Teufelskreis Steinkohle - schwierige Energiewende

josef

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#1
SCHWIERIGE ENERGIEWENDE
Kohlepreis geht durch die Decke
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Viele Länder weltweit versuchen derzeit mehr oder weniger ernsthaft, zumindest den Einstieg in die Energiewende zu schaffen. Derzeit steigt allerdings ausgerechnet der Preis für Steinkohle, der wohl verpönteste fossile Brennstoff, dramatisch. Das wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, vor der Politik und Weltwirtschaft beim Einbremsen der Klimaveränderung stehen.
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Laut „Financial Times“ („FT“) stieg der Preis für australische Kohle, die einen besonders hohen Brennwert hat, seit Jahresbeginn um 80 Prozent. Eine Tonne dieser Kohle, die der Referenzwert im Großteil Asiens ist, steht jetzt bei 146 Dollar je Tonne. Das ist der höchste Preis seit zehn Jahren. Und auch südafrikanische Steinkohle hat laut dem Branchendienst Argus ein Zehnjahreshoch erreicht. Der Preis stieg seit Jahresbeginn um 44 Prozent.

Damit ist der Kohlepreis laut „FT“ deutlich stärker gestiegen als die beiden heuer bisher am stärksten wachsenden Vermögensklassen. Denn Immobilien legten um 29 Prozent zu und Aktien um 25 Prozent. Nur Rohöl der Marke Brent kommt mit 44 Prozent Preisauftrieb auf ein ähnliches Niveau wie Kohle.
Unterbrechungen bei der Lieferkette, eine Dürre in China und vor allem der höhere Energiebedarf aufgrund des Wiederanziehens der globalen Konjunktur haben den Kohlepreis nach oben schnellen lassen und „einen der weltweit unbeliebtesten Rohstoffe zu einer der heuer besten Anlagen gemacht“, wie es die „FT“ formulierte.

AP/Imaginechina
Zahlreiche Kohleschiffe warten auf die Entladung in der Millionenstadt Huai’an, in der Provinz Jiangsu.

Politische Ziele vs. Realität
Der Kohleboom zeigt zugleich auf, vor welchen Problemen Regierungen beim Umstieg auf grüne Energieformen stehen. Viele Staaten haben eine drastische Reduktion ihres CO2-Ausstoßes angekündigt. Österreich etwa will bis 2040 klimaneutral sein. Trotz starken Wachstums etwa bei Wind- oder Sonnenenergieproduktion, kann aber die Produktion grünen Stroms mit der derzeit rasch steigenden Nachfrage nicht mithalten.

Vielzahl an Faktoren
Vor allem die starke Nachfrage aus China, das mit Abstand am meisten Kohle verbrennt, hat laut dem Analysten Dmitry Popov vom Beratungsunternehmen CRU den Preisanstieg verursacht. Chinesische Einkäufer seien bereit, Höchstpreise für Kohle zu zahlen. Erhöht wurde Chinas Bedarf durch eine Dürre im Süden des Landes, der dortige Wasserkraftwerke bei der Stromproduktion praktisch ausfallen ließ.

AP/Sam McNeil
Kohlekraftwerke produzierten 2020 in China rund zwei Drittel des gesamten Stroms

Chinas heimische Bergwerke konnten wegen erhöhter Sicherheitsauflagen nicht mehr abbauen. In Indonesien, dem wichtigsten Kohlelieferanten Chinas wurde der Abbau durch lange, schwere Regenfälle behindert.

Australische Kohle können chinesische Stromerezuger zudem wegen von Peking gegen Canberra verhängter Sanktionen nicht kaufen. Und einige Kraftwerksbetreiber in Japan und Europa wechselten wegen hoher Erdgaspreise zu Kohle, was den Preis weiter in die Höhe trieb. „Ich habe China zuvor noch nie unter dieser Art von Druck gesehen“, so der Analyst Tome Price von Liberum.

Reuters/Wolfgang Rattay
Das Braunkohlekraftwerk Neurath nordwestlich von Köln

Starker Anstieg auch in Deutschland
Es ist allerdings keineswegs ein rein chinesisches Phänomen. Deutschland etwa ist auch stark betroffen, dort haben kalorische Kraftwerke seit dem schrittweisen Atomkraftausstieg an Bedeutung gewonnen. Und laut Schätzungen von Argus wurde dort heuer im ersten Halbjahr um 35 Prozent mehr Strom aus Stein- und Braunkohle erzeugt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
IEA: Grüner Strom kann nur Teil abdecken
Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass nach einem Rückgang im Vorjahr um ein Prozent heuer der weltweite Energieverbrauch um rund fünf Prozent steigt. Erneuerbare Energiequellen würden weiter rasch steigen, „aber sie werden 2021 und 2022 nur etwa die Hälfte des Nachfrageanstiegs abdecken können“, so die IEA. Die kohlebasierte Stromproduktion wird laut IEA daher heuer um fast fünf Prozent steigen und damit das Niveau vor der Pandemie übertreffen.
Im Westen wird vor allem der Rohstoffriese Glencore profitieren, zeigte sich UBS-Experte Myles Allsop zuletzt gegenüber dem „Wall Street Journal“ überzeugt. Der Konzern kündigte bereits an, seine Kohlegruben in Australien, Südafrika und Lateinamerika weiterhin zu betreiben, statt sie zu schließen. BHP dagegen will trotz des Preisbooms weiter aus der Kohleförderung ausstiegen.
AP/Sam McNeil
China baut die Produktion aus erneuerbaren Enerqiequellen stark aus, ist aber weiter stark von Kohle abhängig

