Sigmundsherberg - WKI Kriegsgefangenenlager

josef

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#1
Freitag besuchte ich das "Waldviertler Eisenbahnmuseum" in Sigmundsherberg. Ein Teil der sehenswerten Schau ist dem zwischen 1915 - 1918 (1919) existierenden Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg gewidmet. Dieses war eines der größten Lager der damaligen k.u.k. Monarchie und lag im NW des Ortes bzw. der Franz-Josefs-Bahn. Die Baulichkeiten waren zur Aufnahme von 40.000 Mann ausgelegt, wobei diese Zahl meistens gewaltig überschritten wurde. Als Stammlager war Sigmundsherberg für bis zu 120.000 Mann zuständig, d.h., die Differenz zu den im Lager direkt untergebrachten Gefangenen zur zugeteilten Stammbelegschaft war außerhalb in Sublagern untergebracht. In der ersten Zeit waren hauptsächlich russische Gefangene, nach dem Kriegseintritt Italiens dann überwiegend Italiener im Lager untergebracht bzw. im Stammlager "verwaltet". So errichteten z.B. ca. 7.000 italienische Kriegsgefangene des Stammlagers Sigmundsherberg, die in Sublagern in Wien-Floridsdorf und Breitenlee untergebracht waren, die sogenannte "Floridsdorfer Hochbahn" als Verbindungsschleife zwischen Nord- und Nordwestbahn. Dadurch kam diese Verbindungsstrecke auch zu der bei Eisenbahnern und der Bevölkerung gebräuchlichen Bezeichnung "Italienerschleife".

Mehr zum Lager Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg – Wikipedia
und zur Floridsdorfer Hochbahn
http://de.wikipedia.org/wiki/Floridsdorfer_Hochbahn


Noch ein paar Bilder zum Lager aus dem Museum:
1. Lagerplan
2. Modell des Lagergeländes
3. Lagereingang
4. Kommandoturm
 

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#2
Zum Thema noch eine Literaturempfehlung:

Rudolf Koch;
Im Hinterhof des Krieges - Das Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg;
ISBN 3-85028-347-X


Erhältlich auch im Shop des "Waldviertler Eisenbahnmuseums".

lg
josef
 

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#4
Lagerfriedhof bei Sigmundsherberg

...muss noch die anderen fotos suchen...
Danke für das Foto!
Vor mehreren Jahren besichtigte ich das Lagerareal, habe auch Fotos, aber noch nicht gescannt. Als weiteres Relikt aus der Zeit des 1.WK ist noch ein Wasserreservoir vorhanden. Das ist am Weg entlang des Lagerfriedhofs weiter an der ehemaligen NO-Ecke des Lagers. Auf der Karte -> Beitrag #4 als "Res." ersichtlich...

lg
josef
 

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#5
Reste des Kriegsgefangenenlagers aus WKI in Sigmundsherberg

Habe nun einige Fotos aus 2006 zum Thema "Reste Lager Sigmundsherberg WK I" eingescannt:

1.-3. Lagerfreidhof
4.-5. Erhalten gebliebener Wasserbehälter
6. Blick vom Wasserbehälter über das ehemalige Lagergelände (-> Lagerfeld) Richtung Süd/Franz-Josefs-Bahn.
 

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#6
Weitere Kriegsgefangenenlager des 1. Weltkrieges in Österreich

Hier geht es zu einem Sammelthread über weitere Kriegsgefangenenlager v. 1914-1918 in Österreich!
 

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#7
Neuer Gedenkweg als Mahnmal gegen das Vergessen...

Ein Gedenkweg gegen das Vergessen

In Sigmundsherberg (Bezirk Horn) war während des Ersten Weltkriegs eines der größten Kriegsgefangenenlager der Monarchie. Ein neuer Gedenkweg ist als Mahnmal gegen das historische Vergessen gedacht.

„Wir haben die Aufgabe, die Geschichte lebendig zu halten. Geschichte ist ein Auftrag für Alt und Jung. Daher ist es wichtig, tagtäglich an der Brücke zwischen den Generationen zu bauen“, sagte Landeshauptmann Erwin Pröll bei der Gedenkfeier „100 Jahre Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg“. Am Wochenende wurde auch der Gedenkweg „Von der Gefangenschaft zum Frieden“ eröffnet.

Die Initiative in Sigmundsherberg sei „unglaublich wichtig für die Aufarbeitung der Geschichte und das unermüdliche Erinnern“, so wie auch das Land Niederösterreich etwa mit der vorjährigen Schallaburg-Ausstellung „Jubel und Elend“ oder mit dem „Haus der Geschichte“ diesen Auftrag sehr ernst nehme, so der Landeshauptmann.

