Vor 100 Jahren am 27.10.1922 begann mit dem "Marsch auf Rom" der Durchbruch des faschistischen Regimes in Italien

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Dieses damalige Ereignis hatte eine Vorbildwirkung auf die Einführung von autoritären Regierungen in Europa, etwa dem "Austrofaschismus" in Österreich oder auf das Regime des "Nationalsozialismus" in Deutschland! Die aktuelle politische Situation in Italien und auch gewisse Trends in anderen Staaten gebieten nach wie vor die Wachsamkeit der demokratischen Kräfte!


HUNDERT JAHRE „MARSCH AUF ROM“
Italien und der Schatten des Faschismus
1666871807020.png

Nie habe sie mit dem Faschismus sympathisiert. So formulierte es die neue italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in ihrer ersten Regierungserklärung vor Kurzem. Und doch trägt sie mit ihrer Partei Fratelli d’Italia die Symbole aus der Zeit von Benito Mussolini weiter. Ins Reine gekommen ist Italien mit dem Faschismus bis in die Gegenwart nicht. Ab dem 27. Oktober jähren sich die Ereignisse, die den selbst ernannten „Duce“ an die Macht gebracht haben, zum hundertsten Mal. Der „Marsch auf Rom“ sollte nicht nur Italien verändern.
Online seit heute, 13.12 Uhr
Teilen
Im Oktober 1922 steht Rom kurz vor der Belagerung. Nicht durch eine feindliche Arme. Sondern durch 40.000 gewaltbereite Schwarzhemden, die schon davor im Land die Frontstellungen zwischen einer aktiven Linken und einer neuen Rechten zu ihren Gunsten entscheiden wollten. Und die linken Aktivisten, die etwa Fabriken besetzt hatten, von diesen Orten der Unruhe vertrieben. Sie alle hören auf den Befehl eines Mannes, den der eigentliche Mentor des italienischen Faschismus, Gabriele d’Annunzio, wenige Jahre davor noch belächelt hatte: Benito Mussolini aus dem Städtchen Predappio der sonst so roten Emilia Romagna.

Noch heute gelten Aufmarsch und Einfall der Anhänger des „Duce“ ab dem 27. Oktober 1922 in Rom als Beginn der faschistischen Herrschaft in Italien. Es sollte ein Ereignis mit Vorbildwirkung für ganz Europa werden, auch für Österreich, das im christlich-sozialen Segment sah, dass Faschismus und die Stellung der katholischen Kirche unter einen Hut zu bringen waren.

AP / picturedesk.com
Engelbert Dollfuß mit Mussolini 1933 am Strand von Riccione. Der „Duce“ wollte schwimmen, Dollfuß fuhr mit einem Segelboot ins Meer hinaus, bis man sich zu einer vertraulichen Besprechung an der Bootskante traf.

Der „Marsch auf Rom“ wirkt aus österreichischer Sicht bis zur Gegenwart weniger aufgearbeitet als etwa die Jahre der autoritären Herrschaft unter Engelbert Dollfuß und des Bürgerkrieges in Österreich. Wie er so glatt und rasch gelingen konnte, wird gerne als „Rätsel“ dargestellt – tatsächlich ist es ein Einknicken politischer Lager vor einer demonstrierten und theatralisch überhöhten Einheit eines kampfbereiten Lagers, das sich unter dem Eindruck der Ergebnisse der Friedensverhandlungen nach Ende des Ersten Weltkrieges zu einer explosiven und zugespitzten Stimmung hochgeschaukelt hatte.

Mussolinis Marsch als Vorbild für Hitler
Der Faschismus, er wäre mit Entschlossenheit im Jahr 1922 aufzuhalten gewesen. Und nicht umsonst hatte Adolf Hitler, der den Aufstand Mussolinis ja auf deutschem Boden wiederholen wollte, nach den Erfahrungen vor der Münchner Feldherrenhalle 1923 den Weg durch die Institutionen und deren Erschütterung gewählt, bis er Reichskanzler wurde.