Keine rasche Änderung in Sicht
In naher Zukunft könnten umweltpolitische Vorgaben die Kohleförderung allerdings weniger attraktiv machen. Und Banken achten zusehends auf ein Portfolio, das möglichst klimaneutral ist. Es ist damit zu rechnen, dass sie künftig immer weniger dazu bereit sind, neue Kohleabbauprojekte zu finanzieren.
Der Experte Price betonte gegenüber dem „Wall Street Journal“ und der „Finanical Times“, er gehe davon aus, dass „das Angebot rascher fällt als die Nachfrage“. Denn Länder wie China oder Indien würden zumindest noch zehn Jahre Kohle im großen Stil aufkaufen. Der Kohlepreis werde, so ist zumindest Price überzeugt, nicht schlagartig nachgeben.
26.07.2021, guti, ORF.at

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Schwierige Energiewende: Kohlepreis geht durch die Decke
 

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#2
Die schwierige Wende zu sauberer Energie auf dem Balkan
Die Treibhausgasemissionen in den sechs Westbalkanstaaten liegen viel höher als im EU-Durchschnitt. Der Ausstieg aus der Kohle ist ein heikles Thema, weil viele Jobs daran hängen
Im Winter gehören die bosnischen Städte zu den verschmutztesten der Welt. Die Luft ist gelblich-grau. Viele Menschen müssen neben Luftreinigungsgeräten schlafen. Praktisch alle Europäer arbeiten seit Jahren am Kohleausstieg, nur in Bosnien-Herzegowina wurde erst 2019 ein Kredit bei einer chinesischen Bank über 614 Millionen Euro aufgenommen. Das chinesische Staatsunternehmen China Gezhouba Group Company sollte laut dem Vertrag den Block 7 des Wärmekraftwerks in Tuzla aufbauen, einer landesweit bekannten Dreckschleuder, die für gefährliche Gesundheitsschäden sorgt. Viele Menschen sterben in der Gegend an Lungenkrebs, und viele Kinder leiden an Bronchitis.


Die Energiewende ist auch in Südosteuropa ein großes Thema. Viele Politiker wollen den Menschen die Wahrheit nicht zumuten.
Foto: Reuters/Andrews

Mittlerweile hat sich aber der US-amerikanische Kooperationspartner General Electric (GE) zurückgezogen. Block 7 dürfte gar nicht gebaut werden. Die chinesischen Partner sind sauer. Entscheidend war das Sekretariat der Energiegemeinschaft (ECS) in Wien, der alle sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan (WB-6) angehören. Sie soll die Energiewende in der Region vorantreiben. Das ECS hat rechtliche Schritte wegen nicht konformer staatlicher Beihilfen gegen Tuzla 7 eingereicht, das Gleiche funktionierte auch im Kosovo bei einem Kohlekraftwerk.

"Ein glücklicher Umstand war, dass GE ausstieg", erzählt ECS-Direktor Janez Kopač. "Die rechtlichen Schritte des ECS hätten höchstwahrscheinlich nicht ausgereicht." Die EU-Kommission hat in der Causa jedoch keine Position bezogen. Die Vorschriften über staatliche Beihilfen für Energiegewinnung in Kohlekraft werden laut ECS in mehreren WB6-Ländern nicht eingehalten. "Am schlimmsten ist die Situation in Bosnien-Herzegowina und Serbien", so Kopač. Das ECS meldete dies den nationalen Beihilfebehörden und der EU-Kommission in den Jahren 2020 und 2021. "Doch keine einzige nationale Behörde hat geantwortet, auch nicht die EU-Kommission. Dem ECS sind auch keine Maßnahmen bekannt", moniert Kopač.

Staatliche Subventionen
Die Kohleindustrie ist auf staatliche Subventionen angewiesen. Laut ECS betrug der Gesamtbetrag der direkten Subventionen im Jahr 2019 73 Millionen Euro. In Bosnien-Herzegowina und in Serbien wurde der Sektor mehr gefördert als erneuerbare Energien. Kopač verweist darauf, dass Bosnien-Herzegowina und der Kosovo weiterhin auf nicht konformen Einspeisetarifen bestehen, alle anderen wechselten zu Auktionen, wenn es um die Schaffung der erforderlichen Investitionsbedingungen für mehr erneuerbare Energie geht. Wärmekraftwerke sorgen für etwa die Hälfte der Stromerzeugung auf dem Westbalkan. Nur in Albanien geht die Stromerzeugung zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien zurück.

Keine Sanktionsmöglichkeit
Das Hauptproblem ist: Anders als bei den EU-Mitgliedern gibt es wenige Möglichkeiten, die Regierungen der WB-6 zu sanktionieren, falls sie ihre Zusagen nicht einhalten. Die Energiegemeinschaft kann Verstöße aufzeigen, die Vertreter eines Landes von der Entscheidungsfindung ausschließen und im Extremfall die europäischen öffentlichen Banken auffordern, für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr in den Energiesektor eines Landes zu investieren, aber diese Maßnahmen greifen oft nicht.


Viele europäische Länder arbeiten seit Jahren am Kohleausstieg.
Foto: REUTERS/David Gray

Innerhalb der Region herrscht noch wenig Einsicht in die Notwendigkeit einer effizienten Energiewende. Der CO2-Ausstoß in Relation zum BIP ist im Schnitt zehnmal höher als jener in den EU-27. Das hat vor allem mit der Ineffizienz des Stromverbrauchs, aber auch mit den hohen CO2-Emissionen in der Stromerzeugung zu tun. In den lokalen Bezirksheizsystemen auf dem Balkan dominiert zu 70 Prozent Gas, auch Kohle spielt mit etwa 20 Prozent eine riesige Rolle.

Geringe Energieeffizienz
Die Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wird von allen sechs Staaten zumindest teilweise umgesetzt, jedoch nirgends vollständig. Erneuerbare Energien werden nur marginal genutzt, wie das ECS dokumentiert. Im Kosovo und in Albanien geht etwa ein Viertel der Energie durch schlechte Verteilernetze verloren. Kopač verweist darauf, dass eine Anpassung an das EU-Klimarecht in der Region zurzeit nicht möglich ist, weil es an einem gemeinsamen Rechtsrahmen mangelt: "Albanien, Serbien und Montenegro haben nur die Überwachungs-, Berichterstattungs- und Verifizierungsverordnung umgesetzt. Montenegro hat teilweise auch die Emissionshandelsrichtlinie umgesetzt und eine CO2-Bepreisung eingeführt."

