Brodelnde Erde : Unsichtbarer Supervulkan in Italien droht auszubrechen
Von Philipp Nagels
Bei Neapel liegt nicht nur der Vesuv, sondern auch der unsichtbare Supervulkan „Campi Flegrei“. Forscher fürchten das Schlimmste, denn als diese "brennenden Felder" vor 39 000 Jahren das letzte Mal hochgingen, wurde alles Leben im Umkreis von 100 Kilometern ausgelöscht.
Bereits im Dezember lieferte ein Computermodell Hinweise, dass die Campi-Flegrei-Caldera vor einer gefährlichen Phase der Aktivität stehen könnte. Eine neue Studie bestätigt das. Eine Eruption wäre verheerend.
Gleich geht’s noch um die Apokalypse und sowas, aber erst mal erinnern wir uns kurz an den Schulunterricht, wahlweise Latein, Erdkunde oder Geschichte. Der Vesuv! Da war was … da war einiges sogar, vor allem Lava. 79 n. Chr. wurde Pompeji unter einer unvorstellbaren Schicht von fünf Meter ebensolcher Lava begraben. Zwei weitere Städte, Herculaneum und Stabiae, wurden ebenfalls zerstört.
Quelle: Getty Images/The Image Bank
Vesuv
Es war der letzte große Ausbruch des Vulkans, dokumentiert in den Briefen Plinius des Jüngeren. Seitdem ist der Vesuv immer mal wieder aktiv gewesen, zuletzt 1944. Doch so katastrophal wie zu antiken Zeiten war keine der Eruptionen. Die erreichte damals Stärke 5 von 8 auf dem Vulkanexplosivitätsindex (VEI). Das ist gewaltig - und doch nur ein Bruchteil von dem, wozu die Campi Flegrei fähig sind.
Quelle: Infografik Die Welt/ZGB grafik
Die Phlegräischen Felder liegen etwa 20 Kilometer vom Vesuv entfernt, auf der anderen, der westlichen Seite Neapels. Sie wirken harmlos. Eine hügelige, felsige Landschaft, die sich in einem Kessel von 150 Quadratkilometern erstreckt. Was man nicht ahnt:
Unter der Oberfläche brodelt Europas einziger Supervulkan.
Nicht umsonst beobachten mehrere Forscherteams die geophysischen Aktivitäten in der Gegend. Eines wird geleitet von Christopher Kilburn vom Hazard Centre des University College London (UCL).
Wir glauben, dass sich die Campi Flegrei einem kritischen Zustand nähern könnten, wo weitere Unruhen [im Boden] die Wahrscheinlichkeit für eine Eruption erhöhen.
Christopher Kilburn, UCL
Sein Team hat analysiert, dass der Supervulkan seit 67 Jahren unruhig ist. In den 50ern, 70ern und 80ern gab es je zweijährige Perioden mit besonders viel Bewegung. Über die 67 Jahre hat sich zunehmend Druck aufgebaut. Ein ähnliches Muster ging der letzten größeren Eruption vor knapp 500 Jahren voraus.
Quelle: De Agostini/Getty Images/De Agostini Editorial
1538 wurde über acht Tage so viel Material ausgeworfen, dass gleich ein neuer Berg entstand, der Monte Nuovo. Die Campi Flegrei sind eine sogenannte Caldera. Das ist ein riesiger Krater, der entsteht, wenn ein Vulkan ausbricht und kollabiert. So geschehen vor geschätzt 39.000 Jahren, als die „brennenden Felder" mit einer Stärke von VEI 7 ausbrachen.
Da die VEI-Skala oberhalb von 2 logarithmisch gestuft ist, entspricht das einem Ausbruch, der 100-mal so gewaltig ist wie der des Vesuv, als er Pompeij unter sich begrub.
Quelle: LightRocket via Getty Images/LightRocket
Eine solche Eruption hätte europaweit Folgen. Die Geburt der Campi-Flegrei-Caldera, infolge derer ein „vulkanischer Winter“ ausbrach, soll nach einer Theorie zum Ende der Neandertaler beigetragen haben.
Insgesamt 50 Eruptionsherde wurden auf dem Vulkanfeld bisher beobachtet. Müssen wir uns also sorgen, ob der Unruhe unter den so malerisch benamten Phlegräischen Feldern?
Wir wissen nicht, ob diese langfristigen Unruhen zu einer Eruption führen werden, aber die Campi Flegrei folgen einem Trend, den unsere Modelle auch bei anderen Vulkanen verzeichnet haben.
Christopher Kilburn, UCL
Kilburn warnt, dass die Behörden auf einen Ausbruch vorbereitet sein sollten, auch wenn die mathematischen Modelle keine genaue Vorhersage erlauben.
Immerhin decken sich seine Beobachtungen mit denen des Nationalen Institutes für Geophysik in Italien. Ein Team um Giovanni Chiodini hatte im Dezember 2016 Ergebnisse einer Computersimulation veröffentlicht.
Danach steht das aufsteigende Magma der Caldera kurz vor einem kritischen Punkt. Sollte der überschritten werden, würde sich das Gestein über der Magma stark erhitzen und ausdehnen. Im Computer führt das zu einer Eruption.
Ob die Simulationen die komplexen geophysischen Prozesse, die einem Vulkanausbruch vorausgehen, tatsächlich korrekt und vollständig abbilden, ist fraglich. Und selbst, wenn sie sich der Realität einigermaßen annähern, machen sie keine konkreten Vorhersagen.
Es mag also noch Hunderte oder Tausende Jahre dauern, bis die Campi-Flegrei-Caldera wieder Material in die Umgebung spuckt. Wenn es so weit ist, würden wir es allerdings vorziehen, unseren Espresso nicht gerade in Neapel zu schlürfen...
