Wir müssen neuen Zugang zum Bergbau von wichtigen kritischen Rohstoffen in Europa finden

josef

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#1
Wir müssen den Bergbau neu denken
Nicht einmal ein Prozent der wichtigen kritischen Rohstoffe wird in Europa abgebaut. Rohstoffimporte schwächen die EU und gefährden den grünen Wandel. Das schafft nach der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gleich die nächste. Ein schnelles Umdenken ist gefragt
In seinem Gastkommentar fordert der Rektor der Montanuniversität Leoben, Peter Moser, schnelle strategische Maßnahmen, um europäische Rohstoffsicherheit zu gewährleisten. Österreich könne dabei eine Schlüsselrolle spielen.

Unter Tage: In Breitenau in der Steiermark wird Magnesit abgebaut.
Foto: Alexander Danner

Noch nicht einmal im Amt, schwingt der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump bereits die Zollkeule. Und Europa? Scheint vor der drohenden Eskalation eines Handelsstreits zwischen den USA und China in Schockstarre zu verfallen. Für unseren Kontinent, der stark von importierten kritischen Rohstoffen abhängt, könnte dies eine bereits fragile Situation in eine ausgewachsene Krise verwandeln.

Es geht um weit mehr als Handelsfragen: Der grüne und digitale Wandel der Europäischen Union, das Fundament ihres künftigen Wohlstands, hängt entscheidend vom Zugang zu Schlüsselrohstoffen wie Lithium, Kobalt und Nickel ab. Ohne diese Mineralien keine Solarpanels, keine Windräder, keine Elektroautos oder Wärmepumpen. Sie sind daher für die ehrgeizigen Klimaziele der EU unverzichtbar.

Hohe Abhängigkeit
Doch selbst ohne externe Schocks ist Europas Abhängigkeit von Rohstoffimporten alarmierend hoch. Weniger als ein Prozent einiger wichtiger kritischer, für grüne Technologien essenzieller Rohstoffe werden in der EU abgebaut. Stattdessen ist man auf Länder wie China, die Türkei und die Demokratische Republik Kongo angewiesen. Diese Abhängigkeit setzt Europa dem Risiko politischer Instabilität, eines Ressourcennationalismus und von Unterbrechungen der Lieferkette aus.

Handelsspannungen zwischen den USA und China würden den grünen Wandel in der EU ernsthaft ausbremsen. Die derzeitige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen droht sich in eine ebenso problematische Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen zu verwandeln.

Solide Grundlage
Um Europas Zukunft zu sichern, sind schnelle und strategische Maßnahmen gefragt. Das im Mai in Kraft getretene EU-Gesetz zu kritischen Rohstoffen bietet eine solide Grundlage, um die europäische Rohstoffsicherheit zu stärken. Es enthält zahlreiche Ansätze, die unmittelbar im eigenen Einflussbereich umgesetzt werden können. Das umfasst etwa die Verstärkung von Eigenproduktion aus europäischen Lagerstätten ebenso wie den Abschluss von Rohstoffpartnerschaften mit stabilen Lieferantenländern. Österreich könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen und als Vorreiter dienen.

Durch die gezielte Priorisierung von wirksamen Maßnahmen kann die EU nicht nur die heimische Rohstoffgewinnung und -verarbeitung stärken, sondern auch resilientere Lieferketten aufbauen. Dies würde den Weg für weitergehende Reformen ebnen, die Europas Unabhängigkeit erhöhen und es widerstandsfähiger gegenüber globalen Risiken machen.
"Es ist unrealistisch zu glauben, dass die Dekarbonisierung allein auf eine Verlagerung der Produktion in andere Länder gestützt werden kann."
Der größte Engpass für Europas Ambitionen in der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung liegt in den langwierigen und schwer kalkulierbaren Genehmigungsverfahren. Eine Beschleunigung dieser Prozesse durch einen klaren, zeitgebundenen Rahmen ist unverzichtbar – insbesondere für Sektoren wie erneuerbare Energien und Batteriematerialien. Mit derzeit nur 40 bis 50 aktiven Bergwerken für kritische Rohstoffe in der EU ist die Abhängigkeit von externen Lieferanten viel zu hoch, um die steigende Nachfrage zu decken.

Um das zu ändern, müssen wir ein neues Verständnis von Bergbau entwickeln. Es ist möglich, heimische Rohstoffvorkommen verantwortungsvoll zu erschließen, moderne, umweltfreundliche Fördertechnologien einzusetzen und gleichzeitig strenge Umweltstandards einzuhalten. Es ist unrealistisch, zu glauben, dass die Dekarbonisierung allein auf eine Verlagerung der Produktion in andere Länder gestützt werden kann. Nur eine robuste heimische Rohstoffversorgung kann die benötigten Materialien sichern, die den grünen und digitalen Wandel Europas vorantreiben – und das im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen.