Die CO2-Emissionen in den sechs Westbalkanstaaten liegen im Verhältnis zum Endstrombedarf dreimal höher als im EU-27-Durchschnitt. Der Ausstieg aus der Kohle ist ein heikles Thema, weil viele Jobs an der Branche hängen. Die Bergleute werden vor allem vor den Wahlen mit falschen Versprechen beruhigt.

Alle sechs Staaten verpflichten sich in der Erklärung von Sofia 2020 zur Umsetzung der grünen Agenda, die Kohlesubventionen schrittweise abzuschaffen und die Regeln für staatliche Beihilfen strikt einzuhalten, auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu setzen.
Foto: Reuters/Jose Manuel Ribeiro

Im Mai 2020, wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, besuchte der serbische Präsident Aleksandar Vučić die Region Kolubara und behauptete, dass in den kommenden Jahren 500 Millionen Euro in die Mine investiert würden, die in den nächsten sechzig Jahre noch Kohle liefern würde. Auch in Bosnien-Herzegowina ist vor den Wahlen im kommenden Jahr wohl kaum ein Politiker mutig genug, Klartext zu sprechen.

Die WB-6 sollten als Mitglieder in der Energiegemeinschaft bis 2030 Klimaziele umsetzen, vor allem im Hinblick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Der Ministerrat der Energiegemeinschaft hat 2017 erstmals die Ziele für 2030 erörtert. Sie sollten nun von der EU-Kommission vorgeschlagen werden. "Die EU-Kommission hat dies in den letzten vier Jahren versäumt und wird wohl auch 2021 die Gelegenheit dazu verpassen", kritisiert Kopač. Dabei verpflichteten sich alle sechs Staaten in der Erklärung von Sofia 2020 zur Umsetzung der grünen Agenda, die Kohlesubventionen schrittweise abzuschaffen und die Regeln für staatliche Beihilfen strikt einzuhalten, auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu setzen, staatliche Beihilfen ähnlich wie in der EU zu regeln und bis 2050 keine Kohle mehr zu verwenden.

Einflussreiche Versorger
In Südosteuropa gibt es aber große staatliche Versorgungsunternehmen, die politisch einflussreich sind und deren Managements meist direkt von Regierungen ernannt werden. So handeln auch untergeordnete Mitarbeiter häufig nach politischen Vorgaben.

Die bosnische Expertin für Energiewende, Selma Sehovic meint, dass die Energiegemeinschaft trotz der Durchsetzungsschwäche immer noch ein gutes Instrument sei, fordert aber mehr Unterstützung aus Brüssel. "Es wäre schade und unlogisch, den ausgezeichneten Ruf und die Glaubwürdigkeit des ECS in der Region nicht zu nutzen, um die Energiewende voranzutreiben", meint sie zum STANDARD. Sie zitiert den Pulitzer-Preisgewinner Daniel Yergin, der in seinem Buch über Energie "The Quest" feststellte, dass "die EU in ihrer administrativen Trägheit gefangen ist."
Hoffnung gibt dennoch das Beispiel Tuzla 7. Der China- und Südosteuropa-Experte Jens Bastian meint, dass dieses zeige, dass man sogar Großmächte langfristig zum Umdenken bringen könnte. "Wenn die Green Agenda beginnt, zu greifen, hat das auch Auswirkungen auf die chinesischen Partner.
(Adelheid Wölfl, 2.8.2021)
 

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#3
Kohle löst Windkraft in Deutschland als wichtigste Stromquelle ab
Windarmes Frühjahr lässt den Anteil der Windenergie um rund ein Fünftel sinken. Der Anteil erneuerbarer Energien sank um knapp 11,7 Prozent auf 44 Prozent
Verkehrte Welt: Die Kohlekraft hat in Deutschland die Windenergie als wichtigsten Energieträger abgelöst.
Foto: Imago

Wiesbaden – Kohle hat als Energieträger für die Stromproduktion in Deutschland im ersten Halbjahr 2021 die Windkraft wieder vom ersten Platz verdrängt. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der gesamten in Deutschland erzeugten Strommenge von 258,9 Milliarden Kilowattstunden stammt nach Berechnungen des deutschen Statistischen Bundesamtes in diesem Zeitraum aus konventionellen Quellen wie Kohle, Erdgas oder Kernenergie.

Anteil an erneuerbaren Energien ging zurück
Das war gut ein Fünftel (20,9 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor, wie die Behörde am Montag mitteilte. Der Anteil erneuerbarer Energien wie Wind, Solarenergie und Biogas sank dagegen zum Vorjahreszeitraum um 11,7 Prozent auf 44 Prozent.

Wegen des windarmen Frühjahrs sei der Anteil der Windenergie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut ein Fünftel (21 Prozent) gesunken, erklärten die Statistiker. Dadurch sank der Anteil der Windkraft an der ins Netz eingespeisten Menge von 29,1 Prozent auf 22,1 Prozent. Die Einspeisung von 57,1 Milliarden Kilowattstunden Windstrom war der niedrigste Wert für ein erstes Halbjahr seit 2018.

Gefüllt wurde die Lücke nach Angaben des Bundesamtes vor allem durch eine höhere Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken, die politisch umstritten sind. Sie steuerten mit 70,2 Milliarden Kilowattstunden gut ein Drittel (35,5 Prozent) mehr bei als vor Jahresfrist. Kohle machte damit in den ersten sechs Monaten 27,1 Prozent der eingespeisten Strommenge aus, nach 20,8 Prozent ein Jahr zuvor.

Kohle vor Windkraft und Erdgas
Nach Kohle und Windkraft war Erdgas im ersten Halbjahr des laufenden Jahres mit einem Anteil von 14,4 Prozent kurz vor der Kernenergie (12,4 Prozent) der drittwichtigste Energieträger für die Stromproduktion in Deutschland.

