Villa Mautner-Jäger in Wien 1030

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Villa Mautner-Jäger wird saniert
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In den vergangenen Jahren ist sie zunehmend verfallen: Die denkmalgeschützte Jahrhundertwende-Villa Mautner-Jäger auf der Landstraßer Hauptstraße. Nun soll die Villa saniert werden. Davor wird sie noch temporär für Ausstellungen geöffnet.
Online seit heute, 6.03 Uhr
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Der Efeu rankt schon unter das Dach, die Fenster haben Löcher. Kurzum: Die Villa Mautner-Jäger hat schon bessere Zeiten gesehen. Erbaut wurde das Haus 1902 für die Frauenrechtlerin Hertha Jäger, die Teil der Mautner-Markhof-Familie ist. Die Gegend um die Villa war eines der Zentren der Wiener Secession, auch einige wilde Feste dürften dort stattgefunden haben.

Äußerlich ist die Villa im Stil des Historismus. Innen gibt es für die damalige Zeit viele moderne Elemente, vor allem aktuelle technische Erneuerungen, schildert Manuela Legen-Preissl vom Bundesdenkmalamt: „Zum Beispiel ein Viktorin-Küchenherd, von einer Wiener Firma Viktorin, der auch gasbefeuert war. Aber auch ein Lastenaufzug der Firma Freissler.“ Anton Freissler sei ein Pionier der Aufzugstechnik gewesen.

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Derzeit laufen die Vorbereitungen für eine zweite Ausstellung in der Villa

Zumindest bis Herbst Ausstellungsort
Aktuell schmücken Kunstwerke die Wände der Villa. Es ist eine Zwischennutzung bis zur Sanierung. Ganz im Stil der Erbauerin Hertha Jäger ging es in der gerade beendeten ersten Ausstellung um starke Frauen. „Sie war eine ganz tolle Frau, eine Verfechterin für Frauenrechte – hat ganz viel für die Kunst getan. Sie hat das Haus zu einem Umschlagplatz für Kunst und Kultur gemacht und wirklich eine wunderbare Szene für die Secession hier geschaffen“, so Kitty Reichmann, Geschäftsführerin und Immobilienentwicklerin bei RS Real Estate.

ZOOMVP/RSREO
Die Villa soll an eine Einzeleigentümerin oder einen Einzeleigentümer gehen

Die Vorbereitungen für die zweite Ausstellung laufen bereits. Eine Ausstellung in einer denkmalgeschützten Villa bringt auch Schwierigkeiten, erzählt Ema Kaiser, Galeristin bei Contemporary: „Nägel dürfen hier auch nicht überall wahllos reingehaut werden. Wir beachten sehr stark die Auflagen.“ Zumindest bis Herbst soll die Villa noch der Kunst als Ausstellungsort dienen. Dann ist eine umfassende Sanierung geplant.


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Baupolizei machte Druck
Die Sanierung der Villa hatte sich seit längerem verzögert. Im Vorjahr machte dann die Baupolizei Druck und erteilte einen Bauauftrag für die Sanierung der Fassade. Besonders wichtig sei, dass nicht weiter Wasser eindringe und die Bausubstanz weiter geschädigt werde. „Wir sind dabei, das auch zu überwachen – dass hier tatsächlich saniert wird“, hatte Baupolizei-Leiter Gerhard Cech im Frühjahr 2022 erklärt.
Geplant ist nun unter anderem die Errichtung eines Pools im Garten. „Es war uns klar, dass die Sanierung nicht schnell vonstatten gehen wird, sondern dass da ein Zusammenspiel mit dem Denkmalschutz eine wichtige Rolle spielen wird“, sagt Immobilienentwickler Tamir Shalom von RS Real Estate. Der technische Zustand werde ganz neu sein, man werde aber auch einiges erhalten – etwa einen alten Lift für die Speisen, den man restaurieren werde.

Die Villa Mautner-Jäger soll voraussichtlich an eine Einzeleigentümerin oder einen Einzeleigentümer gehen. Ob sie weiter für Besucherinnen und geöffnet ist, steht noch nicht fest. Derzeit ist der Eintritt nach Online-Voranmeldung frei.
26.05.2023, red, wien.ORF.at
Villa Mautner-Jäger wird saniert
 

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Beim Tag des Denkmals kann die Villa besichtigt werden.

Von der Website des Bundesdenkmalamts:

Villa Mautner-Jäger

Auftakt zur Restaurierung einer Jahrhundertwende-Villa und Wiederbelebung der Salonkultur

Foto: Bundesdenkmalamt, Bettina Neubauer-Pregl

Die Villa Mautner-Jäger erregte bereits zum Zeitpunkt ihrer Errichtung im Jahr 1902 großes Aufsehen. Zum einen aufgrund ihrer vom renommierten Architekten Franz Neumann architektonisch reizvoll gestalteten Anlage, zum anderen machte sie ihre Eigentümerin Hertha Jäger, geborene Mautner-Markhof, zu einem gesellschaftlichen und kulturellen Treffpunkt des repräsentationsfreudigen Wiener Großbürgertums. In den letzten Jahren fiel das leerstehende Gebäude jedoch vor allem aufgrund seines vernachlässigten Erhaltungszustandes auf. Nun soll die seit 1991 denkmalgeschützte Villenanlage eine temporäre kulturelle Belebung und in weiterer Folge eine qualitätvolle Generalsanierung erfahren.