Von Philipp Nagels
Bei Neapel liegt nicht nur der Vesuv, sondern auch der unsichtbare Supervulkan „Campi Flegrei“. Forscher fürchten das Schlimmste, denn als diese "brennenden Felder" vor 39 000 Jahren das letzte Mal hochgingen, wurde alles Leben im Umkreis von 100 Kilometern ausgelöscht.
Bereits im Dezember lieferte ein Computermodell Hinweise, dass die Campi-Flegrei-Caldera vor einer gefährlichen Phase der Aktivität stehen könnte. Eine neue Studie bestätigt das. Eine Eruption wäre verheerend.
Gleich geht’s noch um die Apokalypse und sowas, aber erst mal erinnern wir uns kurz an den Schulunterricht, wahlweise Latein, Erdkunde oder Geschichte. Der Vesuv! Da war was … da war einiges sogar, vor allem Lava. 79 n. Chr. wurde Pompeji unter einer unvorstellbaren Schicht von fünf Meter ebensolcher Lava begraben. Zwei weitere Städte, Herculaneum und Stabiae, wurden ebenfalls zerstört.
Quelle: Getty Images/The Image Bank
Vesuv
Es war der letzte große Ausbruch des Vulkans, dokumentiert in den Briefen Plinius des Jüngeren. Seitdem ist der Vesuv immer mal wieder aktiv gewesen, zuletzt 1944. Doch so katastrophal wie zu antiken Zeiten war keine der Eruptionen. Die erreichte damals Stärke 5 von 8 auf dem Vulkanexplosivitätsindex (VEI). Das ist gewaltig - und doch nur ein Bruchteil von dem, wozu die Campi Flegrei fähig sind.
Quelle: Infografik Die Welt/ZGB grafik
Die Phlegräischen Felder liegen etwa 20 Kilometer vom Vesuv entfernt, auf der anderen, der westlichen Seite Neapels. Sie wirken harmlos. Eine hügelige, felsige Landschaft, die sich in einem Kessel von 150 Quadratkilometern erstreckt. Was man nicht ahnt:
Unter der Oberfläche brodelt Europas einziger Supervulkan.
Nicht umsonst beobachten mehrere Forscherteams die geophysischen Aktivitäten in der Gegend. Eines wird geleitet von Christopher Kilburn vom Hazard Centre des University College London (UCL).
Wir glauben, dass sich die Campi Flegrei einem kritischen Zustand nähern könnten, wo weitere Unruhen [im Boden] die Wahrscheinlichkeit für eine Eruption erhöhen.
Christopher Kilburn, UCL
Sein Team hat analysiert, dass der Supervulkan seit 67 Jahren unruhig ist. In den 50ern, 70ern und 80ern gab es je zweijährige Perioden mit besonders viel Bewegung. Über die 67 Jahre hat sich zunehmend Druck aufgebaut. Ein ähnliches Muster ging der letzten größeren Eruption vor knapp 500 Jahren voraus.
Quelle: De Agostini/Getty Images/De Agostini Editorial
1538 wurde über acht Tage so viel Material ausgeworfen, dass gleich ein neuer Berg entstand, der Monte Nuovo. Die Campi Flegrei sind eine sogenannte Caldera. Das ist ein riesiger Krater, der entsteht, wenn ein Vulkan ausbricht und kollabiert. So geschehen vor geschätzt 39.000 Jahren, als die „brennenden Felder" mit einer Stärke von VEI 7 ausbrachen.
Da die VEI-Skala oberhalb von 2 logarithmisch gestuft ist, entspricht das einem Ausbruch, der 100-mal so gewaltig ist wie der des Vesuv, als er Pompeij unter sich begrub.
Quelle: LightRocket via Getty Images/LightRocket
Eine solche Eruption hätte europaweit Folgen. Die Geburt der Campi-Flegrei-Caldera, infolge derer ein „vulkanischer Winter“ ausbrach, soll nach einer Theorie zum Ende der Neandertaler beigetragen haben.
Insgesamt 50 Eruptionsherde wurden auf dem Vulkanfeld bisher beobachtet. Müssen wir uns also sorgen, ob der Unruhe unter den so malerisch benamten Phlegräischen Feldern?
Wir wissen nicht, ob diese langfristigen Unruhen zu einer Eruption führen werden, aber die Campi Flegrei folgen einem Trend, den unsere Modelle auch bei anderen Vulkanen verzeichnet haben.
Christopher Kilburn, UCL
Kilburn warnt, dass die Behörden auf einen Ausbruch vorbereitet sein sollten, auch wenn die mathematischen Modelle keine genaue Vorhersage erlauben.
Immerhin decken sich seine Beobachtungen mit denen des Nationalen Institutes für Geophysik in Italien. Ein Team um Giovanni Chiodini hatte im Dezember 2016 Ergebnisse einer Computersimulation veröffentlicht.
Danach steht das aufsteigende Magma der Caldera kurz vor einem kritischen Punkt. Sollte der überschritten werden, würde sich das Gestein über der Magma stark erhitzen und ausdehnen. Im Computer führt das zu einer Eruption.
Ob die Simulationen die komplexen geophysischen Prozesse, die einem Vulkanausbruch vorausgehen, tatsächlich korrekt und vollständig abbilden, ist fraglich. Und selbst, wenn sie sich der Realität einigermaßen annähern, machen sie keine konkreten Vorhersagen.
Es mag also noch Hunderte oder Tausende Jahre dauern, bis die Campi-Flegrei-Caldera wieder Material in die Umgebung spuckt. Wenn es so weit ist, würden wir es allerdings vorziehen, unseren Espresso nicht gerade in Neapel zu schlürfen...