Die Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle ist wegen des Klimawandels zunehmend umstritten. Laut bisheriger Gesetzeslage soll Deutschland spätestens 2038 ganz auf die Kohlekraft verzichten. Klimaschützer fordern mit Blick auf eine aus ihrer Sicht notwendige stärkere Verringerung des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) ein früheres Auslaufen.

Die deutsche Bundesregierung hat den Weg zur Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts im Klimaschutzgesetz verankert. Demnach soll der Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 verringert werden, bis 2040 um mindestens 88 Prozent. 2045 soll Europas größte Volkswirtschaft Klimaneutralität erreichen, also nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen, wie wieder gebunden werden können. (APA, 13.9.2021)
Kohle löst Windkraft in Deutschland als wichtigste Stromquelle ab
 

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#4
UMWELTSCHÄDEN
EuGH verurteilt Polen zu Geldstrafe wegen Tagebaus in Turow
500.000 Euro soll Polen pro Tag zahlen, nachdem der EuGH Tschechien in der Sache recht gegeben hat. Die polnische Regierung will den Abbau dennoch fortsetzen

Wird die von der Polska Grupa Energetyczna (PGE) betriebene Mine Turow auf dem Gebiet der Gemeinde Bogatynia nicht bald stillgelegt, drohen Polen hohe Strafzahlungen.
Foto: EPA/MARTIN DIVISEK

Luxemburg – Polen muss nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wegen des Braunkohle-Abbaus in Turow eine Geldstrafe von täglich 500.000 Euro bezahlen. Das Luxemburger Gericht gab mit seinem Urteil am Montag einer Klage Tschechiens statt.

Tschechien hatte den Nachbarstaat auf Zahlung von täglich fünf Millionen Euro geklagt, weil der polnische Tagebau in Grenznähe negative Auswirkungen auf die heimische Umwelt habe. Die Richter gaben dem Kläger nun Recht, setzten aber einen erheblich geringeren Tagessatz fest. Dem Gericht zufolge muss Polen den Tagebau in Turow beenden.

Die Regierung Polens gab allerdings bekannt, dass der Abbau trotz der EuGH-Entscheidung fortgesetzt werde.
(APA/Reuters, 20.9.2021)
EuGH verurteilt Polen zu Geldstrafe wegen Tagebaus in Turow
 

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#5
China will Engpässe bei Energieversorgung mit Kohle ausgleichen
Weil Lokalregierungen die Emissionen auch mit der Rationierung von Energie reduzieren wollen, gab es Stromengpässe. Aus Peking kam nun die Aufforderung, Kohle zu nutzen

Kohlekraftwerke sollen helfen, die Energieversorgung in China zu sichern.
Foto: Reuters

Peking – Vor dem Hintergrund zunehmender Stromausfälle und Engpässe hat China seine Provinzregierungen dazu aufgefordert, die Versorgung von Kraftwerken mit Kohle zu sichern. Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission teilte am Mittwoch mit, sie behalte den Kohleverbrauch und die Versorgungslage im Land genau im Auge. Lokale Behörden seien aufgefordert worden, der Versorgung und dem Verbrauch von Kohle in Kraftwerken große Aufmerksamkeit zu schenken.

Außerdem müsse sichergestellt werden, dass Kohle im Fall eines Mangels rechtzeitig zu den Kraftwerken gelangt. Es sollen "alle Anstrengungen" unternommen werden, um den Transport von Kohle zur Stromerzeugung und zum Heizen sicherzustellen.

Energiekrise bedroht Wachstum
In den vergangenen Tagen hatte es in China zahlreiche Berichte über Stromengpässe bei Industriebetrieben in mehreren Provinzen gegeben. Fabriken mussten die Arbeit einstellen. Außerdem gab es Stromausfälle in privaten Haushalten. In sozialen Netzwerken wurden Berichte über ausgefallene Ampeln und Handynetze geteilt. Zudem waren Bilder von Geschäften zu sehen, die Kerzen zur Beleuchtung aufgestellt hatten.

Analysten warnten, dass Chinas Wirtschaftswachstum wegen einer drohenden Energiekrise einen deutlichen Dämpfer erleiden könnte.

Gründe für Knappheit
Als Ursache für die Stromknappheit wurden mehrere Faktoren genannt. Um seine Klimaziele zu erreichen, hat China angeordnet, Emissionen strikt zu reduzieren – wie auch die China-Expertin Yu Jie jüngst dem STANDARD erklärte. Lokalregierungen haben deshalb begonnen, Strom zu rationieren. Hinzu kämen hohe Preise für Kohle und ein ungewöhnlich großer Energiebedarf der Industrie, die wegen Nachholeffekten nach der Corona-Krise Bestellungen aus aller Welt abarbeiten müsse, hieß es.

"China verfügt über reichlich Ressourcen, um die Stromkrise zu überwinden", versuchte auch die parteinahe Zeitung "Global Times" in einem Leitartikel Ängste zu zerstreuen: "Es fällt uns nicht schwer, die Stromerzeugung weiter zu steigern und diese Kapazitäten auszubauen."
(APA, dpa, 29.9.2021)
China will Engpässe bei Energieversorgung mit Kohle ausgleichen
 

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#6
Viel Kohle, viele Erneuerbare: Chinas fragwürdiger Weg zur Klimaneutralität
China will bis 2060 klimaneutral werden. Zugleich ist das Land der größte Kohlekonsument der Welt

Bis Ende des Jahres sollen in China 18 neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen.
Foto: AFP/HECTOR RETAMAL

Eine Milliarde Tonnen Kohle – so viel produzierte allein die chinesische Provinz Shanxi im vergangenen Jahr. Seit Jahren wächst die Produktion um rund acht Prozent im Jahr. Allein die Provinz südwestlich von Peking produziert doppelt so viel Kohle wie die USA und Australien zusammen. Verheizt wird die Kohle in den über 1.100 Kraftwerken des Landes – die meisten davon in Shanxi und der angrenzenden Provinz Hebei unweit von Peking –, weshalb die Hauptstadt des Landes immer wieder von Smogkatastrophen heimgesucht wird.