Und Österreich?
Österreich kann eine Schlüsselrolle im grünen Wandel der EU und weltweit spielen, insbesondere durch sein reiches Vorkommen an Magnesit in den Bundesländern Steiermark, Kärnten und Tirol. Dieser Rohstoff ist entscheidend für die Dekarbonisierung der Stahlindustrie, da 75 Prozent der weltweiten Stahlproduktion auf europäischen Magnesit angewiesen sind, um mit elektrischen Lichtbogenöfen grünen Stahl zu produzieren.

Magnesit sollte dringend in die EU-Liste der kritischen Rohstoffe aufgenommen werden, damit eine nachhaltige Produktion aus heimischen Lagerstätten langfristig gesichert werden kann. Eine aktuelle Studie der Montanuniversität zeigt, dass dieses oft übersehene Material für die Verarbeitung und das Recycling von mehr als 50 Prozent der strategischen und 30 Prozent der kritischen Rohstoffe unerlässlich ist. Ohne Magnesit riskiert Europa, seine Rohstoffstrategie zu gefährden. Zudem stärkt die Sicherung dieses Rohstoffs nicht nur die europäischen Lieferketten, sondern festigt auch die Führungsposition Europas in grünen Technologien. Die Aufnahme von Magnesit in die Liste wäre ein wichtiger Schritt zur Förderung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit.

Finanzielles Risiko
Schließlich sind Bergbau und Verarbeitung von Natur aus kapitalintensiv, und unsichere Marktbedingungen schrecken viele private Investoren ab. Diese Zurückhaltung wird durch die geringe Präsenz europäischer Akteure in der Branche verdeutlicht: Von den 200 größten Bergbauunternehmen weltweit stammen lediglich 15 aus Europa. Das zeigt die begrenzte Wettbewerbsfähigkeit der EU in diesem Sektor.

Um dies zu ändern, ist die frühzeitige Einführung gezielter Finanzierungsmechanismen entscheidend. Steuergutschriften, Subventionen und Risikogarantien könnten dazu beitragen, das finanzielle Risiko von Projekten zu mindern und private Investitionen zu fördern. Wenn diese Instrumente gezielt auf strategische Rohstoffe ausgerichtet werden, kann die EU sicherstellen, dass ihre Bemühungen maximale Wirkung erzielen und die Basis für eine resilientere Rohstoffwirtschaft schaffen.

Mutig handeln
Europa kann es sich nicht leisten, untätig zu bleiben, wenn die geopolitischen Verschiebungen seine wirtschaftlichen und ökologischen Ziele bedrohen. Die Wiederwahl von Präsident Trump ist ein Alarmsignal. Europa muss diesem Moment mit mutigem Handeln begegnen, um seine Zukunft zu sichern.
(Peter Moser, 2.1.2024)

Peter Moser ist Montanwissenschafter, Universitätsprofessor für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft und seit Oktober 2023 Rektor an der Montanuniversität Leoben.

Wir müssen den Bergbau neu denken
 
#2
Der Hr. Rektor der Montanuniversität lebt halt "in seiner Umgebung", aber

bei Magnesit (wegen der Lichtbögenöfen??) ist es schwierig:
Der Magnesit der Ostalpen ist einer der wichtigsten bergbaulichen Rohstoff, welchen Österreich besitzt. Man konnte in der Vergangenheit von einem österreichischen Magnesitmonopol sprechen. Mittels der in den 1950er Jahren entwickelten Technologie, Magnesit aus Meerwasser zu gewinnen, wurde die Erschließung großer Lagerstätten in zahlreichen Ländern sowie das österreichisch Magnesitmonopol gebrochen. Dessenungeachtet ist ostalpiner Magnesit wegen seiner Qualität unübertroffen geblieben und wird in alle Industrieländer der Erde exportiert.
Quelle
Lager- und Produktionsmengen

Einzig bei Wolfram hat Österreich eine gewisse Wertigkeit:
Hier
Lager- und Produktionsmengen

Und beim Lithium in Kärnten geht auch nichts weiter: Hier

Bei den meisten kritischen Rohstoffen hat die EU keine Bedeutung als Abbau- oder Lagerstätte.
Und Russland als logischem Rohstofflieferanten/Partner will man nicht.
Da bleibt nicht viel über, als auf der ganzen Welt zum Kauf der notwendigen Rohstoffe mit viel Geld zu bezahlen.
Dementsprechend wäre nicht nur der "Bergbau neu zu denken", wie die Montanuniversität in Leoben vorschlägt.
 
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