"Stift Heiligenkreuz" im Wienerwald, seit 1133

Bunker Ratte

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#1
Kurzer Rundgang durch eine fast 900-jährige Geschichte des Stiftes Heiligenkreuz
Auf Bitten seines Sohnes Otto, der in der burgundischen Zisterzienserabtei Morimond das Ordenskleid genommen hatte, entschloss sich Markgraf Leopold III. um 1133 zur Stiftung eines Zisterzienserklosters im südlichen Wienerwald, das von Anfang an, und nicht erst seit dem Erhalt der großen Kreuzreliquie im Jahr 1187, Sancta Crux, Heiligenkreuz, genannt wurde.
Im 12. und 13. Jahrhundert erlebte das Stift eine erste Blütezeit: So wuchs in dieser Zeit der klösterliche Besitzstand rasch an, wobei sich neben der babenbergischen Herrscherfamilie und den ungarischen Königen auch zahlreiche Adelige und Bürger als Gönner hervortaten. Der damalige Aufschwung spiegelt sich aber auch in der bis zum heutigen Tag erhaltenen eindrucksvollen mittelalterlichen Klosteranlage wider, die aus dem 12. und 13. Jahrhundert datiert: 1187 wurde der romanische Kirchenbau geweiht, 1220-1240 die Klosteranlage frühgotisch umgebaut, 1295 der gotische Hallenchor und das Brunnenhaus vollendet.

An der Filiationstätigkeit des Wienerwaldklosters werden dessen Personalressourcen erkennbar: Heiligenkreuzer Mönche besiedelten innerhalb von zwei Jahrhunderten sieben weitere Zisterzienserabteien, namentlich Zwettl (1138), Baumgartenberg (1142), Czikador (1142), Marienberg (1197), Lilienfeld (1202), Goldenkron (1263) und Neuberg (1327). Schließlich ist auch auf die Leistungen der Mönche auf kulturellem Gebiet zu verweisen: Abgesehen von der Produktion wertvollster Handschriften (bis 1230 ist die Entstehung von 54 Codices in der Heiligenkreuzer Schreibstube nachweisbar) sind in diesem Zusammenhang vor allem die wissenschaftlichen Leistungen einiger Mönche zu nennen, die, wie etwa Gutolf von Heiligenkreuz, zu den bedeutendsten Köpfen ihrer Zeit zählten.

Das spätere Mittelalter stellte Heiligenkreuz vor vielfältige Herausforderungen. Schon seit dem 13. Jahrhundert nahm die Zahl der Heiligenkreuzer Mönche, nicht zuletzt aufgrund des Aufschwungs der Bettelorden in den Städten, stark ab. Aber auch die große Pestepidemie in den 1340er-Jahren dezimierte den Konvent. Auch litt das Kloster schwer unter den politisch wechselhaften Zeiten. Durch die ständigen Kriege und durch die Auseinandersetzungen im Haus Habsburg stand das Stift mehrmals am Rande des Ruins. Fehden nahmen überall überhand. Söldnerbanden suchten Heiligenkreuz und seine Besitzungen heim. Hungersnöte brachen aus, weil die Ernte durch das kriegerische Treiben vernichtet oder nicht eingebracht werden konnte. Eine arge Inflation tat das Übrige. Erst im ausgehenden 15. Jahrhundert beruhigte sich die Situation ein wenig. Doch auch die Folgezeit brachte keine echte Besserung der Lage.

Sehr zu leiden hatte das Kloster unter den Türkenkriegen von 1529 und 1532. Und auch die aufkommende Reformation stellte den Konvent vor so manches Problem. Nicht wenige der Mönche verließen damals Kloster. Personell stand es in den 1540er-Jahren vor dem Aus. Doch wendete sich das Blatt mit dem Abbatiat Konrad Schmids (1547-1558), unter dessen Leitung eine Phase der personellen, wirtschaftlichen und kulturellen Konsolidierung eingeleitet wurde, die unter seinen Nachfolgern Abt Ulrich Müller (1558-1584) und Abt Johann Rueff (1585-1599) eine Fortsetzung fand.
Die so bald wieder gefestigte Stellung des Stiftes machte auch die Inangriffnahme neuer Aufgaben möglich, wobei in diesem Zusammenhang vor allem auf die Pfarrseelsorge zu verweisen ist: Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde sie systematisch in Angriff genommen und entwickelte sich bald zu einem zentralen Betätigungsfeld der Mönche.
Im 17. und 18. Jahrhundert gelangte Heiligenkreuz unter den Äbten Michael Schnabel (1637-1658), Klemens Schaeffer (1658-1693), Marian Schirmer (1693-1705), Gerhard Weichselberger (1705-1728), Robert Leeb (1728-1755) und Alberich Fritz (1756-1787) zu neuer Blüte. Sie manifestierte sich auf vielfache Weise. Hervorzuheben ist sicherlich eine zweite von Heiligenkreuz ausgehende Filiationswelle: Unter Abt Klemens Schaeffer wurde eine Schar seiner Mönche in das Zisterzienserstift Säusenstein bei Ybbs entsandt, das dadurch vor seinem Untergang bewahrt wurde.

