Vor 100 Jahren, am 10. November 1920, wurde der Grundstein für die Loslösung Wiens von Niederösterreich gelegt

josef

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#1
Das Bundesland Wien ist 100
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Vor 100 Jahren wurde Wien zu einem eigenständigen Bundesland, am 10. November 1920 wurde der Grundstein für die Loslösung von Niederösterreich gelegt. Eine Ausstellung der Wienbibliothek gibt – vor allem online – einen Überblick.

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„Der 10. November 1920 ist ein denkwürdiger Tag in der Geschichte der Stadt Wien“, sagte damals Robert Danneberg, Abgeordneter der Sozialdemokratischen Partei. Die Stadt Wien beschloss im Jahr 1920 ihre eigene Stadtverfassung als Gemeinde und Bundesland. Zur offiziellen Trennung Wiens von Niederösterreich kam es jedoch erst am 29. Dezember 1921. Besiegelt wurde die Loslösung durch das „Trennungsgesetz“. Damit wurde die Donaumetropole zu einem eigenständigen Bundesland.

Langwierige Trennung
Der Startschuss für die Trennung erfolgte im Herbst 1920. Der Wiener Gemeinderat beschloss in seiner ersten Sitzung die Wiener Stadtverfassung. Diese regelt bis heute die Funktionsweise der politischen Organe für Wien sowohl als Gemeinde als auch als Bundesland. Bis zur vollständigen Loslösung dauerte es jedoch noch über ein Jahr: Erst mit dem Jahreswechsel 1921/22 trat das „Trennungsgesetz“ in Kraft. Die Folgen dieser Trennung reichten bis ins Jahr 1986. Erst mit der Ernennung St. Pöltens zur Hauptstadt übertrug Wien seinen Anteil des niederösterreichischen Landhauses in der Herrengasse an das Land Niederösterreich.

Fotostrecke mit 4 Bildern
Wienbibliothek im Rathaus
Die offizielle Trennung trat am 29. Dezember 1921 mit dem „Trennungsgesetz“ in Kraft
Wienbibliothek im Rathaus
Wienbibliothek im Rathaus/Wolfgang Ammer
Karikatur einer Donauschifffahrt im Jahr 1920: Stadt gegen Land
Wienbibliothek im Rathaus
Der erste Monumental-Plan von Wien aus dem Jahr 1928

Aus diesem Anlass gratuliert die Wienbibliothek mit der Ausstellung „Wien wird Bundesland“ zum 100. Geburtstag. Die Ausstellung ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Trennung Wiens von Niederösterreich. Zu sehen sind viele Objekte aus der Zeit um 1920: von Parteiplakaten über historische Fotografien bis hin zu Dokumenten der Trennungsverhandlungen.


Wienbibliothek im Rathaus
Wahlwerbung aus dem Jahr 1919

Eröffnung mittels Live-Stream
Aufgrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie wird die Ausstellung vorerst nicht eröffnet. Am 10. November um 19.00 Uhr können Interessierte virtuell über einen Stream an der Veranstaltung teilnehmen. Dabei erzählt Historiker Wolfgang Maderthaner live aus dem Lesesaal der Wienbibliothek im Rathaus mehr über das 100-jährige Bestehen des Bundeslandes Wien. Im Anschluss sprechen Historiker Bernhard Hachleitner und Christian Mertens über ihren gemeinsamen Sammelband „Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung 1920 und die Trennung von Niederösterreich“. Das rund 200-seitige Buch ist am 9. November erschienen.

Offiziell zugänglich ist die Ausstellung derzeit nicht. Die Wienbibliothek selbst bleibt weiterhin geöffnet. Mittels Online-Reservierung kann diese zu gewissen Zeitfenstern besucht werden. Am Weg in die Bibliothek kann jedoch ein Blick auf die Ausstellung geworfen werden. Denn diese befindet sich im Foyer der Wienbibliothek und somit gewissermaßen am Weg in den Lesesaal. Auf der eigenen Website informiert die Wienbibliothek laufend über die Zugänglichkeit der Ausstellung – „Wien wird Bundesland“ läuft noch bis 9. April 2021.

