Seegrotte Hinterbrühl

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Diver

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Anbei möchte ich hier ein paar Bilder der Seegrotte Hinterbrühl zeigen, sowie aus der Broschüre, "Seegrotte - Europas größter unterirdischer See", zitieren. Ich möchte die Geschichte der Seegrotte hier aus der Sicht des Bergbaues zeigen:

Als Kulturdenkmal ausgezeichnet, befindet sich im schönsten Teil des Wienerwaldes, Europas größter unterirdischer See.

Die Seegrotte ist eine alte Bergwerksanlage. Im Jahr 1848 wollte der damalige Besitzer G. Plankenbichler einen Brunnen bohren und kam in geringer Tiefe auf Gips. Er entschloss sich, denselben abzubauen und durch Jahrzehnte herrschte hier reges Leben. Da wurde gemeißelt und gehämmert , die Sprengschüsse dröhnten durch den Berg und schwer beladene Förderwagen schafften das Gipsgestein zutage, das zerstampft und vermahlen wurde und als Düngegips in den Handel kam. Es waren bis zu 80 Bergarbeiter beschäftigt, welche täglich 2 bis 3 Waggons Gips förderten. Im Jahre 1912 wurde in der untersten Sohle eine Quelle mit einem Wassersack angesprengt. 20 Millionen Liter Wasser drangen, alles überflutend, ein. Da zu diesem Zeitpunkt bereits Kunstdünger den Düngegips verdrängte und der Absatz immer geringer wurde, entschloss sich der Besitzer, auf eine kostspielige Pumpenanlage zu verzichten und die Förderung vom Gips einzustellen. Versuche aus dem Gips Schwefelsäure zu gewinnen, scheiterten an dessen starker Verunreinigung. Ebenso konnte eine groß angelegte Champignonzucht nicht aufrecht erhalten werden. So wurde das Werk gesperrt. Stille legte sich über die weiten Hallen, nur vom eintönigen Klang seltenen Tropfenfalls unterbrochen. An der Stätte einstiger betriebsamer Knappenarbeit begannen Naturkräfte ihr langsames, stetes Wirken.

Aus seinem langen Schlaf wurde das Werk durch den Landesverein für Höhlenkunde in Niederösterreich geweckt, der im Verein mit dem Besitzer Komm.-Rat Friedrich Fischer im Jahre 1932 durch Herstellung mühelos zu begehender Wege, elektrischer Beleuchtung und Einrichtung einer untertägigen Motorbootfahrt die Seegrotte schuf. Bei der bequemen Wanderung durch das Berginnere können die Besucher tiefe Eindrücke durch die stimmungsvolle Reize dieser unterirdischen Räume erhalten. Sie gewinnen dabei Einblick in eine mustergültige Bergwerksanalge und auch die Wissenschaft hat Gelegenheit zu vielseitigen Beobachtungen.

Durch diese unterirdischen Räume wollen wir nun eine Wanderung antreten.

Fast unübersehbar zieht sich der 450m lange Förderstollen geradlinig mit leichter Steigung in das Berginnere, im vorderen 208m langen Teil mit Ziegeln ausgewölbt. An der Sohle liegt noch das Fördergleis, darunter die Rohrleitung, welche die Quellwässer dem Mödlinger- Bach zuführt. Im Mauerwerk sind Nischen eingebaut, in die man vor dem vorbeifahrenden Förderwagen ausweichen konnte; kleinere Nischen dienten zur Aufnahme der Grubenlampen, durch Mauerlöcher fließt das Sickerwasser ab. Beim Heraustreten aus der Mauerung umgibt uns bereits das graue Gipsgestein. Im rechten Winkel wurde vom Stollen Seitengänge vorgetrieben; waren sie ausgebeutet, verlegte man einzelne von ihnen mit dem unverwertbaren Bergleitmaterial (Ton und Mergel) und mauerte sie ab.

Die erste Kammer rechts diente zur Werkzeugaufbewahrung, die nächste links als Aufenthaltsort der Bergleute während der Arbeitspause. Wir gehen durch eine Verzimmerung und bemerken seitwärts einen abgedämmten Schlammstrom. An weiten, zum Teil verlegten und vermauerten Gangmündungen vorbei erreichen wir eine Wettertür und über einige Stufen aufsteigend, den Grund eines Gewaltigen Schachtes von elf Metern Durchmesser. Hier, am Ausgangspunkt des Werkes, wurde bis zur Fertigstellung des Förderstollens der Gips mittels Haspeln hochgezogen. Eine heute nicht mehr benützte steile Treppe führt empor an den Tag. Dämmriges Licht beleuchtet die zackigen Umrisse der von grünen Moosen und Algen überkleideten Felsen. Durch einen wuchtigen Spitzbogen betritt man einen übergroßen Raum, der durch seinen weit gespannten Wölbungsbau auffällt. Er diente seinerzeit als Weinkeller und als Festsaal der Bergarbeiter. Der nächste Stollen diente als Pferdestall Im Bergwerk waren mehr Pferde zum Betrieb des Göpels und zum Ziehen der Förderwagen (Hunte) beschäftigt. Sie verbrachten ihr ganzes Leben im Bergwerk und waren blind. Nach kurzer Wanderung stehen wir wieder vor einen Schacht, der hinter einem Eisengeländer in die Tiefe geht.