Bedeutender war aber die unter Abt Robert Leeb, freilich unter größten finanziellen Anstrengungen, vollzogene Erwerbung der seit 1570 dem Orden entfremdeten Zisterzienserabtei Sankt Gotthard in Ungarn, die 1734 von Heiligenkreuz aus wiederbesiedelt wurde. Bis heute erkennbar ist der damalige Aufschwung des Klosters aber auch an einer regen Bautätigkeit: Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt die (äußere) Klosteranlage von Heiligenkreuz ihr heutiges Aussehen. Gebaut und ausgebaut wurde auch das Priorat Sankt Gotthard und der Wiener Heiligenkreuzerhof. Eine Reihe bedeutender Künstler arbeitete in dieser Zeit für das Stift, unter ihnen Michael Rottmayr, Martino Altomonte, Giovanni Giuliani und Raffael Donner.
Durch die kirchlichen Reformpläne Josephs II. geriet auch Heiligenkreuz in arge Bedrängnis. Aufgrund der seelsorglichen Agenden der Mönche entging das Kloster aber seiner Aufhebung. Doch wurde dem Konvent ganze zehn Jahre lang die Aufnahme von Novizen untersagt, wodurch die Mitgliederzahl in diesem Zeitraum von 80 auf 48 Mönche herabsank. Auch litt das monastische Leben in Heiligenkreuz unter dem österreichischen Staatskirchentum sehr. So wurde etwa das Chorgebet anfänglich eingeschränkt und später sogar ganz abgeschafft. Aber auch in seiner rechtlichen Stellung und in seinen Freiheiten wurde das Kloster beschnitten: Heiligenkreuz wurde der Verkehr mit dem Mutterkloster des Ordens Cîteaux untersagt, seiner Exemption beraubt und dem Erzbischof von Wien unterstellt.

Die Gründung der bis heute existierenden theologischen Hauslehranstalt im Jahr 1802, in der die Zisterzienserabteien Niederösterreichs fortan ihren Ordensnachwuchs ausbildeten, war ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Lösung des Klosters aus der staatlichen Bevormundung. Einen gewissen Abschluss fand dieser Prozess 1859, als die Exemption des Klosters wiederhergestellt und eine „Österreichisch-Ungarische Cistercienserkongregation“ gegründet wurde.

1877 wurde die Verbindung von Heiligenkreuz und St. Gotthard in Ungarn gelöst. Die ungarische Regierung hatte die Trennung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts immer wieder gefordert und sich schließlich auch gegenüber Heiligenkreuz durchgesetzt. So ging eine fast 150jährige gemeinsame Geschichte unfreiwillig zu Ende. 1881 begann mit der Vereinigung mit der in Not geratenen Zisterzienserabtei Neukloster in Wiener Neustadt ein neues Kapitel. Auf diese Weise kamen auch acht weitere Pfarreien an das Stift.

Das 20. Jahrhundert brachte auch über das Stift Heiligenkreuz eine Reihe von Problemen. Wie viele andere Klöster befand es sich nach 1918 in großen finanziellen Schwierigkeiten, die Notverkäufe – nicht zuletzt aus den stiftlichen Sammlungen – notwendig werden ließen. Schlimmer zu leiden hatte das Kloster aber dann unter der Herrschaft des NS-Regimes, mit dessen Untergang 1945 auch für die Heiligenkreuzer Mönche bessere Zeiten anbrachen.

Heute, 870 Jahre nach seiner Gründung, ist das Zisterzienserstift Heiligenkreuz eines der bedeutendsten und lebendigsten Klöster Österreichs. Zu Heiligenkreuz gehören die Priorate Neukloster (Wiener Neustadt) und Stiepel (D). Während das Neukloster im 19. Jahrhundert mit Heiligenkreuz vereint wurde, handelt es sich bei Stiepel um ein 1988 gegründetes Tochterkloster. Der Konvent umfasst derzeit 98 Mönche, die in den verschiedensten Bereichen tätig sind. Einen hohen Stellenwert hat noch immer die Pfarrseelsorge: Insgesamt 18 Pfarren werden von Heiligenkreuzer Mönchen seelsorglich betreut. Heiligenkreuz ist heute aber auch ein Bildungszentrum: An der aus der 1802 gegründeten Hauslehranstalt hervorgegangenen philosophisch-theologischen Hochschule studieren derzeit über 140 Studenten. Die meisten von ihnen sind auf dem Weg zum Priestertum.
Quelle: Stift Heiligenkreuz

Auch der Schüttkasten von Heiligenkreuz gehört zum Stift.

einige Aufnahmen des Stiftes Heiligenkreuz:
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der Friedhof:
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Bunker Ratte