Festakt in kleinem Rahmen
Im Rathaus findet am Dienstag anlässlich des Jubiläums eine Festsitzung des Landtags statt. Aufgrund der geltenden Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung werden nur der Bürgermeister, die Mitglieder der Stadtregierung, das Präsidium des Wiener Landtages und die Vorsitzenden des Wiener Gemeinderates an diesem Festakt teilnehmen.
10.11.2020, red, wien.ORF.at

Links:
Das Bundesland Wien ist 100
 
#3
Der Thread von Josef über 100 Jahre Wien sieht auf den ersten Blick nicht sehr interessant aus. Halt wieder irgendein Jubiläum.

In Wirklichkeit sind die Entscheidungen von damals die Tatsachen von heute, wie Wien, wie Österreich und die österreichische Politik funktionieren.

Die Vortragenden im Video-stream sind exzellent, wahrscheinlich ist es auch das Buch.

In früheren Zeiten hatte Wien die gleichen Rechte wie andere niederösterreichischen Städte wie z.B. St. Pölten oder Wiener Neustadt.
Nach dem Zerfall der Monarchie 1919 errangen die Sozialdemokraten bei der Wahl – unter anderem waren Frauen zum ersten Mal wahlberechtigt – 68 der 120 Sitze im NÖ Landtag.
Das christlich katholisch geprägte Land konnte nun von der Stadt überstimmt werden.
Dazu kamen auch ideologische Differenzen wie Eherecht, Scheidung, Schule, Stellung der Frau, Abtreibung, Religion, Arbeit etc.
Ein Thema war auch die „Durchfütterung“ der Stadt durch die Landbevölkerung, die dies nicht mehr wollte (große Hungersnot).

Im Jahr 1920 kam es dann zum Trennungsgesetz und 1921 die Aufteilung des Vermögens.
Ab diesem Zeitpunkt konnte sich das „rote Wien“ mit einer eigenen Gesetzgebung, mit kommunalen Reformen wie z.B. Wohnungsbau usw. selbst verwirklichen.
Durch die wirtschaftliche Stellung von Wien gingen ca. 60% der österreichischen Steuern nach Wien.

Wie es dann später noch weiterging, kann man sicher im Buch nachlesen; aber seit dieser Zeit ist die politische Stellung des heutigen Wiens entstanden
 
#4
Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen?

Ich wohne in Niederösterreich, im christlich-sozialen Kernwählerland.
Um die 1980 Jahre wollte ich ein Geschäft eröffnen.
Ich ging also zur Behörde. Überraschenderweise bekam ich etwas später eine Mitteilung der Wirtschaftskammer, dass meinem Wunsch nicht entsprochen werden kann, da es in diesem Ort bereits schon zwei Geschäfte des gleichen Typs gab, und ein zusätzliches nicht benötigt wird.
Eine Bewilligung wird daher der Behörde nicht empfohlen.
Es gab dann einen negativen Bescheid, wo eben auf dieses „Gutachten“ verwiesen wurde.

Nun, einige Monate später übersiedelte ich nach Wien, wo am Magistrat die Bewilligung sogleich erteilt wurde. Mein Bericht über den erfolglosen Versuch wurde mit Kopfschütteln aufgenommen.

Oder in den 1930-Jahren, bei Staatsjobs war eine Empfehlung des Pfarrers notwendig.
Falls sich ein Ehepaar scheiden wollte, musste es dies in Wien erledigen.

All diese Dinge ziehen sich bis in die heutige Zeit - siehe Schule etc.
Aber wie man auch in der letzten US-Wahl gesehen hat, gibt es halt immer einen Unterschied zwischen Land- und Stadtbevölkerung.
Und in der USA geht die Macht von den Wahlmännern aus; da braucht man keine Trennung :)
 
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