Es fällt schwer, Pekings Klimapolitik nicht als Farce wahrzunehmen. Das Pariser Klimaschutzabkommen hat die Volksrepublik nie unterzeichnet. Peking ist außerdem der größte Konsument von Kohle. Aber bis 2060 wolle man eine Nettonull bei den CO2-Emissionen schaffen. Diese Woche nun hat der Staatsrat, so etwas wie das chinesische Kabinett, einen Aktionsplan verkündet. Demnach soll der CO2-Ausstoß bis 2030 seinen Gipfel erreicht haben. 25 Prozent des Verbrauchs sollen dann aus nichtfossilen Energieträgern kommen. Außerdem sollen – jetzt wird es etwas kompliziert – die CO2-Emissionen pro erwirtschaftete BIP-Einheit auf 65 Prozent des Jahres 2005 sinken. Man kann das positiv lesen. Tatsache ist aber auch: Bis 2030 werden die CO2-Emissionen in kaum einem anderen Land so stark steigen wie in China.

Schnell wachsende Wirtschaft
Der Grund ist simpel: Chinas Wirtschaft wächst so schnell wie kaum eine andere auf der Welt. Zwar waren es im vergangenen Quartal nur knapp unter fünf Prozent, aber auch das ist für westliche Verhältnisse gewaltig. Und fünf Prozent Wirtschaftswachstum bedeutet eben auch: mindestens fünf Prozent mehr Energieverbrauch.

Zwar gibt es auch nur wenige Länder, die derzeit mehr Geld in regenerative Energien investieren. In absoluten Zahlen aber wächst der CO2-Ausstoß. Und da das kommunistische Regime nichts mehr fürchtet als eine Rezession, weil diese zu Unzufriedenheit im Volk führt und damit potenziell gefährlich werden könnte, wird alles darangesetzt, das Wirtschaftswachstum hoch zu halten.

Erst im August hatte Peking angekündigt, noch bis Ende des Jahres 18 neue Kohlekraftwerke ans Netz zu bringen. Deren CO2-Ausstoß entspricht mit rund 150 Millionen Tonnen etwa dem der Niederlande. 48 weitere befinden sich demnach in Planung. Bis 2026 wolle man im Übrigen die Kohlenutzung nicht reduzieren. Im Gegenteil: Derzeit hat das Land mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Der Winter hat noch gar nicht bekommen, da wird Strom- und Heizkraft bereits rationiert. Zahlreiche Fabriken im Land müssen derzeit mit weniger Energie auskommen. Wie stark die Einschränkungen sind, hängt von der jeweiligen Provinz ab.

Hoher Kohlepreis
Der Grund sind gestiegene Kohlepreise und ein überregulierter Markt. Weil die australische Regierung eine unabhängige Kommission zur Untersuchung des Ursprungs des Coronavirus gefordert hatte, hatte Peking monatelang australische Kohleimporte gestoppt. In der Folge stiegen die Kohlepreise. Hinzu kamen Überflutungen in der Provinz Shanxi und die vorübergehende Stilllegung einiger Minen. Da der Strompreis aber staatlich gedeckelt ist, konnten es sich viele Kohlekraftwerke nicht mehr leisten, weiter zu produzieren. In der Folge kam es im ganzen Land zu Energieengpässen, und so hat Peking die landesweite Kohleproduktion nach oben gefahren. In den kommenden Monaten sollen bereits stillgelegte Minen reaktiviert werden. Allein deren Ausstoß ist so hoch wie der aller aktiven Kohlebergwerke in ganz Westeuropa. Die chinesischen Bürger müssen sich auf einen versmogten Winter einstellen.
(Philipp Mattheis aus Schanghai, 30.10.2021)
Viel Kohle, viele Erneuerbare: Chinas fragwürdiger Weg zur Klimaneutralität
 

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#7
Australien hält weiter an Kohleabbau fest
Eigentlich will Australien bis 2050 klimaneutral werden. Kohlekraftwerke zu schließen kommt für Australiens Ressourcenminister Keith Pitt aber nicht infrage
Eine Kohlemine in Narrabri, Australien.
Foto: Rob Griffith

Australien will noch jahrzehntelang Kohle fördern. "Wir haben ganz klar gesagt, dass wir keine Kohleminen und keine Kohlekraftwerke schließen werden", sagte der australische Ressourcenminister Keith Pitt am Montag dem Fernsehsender ABC. Es werde noch lange einen Markt für Kohle geben – und so lange werde Australien den Rohstoff auch verkaufen.

Er gehe davon aus, dass die Nachfrage für Kohle bis 2030 weiter ansteigen werde, sagte Pitt weiter. "Und wenn wir nicht den Markt gewinnen, dann macht es jemand anders." Dann sei es besser, wenn "Australiens Qualitätsprodukt" in Australien Jobs schaffe und die Wirtschaft fördere, als wenn der Brennstoff aus Indonesien oder Russland komme.

Ausstieg aus Kohle
Bei der Weltklimakonferenz COP 26 in Glasgow hatten vergangene Woche 40 Länder angekündigt, künftig auf die Nutzung von Kohle verzichten zu wollen. Australien und weitere wichtige Kohleländer wie China und die USA unterzeichneten jedoch nicht.

Die Regierung von Premierminister Scott Morrison kündigte im vergangenen Monat zwar an, Australien wolle bis 2050 klimaneutral sein. Allerdings legte sie keinen konkreten Plan vor, wie dies erreicht werden soll. Canberra setzt offenbar vor allem auf neue Technologien, die es allerdings noch nicht gibt.