Bis zu 123.000 Kriegsgefangene waren im Lager
Das Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg war eines der größten und wichtigsten Lager der österreichisch-ungarischen Monarchie im Ersten Weltkrieg. Mit dem Bau war im Juni 1915 begonnen worden. Auf circa 2,9 Quadratkilometern wurde ein Lager für 42.000 Kriegsgefangene und 1.180 kriegsgefangene Offiziere errichtet. Von Juni 1915 bis zum Sommer 1916 waren russische Gefangene in Sigmundsherberg interniert. Im Sommer 1916 wurden sie in andere Lage verlegt und durch italienische Kriegsgefangene ersetzt.

Das Lager war oft überbelegt. So betrug der Evidenzstand im Oktober 1916 etwa 56.000 Kriegsgefangene und stieg im August 1917 sogar auf 123.000 an. Im Laufe des Jahres 1919 wurde das Lager abgerissen. Bis 1923/1924 blieben nur einige Baracken als Wohnungen und für eine zweiklassige Volksschule bestehen.

Bis heute bestehen blieben der Lagerfriedhof, eine Strecke der Lagerbahn und das ehemalige Proviantmagazin. Der am Wochenende eröffnete Gedenkweg durch das ehemalige Lagerareal vermittelt einen Eindruck über die Größe des Kriegsgefangenenlagers und über die einzelnen Abteilungen. Entlang des 4,2 Kilometer langen Wegs beschreiben zehn Schautafeln in deutscher, englischer und italienischer Sprache die verschiedenen Gruppen des Lagers, das Lagerleben und das Schicksal der Kriegsgefangenen.
http://noe.orf.at/news/stories/2718552/
 

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#9
Ausstellung "100 Jahre Kriegsgefangenenlager..."

Die Ankündigung habe ich heute in der S-Bahn gesehen ...
Unter anderem gibt es eine Fotoausstellung "100 Jahre Kriegsgefangenenlager".
Im „Waldviertler Eisenbahnmuseum Sigmundsherberg“ gab es heuer neben der permanenten Ausstellung zum „Kriegsgefangenenlager Sigmundshwerberg“ auch eine Fotoschau „100 Jahre Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg“ im Rundlokschuppen des Heizhauses. (Für unsere deutschen User -> „Heizhaus“ ist die österreichische Bezeichnung für „Bahnbetriebswerk“ [BW] ).

Dazu einige Bilder von den Fotos aus dem Rundlokschuppen – Teil 1:
(Alle Fotos vom 24.09..2015)

1. Ein kleiner Teil der Fotowand im Heizhaus.
2. Rekonstruktion der Lagerobjekte auf einem Lubi.
3. Lager Haupttor
4. Desinfizierung der Bekleidung von Neuankömmlingen
5. Baracken der Wohngruppen
6. Modell einer Wohnbaracke für „niedrige Soldatenränge“ - Gebäudegröße 40 x 12 m zur Unterbringung von 200 – 300 Kriegsgefangenen (in Stockbetten).
 

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#10
Ausstellung "100 Jahre Kriegsgefangenenlager..." - Teil 2

Fotos – Teil 2 aus dem Lokschuppen:

7. Essenausgabe
8. Lagerfeuerwehr
9. Offizierslager: Offiziere mussten nicht arbeiten, hatten Einzelbetten und einen Mannschaftsdienstgrad zur Bedienung zugewiesen (-> „Offiziersbursche“).
10. Innenansicht einer Mannschaftsbaracke für K.u.k. Soldaten der Wachtruppe.
11. Lagerzaun mit Wachturm bei der Wasserpumpstation -> siehe dazu auch Beitrag #5, Bild 4. – 5.
12. Stabsbaracken.
 

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#11
Fotos Kriegsgefangenenlager - Teil 3

Fotos – Teil 3: (Fotos aus der permanenten Ausstellung im Museumsbereich)

13. Im Lager gab es auch eine „Verwertungsstelle für Luftfahrzeuge“. Da wurden erbeutete Feindflugzeuge und auch abgestürzte eigene Flugapparate zur Wiederverwertung von Teilen zerlegt…
14. Nachbildung des Aufenthaltsbereiches einer Lagerbaracke.
15. Schusterwerkstätte
16. Nachgestellter Unterbringungsplatz eines Offiziers.
17. Diverse Utensilien der Lagerküche.
18. Objekte aus dem Krankenrevier.
 

