Projektierte Flugplätze in Wien 1948 - 51
Als Ergänzung zum Beitrag von @fruchtzwerg68:
Grundsätzlich ist zu sagen, dass keines der Flugplatzprojekte zur Abwicklung von Flügen mit mehrmotorigen Maschinen im unmittelbaren Stadtgebiet von Wien verwirklicht wurde! Am weitestens wurde das Projekt in der Simmeringer Haide vorangetrieben bzw. vorbereitet – siehe auch vorgenannten Beitrag.
Nun noch einige interessanten Details zu den einzelnen in Erwägung gezogenen Standorten:
Heiligenstädterstraße:
Schaffung einer Start- und Landebahn auf der Achse der Heiligenstädterstraße, Entfernung störender Bauwerke, so wurde auch der Abriss des „Karl-Marx-Hofes“ in Erwägung gezogen, um Platz für Flugzeugabstellplätze zu schaffen. Als Lagerfläche für einzufliegende Versorgungsgüter sollte der Sportplatz auf der „Hohen Warte“ dienen. Die bestehende Landefläche für Kleinflugzeuge an der Donaukanallände sollte ebenfalls für weitere Manipulationsflächen ausgebaut werden und mit Taxiways (Unterführung der Bahnanlagen!) mit der Heiligenstädterstraße verbunden werden. Das Vorhaben wurde dann aber als unrealistisch eingestuft, man fürchtete die negative Reaktion der Bevölkerung wegen der Schleifung des großen Gemeindebaues bzw. die propagandistische Ausschlachtung durch die sowjetische Besatzungsmacht…
Dornbach – Alszeile:
Die nächste Untersuchung seitens der Alliierten erstreckte sich auf die Alszeile in Dornbach. Wegen der topografischen Gegebenheiten wären hier nur Flugbewegungen unter Sichtflugbedingungen ((VFR) möglich gewesen =>siehe Vorbericht.
Schließlich wurden geländemäßig weit günstigere Flächen in Simmering in die engere Auswahl gezogen. Diese Planungen fanden alle unter dem Aspekt der Berliner Blockade ab Juni 1948 statt. Da eine solche Vorgangsweise in Wien doch nicht stattfand, man den Sowjets aber nach wie vor nicht traute, begann man 1950 mit einer neuerlichen Suche bzw. Neubewertung von geeigneten Fluplatzflächen, wobei Heiligenstädterstraße und Alszeile aus vorgenannten Gründen bereits ausschieden.
Nußberg – Wien 19. Bezirk:
3.600 m Landepiste am Plateau des Nußberges
Vorteile: Dünne bis gar keine Besiedlung (Weinbaugebiet), nur max. 3 störende Baulichkeiten im Umfeld, durch erhöhte Lage weniger Nebel und Dunst als in Tallage, günstige Transportmöglichkeiten ohne Transversierung sowjetischer Besatzungsgebiete, ideale Windverhältnisse der geplanten Piste in NW-SO Richtung…
Nachteile: Anlage einer zweiten Piste nicht möglich, wegen Hang- bzw. Höhenlage ungünstige Thermik, es hätten umfangreiche Erdbau- und Nivellierungsarbeiten durchgeführt werden müssen, Material vor Ort nicht für Pistenunterbau geeignet und hätte zugeführt werden müssen, schlechte Straßenanbindung, Neigungsverhältnis/Höhenunterschied der Piste auf die Gesamtlänge bezogen von 5 %...
Krottenbachstraße:
Hier wurde ein Gebiet mit Gärten zwischen Krottenbachstraße und Und Hackenberggasse untersucht.
Vorteile: Lage im US-Sektor, keine großen Nivellierungsarbeiten nötig, Straßennetz ausreichend…
Nachteile: Schleifung von bis zu 35 Gebäuden, Aussiedlung von ca. 100 Familien, Keine Erweiterungsmöglichkeiten, Anflugbedingungen aus W sehr ungünstig, Witterungsbedingungen/Sicht durch die Tallage unbeständig, Neigungsverhältnis/Höhenunterschied der Piste auf die Gesamtlänge bezogen von 3 %...
Schlosspark Schönbrunn:
Möglichkeit zur Anlage von 2 3.600 Fuß (1.097 m) langen Pisten mit nötigem Taxiway!
Vorteile: Keine Nivellierungsarbeiten notwendig, wenig störende Objekte im Anflugbereich, Ausbaumöglichkeit (2. Piste), geringere Baukosten gegenüber den Vorprojekten, Heranziehung der Baulichkeiten des Schlosses Schönbrunn für Personal usw. …
Nachteile: Der Tiergarten hätte umgesiedelt werden müssen, Zerstörung des Gesamtbildes des Schlossbezirkes von Schönbrunn…
Als Favorit ging schließlich ein Gelände im britischen Sektor in Wien 11. Bezirk, Simmeringer Haide, Bereich „Obere Neurissen“, hervor:
Vorteile: Landwirtschaftlich genutztes Gebiet, ebene Flächen, Kies und Schottermaterial für Unterbau ausreichend vorhanden, genügend Erweiterungsmöglichkeiten (2 Pisten bis 6.000 Fuß möglich, Abstellplatz von 79 x 610 m möglich, gute Infrastruktur durch Straße und Schiene usw. …
Nachteile: Verbindung zu den übrigen Westsektoren nur über den interalliierten Sektor (1. Bezirk) möglich, sonst grenzte das Areal rundum an den Sowjet-Sektor, Absiedelung von bis zu 50 Gärtnerei-Betrieben, Umlegung von Hochspannungsleitungen…
In Abänderung zu den 1948iger Planungen sollten die ab 1950 projektierten Pisten nicht mehr mit Stahl- bzw. Aluminium-Platten (Pierced Steel Planking – PSP) ausgelegt werden, sondern in Asphaltausführung.
Anfang 1951 wurde die Baufirma „Pittel und Brausewetter“ mit Vermessungsarbeiten des Geländes betraut, am 30.11.1951 wurde dann dem damaligen Bundeskanzleramt von US- und britischer Seite mitgeteilt, dass das Projekt nicht ausgeführt wird!
Soweit eine unvollständige Kurzfassung der damaligen Gegebenheiten…
Noch ein Literaturhinweis zum Thema: Richard Hufschmied „Wien im Kalkül der Alliierten (1948-1955) – Maßnahmen gegen eine sowjetische Blockade“, neuer wissenschaftlicher Verlag Wien-Graz 2002, ISBN 3-7083-0077-7
Lg
josef