Australien ist einer der größten Kohle- und Erdgasproduzenten der Welt. Zugleich hatte das Land in den vergangenen Jahren auch mit immer extremeren klimabedingten Naturkatastrophen wie Dürren, Überschwemmungen und Buschbränden zu kämpfen.
(APA, 8.11.2021)
Australien hält weiter an Kohleabbau fest
 

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#8
SCHLAG GEGEN KLIMAZIELE
China setzt verstärkt auf Kohle
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Ungeachtet globaler Bemühungen im Kampf gegen die Klimakrise baut China offenbar wieder verstärkt auf neue Kohlekraftwerke. Genehmigung, Baubeginn und Ankündigung neuer Kohleprojekte hätten sich im vergangenen Jahr „dramatisch beschleunigt“ und den höchsten Stand seit 2015 erreicht, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Studie der Forschungsgruppen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und Global Energy Monitor (GEM).
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Die Kapazität der Kraftwerke, deren Bau begonnen wurde, sei sechsmal größer gewesen als jene der Kraftwerksprojekte im Rest der Welt zusammen. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 106 Gigawatt an neuen Kohleprojekten genehmigt worden, was ungefähr zwei großen Kraftwerken pro Woche entspreche, heißt es in dem Bericht.

Hintergrund der Vorgangsweise sind offenbar sich zuletzt häufende Probleme in Sachen Energieversorgung: Nach dramatischen Energieengpässen im Herbst 2021 begründeten Provinzen die Unterstützung neuer Projekte mit der nötigen Stabilität des Stromnetzes zu Spitzenzeiten. Den Studienerkenntnissen zufolge sei das allerdings nicht stichhaltig, weil die Kraftwerke beständig in der Grundlastauslastung laufen sollen.

Größter Kohleverbraucher, größter Treibhausemittent
Im Pariser Klimaabkommen hatten 195 Staaten, darunter auch China, 2015 beschlossen, die gefährliche Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dafür müssen die Emissionen von Kohlendioxid reduziert werden. China ist der größte Kohleverbraucher und größte Produzent der Treibhausgasen. Das bevölkerungsreichste Land der Welt hat zugesagt, den Höhepunkt seiner Emissionen bis 2030 und die Kohlendioxidneutralität bis 2060 zu erreichen.

China bezieht bisher einen Großteil seines Stroms aus Kohlekraftwerken – und auch seit der Unterzeichnung des Paris-Abkommens seien die Emissionen weiter angestiegen, so die Autorinnen und Autoren der CREA-GEM-Studie. Diesen zufolge bedeute der starke Zubau neuer Kohlekraftwerke allerdings nicht zwingend, dass der Kohleverbrauch und die CO2-Emissionen des Stromsektors in China nun weiter steigen werden.

„Rasche Fortschritte beim Ausbau sauberer Energien“
Voraussetzung dafür sei allerdings, „dass sich das Wachstum der nicht fossilen Stromerzeugung aus Wind, Sonne und Kernenergie weiter beschleunigt und sich das Wachstum der Stromnachfrage stabilisiert oder verlangsamt“. Allerdings gebe es aus China nicht nur die Zusage, den Kohleverbrauch im Zeitraum 2026 bis 2030 deutlich reduzieren zu wollen – zuletzt mehrten sich Agenturangaben zufolge auch Stimmen, wonach man Klimaschutzvorgaben auch an die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung anpassen werde.

„China macht zwar rasche Fortschritte beim Ausbau sauberer Energien, doch das Stromversorgungssystem des Landes ist nach wie vor auf Kohlekraftwerke angewiesen“, heißt es dazu im CREA-CEM-Report. Naheliegend erscheine nun, dass die neu genehmigten Kohlekraftwerke die chinesischen Klimaverpflichtungen nun „komplizierter und kostspieliger machen“. Inwieweit diese Entwicklung den Weg Richtung Austieg aus der Kohle tatsächlich bremst, bleibe aber abzuwarten, wie es dazu mit Verweis auf den laufenden raschen Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energie dazu heißt.

Verweis auf Worst-Case-Szenario
Die offiziell zur Überbrückung von Energieengpässen geplanten neuen Kohlekraftwerke könnten somit durchaus „kurzlebige und nicht ausgelastete Fehlinvestitionen sein“. Im schlimmsten Fall könne der nun eingeschlagene Weg allerdings auch dazu führen, „dass Chinas Ausbau der sauberen Energien gedrosselt wird und/oder energieintensive Industrien gefördert werden, die den Strom verbrauchen“. Damit einhergehend wäre ein weiterer erheblicher Anstieg von Chinas CO2-Emmissionen, „was die globalen Klimabemühungen untergraben und sogar Chinas Klimaverpflichtungen in Gefahr bringen könnte“.
28.02.2023, pepr, ORF.at/Agenturen

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Schlag gegen Klimaziele: China setzt verstärkt auf Kohle
 

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#9
Steinkohle statt Gas: Revival für 14 Kraftwerke in Deutschland


Vorigen Sommer reaktiviert und noch am Markt.
Die seit vergangenem Sommer zur Bekämpfung der Gaskrise reaktivierten Steinkohlekraftwerke sind allesamt weiterhin am Markt. Insgesamt kehrten bisher 14 Steinkohle-Kraftwerke und ein Mineralöl-Kraftwerk ans Netz zurück oder wurden nicht stillgelegt, wie aus einer Übersicht der Bundesnetzagentur hervorgeht. Es lägen keine Anzeigen hinsichtlich der vorzeitigen Beendigung des Markteinsatzes vor, sagte ein Behördensprecher auf Anfrage der dpa.

Eine Verordnung der deutschen Regierung erlaubt den Stromverkauf aus Reservekraftwerken, die mit Steinkohle oder Öl befeuert werden, bis Ende März 2024. Ob sich die Stromproduktion für Kraftwerksbetreiber lohnt, hängt unter anderem von den aktuellen Strom-Großhandelspreisen ab. Mit der Maßnahme soll Erdgas aus dem Strommarkt verdrängt werden.