Der „Marsch auf Rom“ wird immer noch als eine Mischung aus Staatsstreich und geordnetem Regierungswechsel betrachtet. Mussolinis Schwarzhemden waren schlecht bewaffnet, hatten zu wenig zu essen und wurden vom Dauerregen durchnässt. Die Ordnungskräfte hätten sie stoppen und zurückweisen können, doch erhielten sie keinen Befehl dazu. Stattdessen wurde verhandelt.

Scherl / SZ-Photo / picturedesk.com
Einmarsch der Schwarzhemden in Rom am 30. Oktober 1922

Expertin Albanese: „Mehr als ein Bluff“
Für die Historikerin Giulia Albanese war der Marsch nicht nur ein reiner Bluff, sondern eine politische Inszenierung mit enormer Tragweite. Auch wenn die Besetzung der Stadt in der Propaganda überhöht worden sei, zeige sich doch die Vorbereitung dieser Aktion – die ja Anfang Oktober in Bozen beim Marsch auf Bozen so etwas wie einen Testlauf hatte. Mussolinis Machtübernahme ist für Albanese ein offener Putsch, auch wenn Mussolini die Macht de facto aus den Händen Königs Vittorio Emanueles III. erhielt.

Den Regierungen in Rom mangelte es an Entschlossenheit, auch mit der Stimmung im Land und den antisozialistischen Stimmungen, gerade im Bürgertum, umgehen zu können.

Andrea Jemolo / akg-images / picturedesk.com
Propagandapostkarte der Faschisten zum Marsch auf Rom

„Im Gegensatz zu den meisten Behauptungen stellte die politische Entwicklung, die am 30. Oktober im Gange war, keine normale Regierungskrise dar. Die faschistische Mobilmachung bildet einen bedeutsamen und wichtigen politischen Tatbestand – Aufstandsbewegung und Staatsstreich in einem –, der dieses Ereignis zur epochalen Wende in der Geschichte des liberalen Staates machte“, befindet Albanese.

Ab dem Herbst 1920 hatten auch die liberalen Zeitungen das Vertrauen in die Fähigkeiten des Staates, gegenüber verschiedenen Aufständen im linken Lager die Kontrolle zu bewahren, verloren. Offen wurde immer öfter für eine autoritäre Herrschaft plädiert.

ullstein bild / Ullstein Bild / picturedesk.com
Mussolini mit d’Annunzio am Gardasee, Mitte der 1920er Jahre. Am Anfang war d’Annunzio der große Held der neuen Rechten. Der Dichter, den der junge Hugo von Hofmannsthal glühend verehrte, hatte den Aufstieg Mussolinis lange Zeit belächelt.

Mussolinis Erfolg: Ideologie trifft Nationalgedanken
In dieser Phase wurden die sozialistischen Bewegungen zunehmend orientierungslos: Rhetoriken und Gesten im linken Lager waren radikal – alleine die Umsetzungen liefen nicht auf eine sozialistische Revolution hinaus. Der neuen Rechten wiederum sei, so Albanese, eine Verbindung von eigener Ideologie und Nationengedanken gelungen.

In der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1922 stellten sich Tausende Schwarzhemden zum Marsch bereit und begannen damit, lokale Verwaltungsgebäude, Verkehrsknotenpunkte und Kasernen zu besetzen. Das passte zur Faschistenparole „Gefährlich leben!“ und zu ihrem Motto: „Lieber einen Tag lang Löwe sein, als hundert Jahre lang ein Schaf!“ Ein Teil von Mussolinis „Privatarmee“ sammelte sich in der Nähe von Rom.

Die hilflose italienische Regierung sah keinen anderen Ausweg als zurückzutreten und den Belagerungszustand auszurufen. Als sich dann König Vittorio Emanuele III. aus Angst vor einem ausbrechenden Bürgerkrieg weigerte, das Dekret über den Belagerungszustand zu unterzeichnen, war der Weg für Mussolini frei, die Regierungsmacht Italiens an sich zu reißen.

