Methan-Emissionen hätte eine rasche positive Wirkung auf das Klima: Denn im Gegensatz zum langlebigen CO2 wird Methan in der Atmosphäre schon nach wenigen Jahren wieder abgebaut. Aktuelle Messdaten verheißen allerdings nichts Gutes. Im April veröffentlichte die US-amerikanische Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA Messungen für das Vorjahr – und musste einen neuerlichen Negativrekord vermelden: 2021 brachte demnach den höchste Methan-Anstieg seit Beginn der Aufzeichnungen.
(David Rennert, 16.6.2022)

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