Sigmundsherberg - Baracke aus WKII

josef

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#1
Bei meinem Besuch im Eisenbahnmuseum Sigmundsherberg sah ich auch eine am Gelände nordwestlich des Bahnhofes situierte Baracke mit Gleisanschluss aus der Zeit etwa 1938-45 . Gleichartig ausgeführte Bauwerke sind mir früher auch an anderen Standorten, ebenfalls in Bahnhofsnähe und mit Gleisanschluss, aufgefallen bzw. in Erinnerung. Etwa an der Westbahn im Bereich der Bahnhöfe St.Valentin, Pöchlarn usw. . Diese, scheinbar genormten Barackenbauwerke dürften in Zusammenhang mit der Versorgung an Grundnahrungsmittel während des WKII stehen. So hat es neben den vom „Reichsnährstand“ standardisierten Großsiloanlagen wie z.B. bei den Donauhäfen Wien-Albern, Krems, Linz bzw. Umschlagländen wie z.B. Pöchlarn http://www.geheimprojekte.at/t_poechlarn.html auch kleinere Lagerbauten, wie z.B. die „Reichsgetreide-Lagerhallen“ und „Reichskartoffel-Lagerhallen“ gegeben. Um ein derartiges Bauwerk dürfte es sich damals gehandelt haben. .. ? Vielleicht kann jemand mehr darüber sagen/berichten bzw. meine Annahme bestätigen...

1. Baracke, Blickrichtung N (von der Seite der FJ-Bahn).
2. Barackenrückseite, mit Eternittafeln verkleidet.
 

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Woodquarter

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#2
Hallo Josef!
Schön dass es dich kürzlich in "meine Gegend" verschlagen hat. Im Eisenbahnmuseum habe ich auch schon einige Hinweise zum Lager "Edelweiß" aus dem 2. WK erhalten (auf geheimprojekte.at recht gut beschrieben).
Dieses Lager war vermutlich nur ein RAW, aber von Zeitzeugen wird oft von einer "Fabrik" gesprochen. Es befand sich ganz in der Nähe des Bahnhofs und eine Besichtigung der "Reste" lohnt sich allemal!

Die Mitarbeiter, meist Pensionisten können auch einige interessante Geschichten aus der Kriegszeit erzählen. Die von dir erwähnten Baracken bzw. die Fundamente davon stammen sogar noch aus dem 1. WK, wo sich an dieser Stelle das Kriegsgefangenenlager "Edelweiß" befunden hat. Es gibt zu diesem Lager im Eisenbahnmuseum ein Modell, das recht beeindruckende Maße hat! Ich hoffe du konntest es besichtigen, da bei meinem Besuch im Frühjahr noch "Baustellenchaos" herrschte.

Zum Lager aus dem 1. WK gibt es ein umfangreiches Buch von Rudolf Koch "Im Hinterhof des Krieges"; erhältlich z.B. im Gemeindeamt Sigmundsherberg. Darin sind auch Fotos der Baracken im Originalzustand. Das Lager umfaßte zu Kriegsende mehr als 100.000 Mann; dabei platzte es aber aus allen Nähten.

Der sog. Lagerfriedhof ist frei zugänglich und ist nur wenige Minuten vom Bahnhof entfernt; dort liegen fast 2.500 Soldaten begraben; hauptsächlich Italiener.

PS: Bis Ende November 09 findet in Horn, Raabs/Thaya und Telc (CZ) die NÖ-Landesausstellung statt. In Horn wird auch die Zeit des 2. WK recht anschaulich dargestellt !!!! Unbedingt anschaun !!!!
 

josef

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#4
Hallo @Woodquarter!
Im Eisenbahnmuseum habe ich auch schon einige Hinweise zum Lager "Edelweiß" aus dem 2. WK erhalten (auf geheimprojekte.at recht gut beschrieben).
Bericht kenne ich zufällig, war da mitbeteiligt :)
Dieses Lager war vermutlich nur ein RAW, aber von Zeitzeugen wird oft von einer "Fabrik" gesprochen.
Lt. Zeitzeugen sollte es sogar einmal ein "Führerhauptquartier" werden...! Nach Ermittlungen stimmt RAW, durch die Lage im Wald und die Erdwälle beidseitig der ehemaligen Gleise bot es einigermaßen Schutz vor Tieffliegerangriffen. Jedenfalls war in den letzten Kriegstagen der Befehlszug der Reichsbahndirektion Wien zwischen den Schutzdämmen stationiert...
Die Mitarbeiter, meist Pensionisten können auch einige interessante Geschichten aus der Kriegszeit erzählen. Die von dir erwähnten Baracken bzw. die Fundamente davon stammen sogar noch aus dem 1. WK, wo sich an dieser Stelle das Kriegsgefangenenlager "Edelweiß" befunden hat.
Das stimmt nicht! Das Kriegsgefangenenlager befand sich nördlich der FJB in Fahrtrichtung Gmünd, "Edelweiß" südlich vom Bf. Sigmundsherberg an der Strecke nach Horn (-Hadersdorf). Es wurde im WKII bei "Edelweiß" auch ein Fremd- (Zwangs-)Arbeiter- oder Kriegsgefangenenlager errichtet, dies dürfte von der "Altherren-Runde" verwechselt werden!

Zu "Edelweiß": http://www.geheimprojekte.at/ort_sigmundsherberg.html
Es gibt zu diesem Lager im Eisenbahnmuseum ein Modell, das recht beeindruckende Maße hat! Ich hoffe du konntest es besichtigen
Siehe mal unter http://www.unterirdisch-forum.de/forum/showthread.php?t=6548 nach...