„Ich komme vom Schlachtfeld“
Mussolini reiste am Abend des 30. Oktober mit dem Nachtzug aus Rom an und präsentierte sich nach seiner Ankunft demonstrativ im Schwarzhemd vor dem König. „Majestät, ich komme vom Schlachtfeld“, so seine mittlerweile legendären Worte. Vor den Toren Roms warteten seit zwei Tagen die Anhänger des „Duce“ auf den Befehl zum Marsch. Am 31. Oktober durften sie schließlich in Form einer feierlichen Parade durch die Straßen Roms ziehen. Am selben Tag
präsentierte Mussolini sein Kabinett.

TopFoto / picturedesk.com
Faschistische Paraden im durch Mussolini teils neu gestalteten Rom, hier in den 1930er Jahren

„Hier kommt ganz offen eine antidemokratische, imperialistische Regierungsform wieder an die Macht“, notierte der deutsche Diplomat und Schriftsteller Harry Graf Kessler: „In einem gewissen Sinne kann man Mussolinis Staatsstreich mit dem Lenins im Oktober 1917 vergleichen, natürlich als Gegenbild. Vielleicht leitet er eine Periode neuer europäischer Wirren und Kriege ein.“

Der „Duce“ genoss in Italien große Popularität. „Ich habe den Faschismus nicht erschaffen, sondern lediglich aus dem Unterbewusstsein des Italieners ans Licht geholt“, sagte er selbst einmal. Das Land war erschöpft vom Ersten Weltkrieg, große Teile der Bevölkerung lebten in bedrückender Armut. In dieser schwierigen Lage erfolgte der politische Aufstieg Mussolinis, der ja zunächst revolutionärer Sozialist gewesen war, bis er Mitte des Ersten Weltkrieges eine Wende zum Nationalen vollzog.
1919 gründete Mussolini seine ersten „Fasci di Combattimento“ (Kampfbünde). Bewundert wurde etwa die Besetzung Fiumes (Rijekas) unter der Führung des Dichterkommandanten d’Annunzio. Er war am Anfang das Zugpferd der Bewegung einer neuen Rechten, die sich aus dem Gefühl eines „verstümmelten Sieges“, einer „vittoria mutilata“ speiste.


Public Domain
Der immer flotte „Duce“, Darstellung in der deutschen „Woche“ aus dem Jahr 1940

Wie im Falle Hitlers gehörte Terror von Anbeginn fest zum Programm des Faschistenführers. Überfälle der „Squadristi“, der gewaltbereiten Anhänger des Faschismus, auf Gewerkschaften, Kommunisten und Sozialisten bereiteten das Terrain zur späteren Machtergreifung. Politische Gegner wurden gequält und erniedrigt. Zugleich gehörte zur Doppelstrategie, dass sich Mussolini 1921 ins Parlament wählen ließ.

Als Mussolini nach dem „Marsch auf Rom“ zum König ging, hatte er seine eigene Ministerliste schon in der Tasche. Am 31. Oktober 1922 stellte er sein Kabinett vor. Bei den Wahlen zwei Jahre später erhielten die Faschisten 65 Prozent der Stimmen. Bis 1925 schaltete Mussolini die Opposition aus und errichtete eine totalitäre Diktatur, die ganz auf seine Person ausgerichtet war.

Die lange Erbschaft des Faschismus
Als Mussolini, der ja nach seiner Absetzung 1943 noch einmal ein Comeback mit der Marionettenrepublik von Salo gefeiert hatte, 1945 auf seiner Flucht Richtung Schweiz aufflog, entschlossen sich aufgebrachte Widerstandskämpfer für eine sofortige Erschießung. Einen Tag später wurden seine Leiche, die seiner Geliebten und enger Mitstreiter in Mailand kopfüber aufgehängt.