Ein Schaltgriff des Führers und aus dem ungewissen Dunkel erscheint unter hoch geschwungener Felswölbung in magischen Lichte der "Blaue See". Von Unterwasserlampen durchleuchtet, liegt die Wassermasse wie ein erstarrter grünlichblauer Kristall vor uns. Eine zarte Kalkhaut deckt den Wasserspiegel gleich einer Milchglastafel und erhöht noch den Reiz dieses Anblicks. Man versteht, dass hier bereits Maler und Dichter wertvolle Anregungen empfangen konnten. Im folgenden Stollen befindet sich die kleine Kapelle mit dem Bild der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute. Zwei Steinplatten, aus dem Gipsfels geschnitten, zeigen ein Kreuz und die Anfangsbuchstaben des Bergmannsgrußes "Glück Auf". Nun weiten sich die Räume. Vor uns dehnen sich Hallen von Ausmaßen, wie sie in Bergwerken zu den größten Seltenheiten gehören. Höhen von 6 Metern, Spannweiten von 10 bis 15 Metern im Verein mit dem Fehlen von Mauerungen und Stützungen erwecken den Eindruck großer Höhlengänge. Übrigens gibt hier wirklich einen Raumteil, der als Naturhöhle gebildet wurde.

Eine kleine Quelle, deren Wasser mit immer gleicher Temperatur von 9,4 Grad aus einer Spalte quillt, hat auf ihrem Weg durch den Berg in jahrhunderte langer Lösungsarbeit einen Rundraum ausgelaugt. Beim Gipsabbau wurde er zufällig aufgeschlossen. Nach rechts zieht zum Tiefbau hinab ein schräger Schleppschacht, auf den mittels einer Göpelanlage der Gips heraufgefördert wurde. Wir steigen nun den nur sanft geneigten Schrägschacht hinunter in den Tiefbau, zum Landungsplatz des Motorbootes. Wir befinden uns jetzt 60 Meter unter der Erdoberfläche. Vor uns breitet sich der größte unterirdische See Europas aus; seine Fläche beträgt 6200 Quadratmeter, die Wassermassen über 20 Millionen Liter. Die schweren Boote, die etwa 26 Fahrgäste bequem fassen, sind von modernster Bauart, breit und wuchtig. Der Antrieb geschieht durch einen von zwei Akkumulatoren gespeisten Außenbordmotor. Das Boot stößt vom Ufer ab und nun beginnt eine einmalig schöne Fahrt. Klotzige Felspfeiler teilen die Wasserfläche, zwischen ihnen öffnen sich Durchblicke in Seitengänge, die hinter kulissenartigen Felsreihen in der Bergestiefe silbrig schimmern. Den Blick auf den Seegrund und Spiegelungen der weit gespannten Deckenwölbungen greifen verwirrend ineinander. In rascher Folge wechseln die Bilder. Hier leuchtet eine breite dunkelrote Ader aus dem düsteren Blaugrau des Gesteins auf, da ermöglichen Unterwasserlampen einen Blick in die Tiefe eines Schachtes, dort wieder wächst eine massige Mauerung mit ihrem Spiegelbild zu einem Bau zusammen, der in seiner kalten Starrheit das Portal zum Hades sein könnte. Gleitet das Boot mit abgestelltem Motor ohne die leiseste Schaukelbewegung dahin, dann breitet sich die tiefe, allem Tageslärm entrückte Ruhe der Unterwelt so recht wohltuend um die Besucher.

Auch die Seegrotte wurde im Mai 1944 beschlagnahmt und durch die Heinkel AG zu einem Rüstungsbetrieb ausgebaut. Der See wurde vollständig ausgepumpt und durch andauerndes Pumpen trocken gehalten. 2000 Arbeiter, darunter viele Zwangsarbeiter, waren hier tätig, um den Düsenjäger He 162 zu erzeugen. Als die Rote Armee sich Wien näherte, verlegte ein Sprengkommando im Bergwerk 37 Bomben, um die Fabrikseinrichtung zu zerstören. Sieben Bomben wurden im oberen Teil zur Explosion gebracht und ließen ein Trümmerfeld zurück. Nach vierjähriger, mühseliger Aufbauarbeit konnte die Seegrotte wieder eröffnet und dem Publikum zugänglich gemacht werden.
Quelle: Broschüre - "Seegrotte Europas größter unterirdischer See, Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Verwaltung Seegrotte, A-2371 Hinterbrühl"

Weitere Informationen:

http://www.seegrotte.at/
http://de.wikipedia.org/wiki/Seegrotte
http://unterirdisch.de/index.php?threads/seegrotte.4271/

Bild5-6: 450m langer Förderstollen mit Fördergleis

Lg. Thomas
 

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Harald 41

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#11
:bravo::danke Thomas für die interessanten Bilder, da hat sich seit meinem letzten Besuch vor ca. 10 Jahren einiges geändert, ausser im See.:)

LG Harry
 
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