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#5
Der barocke Kreuzweg:
Schon um 1650 standen auf dem kleinen Plateau über der Gaadener Straße 3 Kreuze, zur Erinnerung an den Kalvarienberg in Jerusalem. 1670 errichteten dann einige Wiener Bürger auf diesem Platz, dem sogenannten Bergl oder Schneiderbergl, eine Kapelle zu Ehren des Gekreuzigten und 1671 ließ Abt Klemens Schäffer daneben ein Eremitenhäuschen bauen.
Beim Türkeneinfall 1683 wurde die sogenannte „Berglkapelle“ zerstört, aber bereits 2 Jahre später aus Spendengeldern der Wiener Bürger wieder errichtet. 1728 wurde das „Kirchl auf dem Schneiderbergl“ vom Heiligenkreuzer Zimmermeister Aegidius Bauer repariert, auch eine Stiege auf den Berg wird erwähnt. So kann man annehmen, das die spätere Treppenanlage an sie anknüpft.

Der prachtvolle barocke Kreuzweg mit den 13 Stationskapellen und der Hauptkapelle der 12. Station wurde in den Jahren 1731 bis 1748 erbaut. Initiator und Bauherr war Abt Robert Leeb, der diesen Kreuzweg zur Erinnerung an seine Pilgerreise ins Heilige Land anlegen ließ. Als junger Priester hatte Abt Robert 1719 den wirklichen Kreuzweg in Jerusalem gesehen und war ihn selbst mit großer Ergriffenheit gegangen. 1729 erwog er nun den Plan, auch in Heiligenkreuz einen Kreuzweg nach dem Vorbild in Jerusalem anzulegen. Die Baubewilligung wurde ihm 1731 durch eine Erklärung Papst Klemens XII. erteilt.

Die 14 Stationen wurden vorerst durch große Holzkreuze gekennzeichnet. Noch im selben Jahr 1731 wurde dieser provisorische Kreuzweg auf dem Schneiderberge von 2 Franziskaner- Patres eingeweiht, in Gegenwart des ganzen Konventes und einer großen Volksmenge. Vor allem Wiener Pilger trugen in den kommenden Jahren durch ihre Spenden zum Aufbau bei. Architekt der baulichen Anlagen war der Wiener Baumeister Franz Anton Pilgram, ein Schüler des berühmten Architekten Lukas von Hildebrandt.
Der örtliche Maurermeister Josef Frauenschuh errichtete die Kreuzweganlage nach den Plänen Pilgrams und erhielt zum Dank von Abt Robert die Lizenz zum Ankauf des Baugrundes neben der 13. Stationskapelle. Dort baute sich Frauenschuh bis 1741 ein Haus (KNr. 5), welches 1957 wegen Baufälligkeit abgetragen wurde. Die Zimmermannsarbeiten an den einzelnen Kapellen führte der örtliche Zimmermeister Matthias Paumgartner durch, die Steinmetzarbeiten an Türen und Fenstergewänden, vielleicht auch die Kartuschen der Stationskapellen, der Heiligenkreuzer Steinmetz Johann Keller und dessen Sohn Peter, ein Patenkind von Giovanni Giuliani.
Die künstlerische Leitung lag in den Händen unseres großen Barockbildhauers Giovanni Giuliani (1664-1744). Schon 1731 wurde in seiner Werkstatt mit der Anfertigung der Statuen begonnen. Von Giuliani selbst ist die Statue des Heilands, die 1974 am Kreuzweg durch eine Kopie ersetzt und in der Stiftskirche aufgestellt wurde. Die Holzreliefs in den 13 Stationskapellen, wahrscheinlich auch der Altar und die Figuren der Hauptkapelle, sind vom Laienbruder Lukas Troger und die 37 Sandsteinfiguren vom Bildhauer Josef Schnitzer. Beide waren Gehilfen von Giuliani.

Die Deckenfresken in den Kapellen und der auf Leinwand gemalte Hintergrund der Reliefs sind vom Laienbruder Matthias Gusner, einem Schüler unseres großen Barockmalers Martino Altomonte. Giuliani selbst hat die Fertigstellung des Kreuzweges nicht mehr erleben können, er starb 1744 und sein Schüler Lukas Troger übernehm die Aufsicht über die weiteren Arbeiten. Ein Teil der Statuen ist erst nach Giulianis Tod entstanden.
Wegen Setzungsschäden musste 1885 zwei Drittel der Hauptkapelle samt Türmchen unter der Leitung des Architekten Dominik Avanzo abgetragen und originalgetreu wieder aufgebaut werden. Das große Deckenfresko von Matthias Gusner wurde nach vorhergehender Aufnahme vom Maler Weigand gänzlich neu gemalt. Eine umfassende Restaurierung des gesamten Kreuzweges erfolgte zuletzt in den Jahren 1988 bis 1993. Während dieser Restaurierungsarbeiten wurden in der Hauptkapelle die 4 holzgeschnitzten Nischenfiguren von Lukas Troger durch Kopien in Hartgips ersetzt und im Stiftsmuseum aufgestellt.
Quelle: Stift Heiligenkreuz, der barocke Kreuzweg (Text: Werner Richter)

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