Eine Abkehr vom Faschismus oder faschistischen Symbolen sucht man in Italien freilich vergebens. 1955 errichtet der italienische Staat dem Dichter d’Annunzio ein Grabmal auf dessen History-Ranch „Vittoriale degli Italiani“ – im Stil des Faschismus.
Bis heute ist die Verbreitung faschistischer Symbole nicht verboten. Vergebens sucht man auch in italienischen Museen oder auf italienischen Plätzen Kontextualisierungen zu Monumenten oder Bildern. Wer heute in Rom auf ein Fußballmatch geht, flaniert auf dem Weg ins Stadio Olimpico an einem Festspiel faschistischer Symbole vorbei. Und wen es heute mit K&K-Sehnsucht nach Triest treibt, der darf sich daran erinnern, dass nirgendwo in Italien die Zustimmung zum Faschismus am Beginn der 1920er Jahre größer war als im ehemaligen Industriehafen der Habsburger.

Andreas Solaro / AFP / picturedesk.com
Die faschistische Flamme bleibt im Logo von Melonis Fratelli d’Italia

Meloni, die neue Ministerpräsidentin des Landes, trat als 15-Jährige in die Jugendorganisation des Movimento Sociale Italiano (MSI) ein, einer Partei, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Faschisten gegründet worden war. 2012 gründete sie dann die Partei Fratelli d’Italia, die in ihrem Symbol noch heute eine Flamme hat, welche an das Grab Mussolinis erinnert.

Meloni betonte immer wieder, dass sie stolz auf das Wappen sei. Als Teenager hatte sie in den 1990er Jahren in einem Interview im französischen Fernsehen gesagt, dass Mussolini ein „guter Politiker“ gewesen sei. Jetzt sagte sie in ihrer Rede im Parlament: „Die Totalitarismen des 20. Jahrhunderts haben ganz Europa, nicht nur Italien, mehr als ein halbes Jahrhundert lang in einer Reihe von Gräueln zerrissen, die die meisten europäischen Staaten betrafen. Gräuel und Verbrechen, von wem auch immer begangen, verdienen keinerlei Rechtfertigung und werden nicht durch andere Gräuel und andere Verbrechen kompensiert. Am Abgrund wird nicht verglichen: Man stürzt einfach hinein.“
27.10.2022, Gerald Heidegger, ORF.at/Agenturen

Links:
Hundert Jahre „Marsch auf Rom“: Italien und der Schatten des Faschismus
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
Duce tucketuck
Vor 100 Jahren erzwang Mussolini mit seinem "Marsch nach Rom" das faschistische Italien. Wir haben uns angesehen, wie das autovernarrte Land zu jener Zeit fuhr und welche Marken angesagt waren

Nach dem "Marsch": Mussolini verlässt den Quirinals-Palast, nachdem König Vittorio Emanuele III. ihn mit der Regierungsbildung beauftragt hat. Das Auto: des Königs Fiat Tipo 4 von vor 1918.
Foto: Picturedesk

Am 28. Oktober gedachte Italien des 100. Jahrestages der Machtergreifung durch die Faschisten unter Führung von Benito Mussolini. Es war ein ernstes Gedenken über einen Tag, der dem Land fast 25 Jahre Diktatur bescherte. Viele Historiker, auch in Italien, vertreten aber die Ansicht, dass ohne den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg an der Seite des deutschen Reiches das Regime noch längere Zeit existiert hätte, siehe Franco in Spanien, der bis zu seinem Tod im Jahr 1975 an der Macht blieb. Hitler übernahm Ideen des Faschismus wie den Gruß, Lizenz Julius Caesar, aber sein Rassismus und Antisemitismus waren der entscheidende Unterschied. Italiens neuer Regierung wird faschistische Neigung nachgesagt, speziell der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, angeblich im Geiste der faschistischen Jugendbewegung Opera Nazionale Balilla sozialisiert.