Quelle Karte: NÖGIS NÖ-Atlas

SCHWARZ => Areal Kriegsgefangenenlager 1915-1918(9)
ROT => Areal "Edelweiß" WK II
 

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josef

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#5
#6
Dürftest ziemlich sicher recht haben, Josef.

Im Besitz meines ehemaligen Arbeitgebers befindet sich ebenfalls so eine Halle, bei uns firmenintern meistens als "Speicher" bezeichnet, von Getreidespeicher. Ebenfalls mit Bahnanschluss (auch wenn dort schon seit den 60ern nix mehr gerollt ist) und in fast der selben Konstruktion. Hey, sogar inklusive Einschusslöcher.

Der Ursprung dieser Einschusslöcher findet sich in der kurzzeitigen Verwendung als Lager für Juden - fast 500 Menschen sind darin gestorben, nicht alle eines natürlichen Todes (soweit man halt lagerbedingte Tode als "natürlich" bezeichnen kann).

Es sei mir verziehen wenn ich jetzt nicht mit Fotos daherkomme, aber man ist dort ohnehin nicht besonders gut auf mich zu sprechen. Auch die Orts-/Firmennennung spar ich mir mal, sollte aber aus meinem Wohnort denke ich ableitbar sein.
 

dakarli

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#7
Na dann begrüße ich erst einmal die Forenteilnehmer.
Ich bin ein eifriger Leser dieser Seiten. Hochachtung und Respekt für die Qualität der Beiträge (Recherche und Wissen). Interessiere mich vornehmlich für WK 1, aber dieses Forum ist ein MUSS für die Zeitgeschichte.

Auch die Orts-/Firmennennung spar ich mir mal, sollte aber aus meinem Wohnort denke ich ableitbar sein.
Bei der Baracke meist Du wohl jene hinter dem Finanzamt die zur (im Volksmund) Erpfi-AG gehört.

Schönen Nachmittag
dakarli
 

josef

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#8
@CaptainMaxwell u. @dakarli:

Danke für Eure Hinweise! Erinnere mich nun auch wieder, diese Halle (Baracke) schon gesehen zu haben... Der Gleisanschluss zu der Halle hinter dem FA dürfte schon lange abgebaut sein bzw. wurde von der Natur "zurückerobert". Jedenfalls erkennt man am Nachbargrundstück noch eine Trasse am Lubi... Trotz der "Erdäpfelumgebung" dürfte es sich um ein Getreidelager (für "lose Schüttung") gehandelt haben, da die auf den Seiten der "lostplaces-Kollegen" dokumentierten Typbauten für die Katoffellagerung anders aussehen. Jedenfalls sind mir aus Ende der 60iger Jahre weitere gleichartige Baracken/Hallen vom oberösterreichischen Streckenteil der Westbahn in Erinnerung. Kann leider nicht mehr genau sagen wo, dürfte Lambach oder Schwanenstadt sowie Attnang-Puchheim gewesen sein. Bei Steindorf (schon in Salzburg) bin ich mir auch nicht sicher...

lg
josef
 

josef

Administrator
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#9
"Reichsgetreide-Lagerhallen" Sigmundsherberg und Gmünd

Die Annahme, dass es sich bei der von mir beschriebenen Holzhalle (Großbaracke) in Sigmundsherberg und in weiterer Folge des Beitragsverlaufes von @CaptainMaxwell zur Diskussion gebrachten Halle in Gmünd, um „Getreide-Lagerhallen“ handelt, stimmt!

In einem von Göring befohlenen „Sofortprogramm“ sollten ab 1938 auf das ganze damalige Reichsgebiet verteilt bis 1939 Getreidelager für ein Gesamtfassungsvermögen von 25 Mio Tonnen errichtet werden. Neben den Großsiloanlagen wie z.B. an der Donau in Wien-Albern, Krems, Pöchlarn, Linz usw. war für „die Fläche“ der Bau von kostengünstigen und rasch zu errichtenden Lagerhallen in Holzbauweise an Bahnstrecken vorgesehen. Durch die Einstufung als „Bauten, mittelbar zur Rüstung gehörend“ erfolgte eine bevorzugte Zuweisung von Baumaterial und Arbeitskräften.

Im damaligen Reichsgau Niederdonau waren 28 derartige Speicherbauten für Getreide vorgesehen. In den genormten Holzhallen konnten je nach Länge der Baufelder 1.000 – 3.000 t gelagert werden.
Wie viele der von den 28 für NÖ. geplanten Lagerhallen tatsächlich fertiggestellt wurden, kann nicht mehr gesagt werden. Jedenfalls waren für den Bereich Waldviertel 4 Hallen projektiert, von denen je eine in Sigmundsherberg und Gmünd fertiggestellt wurden. 2 Hallen waren an der F.J.-Bahn im Bereich Bf. Infritz – Wappoltenreith vorgesehen, die aber über das Planungsstadium nicht hinausgekommen sind.

Die Infos stammen aus dem Buch von

M.T. Litschauer;
„Architekturen des Nationalsozialismus – Erhaltene bzw. geplante/entfernte Bauten der Region Waldviertel / NÖ.;
Böhlau-Verlag Wien-Köln-Weimar; Wien 2012


lg
josef
 
#10
Hallo!

Ich habe für den Besitzer der Halle gearbeitet und war auch beim Umbau zum Kraftfahrzeugmuseum dabei. Die Halle wurde 43 oder 44 (weis nimma ganau) als Panzerreperaturwerk adaptiert, ein Bürotrakt eingebaut mit Kaminabzug.
Nach dem Krieg Eigentum der Raiffeisen Genossenschaft als Getreidelager. Bekam ein neues Dach und der Schlot wurde unter dem Dach abgeschnitten.
Ist uns nicht gleich aufgefallen, erst als wir Feuer machten.:lol1:

MFG u-ass
 
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