Ein Sprecher des Energieunternehmens Steag Power bestätigte, dass das Unternehmen weiterhin mit seinen zurückgeholten oder weiterbetriebenen Steinkohlekraftwerken am Strommarkt aktiv ist. Diese Kraftwerke liefen zumeist rund um die Uhr. Je nach Stromnachfrage würden sie dabei zeitweise auch mit reduzierter Leistung gefahren, etwa wenn viel Wind- oder Sonnenstrom im Netz sei und zusätzlicher Kohlestrom für die Gewährleistung von Versorgungssicherheit nicht benötigt werde.

Auch die von Uniper temporär zurückgebrachten Kohlekraftwerke kommen zum kommerziellen Einsatz, wie ein Sprecher sagte. "Solange dies erforderlich und gesetzlich möglich ist, stehen diese Kraftwerke zur Verfügung." Die Auslastung sei ganz wesentlich von den Marktbedingungen abhängig und könne sich entsprechend kurzfristig ändern, betonte er. Uniper will die Regelung Ende Mai noch für ein weiteres Kohlekraftwerk nutzen, das dann nicht in die Reserve gehen soll.
Das Steinkohle-Kraftwerk Mehrum in Hohenhameln war im Sommer 2022 das erste Kraftwerk in Deutschland, das nach der neuen Verordnung wieder an den Markt zurückkehrte. Seitdem ist es am Strommarkt aktiv. Eine Stromerzeugung finde je nach Marktlage statt, sagte Geschäftsführer Armin Fieber. Dies werde von Tag zu Tag unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit neu entschieden. Geplant sei, das Kraftwerk bis Ende März 2024 am Markt teilnehmen zu lassen.

Auch fünf Braunkohleblöcke aus der sogenannten Versorgungsreserve durften befristet an den Markt zurückkehren. Die Erlaubnis gilt zunächst bis Ende Juni 2023.

Im vergangenen Jahr kam laut Statistischem Bundesamt ein Drittel des in Deutschland erzeugten und ins Netz eingespeisten Stroms aus Kohlekraftwerken (2021: 30,2 Prozent). Der Kohlestrom wurde zu rund 60 Prozent aus Braunkohle und zu rund 40 Prozent aus Steinkohle erzeugt. Der Anteil von Erdgas an der Stromerzeugung in Deutschland sank im vergangenen Jahr auf 11,4 Prozent (2021: 12,6 Prozent).
10.03.2023 Kurier

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#10
KOHLEKRAFTWERKE
Warum Politiker Bulgariens Kohle-Aus totschweigen
Die EU fordert von Bulgarien, die Kohlekraftwerke im Mariza-Tal im Herzen des Landes zu schließen. Doch in Stara Sagora will man die Ausstiegspläne nicht akzeptieren – ein Lokalaugenschein
Reportage
Wenn man den Hügel erklimmt, wird die Erde immer sandiger, das Gras gelblicher, bis es gar nicht mehr wächst. Die Erde ist hier tot. Die drei massiven Kohlekraftwerke stehen nicht nur wie Monumente aus sowjetischer Zeit in der Landschaft herum, sondern schleudern weiter Dreck in die Luft, so als wäre Bulgarien noch immer nicht in einer neuen Zeit, in einer ökologisch orientierten EU angekommen. Oben am Hügel angekommen, sieht man dann die tiefen Folgen der alten Industrie. Drei Kraftwerke – genannt Mariza Osten – umgeben eine verwüstete riesige Kraterlandschaft, aus der seit Jahrzehnten Kohle herausgeholt wird.

Der Braunkohleabbau Mariza Osten ist der größte Kohlendioxidproduzent in Bulgarien, der den Klimawandel beschleunigt. Insbesondere das Kraftwerk Brikel ist eine Dreckschleuder, die zu Atemwegserkrankungen führt. Der schwarze Staub bedeckt ganze Dörfer.

40 Prozent weniger Emissionen
"Der Südwind ist für uns noch der beste", erklärt der 76-jährige Dinjo Russev Ivanov, ein humorvoller Mann mit kratzigem Bart und weißen Locken. Denn wenn der Südwind komme, drehe der Qualm aus dem Brikel-Schlot in die andere Richtung. Herr Ivanov steht vor dieser verwundeten Landschaft, aus seinem Dorf Trojanovo sind viele Leute weggezogen, weil die Kohlebergbaugesellschaft Häuser aufgekauft hat, um die Mine weiter auszubauen. Die Fenster der Schule sind eingeschlagen, das versprochene Krankenhaus wurde nicht gebaut. "Es wird viel Geld mit diesen Kraftwerken verdient, aber hier kommt nichts an", kritisiert er. Die Kumpel, die im Bergbau arbeiten, würden früh sterben und die Luftfilteranlagen im Kraftwerk zuweilen ausgeschaltet, um noch mehr Geld zu machen.


Bulgarien gehört nach wie vor zu den am stärksten von der Kohle abhängigen Ländern der EU.
Foto: AFP/Nikolay Doychinov

Mit der EU-Kommission wurde vereinbart, dass Bulgarien seine Kohlendioxid-Emissionen bis Ende 2025 um 40 Prozent reduzieren muss, bis 2038 sollen die Kraftwerke ganz geschlossen werden. Das war auch die Bedingung dafür, dass Bulgarien Milliarden aus dem EU-Aufbaufonds beantragen durfte. "Doch die bulgarischen Politiker behaupten weiter, dass die Kraftwerke bleiben können", erzählt Ivanov. "Das sind allerdings Fake News."

Kohlenstoffintensivste Volkswirtschaft
Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits zweimal festgestellt, dass Bulgarien gegen EU-Recht verstößt, weil es erlaubt, dass hier die zulässigen Standards für die Luftverschmutzung auf unbestimmte Zeit nicht eingehalten werden müssen. Die Kraftwerke sind nämlich Arbeitgeber für etwa 12.000 Familien, ein Faktor für Prosperität und Sicherheit, aber auch eine Frage der Identität.