Ende der Geschichtsstunde, unser Thema heißt nämlich Mobilität in Italien rund um den "Marsch auf Rom". Der "Marsch" selbst war eigentlich ein Fiasko, Fußmarode scheiterten schon vor Florenz, die Schlauen organisierten Lastwagen, die in großer Zahl seit dem Krieg verfügbar waren. Oder sie kauften einfach ein Bahnkarten Rom retour, Benito Mussolini benötigt nur ein One-Way-Ticket.

Die Veteranen der Elitetruppe Bersaglieri wussten sich zu helfen: Die Leichtfahrräder der Marke Bianchi, speziell für diese Truppe entwickelt, führten sie nach Rom, als "Giro d’Italia des kleinen Mannes", wie es damals hieß. Bianchi, 1885 gegründet, war rund um 1922 mit über 60.000 Fahrrädern Jahresproduktion eine wirtschaftliche Macht. Im Lieferprogramm standen auch Motorräder, 1920 wurde der Pkw Tipo 12 (basierend auf dem abgespeckten Einheitsfahrgestell der Militärversion) mit 1,6-Liter-4-Zylinder (26 PS) als Limousine, Roadster und Tourenwagen zum preisgünstigen Erfolg.

Duce tucketuck: Der Status als Siegermacht des Ersten Weltkrieges, als Fundament eine exzellente Automobilindustrie, der neue Ministerpräsident Mussolini als deklarierter Autofan, dazu die Motorbegeisterung der Italiener, das alles bescherte dem Land rund um 1922 Fortschritt und Mobilität.

Der Primus hieß seit Jahren Fiat

Fiat 12-15HP Zero (1912–1915).
Foto: Fiat

Der Primus hieß seit Jahren Fiat (Fabbrica Italiana Automobili Torino), 1899 gegründet, ab 1905 treibender Kraft in Turin. Damals bauten in dieser Stadt 20 Firmen Autos, 15 in Mailand. Ab dem Krieg gab es praktisch nur Fiat mit über 40.000 Beschäftigten. Credo: Preisgünstige Autos bauen. Der Zero, vorgestellt knapp vor Kriegsausbruch, erfüllte dieses Versprechen, gebaut nach Henry Fords Fließbandtechnik, die Fiat-Boss Giovanni Agnelli in Detroit studierte. Der Motor mit 1847 cm³ leistete 19 PS, die Spitze lag bei 70 km/h, der Verbrauch bei rund zwölf Liter auf 100 km.

Faire Preise

Fiat 501 Saloon (1919– 1926).
Foto: Fiat

Das große Lkw-Geschäft für die Armee in den Kriegsjahren 1915 bis 1918 spülte Unsummen in die Firmenkasse, trotzdem blieb das Thema, faire Angebote zu machen, weiterhin die Maxime. Am Beispiel des Typs 501 (1,5-Liter-4-Zylinder, 23 PS) wurde dies bewiesen – bis 1926 liefen 45.000 Einheiten vom Band.


Fiat 510 (1919–1925).
Foto: Fiat

Ohne Prestige kein Ruhm, der Fiat 510 von 1923 mit 3,5-Liter-6-Zylinder, 53 PS und 96 km/h Spitze wurde zum Liebling der Wohlhabenden. In diesem Jahr führte Senator Agnelli den italienischen König Victor Emmanuel III. im offenen 510 durch das Werk Lingotto in Turin. Jenen König, der sich 1922 als Schwächling gegenüber den Faschisten erwies, aber auch 1943 beim Versuch, den Krieg zu beenden. Ein klassischer Fiat-Flop: der Typ 520 als einziger und letzter 12-Zylinder, fünf gebaute Einheiten landeten in USA. Der Renner um 1920 hieß T 5 Taxi, die technische Basis lieferte das preisgünstige Vorkriegsmodell Zero.

