Vor 90 Jahren am 2. Mai 1929 - Österreich im "Zeppelin-Fieber"

josef

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Österreich im Zeppelin-Fieber
Am 2. Mai 1929 war ganz Österreich im Zeppelin-Fieber. Während das Luftschiff LZ 127 über Wien, Graz und Salzburg schwebte, träumten auf dem Boden viele von einer gemeinsamen deutsch-österreichischen Zukunft.
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„Um 9 Uhr 20 tauchte die silbergraue Zigarre am regengrauen Himmel auf und fand bei den Wienern ein herzliches Willkommen. Der ‚Graf Zeppelin‘ ist von Friedrichshafen nach vierstündiger Fahrt über Wien erschienen, hat hier eine regelrechte Verbeugung gemacht, Blumenbukette abgeworfen und vier Postbeutel zur Erde geschickt“, schrieb die linksliberale Tageszeitung „Der Tag“. Am 3. Mai 1929 war ihr der Besuch des Zeppelins das Aufmacherbild wert. Andere Zeitungen widmeten diesem Ereignis gleich mehrere Seiten. Der Überflug des Zeppelins, damals noch „Luftschiff“ oder nach seinem Typen LZ 127 genannt, war eine Riesensensation.

Während sich bei den 1.-Mai-Aufmärschen noch Heimwehr und Kommunisten auf den Straßen geprügelt hatten, während es in Kapfenberg zu blutigen Ausschreitungen gekommen war und in Berlin die Scharmützel zwischen Rechten und Linken mindestens zehn Tote und über 100 Schwerverletzte gefordert hatten, war der Zeppelin ein Symbol, auf das sich alle einigen konnten. Deutsche Technik über österreichischem Boden. Dieses beeindruckende Schauspiel ließ linke wie rechte Medien von einer gemeinsamen, kultur- und technikgetriebenen Zukunft träumen.
Quelle: Der Tag, 3. Mai 1929, Projekt ANNO„Silbergraue Zigarre am regengrauen Himmel“ über Wien, schrieb „Der Tag“ über das Ereignis

„Riesenwerk deutscher Technik und Schaffenskraft“
Am 2. Mai, um 11.20 Uhr, erhielten die Beschäftigten von Radio Wien, einem Vorläufer des ORF, folgenden Funkspruch: „Hallo, Hallo, Achtung, hier Luftschiff Graf Zeppelin.“ Die Antwort konnten Zehntausende live an den Radiogeräten mitverfolgen: „Wir freuen uns und sind stolz darauf, das deutsche Luftschiff ‚Graf Zeppelin‘ auf seiner Fahrt über österreichischem Boden im Namen unserer Bevölkerung auf das Herzlichste zu bewillkommnen. Wir Österreicher jubelten nicht nur dem Riesenwerk deutscher Technik und Schaffenskraft zu, wir Österreicher dürfen mit Ihnen stolz sein auf dieses Werk und erblicken in ihm das Werk einer gemeinsamen deutschen Zukunft.“
APZeppelin-Kapitän Hugo Eckener: Das Luftschiff als „Werk einer gemeinsamen deutschen Zukunft“

Die Botschaft richtete sich an Hugo Eckener, den Kommandanten an Bord des Luftschiffs und Nachfolger des berühmten Ferdinand Graf von Zeppelin. Eckener war gelernter Journalist, der im Zuge eines Berichts für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ mit dem Erfinder des Luftschiffs in Kontakt gekommen war und sein Leben nun der Fortsetzung seines Werks widmete. Eckener war national-liberal eingestellt, Nationalsozialist war und wurde er nie. Im Gegenteil: Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 wollte er sogar gegen Adolf Hitler antreten, zog die Kandidatur aber zurück, um Paul Hindenburg nicht im Weg zu stehen.

Multimedialer Flirt mit dem Luftschiff
Eckener, der Schöngeist, studierte Philosoph und Mann des Wortes, empfing am 2. Mai 1929, 150 Meter über der Stadt schwebend, die Nachricht aus Wien und antwortete wie folgt: „Wir haben vor einigen Stunden die österreichische Grenze überflogen. Aber ich glaube, keiner von uns hatte die Empfindung, dass wir über fremdes Land fliegen. Wir sprechen die gleiche Sprache, haben die gleiche Kultur, lauschen der gleichen Musik und haben die gleichen Hoffnungen und Wünsche, über die ich hier nicht näher zu sprechen brauche. Wir haben auf unserer Fahrt Ihr schönes Land gesehen, sind an der ganzen Alpenkette entlang vom Bodensee bis Wien und weiter bis Graz geflogen und haben entzückt die Pracht Ihrer Berge geschaut.“