Tim McPhie, Sprecher der EU-Kommission für Energie und Klima, verweist darauf, dass Bulgarien die kohlenstoffintensivste Volkswirtschaft der EU sei und sich verpflichtet habe, die Energiegewinnung durch Kohlekraftwerke zu beenden. "Das war ein entscheidendes Element für die Genehmigung der Gelder aus dem Aufbaufonds", so McPhie zum STANDARD. Insgesamt stelle die EU Bulgarien fünf Milliarden Euro für Reformen und Dekarbonisierung zur Verfügung. "Zahlungen können jedoch nur auf der Grundlage der zufriedenstellenden Erfüllung der vereinbarten Meilensteine und Ziele erfolgen", so McPhie.

Luftqualitätsrichtlinie
Ziel der Kommission sei es nun, dafür zu sorgen, dass die bulgarischen Behörden die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Luftqualitätsrichtlinie nachhaltig einzuhalten, betont McPhie. Da das bulgarische Gericht an die Auslegung des EuGH gebunden sei, erwarte die EU-Kommission, dass die dem Kraftwerk Mariza Osten erteilte Genehmigung, die Emissionen zu überschreiten, widerrufen werde.


Bergleute und Arbeiter des größten bulgarischen Kohlekraftwerks Mariza Osten 2 protestierten im Oktober 2021 gegen eine vorzeitige Schließung der Kohlekraftwerke im Rahmen des Green Deal der EU.
Foto: REUTERS/Spasiyana Sergieva

Der von der EU geforderte Kohleausstieg ist eine hochsensible Angelegenheit. Wenn immer davon die Rede ist, rufen Gewerkschaften zu Streiks auf. Stara Sagora liegt am Berghang des Mittelgebirges im Tal des Flusses Mariza. Hier ist der Boden besonders fruchtbar, früher wurde viel Baumwolle und Tabak angebaut. Heute gehört die Region im Herzen Bulgariens zu den reichsten und bestentwickelten. Die Löhne sind fast gleich hoch wie in Sofia. Das Geld kommt zu einem großen Teil aus den Kraftwerken.

Loyalität zum Kreml
Deshalb zieht der anvisierte Kohleausstieg einen Graben zwischen prowestlicher und prorussischer Orientierung. Denn die eher ökologisch orientierten Bulgaren und Bulgarinnen, die den Kohleausstieg präferieren, sind dieselben, die sich hinter die Ukraine und die EU stellen. Die Kohlefreunde sind wiederum eher prorussisch. Und es gibt viele von ihnen.

In Stara Sagora denken viele, dass die USA den Krieg in der Ukraine anzettelten, sie misstrauen dem Westen. Draußen vor der Stadt steht ein massives Stahlbetondenkmal zu Ehren einer Flagge aus dem russischen Samara und eines russischen Oberst, der, umringt von sechs bulgarischen Soldaten, die unverwüstlichen Bande zwischen Russland und Bulgarien demonstrieren soll.

Das Denkmal erinnert an den Konflikt zwischen dem Osmanischen und dem Russischen Reich im Jahr 1877 und 1878. Danach erklärten sich die Fürstentümer Rumänien, Serbien und Montenegro unabhängig vom Osmanischen Reich. Stara Sagora wurde in diesem Krieg von Osmanischen Truppen niedergebrannt – tausende Menschen starben, und die russischen Soldaten werden deshalb bis heute als Befreier verehrt.

Ökologie nicht so wichtig
Die Kohlekraftwerke liefern zudem 40 Prozent des bulgarischen Energieerzeugung – man konnte bislang viel exportieren und viel verdienen. Die bulgarischen Politiker winden sich deshalb, kaum jemand traut sich, den Kohleausstieg anzusprechen. Im Rathaus in Stara Sagora, einem sozialistischen Bau mit einem beeindruckenden Atrium, versucht man ökonomisch zu argumentieren. Die EU-Kommission habe einfach nicht ausreichend Geld auf den Tisch gelegt, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, wenn die Kraftwerke schließen müssten. Auch die Übergangszeit sei viel zu kurz bemessen worden, sagt Mariana Perchemlieva von der Investmentabteilung. Deshalb habe man als Gemeinde den EU-Plan zum "Gerechten Wandel" abgelehnt.


Vom Kohleausstieg traut sich in Bulgarien kaum jemand zu sprechen.
Foto: Nikolay DOYCHINOV / AFP

"Es geht uns um unsere Arbeitsplätze. Wenn neue geschaffen werden, müssen auch die Löhne gleich hoch bleiben", fordert sie. "Und Ökologie ist jetzt nicht die wichtigste Sache." Hier im Rathaus bezweifelt man sogar, ob die Emissionen durch den Kohleausstieg überhaupt sinken würden.

Unvermeidlicher Wandel
Der Energieexperte Slavtcho Nejkov, der viele Jahre Direktor der Energiegemeinschaft für Südosteuropa war, meint, dass die Energie-Entscheidung am Ende weder von der Politik noch von der Verwaltung entschieden werden wird, sondern vom Markt. "Der Markt mag die Kohle nicht", erklärt er. "Das war nur eine kurze Zeit so, im Vorjahr, als der Krieg begann, weil es zu einer Energieknappheit kam. Aber der Strom aus Wärmekraftwerken ist mittelfristig nicht wettbewerbsfähig, weil die Kosten wegen der Emissionen zu hoch sind."

Nejkov fordert, dass die bulgarischen Politiker den Bürgern klar kommunizieren müssen, dass die Zeit der Kohle vorbei sei. Alles andere sei Populismus. "Der Energiewandel ist unvermeidbar, die grünen Technologien entwickeln sich schnell."
(Adelheid Wölfl aus Stara Sagora, 11.4.2023)
Warum Politiker Bulgariens Kohle-Aus totschweigen
 
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