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#12
Fotos Kriegsgefangenenlager - Teil 4

Fotos – Teil 4: (Fotos aus der permanenten Ausstellung im Museumsbereich)

19. Gerätschaften der Lagerfeuerwehr.
20. Modell des "Kommandoturmes": Neben Einrichtungen des Lagerkommandos und der Wachtruppen befand sich auch eine Feuerwache am Turm.
21. Lagermodell aus anderem Blickwinkel als am Bild 2, Beitrag #1.
22. Detailausschnitt vom Modell mit den Anschlussgleisen an die Franz-Josefs-Bahn.
23.-24. Der Lagerfriedhof -> siehe auch Beitrag #5.
 

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#13
SIGMUNDSHERBERG
Kriegsgefangenenlager: Ein Lager als größte Stadt des Waldviertels
NÖN-Horn, 17. FEBRUAR 2023
Paul Horntrich

Das Lager war mit einem eigenen Gleis direkt an die Franz-Josefs-Bahn angeschlossen.


Die Gefangenen wurden zu unterschiedlichen Arbeiten herangezogen. Das
Sigmundsherberger Lager war für die Strohmattenerzeugung bekannt.


Links: Die Luftaufnahme verdeutlicht die enorme Größe des einstigen Kriegsgefangenenlagers.
Rechts: Der heutige Blick auf die Fläche des ehemaligen Lagers


Die Lagerbaracken wurden auch auf zeitgenössischen Ansichtskarten abgedruckt


In ihrer Freizeit war es den Gefangenen erlaubt zu musizieren. So entstand eine eigene Musikkapelle


Manche Lagerhäftlinge betätigten sich auch künstlerisch in ihrer Freizeit, wie hier eine Gruppe von Bildhauern.
Alle Fotos: Rudolf Koch

Während Erstem Weltkrieg lebten bis zu 123.000 Menschen im Sigmundsherberger Kriegsgefangenenlager – fast so viele, wie heute in Tirols Hauptstadt Innsbruck.
Man sprach Italienisch und es lebten dort fast so viele Menschen wie heute in Innsbruck: Im Kriegsgefangenenlager Sigmundsherberg. Dennoch ist das Lager heutzutage nur wenigen ein Begriff. Die NÖN hat sich schlaugemacht und mit Historiker Rudolf Koch über die Lagergeschichte gesprochen.

Zwischen Sigmundsherberg, Kainreith und Brugg sind heute Äcker, seitlich verläuft die Bahnstrecke. Im Ersten Weltkrieg lag hier eines der größten Kriegsgefangenenlager der Habsburger-Monarchie. Koch ist es zu verdanken, dass die Geschichte des Lagers aufgearbeitet und das Schicksal tausender Gefangener vor dem Vergessen gerettet wurde.

„Das Lager war mir seit der Volksschulzeit ein Begriff. Jedes Jahr zu Allerseelen haben wir Blumen am Lagerfriedhof niedergelegt. Aber wirklich etwas über das Lager erzählen konnte niemand“, beschreibt der gebürtige Sigmundsherberger sein frühes Interesse am Thema. Koch studierte dann Geschichte und Englisch, wurde Lehrer, später Direktor am Gymnasium in Klosterneuburg. Losgelassen hat ihn das Thema nie. Schließlich widmete er sich in seiner Dissertation der Aufarbeitung der Lagergeschichte. Daraus sind zwei lesenswerte Bücher hervorgegangen.

Baracken neben Kino, Kapelle und Bibliothek
Doch zunächst zum Lager selbst: Die Einrichtung war von 1915 bis 1918 in Betrieb. Hauptsächlich waren italienische Kriegsgefangene hier inhaftiert. Im Endausbau erreichte das Lager die beachtliche Größe von 2,88 Quadratkilometern. Neben einer Vielzahl von Baracken, in denen die Gefangenen untergebracht waren, und Zweckbauten wie einer Küche oder Sanitäranlagen, verfügte es auch über ein Kino, eine Bibliothek, eine Kapelle und einen Feuerwehrturm. Die meisten Häftlinge wurden als Arbeiter eingesetzt. So machte sich das Lager beispielsweise rasch einen Namen als wichtiger Zulieferer für Strohmatten, die an die Armee geliefert wurden.

Gefangenenlager gab es auf dem gesamten Gebiet der Monarchie. Das Sigmundsherberger spielte damals aber eine besondere Rolle. Durch die Anbindung an die Franz-Josefs-Bahn fungierte es nämlich als Knotenpunkt: Die „Paket-Sammel- und Sortierstelle“ verwaltete den Versand von hunderttausenden Versorgungspaketen an Kriegsgefangene in alle Teile der Monarchie, erzählt Koch.