„Graf Zeppelin“
Die Jungfernfahrt des Luftschiffs LZ 127 „Graf Zeppelin“ fand am 18. September 1928 statt. Sein Aktionsradius betrug bis zu 20.000 Kilometer, es umfuhr im August 1929 als erstes und bis heute einziges Luftschiff die Erde. Die Motoren liefen wahlweise mit Benzin oder Gas. Das Luftschiff führte neben 60.000 Kubikmeter (brennbarem) Blaugas auch 15.000 Liter Benzin und Benzol mit. Als Talismann war stets ein Kanarienvogel mit an Bord.
Es war ein inszenierter Flirt, der sich zwischen der Bodenstation von Radio Wien – das seine Sendeanlage für diesen Anlass auf dem Dach des Wiener Konzerthauses postiert hatte – und dem Luftschiff entspann. Und Eckener verstand es, zu flirten. Er war ein geschickter PR-Stratege, der über medientaugliche Showflüge wie diesen sein Luftschifffahrtsunternehmen finanzierte. Die Bevölkerung war hingerissen. Matador-Bausätze und andere Zeppelin-Artikel fanden rasenden Absatz. Firmen wie Nestle, die ihre Modernität zur Schau stellen wollten, warben mit dem Bild des Luftschiffs. Der Zeppelin stand für die männlich-technoide, kraftvolle Zukunft, von der damals viele träumten. Am 2. Mai 1929 war es noch ein friedlicher Traum.

Friedliches Ungetüm der Lüfte
Die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs hatten gezeigt, dass der Zeppelin nur zur friedlichen Nutzung taugte. Mit seiner riesigen Außenhaut bot er zu viel Angriffsfläche. 236 Meter war der LZ 127 lang. Würde man ihn aufstellen, schrieb eine Wiener Zeitung, so würde er den Stephansdom um 100 Meter überragen, seine Gasfüllung könnte eine Gaslaterne 250 Jahre lang unentwegt befeuern, und der Durchmesser von über 30 Metern böte Platz für ein fünfstöckiges Gebäude. Der Zeppelin ist der Walfisch der Lüfte. Ein friedliches Ungetüm.
Public DomainMit der Explosion der „Hindenburg“ im Jahr 1937 endete die Ära der Luftschiffe

Mit Hilfe des Zeppelins wollte Eckener Kontinente verbinden und wagte bereits 1928 die erste Atlantiküberquerung. Im August 1929 gelang ihm in 35 Tagen auch die erste Weltumrundung, ebenfalls mit dem legendären Modell LZ 127. In den USA warb Eckener um reiche Finanziers wie den Verleger William Randolph Hearst. Diese versprachen ihm die Lieferung von Helium, einem Gas, das im Unterschied zum bisher verwendeten Wasserstoff nicht brennbar ist.

Explosion großer Träume
Dann das Unglück: Am 6. Mai 1937 explodierte der Zeppelin „Hindenburg“ vor laufenden Kameras in New Jersey, USA. Jenes Luftschiff, das nach Eckeners Hoffnungsträger in der Reichspräsidentenwahl benannt ist, ging in Flammen auf. 36 Menschen starben. Die Bilder des Dramas gingen um die Welt. Sie beendeten die Ära der großen Luftschiffe. Mit ihr endete auch die friedliche Zwischenkriegszeit. Schon zwei Jahre danach begann sich der Luftraum über Europa mit anderen, lauteren Flugmaschinen zu füllen, die nicht Blumen, sondern Bomben auf die Städte warfen.
Maya McKechneay, für ORF.at

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Mai 1929: Österreich im Zeppelin-Fieber
 

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Am 2. Mai 1929 erfolgte aber keine Landung des "LZ 127" in Wien, sondern es gab nur Überflüge. Eine Landung am Flugplatz Wien-Aspern erfolgte erst am 12. Juli 1931.

Zeppeline in und über Wien
Die Landung von Zeppelinen in Wien und selbst der bloße Überflug zog die Wienerinnen und Wiener in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts jedes Mal massenhaft in den Bann.

Den ersten Besuch stattete das riesige Luftschiff der Stadt Wien am 9. Juni 1913 im Vorfeld der II. Internationalen Flugwoche in Aspern ab. Schon drei Jahre zuvor hätte Zeppelin nach Wien kommen sollen, musste die Reise aber in letzter Minute aufgrund technischer Probleme absagen. War die Landung 1910 noch auf der Simmeringer Haide vorgesehen gewesen, boten sich durch die Eröffnung des Flugplatzes in Aspern im Juni 1912 bessere Möglichkeiten; zudem stand das Militär als Assistenz bei der Verankerung des Ballons zur Verfügung. Das Luftschiff "Sachsen" war in der Nacht in Baden-Baden (Deutschland) gestartet und kam über das Donautal etwa um 13.45 Uhr in Wien an. In einem großen Bogen fuhr der Zeppelin über den Nussberg, Döbling, Währing, Ottakring und Rudolfsheim nach Schönbrunn, wo Kaiser Franz Joseph das Luftschiff in Augenschein nehmen konnte. Über die Bezirke Favoriten, Landstraße und Simmering nahm das Gefährt schließlich Kurs auf Aspern, wo es um 14.53 Uhr vor Anker ging, wie die Chronisten berichteten. In zahlreichen Augenzeugenberichten schildern die Zeitungen die begeisterte Stimmung unter den Wienerinnen und Wienern beim Anblick des Luftschiffs.