Aus Mailand kam der Konkurrent A.L.F.A


Alfa Romeo RL Targa Florio (1922–1927).
Foto: Wikipedia

Alfa Romeo RL (1922–1927).
Foto: Wikipedia

In Mailand existierte seit 1910 der Konkurrent A.L.F.A (Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili). Der erste Hochleistungsmotor mit zwei oben liegenden Nockenwellen, vier Ventilen pro Zylinder, dachförmigen Brennräumen und Doppelzündung entstand in diesem Werk. Alfa geriet 1915 in Liquidation, der Waffenfabrikant Nicolo Romeo erwies sich damals als Retter. Elf Jahre später erklärte sich Alfa Romeo neuerlich als zahlungsunfähig, auf Befehl Mussolinis übernahm die Banca d’Italia die Firma, es folgten Jahrzehnte staatlicher Misswirtschaft. Enzo Ferrari zeichnete ab 1920 jahrelang für den Sportbereich verantwortlich, selbst auch aktiv, etwa bei der Targa Florio. Der sportliche Auftritt blieb bis heute das Alfa Romeo Markenzeichen, gefeiert von den treuen Alfisti.

Lancia, Isotta Fraschini und OM


Diktatoren und das Automobil: Der Lancia Astura, 1939 in Mussolinis Auftrag entworfen, wurde 2005 versteigert. Das Foto stammt von einer Schau in Kent.
Foto: dpa


Lancia Lambda (1922–1925).
Foto: Lancia

Lancia hieß 1906 in Turin eine Gründung von Vincenzo Lancia, übersetzt: "Lanze." Das fand auch im Logo seinen Niederschlag. Hochwertige Modelle in geringen Stückzahlen zu produzieren, keine Massenproduktion, exklusives Design, Verbindung zu ausgesuchten Karosseriefirmen, so stand es im Konzept des Gründers – heute würde man "Premium" sagen. Das schloss jedoch keineswegs technische Innovationen, wie selbsttragende Karosse, elektrische Anlasser, beleuchtete Armaturen, später auch Einzelradaufhängung und hydraulische Stoßdämpfer aus. Der berühmte Lancia Lambda aus 1922/24 wurde zum Meisterstück und gilt bis heute als geschätztes Oldtimerprachtstück. Geld allerdings verdiente man mit Nutzfahrzeugen und Bussen.


Isotta Fraschini 8 (1924–1931).
Foto: Wikipedia

Zwei Firmennamen rund um die Zeit des "Marsches" sollen nicht verschwiegen werden. Isotta Fraschini aus Mailand, bereits 1898 entstanden, präsentierte bis 1914 rund 50 verschiedene Automodelle. Der Durchbruch in die Oberklasse bedeutete 1919 die Vorstellung des Tipo 8: elegante Karosse, 8-Zylinder-Reihenmotor, 5,9 l Hubraum, 95 km/h Spitze, erhältlich als Limousine und Tourenwagen (das Spielfeld für prominente Karosseriefirmen).

Des Schülers Kletterpartie
Und schließlich noch OM (Officine Meccanichi), im Gründungsprotokoll von Mailand steht das Jahr 1899. Lange Zeit der führende Hersteller von Lokomotiven, brachte OM 1921 einen Kleinwagen 12/15 HP mit 15-PS-4-Zylinder und 75 km/h Spitze erfolgreich auf den Markt. Doch das Metier blieben weiterhin Schienenfahrzeuge und schwere Lkw, später unter Fiat-Dach. Mein einziger persönlicher Kontakt zu dieser Marke geschah 1945 in Seewalchen am Attersee. Ein Bauer(!) besaß einen ehemaligen italienischen Militärlastwagen OM, Rechtslenker, als Schüler durfte ich manchmal mitfahren, der Aufstieg ins hohe Fahrerhaus glich eher einer Kletterpartie.
(Peter Urbanek, 19.12.2022)
Duce tucketuck
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Photos: Anfänge des Faschismus in Südtirol
Ende 1922 haben die Faschisten unter Benito Mussolini in Italien und damit auch in Südtirol die Macht übernommen. Das Tiroler Photoarchiv (TAP) zeigt in einer virtuellen Ausstellung noch nie gezeigte Bilder über die ersten zehn Jahre des Faschismus in Südtirol.
Online seit heute, 9.01 Uhr
Teilen
Im November 1918 besetzten italienische Truppen Südtirol. Entsprechend dem von Österreich-Ungarn am 3. November 1918 mit Italien geschlossenen Waffenstillstandsabkommen und des Vertrags von Saint-Germain zwischen den Siegermächten des Ersten Weltkrieges und der neu geschaffenen Republik Österreich fiel Südtirol 1919 an das Königreich Italien und wurde zu dessen nördlichster Provinz.