Das Lager war eine gigantische Anlage. Es war stets von mehreren zehntausend Gefangenen bewohnt – bis zu 123.000 Personen. Das sind fast so viele Menschen, wie derzeit in Innsbruck leben. Koch weiß auch, wie man mit dieser großen Zahl an Menschen umging: „Wenn neue Gefangene kamen, dann wurden die Stockbetten einfach aufgestockt. In einer Baracke, in der vorher 200 Menschen geschlafen haben, schliefen dann eben 300.“

4,2 Kilometer langer Gedenkweg um Lager
Ein 2015 eingerichteter Gedenkweg macht die Größe des Lagers auch heute noch erlebbar. Auf 4,2 Kilometern Länge kann man das ehemalige Lagerareal begehen und sich auf zehn Texttafeln über die Geschichte informieren.

Um die Lagergeschichte aufzuarbeiten, musste Koch in so manchem Archiv stöbern. Seine Recherchen brachten ihn weit herum. So fand er nicht nur vor Ort in Sigmundsherberg, sondern auch im Kriegsarchiv in Wien und in Archiven in Rom wichtige Dokumente. Der Geschichtsforscher erinnert sich, dass die Recherchen oft mühsam waren. Koch: „Das Unangenehmste war, dass viele Unterlagen fehlen.“ Beim Abzug 1918 hätten die Italiener nämlich viele Akten zerstört, das habe die Aufarbeitung der Geschichte erschwert, erzählt der Historiker.

Koch: Auch persönliche Verbindung zu Lager
Mit viel Engagement konnte Koch in Italien noch einen Kriegsgefangenen als Zeitzeugen ermitteln. Dabei stellte sich sogar eine persönliche Verstrickung heraus: Der Mann wurde damals Kochs Onkel, der in Kainreith wohnte, als Arbeiter zugeteilt. Und es gibt noch eine persönliche Verbindung. Sein Großvater sei beim Bau des Lagers zu Transportdiensten eingeteilt worden, erzählt Koch.

Das Lager war nicht nur eines der größten in der Monarchie, es dürfte auch eines der am besten organisierten gewesen sein. „Im Lager hat es nie eine Epidemie gegeben. Das ist bemerkenswert, denn in anderen vergleichbaren Lagern ist es regelmäßig zu Seuchenausbrüchen gekommen, denen die Häftlinge zum Opfer fielen.“ Dennoch war die Ernährungssituation „bedrückend“, wie Koch verdeutlicht. Viel mehr als Rüben stand meist nicht am Speiseplan. Gerade gegen Ende des Krieges, als die Ernährungssituation kritisch wurde, meldete man deshalb mehrere hundert Tote pro Monat.

Nach Kriegsende wurde das Lager schnell abgebaut. „Nur ein paar Baracken sind übrig geblieben und noch einige Zeit anders genutzt worden“, erzählt Koch. So basieren Teile des heutigen Lagerhauses auf den alten Lagerbaracken. Nach dem Krieg übernahmen die Italiener die Lagerverwaltung. Dabei agierten die ehemaligen Gefangenen durchaus solidarisch: Im Lager waren 1,5 Millionen Essenspakete, die auch in anderen Lagern verteilt werden sollten, übrig geblieben. Die Italiener verteilten sie an die notleidende Bevölkerung im Waldviertel und in Wien.

Interesse an Lager ist in Italien groß
Seit etwa zehn Jahren stößt die Lagergeschichte zunehmend auch in Italien auf Interesse, erzählt Koch. Beigetragen hat dazu die Übersetzung von Kochs Buch ins Italienische. „Viele Leute fragen sich: Wo ist mein Urgroßvater begraben?“. Die italienische Botschaft verweise dann oft auf Sigmundsherberg und den dortigen Gefangenenfriedhof. Hier wurden knapp 2.400 Italiener beerdigt. Und so kommen regelmäßig Touristen, die den Friedhof besuchen oder sich im Eisenbahnmuseum über das Lager informieren: Hier widmet sich ein Teil der Ausstellung dem Kriegsgefangenenlager. Es gibt darin alte Originalstücke der Baracken, ein Modell des Lagers und viele Fotoaufnahmen zu entdecken – damit die Erinnerung nicht verloren geht.
Kriegsgefangenenlager: Ein Lager als größte Stadt des Waldviertels
 
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