Am Flugfeld wurde Graf Zeppelin von zahlreichen Ehrengästen empfangen, unter anderem durch Vertreter der kaiserlichen Familie und den Wiener Bürgermeister Richard Weiskirchner. Zu Ehren des Flugpioniers wurde im Stadtratssitzungssaal (heute: Stadtsenatssitzungssaal) des Rathauses ein Empfang gegeben; der Kaiser empfing Zeppelin am nächsten Tag in Privataudienz und überreichte dem Luftschiffer das Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaften. Festredner und Zeitungskolumnisten interpretierten den Besuch im Sinne der Freundschaft und Bündnistreue zwischen der Donaumonarchie und dem Deutschen Reich. Das Luftschiff selbst war nur eine Nacht in Aspern geblieben und bereits um 3 Uhr morgens wieder in Richtung Bodensee aufgestiegen.

Nach dem Tod Zeppelins wurde Hugo Eckener (1868–1954) zur treibenden Kraft der deutschen Luftschifffahrt, insbesondere nach 1926, als Deutschland wieder Luftschiffe herstellen durfte. Da die öffentlichen Mittel für deren Bau fehlten, wurde massiv um Spenden geworben, so auch in Österreich, wo der "Österreichische Aero-Club" an die Bevölkerung appellierte, sich durch rege Spendentätigkeit als "stammesbewußter Teil des Deutschen Volkes" (siehe das Plakat "Oesterr. Eckener-Spende" [Wien 1926] in der Plakatsammlung der [[Wienbibliothek im Rathaus [Sign.: P-40311]) zu erweisen.

Aus dem Erlös wurde die "Graf Zeppelin" gebaut, die 1928 die erste Atlantik-Überquerung unternahm und im folgenden März eine mehrtägige Reise über Europa und den Nahen Osten unternahm. Dabei sollte als Zeichen des Dankes an die österreichischen Spenden Wien überflogen werden. Groß war die Enttäuschung aber, als das Luftschiff die Stadt am 29. März 1929 um 3 Uhr nachts nur schwach beleuchtet überflog und nur für wenige Minuten schemenhaft sichtbar war. Das Flugfeld Aspern war sicherheitshalber die ganze Nacht in Betrieb gewesen. Als Entschädigung für wurde am 2. Mai 1929 ein Flug über Österreich bei Tag nachgeholt. Durch das Donautal kommend wurden Wien, Eisenstadt, Graz und nochmals Wien überflogen, wobei der Zeppelin überall stürmisch begrüßt wurde. Über den Flug wurde live im Radio berichtet, die Zuhörer erhielten laufend, auch über Lautsprecher an den wichtigsten Plätzen, Informationen über den Standort.

Die Inszenierung des Luftschiff-Besuchs zu einem Massenspektakel durch die Massenmedien erreichte schließlich am 12. Juli 1931 anlässlich der Landung der "Graf Zeppelin" am Flugfeld Aspern ihren Höhepunkt. 300 Soldaten des Bundesheeres waren zur Sicherung des Zeppelins am Boden abkommandiert, zehntausende Zuschauerplätze zu einem, zwei, fünf und 20 Schilling eingerichtet. Schon in der Nacht hatten zahlreiche Wienerinnen und Wiener rund um das Gelände campiert. Detailliert gaben die Zeitungen Ratschläge, mit welchen Verkehrsmitteln das Gelände erreichbar wäre (auch Sonderzüge auf der Ostbahn wurden eingesetzt). Zur Verpflegung der Zuschauermassen wurden vom Flughafenrestaurant 30.000 Flaschen Bier und 30.000 Liter Fassbier vorbereitet, ebenso 20.000 antialkoholische Getränke, 2.000 Kilogramm Wurstwaren sowie zwei Zentner Gullaschfleisch. Dazu kamen noch unzählige provisorische Buschenschanken, die im Umkreis errichtet worden waren, sowie mobile Händler mit Eis, Gurken oder Andenken, die die Schaulustigen bei bis zu 31 Grad Sommerhitze versorgten.

Bei der Ankunft des Luftschiffs am Flugplatz um etwa 8.15 Uhr wurde der Besuch von zahlreicher Prominenz empfangen, unter ihnen Bundespräsident Wilhelm Miklas, Bundeskanzler Karl Buresch sowie zahlreiche Minister. Nach dem Zwischenstopp in Wien unternahm der Zeppelin mit zahlreicher Prominenz an Bord einen Rundflug über weite Teile Österreichs, um schließlich gegen 18 Uhr neuerlich für etwas über eine Stunde in Aspern zu landen.
Quelle: Zeppelin – Wien Geschichte Wiki
 
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