46 historische Bilddokumente zusammengestellt
Der faschistische „Marsch auf Bozen“ Anfang Oktober 1922 sollte die Generalprobe für den „Marsch auf Rom“ mit der Machtergreifung Benito Mussolinis Ende des Monats werden. Für die Schau wurden alle Bestände des TAP intensiv ausgewertet und letztlich sind 46 Bilddokumente ausgewählt und erstmalig zusammengestellt worden.

Sammlung Robert Amort, L82720 – TAP
Das 1926 bis 1928 in Bozen errichtete „Siegesdenkmal“ – Monument faschistischer Macht und Herrschaft, Aufnahme um 1930

„Virtueller Gedächtnisspeicher Tirols“
Das TAP sei mit seiner umfangreichen Sammlung historischer Fotografien ein ‚virtueller Gedächtnisspeicher‘ Tirols, betonte LH Anton Mattle, der für die Kulturagenden der Tiroler Landesregierung zuständig ist.

„Mit der aktuellen Ausstellung wird die Anfangsphase der Geschichte Südtirols nach der Abtrennung von Österreich und der Angliederung an Italien in Bild und Wort dokumentiert. Die Ausstellung ist ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte Südtirols“, so Mattle.

Sammlung Rudolf Holzer, L33925 – TAP
Wiederaufbau des Zentrums von Sexten, Aufnahme um 1922, Abschluss im Herbst 1923 – durch die italienische Artillerie 1915 zerstört

Einblicke in Südtirol vor 100 Jahren
„Mit der neuen virtuellen Ausstellung zu den Anfängen des Faschismus in Südtirol liefert das TAP aussagekräftige fotografische Einblicke in unser Land vor 100 Jahren“, betont Südtirols Kulturlandesrat Philipp Achammer (SVP).

Bilder seien essentiell für die Erinnerungskultur, auch um Wissen zu sichern und zu vermitteln. Das gelte besonders für Zeiten, in denen die Fotografie noch nicht so allgegenwärtig wie heute war, betonte Achammer.

Wilhelm Dronowicz; Sammlung Martin Dobernik, L33762 – TAP
Österreichisch-ungarische Verbände „gestrandet“ zu Kriegsende am Lienzer Johannesplatz, vor der Weiterfahrt Richtung Osten, Aufnahme Anfang November 1918

Fotos von faschistischen Sportveranstaltungen am Brenner
Das TAP – Tiroler Archiv für photographische Dokumentation und Kunst mit Sitz in Lienz und Bruneck – wird vom Land Tirol, der Stiftung Südtiroler Sparkasse und den Städten Lienz, Innsbruck und Bruneck getragen.

Kurator der virtuellen Ausstellung ist Martin Kofler, der auch das Archiv leitet: „Einmalig sind sicher die visuelle Dokumentation faschistischer Sportveranstaltungen am Brenner sowie des Rom-Besuchs von rund 2.500 italienischsprachigen Südtiroler Faschisten im April 1933.“
06.02.2023, red, tirol.ORF.at

Link:
Photos: Anfänge des Faschismus in Südtirol
 
Oben