Derzeit laufen umfassende Projektvorbereitungen unter fachlicher und wissenschaftlicher Begleitung des Bundesdenkmalamtes. Basierend auf Archivrecherchen wird die Baugeschichte erforscht: Es werden die gestalterischen Qualitäten der bauzeitlichen Substanz kunstgeschichtlich eingeordnet und der historische Bestand detailliert erfasst. Restauratorische und naturwissenschaftliche Untersuchungen der Wand- und Deckenoberflächen sowie der verbliebenen wandfesten Ausstattung liefern Erkenntnisse über das ursprüngliche Erscheinungsbild von Fassaden und Innenräumen und technischen Details.

„Die Herausforderung besteht darin, den historischen Bestand nachhaltig instand zu setzen, für die Ansprüche eines modernen Familienwohnsitzes im 21. Jahrhundert zu adaptieren und zugleich seine geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung zu bewahren.“ Manuela Legen-Preissl, Landeskonservatorat für Wien​
Foto: Bundesdenkmalamt, Bettina Neubauer-Pregl

Architektur und Ausstattung

Die Villa Mautner-Jäger stellt einen bedeutenden Wiener Villenbau der Jahrhundertwende in Mitten der großstädtischen Zeilenverbauung der Landstraßer Hauptststraße dar; geprägt zu einem großen Maße von ihrer Eigentümerin und Bauherrin. Hertha Jäger war eine emanzipierte Frau der Wiener Gesellschaft, Vorstandsmitglied des Bundes österreichischer Frauenvereine und verheiratet mit Gustav Jäger, einem Physiker und Universitätsprofessor.
Bestehend aus einem Wohnhaus, seinem Pförtnerhäuschen einem dazwischenliegenden Hof mit Einfriedung und dem malerischen Garten entspricht die Villenanlage dem Charakter eines barocken Gartenpalais. Im Kontrast dazu übernimmt Franz Neumann als Baustruktur der Villa den Typus eines Schweizer Cottage Hauses und führt diesen erstmals in die späthistoristische Stadtvillenarchitektur ein. Durch die kreuzförmigen einander durchdringenden Baukörper unterschiedlicher Gestalt und Höhen entsteht eine malerische Silhouette. Diese wird durch die repräsentativen Mansarddächer und Vasenaufsätze zusätzlich betont. Dieses Zusammenspiel zwischen Tradition und Moderne lässt sich an der gesamten Anlage bis hin zum Dachwerk oder der historischen Kegelbahn im Garten nachvollziehen.

Foto: Bundesdenkmalamt, Bettina Neubauer-Pregl

Im Inneren ist die funktionelle Zweiteilung des Raumgefüges beachtlich, die sich auch anhand der Ausstattung nachvollziehen lässt: Die über zwei Etagen verteilten herrschaftlichen und repräsentativ ausgestatteten Räume, wie Salon, Speisezimmer, Bibliothek, Billardzimmer oder Schlaf- und Kinderzimmer, sind der lichtdurchfluteten Gartenseite zugewandt. Der Wohnkomfort wird durch einen Wintergarten und zwei großzügige Terrassen noch zusätzlich ergänzt. Die Erschließung sowie die einfacher gestalteten Räume für Service und Personal orientieren sich zur Straße. Großzügige zentrale Vorhallen vermitteln in jedem Geschoss zwischen den beiden „Welten“.

Während bei der Fassadengestaltung des Villengebäudes noch auf neobarocke Formen zurückgegriffen wird, setzte die Villenbesitzerin bei der Inneneinrichtung ihres Hauses bereits auf die heimische Avantgarde. Diese war ihr aufgrund persönlicher Verwandtschaftsverhältnisse zu Koloman Moser, der ihr Schwager war und ab 1905 in direkter Nachbarschaft, nämlich im Gartentrakt von Herthas Elternhauses lebte, sehr vertraut. Dies bezeugen zum Beispiel die im Museum für angewandte Kunst befindlichen Einrichtungsentwürfe für den Salon der Villa Jäger von Anton Kling, einem Schüler Gustav Klimts, aus dem Jahr 1908.

Foto: Bundesdenkmalamt, Bettina Neubauer-Pregl

Auch die verbaute Haustechnik war am Puls der Zeit. Neben Gaskachelöfen und einem modernen Viktorin-Küchenherd mit alternativer Gasbefeuerung illustriert dies der bis heute unverändert erhaltene Speiseaufzug der Wiener Firma Freissler. Anton Freissler war ein Pionier für Aufzugstechnik in der Donaumonarchie.

Ausblick

Bereits die ersten Untersuchungsergebnisse lassen also auf eine innovative Bauherrin und deren buntes Familien- und Kulturleben in der Villa Mautner-Jäger schließen. Überraschend ist der fast unvermindert erhaltene Bestand an originaler Bausubstanz. Nun gilt es adäquate, auf das Denkmal abgestimmte planerische und restauratorische Maßnahmen zu finden, die ein sensibles Zusammenspiel aller Anforderungen hinsichtlich Bautechnik, Bauphysik, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit, Sicherheit und geänderter Bedürfnisse nach modernem Wohnkomfort unter möglichst großem Erhalt der bemerkenswerten originalen Substanz ermöglichen.

Foto: Bundesdenkmalamt, Bettina Neubauer-Pregl

Mit der geplanten Sanierung und neuen Nutzung dieses Kulturguts wird die Villa Mautner-Jäger vor dem Verfall gerettet. Während der Planungs- und Entwicklungsphase öffnet die Villa mit der nun stattfindenden künstlerischen Zwischennutzung, kuratiert von der Galerie node contemporary, ihre Tore. Den Anfang macht die Künstlerin Michaela Schwarz-Weismann.

Die Villa Mautner-Jäger kann am Sonntag, den 24. September 2023, im Rahmen des vom Bundesdenkmalamt koordinierten Tag des Denkmals besichtigt werden.
Quelle: Villa Mautner-Jäger
 
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